Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Polyphenol
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von Polyphenol »

Hallo Wolf, vielen Dank für das nette Willkommen.

Eine gute Spürnase hat der Jurist: ja, mit der Synthese von Phenolen und anderen Derivaten des Benzols finanziere ich u.a. meine Leidenschaft von Getränken mit polyphenolhaltigen Inhalt.

Viele Grüße, Uli
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sorgenbrecher
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von sorgenbrecher »

am wochenende im glas....pichon longueville comtesse de lalande 2002

zu beginn extrem verschlossen, geprägt durch unharmonisch saure brombeernoten mit leder und etwas zigarrenkiste sowie einigen grünen noten versehen. ab damit in die dekantierkaraffe und 6 stunden beiseite gestellt, um dann doch ein wenig mehr trinkvergnügen zu bekommen. der wein entwickelte sich ganz ordentlich, öffnete sich an der luft etwas und die frucht kam etwas mehr zum vorschein und erdige geschmacksnoten kamen hinzu. etwas hartes tannin und ein recht kurzer abgang.

insgesamt eher eine enttäuschung, 87P.
Gruß, Marko.
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innauen
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von innauen »

Hallo Sorgenbrecher,

den 2002er hatten wir ja auf der legendären Angelus-Comtesse-Probegleich zu Anfang. Der Wein war ziemlich lange offen und harmonierte auch mit dem Essen, rangierte aber ganz zwei Spielklassen unter den Champions, die dann im Laufe des Abends noch ins Glas kommen sollten:

Das habe ich damals notiert:

Comtesse 02
Strahlendes rot. Junge frische rotfruchtige Nase, die mir mit einigen zarten aber vorhandenen Grüntönen zu jung oder sogar zu künstlich wirkt. Mittlerer Körper, wenig Fett, rotfruchtig (Cranberry). Bei einem anderen 02er würde man die jahrgangsungewöhnliche Milde des Weines bemerken. Für die Comtesse wiederum gibt es am Gaumen ungewohnte eckige Noten. Mittellanger Abgang. 89+


ich habe damals ja provokant vom "überflüssigen" Jahrgang gesprochen. Ich denke, Weine der unteren und mittleren Preislklasse können überraschen und Überraschungen ist man stets bereit hoch zu belohnen. Daher die vielen positiven Stimmen in diesem Thread. Bei Prestigeweinen liegt die Erwartungshaltung schon wegen des Preises aber auch wegen der Marke höher und der Überraschungsbonus fällt oft genug weg. Im Ergebnis ist man dann enttäuscht, auch wenn die Comtesse sicherlich einer der besseren Weine dieses Jahrgangs ist. Aber bei 50 Euro plus bewertet man nicht mehr im Jahrgangskontext, sondern im Kontext von anderen 50 Euro Weinen.

Grüße,

wolf
„Es war viel mehr.“

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sorgenbrecher
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von sorgenbrecher »

ja, das ist ganz sicher so, dass die erwartungen bei den vermeintlich größeren (und teureren) weinen eher größer sind und damit auch das potential für enttäuschungen wächst....aber man kann eben nicht immer nur knaller im glas haben.

allerdings vermute ich bei der comtesse 2002 tatsächlich erhebliche flaschenvarianzen, da ich vor knapp einem jahr schon einmal eine deutlich bessere flasche hatte (ohne diese unreifen grünen töne). auch gabriel beschreibt sehr unterschiedliche erfahrungen mit diesem wein und ich bin aufgrund meiner erfahrungen geneigt dem glauben zu schenken.
Gruß, Marko.
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dazino
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von dazino »

Mit der 02er Comtesse haben anscheinend einige Mühe. Gehört wohl zu den 02er die mit am meisten auf Ricardo (Schweizer Pendant zu Ebay) angeboten werden.

Hoffe, dass meine Barons mehr Freude machen!

Gruss
David
weinfex
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von weinfex »

Gebe zu bedenken, dass ihr nach wie vor "nichtreife"
Bordeauxs "richtet" :) , 02 ist sicherlich kein Brüllerjahrgang,
aber ganz sicher auch kein schlechter. Klar ist aber, es ist
ganz gewiss nicht die Frucht und die Intensität, die zu seinen stärken zählt,
deshalb wird und kann er seinen "Charme" aller Wahrscheinlichkeit erst mit
seiner Reife wirklich zeigen (ähnlich wie 88, 94 und 98 linke Seite), und die dürfte
noch etwas dauern...

