Ziemlich einverstanden. Mit all deinen Punkten zerschiesst du nachhaltig Klimeks These und bestaetigst VillaGemmas Einwurf.
Ich meinte in der Tat nicht, dass deutsche Weintrinker offener an Wein per se herangehen, sondern offener (und aus der Not heraus, denn sie
wollen ja Wein konsumieren, durchaus auch teuren) an
auslaendischen Wein, eben wegen der von VillaGemma gefuehlten (oder echt existierenden) Riesling-, zumindest aber Weisswein-Monokultur. Was die von dir genannten Zahlen wunderbar belegen. Und ich meinte nicht, dass die eigenen Weine aus guten Gruenden abgelehnt, sondern dass sie aus guten Gruenden getrunken wuerden (und nicht "weil es ein franzoesischer Wein ist").
Weiterhin trinken auch Deutsche aus guten Gruenden eine Menge deutschen Rieslings, nur halt nicht willenlos die ueberteuerten GGs, sondern die halb so teuren, aber fast genauso guten Sachen.
Und zuletzt: in dem Preissegment, in dem Klimek den deutschen, protestantisch-geizigen Weinkonsumenten als solchen ja hauptsaechlich verortet, ist deutscher Wein in der Tat "süß, provinziell, altbacken und nicht ernst zu nehmen". Da nehme ich keinem Konsumenten den Griff zum Pinot Grigio uebel, da hat er zwar genausowenig Qualitaet im Bauch, aber doch wenigstens ein warmes Gefuehl der Weltoffenheit (Goethe schwaermte schliesslich auch von Italien, und Klimek macht meines Wissens auch keinen Mueller-Thurgau in Rheinhessen, sondern - oops - Rotwein in der Toskana).
Natuerlich hat "der Franzose" (sagen wir mal so) genau VillaGemmas Problem, nur andersherum. Er kann (und tut's auch wirklich) deutschen Pinot Noir, australischen Semillon und italienischen Nebbiolo wertschaetzen, aber halt nur einmal im Monat. Die anderen 15 Tage bedient er sich aus der wahnsinnigen Vielfalt vor seiner Haustuer, nicht aus Stolz, sondern
weil er's kann (Adorf). (Und nein, das ist nicht Coche-Dury und Latour, weil "der Franzose" fahnewedelnd sein letztes Hemd schenkt.) Der von einigen eingeforderte Stolz auf das nationale Produkt, der sich gefaelligst im Kauf desselben aeussern solle, ist also nichts anderes als ausgelebter Neid.
Aber wenn ich alle relevanten Beobachtungen aussen vor lasse, dann, ja dann komme ich auch zu Klimeks Meinung - genau das richtige Kaliber fuer die Springer-Presse, fuer die er schreibt.
Cheers,
Ollie