Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

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susa
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von susa »

Lass ihn doch mal ein paar Jahre liegen, vielleicht wird er ja besser ;)
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
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octopussy
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von octopussy »

Unglaublich, aber wahr: dieser Wein regt mich zum Nachdenken an. Über Weinkritik.

Das einfachste Fazit der Forumseindrücke ist aus meiner Sicht, dass keiner Lust hat, den Wein zu trinken. Man muss ihn sich eher aus wissenschaftlichem Zwang reinzwängen. Aber ich habe hier noch nicht ein einziges Mal irgendwas von Trinkfluss gelesen. Raue Tannine, unharmonische Säure, dicklich-süß-bittere Frucht, das sind die Attribute, die ich hier am öftesten lese und mit denen ich mich gut identifizieren kann. Ich habe gestern überlegt, ob ich noch mal ein Glas trinken soll, aber ich hatte ü b e r h a u p t keine Lust drauf. Da trinke ich lieber Kräutertee (oder Riesling, einen solchen habe ich nämlich dann aufgemacht ;)).

Wenn ich überlege, dass ich irgendwo auf einer Probe einen wohlpräparierten Probeschluck genommen hätte, hätte ich den Wein wahrscheinlich positiver gesehen. Er ist ja in kleinen Dosen einen Probeschluck wert. Und wenn ich wöchentlich Kisten von Probierwein zugeschickt bekäme, dann würde ich wohl die Flasche öffnen, mir ein Glas einschenken, probieren, in den Spucknapf spucken, eine Notiz schreiben und den Rest dann in den Abfluss befördern. Hinzu kommt, dass man als Weinjournalist oder Blogger tunlichst den Fettnapf des Weinsnobs umgehen sollte. Denn man macht sich mit nichts angreifbarer als mit Kritik an Alltagsweinen, Supermarktweinen, "Weinpunk"-Weinen oder Weinen von 25-jährigen Geisenheim-Absolventen mit Bauhaus-Etiketten. Den Ruf als elitärer Weinsnob, der Wein im Hinterzimmer mit den großen Gläsern und Ledersesseln belassen will, hat man schnell weg.

Aber wenn ich eine Flasche Wein kaufe, dann will ich sie regelmäßig auch trinken, und zwar die ganze Flasche, wenn auch über mehrere Tage verteilt. Dann soll sie ein nettes Abendessen zu zweit begleiten. Oder gute Musik oder ein Buch oder einen Fernsehabend. Und dazu ist dieser Wein aus meiner Sicht nicht geeignet. Als Essensbegleiter ist er mir zu unharmonisch, als Begleitgetränk auch. Der macht einfach null Spaß. Und darauf führe ich auch die unisono geäußerte Kritik an dem Michel Rolland Edeka Bordeaux zurück. Jeder, der sich hier geäußert hat, hätte die Bolidenflasche gerne alleine, zu zweit oder zu mehreren mit Genuss geleert. Dass das offenbar nicht möglich war, sagt für mich mehr aus als jede Punktzahl.
susa hat geschrieben:Lass ihn doch mal ein paar Jahre liegen, vielleicht wird er ja besser
Daran hatte ich auch schon gedacht ;).
Beste Grüße, Stephan
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Gerald
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von Gerald »

Interessanterweise sieht MS nicht nur den Wein, sondern auch die Flasche viel positiver als die Teilnehmer hier im Forum:
Der ganze Auftritt signalisiert Wertigkeit: schwere Flasche mit Zinnkapsel, Glasgravour und einem geprägten Siegeletikett aus Metall. Der aufwendig gestaltete Flyer signalisiert dem Konsumenten einen “Premium Bordeaux par Excellence”, zitiert Testimonials von Parker, Andrew Jefford und Jancis Robinson. Da wurde wirklich nichts dem Zufall überlasssen. Zudem stimmen Preis und Qualität des Weins.
@Stephan:
Wenn ich überlege, dass ich irgendwo auf einer Probe einen wohlpräparierten Probeschluck genommen hätte, hätte ich den Wein wahrscheinlich positiver gesehen. Er ist ja in kleinen Dosen einen Probeschluck wert.
wie schon vorher geschrieben, macht es meiner Meinung (und auch Erfahrung) nach einen fundamentalen Unterschied, ob man eine Flasche Wein am Abend trinken möchte (egal ob solo oder zum Essen) oder ob man einen Probeschluck vor sich hat, vielleicht in einer Reihe mit 10, 20 oder mehr Weinen zur Verkostung. In der "großen" Verkostung kann man einfach nicht so viele Eindrücke gewinnen, da kann auch ein sehr erfahrener Verkoster wohl die Biologie nicht überlisten. Das ist für mich ein Grundproblem der Nachvollziehbarkeit von Weinguides, Verkostungsveranstaltungen etc.

Grüße,
Gerlad
Bernd Schulz
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von Bernd Schulz »

Interessanterweise sieht MS nicht nur den Wein, sondern auch die Flasche viel positiver als die Teilnehmer hier im Forum
Tja, dann entspricht diese Ausstattung wohl Mario Scheuermanns Geschmack :mrgreen: . Und "de gustibus...." .....
Denn man macht sich mit nichts angreifbarer als mit Kritik an Alltagsweinen, Supermarktweinen, "Weinpunk"-Weinen oder Weinen von 25-jährigen Geisenheim-Absolventen mit Bauhaus-Etiketten.
Ich weiß nicht, ich weiß nicht, Stephan...dieser Satz regt mich nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Widerspruch an! Richtig Zeit dazu finde ich leider frühestens heute nacht. Es stellt sich mir aber auf jeden Fall die Frage, was einen zum "Weinsnob" stempelt (ich verfüge weder über ein Hinterzimmer noch über Ledersessel :mrgreen: noch über einen mit Premier Crus gut gefüllten Klimaschrank, aber ich möchte eine gewisse Mindestqualität im Glas vorfinden!)? :?:

Viele Grüße

Bernd
Bernd Schulz
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von Bernd Schulz »

P.S.: Ich habe übrigens am Dienstagabend die ganze Flasche Rolland leergetrunken, ohne dass es mir Pein bereitet hätte.

