Bordeaux 2019

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Bernd Schulz
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von Bernd Schulz »

Hallo Herr Hilse,

bitte seien Sie mir nicht böse, aber ich verstehe von Ihrem offenbar an den Stil der weiland Frankfurter Schule angelehnten Sprachduktus auf Anhieb kaum einen Satz. Wenn ich mir sehr viel Mühe gebe, kapiere ich beim mehrmaligen Lesen zwei bis drei Sätze, aber ich finde es nun mal sehr mühsam ;) , mir sehr große Mühe geben zu müssen.

Daher würde ich mich besonders freuen, wenn es Ihnen möglich wäre, Ihre inhaltlich fraglos besonders kenntnisreichen und daher spannenden Beiträge in einem etwas anspruchsfreieren :oops: Deutsch auszudrücken. Ein Satz wie
Matthias Hilse hat geschrieben:Denn vor jeder Frage, wie sich die Preise in 2019 zu verhalten haben, muss die Verortung der neuen Ernte im Koordinatensystem vergangener Leistungsschauen erfolgen. Ich habe große Zweifel, dass es zu einer hinreichenden Akkumulation von Daten, die die großflächige Allokation von Vermögenswerten suggerieren, kommen wird.


bereitet sicher nicht nur einem einfältigen Gemüt wie dem meinen beim Lesen gewisse Schwierigkeiten....und darüber hinaus drängt sich mir der Verdacht auf, dass hiermit auf eine ziemlich schwülstige Art - sorry! - Selbstverständlichkeiten geäußert werden. Natürlich "muss die Verortung der neuen Ernte im Koordinatensystem vergangener Leistungsschauen erfolgen". Was/wie denn sonst? Wenn man aktuelle Jahrgänge bewertet, insofern das pauschal überhaupt möglich ist, wird die Qualität vorheriger Jahrgänge immer den Maßstab bilden....

Herzliche Grüße

Bernd
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Winedom
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von Winedom »

Hallo Matthias Hilse!

Schön wieder von Ihnen zu hören/lesen!

Wieso ist es so unbedingt nötig ist auch dieses Jahr Primeur zu verkosten!

Ich glaube die meisten Käufer brauchen die Show nicht jedes Jahr für die Kaufentscheidung.

Man kennt doch seine Weingüter mit denen man schon gute Erfahrungen hatte.
Und andere Informationen gibt es auch schon. Wetterverlauf, Alkoholwerte, Reife der Traubensorten,
Menge/Art der Tannine, linkes vs. rechtes Ufer, usw.

Also raus mit den Preisen: Ich weiß was mich interessiert!

Gruß Rainer
Viele Grüße
Rainer


"Nein, Alkohol trinke ich nicht. Ich trinke hier einen Schoppen Winzerwein!"
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von Matthias Hilse »

Guten Morgen Bernd,

auch wenn ich seit der Lektüre der REZO-Kolumne auf ZON nun weiß, dass es unhöflich ist, in Foren nicht zu "duzen", möchte ich hier unbelehrbar sein. Sie aber quasi zur Metamühe anzustiften, liegt jenseits meiner Intentionen :D
Bernd Schulz hat geschrieben:Hallo Herr Hilse,

bitte seien Sie mir nicht böse, aber ich verstehe von Ihrem offenbar an den Stil der weiland Frankfurter Schule angelehnten Sprachduktus auf Anhieb kaum einen Satz. Wenn ich mir sehr viel Mühe gebe, kapiere ich beim mehrmaligen Lesen zwei bis drei Sätze, aber ich finde es nun mal sehr mühsam ;) , mir sehr große Mühe geben zu müssen.

Daher würde ich mich besonders freuen, wenn es Ihnen möglich wäre, Ihre inhaltlich fraglos besonders kenntnisreichen und daher spannenden Beiträge in einem etwas anspruchsfreieren :oops: Deutsch auszudrücken. Ein Satz wie
Matthias Hilse hat geschrieben:Denn vor jeder Frage, wie sich die Preise in 2019 zu verhalten haben, muss die Verortung der neuen Ernte im Koordinatensystem vergangener Leistungsschauen erfolgen. Ich habe große Zweifel, dass es zu einer hinreichenden Akkumulation von Daten, die die großflächige Allokation von Vermögenswerten suggerieren, kommen wird.


bereitet sicher nicht nur einem einfältigen Gemüt wie dem meinen beim Lesen gewisse Schwierigkeiten....und darüber hinaus drängt sich mir der Verdacht auf, dass hiermit auf eine ziemlich schwülstige Art - sorry! - Selbstverständlichkeiten geäußert werden. Natürlich "muss die Verortung der neuen Ernte im Koordinatensystem vergangener Leistungsschauen erfolgen". Was/wie denn sonst? Wenn man aktuelle Jahrgänge bewertet, insofern das pauschal überhaupt möglich ist, wird die Qualität vorheriger Jahrgänge immer den Maßstab bilden....