An der Arrivage fand ich übrigens die Comtesse sehr überzeugend... ;)
Grüsse weinfex
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sorgenbrecher
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von sorgenbrecher »

ja, sicher ist er noch zu jung, aber es spricht schon sehr viel für erhebliche flaschenvarianzen, da die eindrücke schon extrem unterschiedlich sind.

ich zitiere dazu mal rene gabriel:
...Die Nase sehr floral, frisch zwar, aber auch etwas hölzern, erinnert an eine Zweigelt aus Oesterreich. Im Gaumen jung, frisch, wieder floral, irgendwie auch grüne Noten darin. Fehlt an Kraft und Typizität, Das war maximal 17/20 wert...
und dann:
...Oder gibt es aus einem unerfindlichen Grund zwei Chargen? Eine dicke und eine dünne? Mittlerweile bekam ich mehrere Reaktionen aufgrund meiner Lancierung mit weininfo.mobi. Dort hatte ich den Wein aus analytischen Grünen runter gestuft. Nun setze ich ihn wieder auf die Primeurwertung und hoffe, dass möglichst viele den «Guten» erwischen. 09: ...Die besten sind wie ein Ribera del Duero. Süss, Caramell, Sandelholz, Kokos.
als von süß, caramell, sandelholz und kokos war bei meiner flasche bei besten willen nix zu schmecken... ;)
Gruß, Marko.
weinfex
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von weinfex »

Das ist natürlich nicht 100%ig auszuschliessen,
und wie Gabriel schon schreibt "aus unerfindlichen Gründen...",
sehe ich darin keinen wirklichn Sinn...
Grüsse weinfex
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innauen
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von innauen »

Nix Flaschenvarianten und ich kann das auch belegen. An dem Abend wurden nur Flaschen aus der Chateaureserve geöffnet, der Vertreter des Chateaus war ja auch anwesend. Es wurden deutlich mehr als eine Flasche aufgemacht und man hatte mehrfach Zeit nachzuverkosten (und davon wurde reichlich Gebrauch gemacht). Unterschiede zwischen den Flaschen waren nicht zu erkennen und der Vertreter des Chateaus zeigte sich sogar sehr zufrieden mit dem Wein. Da war nichts süßes, da war nur etwas hartes, tanniniges in dem Wein. Nein Paprika war es zum Glück nicht, aber die Tannine hatten schon eher eine grobe Körnung.

@Andras. Na klar ist der zu jung. So wie die 88er ewig zu jung waren oder die 94er und flux sind sie plötzlich hinnüber. Was soll der Wein auch zeigen oder wohin soll er sich entwickeln? Frucht hat er - mit Ausnahmen wie vielleicht Mouton 2002 - nie gehabt und Eleganz konnte er wegen Unreife auch nie bekommen (anders als das bei 2008 der Fall sein wird). Ich schätze die 2002er werden sich bis auf ganz wenige Ausnahmen so lange am besten trinken, so lange sie noch ein Gegengewicht in der Frucht aufweisen. Und wenn sie dann noch günstig waren, darf man sich freuen. Aber erwarten sollte man in der Masse weder jetzt noch später allzuviel - Pichon Comtesse eingeschlossen, auch oder gerade weil sie einer der besseren Jahrgangsvertreterinnen ist. Aber selbst hier wachsen die Bäume eben nicht in den Himmel.

Grüße,

wolf
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Moulis
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Re: Bordeaux 2002 - ein überflüssiger Jahrgang?

Beitrag von Moulis »

weinfex hat geschrieben:Gebe zu bedenken, dass ihr nach wie vor "nichtreife"
Bordeauxs "richtet" :) , 02 ist sicherlich kein Brüllerjahrgang,
aber ganz sicher auch kein schlechter. Klar ist aber, es ist
ganz gewiss nicht die Frucht und die Intensität, die zu seinen stärken zählt,
deshalb wird und kann er seinen "Charme" aller Wahrscheinlichkeit erst mit
seiner Reife wirklich zeigen (ähnlich wie 88, 94 und 98 linke Seite), und die dürfte
noch etwas dauern...

An der Arrivage fand ich übrigens die Comtesse sehr überzeugend... ;)

Das sehe ich ähnlich. Die meisten BX werden zu jung getrunken.
Auch die schwachen Jahrgänge schaffen 15 Jahre+
93, 94 und auch 97 sind jetzt oft gut zu trinken, und das nicht nur in der Spitze.
Die 2002er die ich bisher aufgemacht habe, sehe ich auch nicht so schlecht. Waren d´Agassac, Sociando, Poujeaux und GPL in letzter Zeit. An die meisten Jahrgänge aus diesem Jahrtausend gehe ich nur ganz selten herran, da nehm ich lieber die 80ziger und 90ziger aus dem Keller.
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