Viele Grüße

Bernd
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Gerald
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von Gerald »

Und wenn wir schon so schön beim Spekulieren sind - warum eigentlich hat auch P.E. Breitenfeld den Wein viel positiver als gesehen als es hier im Forum der Fall war?
"Am Gaumen primär stoffige Frucht, weiche Tannine, abgeschliffene Säure. Trotz der Fruchtdominanz nicht zu breiter Körper, guter Trinkfluss. Staubtrocken im Finish. Könnte sogar noch ein paar Jährchen liegen. Natürlich wirkt dieser Wein gemacht und standardisiert. Wir reden hier aber über acht Euro. Ich habe schon deutlich Schlechteres für deutlich mehr Geld getrunken und hier erhält man einen soliden und ansprechenden Tischwein, wie es ihn keinem vergleichbaren Sortiment des LEH zu diesem Preis zu erwerben gibt. Rolland liefert, was zu erwarten war"
Reine Geschmackssache? Oder könnte die Freude, dass man als Blogger ein Interview - sogar mit gemeinsamem Foto - mit dem weltberühmten Herrn Rolland bekommen hat, bei der Bewertung eine Rolle spielen? :?

Grüße,
Gerald
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von olifant »

Bernd Schulz hat geschrieben:P.S.: Ich habe übrigens am Dienstagabend die ganze Flasche Rolland leergetrunken, ohne dass es mir Pein bereitet hätte.

Viele Grüße

Bernd
Soll dass ein Aufruf an alle sein die ihre Flasche nicht leeren wollten oder konnten diese dir zu schicken? :mrgreen:
Grüsse

Ralf

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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von olifant »

octopussy hat geschrieben:.... Hinzu kommt, dass man als Weinjournalist oder Blogger tunlichst den Fettnapf des Weinsnobs umgehen sollte. Denn man macht sich mit nichts angreifbarer als mit Kritik an Alltagsweinen, Supermarktweinen, "Weinpunk"-Weinen oder Weinen von 25-jährigen Geisenheim-Absolventen mit Bauhaus-Etiketten. Den Ruf als elitärer Weinsnob, der Wein im Hinterzimmer mit den großen Gläsern und Ledersesseln belassen will, hat man schnell weg...
Grundsätzlich angreifbar machst du dich in dem Moment, in dem du deine Meinung (- eigentlich egal zu was, ob Wein, Gesellschaft, Politik, Essen, ... -) in einem öffentlich zugänglichen Medium kundtust. Das sollte jeder hier beteiligte Forumsuser ggf. auch schon aus eigener Erfahrung wissen, oder gar selbst erlebt haben. So what? Die Branche lebt doch nicht nur von fundierten recherchierten Beträgen, sondern auch von einem gerüttelt Mass Radau, bringt doch mehr Traffic als langweilige Ergüsse.

Und Mr. Parker himself würde ja dann wohl den Prototypen eines Weinsnobs, rein imaginativ, abgegeben haben. Anscheinend kann oder konnte man damit, ebenfalls rein imaginativ, auch ganz gut leben :lol:
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Gerald
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von Gerald »

Warum übrigens gerade von jemandem, der - meiner Meinung nach völlig zurecht - immer wieder den drohenden Klimawandel thematisiert, das Thema mit der schweren Flasche und der damit verbundenen, völlig unnötigen CO2-Belastung (Einweggebinde!), nicht mit einem Wort erwähnt wird? Und statt dessen die "Wertigkeit" der Flasche betont wird?

Wahrscheinlich ist M. Rolland doch jemand, mit dem man es sich als Weinprofi besser nicht verscherzen sollte? :?

Grüße,
Gerald
Bernd Schulz
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Re: Michel Rolland bei Edeka. Na, wer traut sich?

Beitrag von Bernd Schulz »

Soll dass ein Aufruf an alle sein die ihre Flasche nicht leeren wollten oder konnten diese dir zu schicken?
Gratis nehme ich die Reste gerne entgegen! :mrgreen: Aber nur, wenn sie in eine Normalflasche umgefüllt wurden - die Original-Mistbuddeln möchte ich wirklich nicht im Rucksack entsorgen!
Warum übrigens gerade von jemandem, der - meiner Meinung nach völlig zurecht - immer wieder den drohenden Klimawandel thematisiert, das Thema mit der schweren Flasche und der damit verbundenen, völlig unnötigen CO2-Belastung (Einweggebinde!), nicht mit einem Wort erwähnt wird?
Gute Frage!
Und statt dessen die "Wertigkeit" der Flasche betont wird?


Jemandem, der diese Flasche im BDX-Kontext ernsthaft als "wertig" empfindet, traue ich auch zu, dass er sich den Röhrenden Hirsch als Billigdruck übers Sofa hängt...siehe dazu auch noch einmal Stephans spontane Äußerung vom letzten Freitag:
Mann, war mir das peinlich, im Edeka diese unsägliche Proletenflasche aufs Band zu legen
Für mich wäre die Flasche ein ernsthafter Grund, den Wein auch bei einem mit guten Basisqualitäten aus dem Fachhandel vergleichbaren Niveau (welches ja nun leider nicht gegeben ist - da sind wir uns hier alle einig ) nicht nachzukaufen! Um solch eine Pulle noch einmal heimzuschleppen, müsste sich darin schon ein absoluter PLV-Kracher verbergen.

Viele Grüße

Bernd
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