Griechenland

mixalhs
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Re: Griechenland

Beitrag von mixalhs »

In den letzten 10 Tagen habe ich einige griechische Weine getrunken, über die ich berichten möchte:

Manousakis (Kreta), Syrah 2012, feiner Wein mit Potenzial, verhaltene Frucht, Süßkirschen plus etwas Schattenmorellen (Weichseln), wirkt noch sehr jung und braucht sicher noch zwei/drei Jahre. 89+

Moraitis (Paros), Paros OPAP 2011. Kräftiges Tannin, Kirsche, rauchige Noten, recht jung. 84/85

Kokkalis (Peleponnes), Syrah 2008. Jetzt und in den nächsten drei Jahren auf dem Höhepunkt. Schattenmorellen (Weichseln), weiche Tannine, toller Körper, tolle Struktur, einer der besten griechischen Rotweine, die ich bisher hatte. 92/93

Papaioannou (Peleponnes), Agiorgitiko 2014. Das könnte "everybody's darling" sein. Wenig Tannin, sanft, Himbeeren, ein bisschen Schattenmorelle (Weichsel), sollte leicht gekühlt (14-16°) getrunken werden und macht dann viel Spaß. Idealer Wein zur Grillparty. 83

Avantis (Evia), Dolphins Santorini 2013. Kitschetikett, aber Susas Theorie gilt auch hier: JsdEdbdW. 100% Assyrtiko. Blasses Goldgelb, salzig mit leichter Oxidationsnote, reifer Apfel, getrocknete Marille. Toller Essensbegleiter, gern auch als Alternative zu einem Ortswein aus dem Burgund. 90
Burzuko
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Re: Griechenland

Beitrag von Burzuko »

Hallo,

um etliche Jahre zurückversetzt fühlte ich mich bei dem Genuss folgender Flasche:

Nico Lazaridi Magic Mountain 2002.

Normalerweise meide ich die Weine dieser "Domaine", insbesondere den hier getrunkenen, da sich mit dem neuen Kellermeister ein gewaltiger Stilwandel vollzogen hat! (es kann nicht nur an dem jetzt fehlenden Cab. Franc liegen) Der letzte Jahrgang nach alter "Rezeptur" in die Flasche gebracht, muss der 2004er oder 2005er gewesen sein... Ich werde der Sache noch auf den Grund gehen. 2006+2007 waren eine große Enttäuschung: lieblos hingeklatschte Frucht umbettet von penetrantem Neuholz und nicht wirklich integriertem Alk.! Pfui.

Beim 2002er war/ist alles anders, obwohl es ein sehr miserables Jahr war. Anfangs noch mit deutlichem Stinker (Kuhstall, Torf+Rauch, salzige Meeresbrise, usw.), offenbarte sich mit der Zeit eine so subtile feine Frucht, gepaart mit den samtigen Tanninen, dass ich mich sofort in die alte, klassische Schule des Bordelais versetzt vorkam. Mit Belüftung wurde der wein frischer und frischer, öffnete sich ganz langsam und bot die ganze Palette an zarten Aromen eines angereiften Bdx.-Cuvées. Die Struktur des Weins war fantastisch, so wie ich es liebe: zart aber irgendwie auch druckvoll.
Ein tolles Erlebnis!

Die Preise für ältere Jahrgänge dieses hellenischen Klassikers sind mittlerweile in die Höhe geschossen, was aber niemanden davon abhalten sollte die eine oder andere Flasche zu suchen und zu kaufen, es lohnt sich... Meiner Vermutung nach befindet sich der 2002er in einem tollen Trinkfenster. Dies gilt womöglich auch für den 2001er und den 2000er. Die Jahrgänge davor, egal ob noch geniessbar oder nicht, sind quasi nicht zu bezahlen. 2003+2004 sind dagegen noch nicht so weit und brauchen vermutlich noch etwas Reife.

Gruß
George
Kle
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Re: Griechenland

Beitrag von Kle »

Hallo George,

Deine Beschreibung hat mir riesigen Appetit gemacht und bei der Suche nach gereiften Jahrgängen konnte ich sehen, was Du mit „unbezahlbar“ meinst. Dreimal mehr als das, was viele anspruchsvolle Weinliebhaber als Schmerzgrenze ansehen. Du weckst auch Zweifel am Magic Mountain, wenn Du als Gradmesser für die Qualität Bordeaux hervorhebst. Ist man bei Nico Lazaridi früher mit dem Design von BDX-Blends genauso – wenn auch geschmackvoller – einer Masche gefolgt, wie man es heute mit dem von dir kritisierten neuen Stil tut? Deine Beschreibung macht Lust, Magic Mountain gemeinsam mit Medoc-Weinen zu probieren, um zu wissen, ob man sich fürs gleiche Geld oder weniger nicht besser gleich ein Original in den Keller legt oder mit ihm auch etwas Besonderes erlebt. Soweit meine rein akademischen Überlegungen, da ich die Weine zu wenig kenne.