Herzliche Grüße

Bernd
Ich meine, einen Bordeaux Jahrgang kann man besonders dann einschätzen, wenn man zuerst die Weine der großen Terroirs (sagen wir die Premier Crus und der erweiterte Kreis um die Superseconds) möglichst zeitnah am Anfang probiert. Gerade das ist ja der große Vorteil der Primeurs, dass genau dies möglich ist. Auf 2019 bezogen, müsste sich dann zeigen, ob der neue Jahrgang mit den beiden "benchmarks" 2016 und 2018 konkurrieren kann. Dann gäbe es einen Bezugspunkt ceteris paribus. Da die Volatilität der Preise bei den großen Weinen in den letzten Jahren beträchtlich gewesen ist, käme dann als nächstes die Überlegung hinzu, wie denn in Anbetracht der aktuellen Unwägbarkeiten ein fairer Preis (= einer, der dem Endkunden die Phantasie läßt, jetzt etwas im Vorverkauf günstig gegenüber dem späteren Ladenpreis zu erwerben) aussehen müsste.

Das Problem ist jetzt nur, dass genau diese Erzeuger, deren Weine am besten das Leistungspotential des Jahrgangs auszudrücken in der Lage sind, keine Muster ausser Haus geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Gruppe sich nun anders verhält. Sofern ich hier richtig liegen sollte, ist genau das aber, was fundamental wichtig ist, um die Güte und auch die Opportunität (jetzt nicht schon vorab einen Ladenhüter einzukaufen) des Jahrgangs einschätzen zu können, in diesem Jahr nicht gegeben.

Wenn Sie so wollen sehe ich ein beträchtliches Risiko, zu keiner vernünftigen Calibrierung des Jahrgangs aufgrund mangelnder Musterlogistik fähig zu sein.

Ich hoffe, meine Einlassung zu Ihrer Replik bemüht Ihre Mühe nicht zu sehr :D

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von Matthias Hilse »

Hallo Rainer,

für einen Großteil der Kunden und für eine Mehrheit der Weine ist es sicherlich nicht erheblich, ob überhaupt verkostet wird. Ich höre immer wieder von Seiten der Negociants, dass die Einkäufer sich überwiegend in ihren Kaufentscheidungen an den Bewertungen von Suckling, VINOUS und dem Wine Advocate orientieren. Mir ist diese Arbeitsweise jedoch fremd. Im Bereich der Cru Bourgeois bis hin zu den niederklassifizierten Gewächsen gibt es einerseits ein ziemlich konstantes Kaufverhalten, andererseits sind hier die Preise ja auch nicht aus dem Ruder gelaufen. Insofern haben Sie Recht, dass die Show in diesem Segment weniger wichtig ist.

Da 2019 aber ein warmes Jahr gewesen ist, möchte ich mir schon ein individuelles Bild von der Art und Weise, wie diese neue Realität bei den einzelnen Terroirs interpretiert wird, machen. Mein Eindruck in den letzten Jahren ist nicht selten gewesen, dass bestimmte Verkoster zu viel über den Witterungverlauf des Jahrgangs wußten, bevor sie ihn probiert haben. Saint Estephe 2015 wäre hier ein Beispiel.
Winedom hat geschrieben:Hallo Matthias Hilse!

Schön wieder von Ihnen zu hören/lesen!

Wieso ist es so unbedingt nötig ist auch dieses Jahr Primeur zu verkosten!

Ich glaube die meisten Käufer brauchen die Show nicht jedes Jahr für die Kaufentscheidung.

Man kennt doch seine Weingüter mit denen man schon gute Erfahrungen hatte.
Und andere Informationen gibt es auch schon. Wetterverlauf, Alkoholwerte, Reife der Traubensorten,
Menge/Art der Tannine, linkes vs. rechtes Ufer, usw.