Gruß, Kle
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mixalhs
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Re: Griechenland

Beitrag von mixalhs »

Heute am Nachmittag: Autochthones aus Griechenland mit Slowfood Rostock. Hier schon mal das Line-up:

Karanika Cuvée Spéciale Brut

Papagiannakos Savatiano 2014
Tselepos Mantinia 2014
MoraitisParos 2013
Arvanitidis Malagouzia 2014
Oenoforos Asprolithi 2014
Chatzidakis Assyrtiko 2014
Samos Koop. Psiles Korfes 2014

Voyatzis Nearos Tsapournakos 2014
Brintzikis Ktima Brintziki Avgoustiatis 2010
Moraitis Paros 2011
Papaioannou Estate Papaioannou 2010
Chatzivaritis Goumenissa 2011
Arvanitidis Xinomavro 2010
urbi@orbi
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Re: Griechenland

Beitrag von urbi@orbi »

Ich freue mich auf euren Bericht!

LG
Ralph
mixalhs
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Re: Griechenland

Beitrag von mixalhs »

Griechenland-Weinprobe mit Slowfood Rostock: nur autochthone Rebsorten, kein Chardonnay, kein Merlot, sondern das, was in Griechenland heimisch ist.

Sekt
Karanika, Cuvée Spéciale Brut. Ein Blanc-de-Noir-Sekt aus Xinomavro, knochentrocken mit angenehmer leichter Bitternote, etwas Zitrus, belebend, frisch, mit Substanz, mit Charakter, hat mir gefallen (und mich auch überrascht, da ich einen solchen Sekt aus Griechenland nicht erwartet habe). Sollte man probieren.

Weiß
Papagiannakos, Savatiano 2014. Etwas blumige Note in der Nase, ansprechend, etwas herb am Gaumen. Ordentlich, aber nicht mein Ding. 82
Tselepos, Mantinia 2014. Ein typischer Moschofilero mit leichter Rosenblütennote in der Nase, filigran, fast zerbrechlich. Jetzt trinken und nicht warten, bis die Blüten verwelkt sind! 84
Moraitis Paros 2013. Wein aus 100% Monemvassia. Klar und rein. Brilliert mehr mit seiner Struktur als mit seiner Frucht. Für mich zunächst der Preis-Qualitäts-Sieger bei den Weißweinen. 85
Arvanitidis, Malagouzia 2014. Zunächst auf einem Niveau mit Moraitis. Leichte Holznote. Beim Nachverkosten, nachdem die Flasche 2 Stunden offen war und der Wein vielleicht 15° hatte, große Klasse. Auch hier dominiert Struktur die Frucht. Tolles Preisleistungsverhältnis. Bewertung unklar, mindestens 87, wahrscheinlich mehr.
Oenoforos, Asprolithi 2014. Zitrus, etwa stahlig, sehr trocken und angenehm, aber nicht mein Ding. 82
Chatzidakis, Assyrtiko 2014. Unser Problemkind. Dunkles Goldgelb, leichte aber spürbare Oxidationsnoten, Rauchiges, Marillen, etwas breit, schwierig. Wir haben eine zweite Flasche aufgemacht, die genauso war. Nach 18 Stunden aus der geöffneten Flasche immer noch merkwürdig, aber besser. Nach der mineralischen Cuvée 15 von Hatzidakis, die ich vor einigen Monaten probierte und die IMHO der beste griechische Weißwein ever war, eine echte Enttäuschung. Frage: zu wenig Schwefel?
Samos Koop., Psiles Korfes 2014. Ganz ordentlich, aber nichts im Vergleich zu feinen steirischen Muskatellern. Ein Wein, der gefällt, den die Welt aber nicht braucht, weil in kühleren Regionen aus dieser Rebsorte bessere Weine gemacht werden.

Voyatzis, Nearos Tsapournakos 2014. Babymord. Viel zu jung. Kratziges Tannin. Grüne Paprika, Unzugänglich. Weglegen und 2018 noch mal probieren!
Brintzikis, Ktima Brintziki Avgoustiatis 2010. Deutliches Holz, nicht richtig eingebunden. Holznote steht neben der Frucht. Der Wein fällt sozusagen auseinander - und das nach fünf Jahren Reifezeit.
Moraitis, Paros 2011. Noch ein feiner Wein aus Paros, Mandilaria mit kleinem Anteil Monemvassia. Etwas kratziges Tannin, das den Männern gefiel und die Frauen störte. Ein richtig guter Wein mit gutem PLV. 85
Papaioannou, Estate Papaioannou 2010. Leicht süß wirkend, Kirsche, Vanille, Rauchiges. Recht viel Körper, ohne marmeladig zu wirken. 87
Chatzivaritis Goumenissa 2011. Für mich der Wein des Abends. Burgundisch leicht trotz 14% Alkohol. Für einen Rotwein fast schwebend. Spür von Restsüße. 91
Arvanitidis, Xinomavro 2012. Toll gemacht, Arvanitidis bewahrt bei diesem Wein das Kratzige, Archaische der Xinomavrotraube, ohne dass der Wein untrinkbar wird. Ein Wein mit Ecken und Kanten, der - anders als die für Masochisten gemachten Xinomavra, die ich sonst gelegentlich hatte - mit großem Vergnügen zu trinken ist, auch wenn dieser Wein niemals everybody's darling sein wird. 90/91