Also raus mit den Preisen: Ich weiß was mich interessiert!

Gruß Rainer
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
stollinger
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von stollinger »

Matthias Hilse hat geschrieben:Mein Eindruck in den letzten Jahren ist nicht selten gewesen, dass bestimmte Verkoster zu viel über den Witterungverlauf des Jahrgangs wußten, bevor sie ihn probiert haben. Saint Estephe 2015 wäre hier ein Beispiel.
Nur kurz für mich zum Mitschreiben: Sie meinen, Saint Estephe 2015 ist bei einigen Verkostern zu unrecht niedrig bewertet weil auf Grund der vermeintlich unvorteilhaften Witterung eine vorgefertigte Meinung bestand?

Grüße, Josef
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UlliB
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von UlliB »

Winedom hat geschrieben: Also raus mit den Preisen: Ich weiß was mich interessiert!
Wenn Du sowieso weißt, was Du willst: warum dann diese Drängelei?

Es ist doch völlig egal, ob man die Weine jetzt subsen kann, oder erst in drei Monaten, in einem halben Jahr, oder erst im Frühling nächstes Jahr. Geliefert wird bei uns eh erst irgendwann in 2022.

Gruß
Ulli
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von Matthias Hilse »

stollinger hat geschrieben:
Matthias Hilse hat geschrieben:Mein Eindruck in den letzten Jahren ist nicht selten gewesen, dass bestimmte Verkoster zu viel über den Witterungverlauf des Jahrgangs wußten, bevor sie ihn probiert haben. Saint Estephe 2015 wäre hier ein Beispiel.
Nur kurz für mich zum Mitschreiben: Sie meinen, Saint Estephe 2015 ist bei einigen Verkostern zu unrecht niedrig bewertet weil auf Grund der vermeintlich unvorteilhaften Witterung eine vorgefertigte Meinung bestand?

Grüße, Josef
Ich glaube kaum, dass es sich um ein bewußtes Vorfertigen handelt, sondern eher um im Unterbewußtsein ablaufende Prozesse. Etwa in der gleichen Art, in der sich die Ergebnisse von offenen und verdeckten Vekostungen unterscheiden. Natürlich gibt es auch wirklich schwache Saint Estephe aus 2015. Beim Schreiben dachte ich konkret an die aus meiner Sicht stellenweise völlig irrelevanten Bewertungen von Chateau Montrose. Wenn Sie sich die Mühe machen, Montrose 2014, 2015 und 2016 direkt nebeneinander zu verkosten, wird Ihnen auffallen, wie wenig Varianz es hier in der Güte gibt.

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
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small talk
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von small talk »

In dieser Überlegung kommen verschiedene Aspekte zusammen:
Der Jahrgang 2015
Dieser Jahrgang wurde nach meinem Verständnis regelrecht gehyped!
Die Chateaux haben sich das gerne gefallen gelassen und konnten ihre Weine im Markt ohne Mühe gut positionieren.
Dabei ist dieser Jahrgang nicht so einfach gewesen. Wer nicht wirklich sorgfältig selektiert hat oder Standorte bewirtschaftet mit nicht so gutem Terroir (hier war besonders die Drainierung extrem wichtig), der konnte schlicht keinen guten Wein machen.

Das Anbaugebiet St. Estephe
ist in sich sehr heterogen. Es gibt Bereiche in dieser Appelation, die alles andere als gute Lagen sind.
Diese beiden Aspekte weiten das Qualitäts-Spektrum enorm auf. Viele Primeur Beschreibungen wurden dem nicht gerecht. Was zum Nachteil der wirklich guten 2015er wurde, jedoch auch zum Nachteil der Kunden die sich ‚blind‘ auf die zu gleichmachenden Bewertungen verließen.