Fazit: Grandios die Roten von Arvanitis und Chatzivaritis. Sehr gut Malagouzia von Arvanitidis. Immer wieder gut die Weine von Moraitis (Paros, wo ist das überhaupt?). Problemfall Assyrtiko 2012 von Chatzidakis.
Zuletzt geändert von mixalhs am Di 25. Aug 2015, 08:23, insgesamt 4-mal geändert.
urbi@orbi
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Re: Griechenland

Beitrag von urbi@orbi »

Danke Michael. Für mich klar dieses Fazit und stärkt unseren Weg. Das der Hatzidakis so plötzlich oxidiert ist überrascht mich sehr. Wir hatten zuletzt im Mai einen aufgemacht mit 0,0 Problem dieser Art ... dann gleich beide Flaschen. Muss ich gleich mal verkosten. Bewertungen für den Sekt und Arvanitidis Xinomavro fehlt?

LG
Ralph
mixalhs
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Re: Griechenland

Beitrag von mixalhs »

Hallo Ralph, die Bewertung für den Xinomavro habe ich ergänzt; der Sekt bleibt ohne Bewertung. Er hat mir gefallen, aber einen guten Champagner oder Rieslingsekt mag ich lieber, wenn ich mal Schäumendes trinke. Da das sehr selten vorkommt und mir jenseits meiner persönlichen Vorlieben die Kriterien für eine vermeintlich exakte Bewertung mit Punkten fehlen, habe ich auf die Bewertung verzichtet.

Den Assyrtiko habe ich gestern noch ma getrunken, fand ihn nicht schlecht, aber völlig untypisch verglichen mit dem, was ich bisher von Santorini hatte: schlanke säurebetonte und sehr mineralische Weine. Und das was für mich als Spur von Oxidationsnote daherkam, muss ja nicht unbedingt ein Fehler sein. Wenn man Deine Beschreibung des Weins liest,
Ein cremiger, mächtiger und griffiger Tropfen mit Noten von getrockneten Mittelmeerkräutern, Bananenlaub und Limone wie in Honig gebacken. Umrundet wird dieser ausgezeichnete Tropfen mit Jasmin und Blumendüften, Pinie und Pampelmuse. Enorme Länge mit ausdauernder Mineralität.
, dann kann das durchaus kompatibel sein. Honig hatte ich auch notiert und mächtig ist der Wein auf jeden Fall. Beste Grüße, Michael
Zuletzt geändert von mixalhs am Di 25. Aug 2015, 09:12, insgesamt 1-mal geändert.
mixalhs
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Re: Griechenland

Beitrag von mixalhs »

Nachtragen möchte ich noch das Ergebnis der Bewertung durch die Gruppe. Jede/r nannte die drei besten Weine, der erste bekam drei Punkte, der zweite zwei Punkte und der dritte einen Punkt.

Bei den Roten lagen Chatzivarytis und Arvanitidis fast gleichauf mit deutlichem Abstand vor Moraitis und Papaioannou vorn, wobei Arvanitidis ein Pünktchen Vorsprung hatte.

Be den Weißen war das Feld dichter. Arvanitidis mit einem Pünktchen Vorsprung vor Moraitis und dem Samoswein, die exakt die gleiche Punktzahl hatten.

Bei den Verkostern handelte es sich um zwölf Mitglieder des Slowfood-Conviviums "Land und Meer" Rostock, also , was den Wein angeht, um "interessierte Amateure". Nur die beiden Organisatoren der Weinprobe hatten Erfahrungen mit griechischen Weinen, alle anderen waren auf diesem Gebiet Novizen.
urbi@orbi
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Re: Griechenland

Beitrag von urbi@orbi »

Danke, Michael für den wirklich sehr ausführlichen Bericht und für die Erklärung bezüglich des 2012er Assyrtiko von Hatzidakis. Wir werden den heute vekosten und uns selbst ein Bild machen. Wir meinten bei der Assyrtiko Verkostung im Mai, dass der Argyros und der Hatzidakis beide auf hohem Niveau gleichauf waren. die eine Hälfte favorisierte den Argyros, die andere den Hatzidakis. Wobei eigentlich alle die bemerkenswerte Mineralik des Hatzidakis Weins erkannten und keiner eine Oxidationsnote feststellte. - Vielleicht tatsächlich eine Interpretationsfrage. Ich gebe zu, dass ich im Mai sagte und es nach wie vor meine, dass dieser Top 50 Decanter Wein jetzt wohl seinen Höhepunkt erreicht hatte ... vielleicht ist er tatsächlich jetzt abgestürzt ... nach 3 Jahren fände ich das bei der Traube aus dem Anbaugebiet mit dem Anspruch aber dann tatsächlich zu früh. Kann mir aber sehr gut vorstellen, dass der Wein für interessierte Laien wohl doch etwas zu kompliziert ist. Mich störte nur die Farbe die du nanntest, da das eine Oxidationsindiz ist. Bin gespannt und werde berichten.
Zuletzt geändert von urbi@orbi am Di 25. Aug 2015, 12:48, insgesamt 3-mal geändert.
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