Erstaunlich ist wie hartnäckig sich der Eindruck hält, dass 2015 ein ausnahmslos großer Jahrgang ist. Gerade in diesem gibt es Ausnahmen zuhauf – Ausnahmen in alle Richtungen.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken. (Heraklit - Interpretation)
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UlliB
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Re: Bordeaux 2019

Beitrag von UlliB »

Es gibt mal wieder ein Update eines bekannten süddeutschen Bordeaux-Händlers zur Kampagne 2019 - besonders interessant im Hinblick auf das beschworene "einheitliche Auftreten" der in der UGCB organisierten Betriebe:
"Wir möchten Sie auf den neuesten Stand bezüglich der Bordeaux Subskription 2019 bringen, von einer Sondersituation zu sprechen, wäre reichlich untertrieben. In Bordeaux nämlich herrscht aktuell äußerst ambivalente Stimmung, da man sich innerhalb der UGCB relativ uneins über das Verkostungsprozedere ist. Wir können aus Gründen der Vertraulichkeit namentlich leider keine Chateaux nennen, sind aber tagtäglich mit den führenden Gütern und Händlern vor Ort in Kontakt. So wie es aussieht, wird nämlich beginnend mit Ende Mai die Bordeaux Subskription 2019 starten. Aber auch dies kann sich kurzfristig nochmals ändern.

Ebenso planen entgegen vorheriger Aussagen mehr und mehr der Top-Güter aktuell nun doch Verkostungsmuster zu versenden. Manche Güter direkt, um Zeit zu sparen, andere über den Handel in Bordeaux, um Lieferungen zusammenfassen zu können, aus logistischen wie Versand-thermischen Gründen (größere Gebinde - bessere Temperaturkonstanz). Manche geben erst Ende Mai Muster frei, andere, allen voran die Premier Crus, lehnen einen Musterversand kategorisch ab. Seitens einiger Güter ist anberaumt, per life-chat in individuellen Einzel-sessions zusammen mit uns zu verkosten. Ein extrem zeitaufwändiges Prozedere, das aber dem Verkosten vor Ort näher kommen und den Austausch nebst Feedback fördern soll. Wir koordinieren aktuell mit etwa 150 Gütern und mehreren Händlern in Bordeaux ein praktikables Prozedere. Eine, wie in unserer vergangenen Ankündigung geplante Roadshow ist lt. aktueller Meldung erst für Mitte/Ende Juli in Frankfurt geplant, dann aber werden die meisten Weine bereits auf dem Markt sein. Eine Nachverkostungen zu diesem Zeitpunkt wird uns zwar Kaufentscheidungen rückwirkend bestätigen, leider aber nicht mehr beeinflussen.

Wir gingen ja bereits in unseren vergangenen Informationen an Sie relativ vorsichtig mit dem Thema Versand von Verkostungsmustern um. Fassmuster sind äußerst sensibel, die Haltbarkeit auf wenige Tage begrenzt. Nicht umsonst war es deshalb bis dato zu Recht ein „no-go“, Fassmuster aus Bordeaux zu erhalten. Viele Güter gaben in den vergangenen Jahren nicht einmal Muster außer Haus, die den offiziellen Verkostungen in Bordeaux, nur wenige Minuten Fahrzeit vom Chateau entfernt, dienten. So erlebte man immer wieder bei unseren regulären Primeur-Verkostungen, dass die Chateau-Besitzer Muster austauschten, sich über die Temperatur der Flaschen mokierten oder zu einem weiteren Verkosten auf das Chateau eingeladen hatten. Ein frisch zubereiteter Hamburger mit noch knackigem Salat, warmem Patty und softem, nicht durchgeweichten Burger-Bun ist eben auch authentischer und besser als nach 5 Minuten im Karton, oder? Nichtsdestotrotz wird es wohl das externe Verkosten in diesem Jahr sein, daran führt offensichtlich kein Weg vorbei. Aber unterschiedliche Versand-Laufzeiten der Muster, Abfülldaten, Verkostungs-Wetterbedingungen und viele weitere Paramater werden sich der Kontrolle der Chateaux entziehen, was ausschließlich Nachteile hat und sehr viel Verkostungs-Erfahrung verlangt. Zudem bietet ein Verkosten vor Ort in Bordeaux ein Optimum an Vergleichsmöglichkeiten vieler Güter untereinander."
:mrgreen:

Gruß
Ulli
stollinger
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Registriert: Sa 10. Dez 2016, 09:22

Re: Bordeaux 2019

Beitrag von stollinger »

Pontet Canet mit einem Evp um die 80€. Ich kann nicht leugnen, dass es da bei mir ordentlich zuckt. Nach dem Abschied von Jean-Michel Comme auch evtl. der letzte Jahrgang einer Ära. Aber subskribieren bei einer solch unsicheren wirtschaftlichen Lage ist echt keine gute Idee...
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