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Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 17:08
von Gerald
Ich fasse es nicht - Gerald ist unter die Sauerteigbäcker gegangen

Klasse ...
ja - und daran bist du schuld
Habe mir nämlich damals die Beschreibung in dem von dir verlinkten Sauerteigforum zu Herzen genommen und backe jetzt jede Woche mein Sauerteig-Roggenbrot. Schmeckt besser als das gekaufte und ist dazu auch noch wesentlich kostengünstiger. Nur halt viel Arbeit ...
off-topic: damals ging es aber um Sauerteig als Analogon zur Spontanvergärung. Nach bisheriger Erfahrung stimmt das nicht, denn die Sauerteigkultur wird ja von Woche zu Woche weiterverwendet. Das ist eigentlich schon fast so etwas wie eine "Reinkultur" (nur eben aus mehreren unterschiedlichen Organismen).
Grüße,
Gerald
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 17:22
von Allegro
Das hab ich mir jetzt fast gedacht, dass der besagte Thread schuld ist
Wg. der Spontanvergärung beim ST: die ursprüngliche Hefebildung im selbstgezogenen ST erfolgt doch spontan und ohne Impfung mit irgendeiner Kultur. Und auch beim Weiterzüchten wird lediglich die vorhandene Kultur vermehrt ... aber das ist kein wissenschaftlicher Beitrag, sondern meine laienhafte Meinung zum Thema.
Off-topische

Grüße - Allegro
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 17:27
von Gerald
Ja, aber genau das wurde im entsprechenden Thread als "nicht richtige" Spontangärung erklärt ...
Grüße,
Gerald
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 17:34
von Allegro
Aha ... dann hatte ich das wohl falsch in Erinnerung
Viele Grüße - Allegro
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 17:53
von Birte
Hallo Allegro,
Du bist ja wohl eine erfahrene Sauerteigbäckerin. Kannst Du mir ein Rezept für Sauerteig empfehlen? Was ist bei Sauerteig mit Weizenmehl zu beachten?
Grüße
Birte
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 17:56
von Desmirail
Wenn ich mich einschalten darf, ich bin in einem anderen Leben mal Vollkornbäcker gewesen.

Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 18:05
von Birte
Wenn ich mich einschalten darf, ich bin in einem anderen Leben mal Vollkornbäcker gewesen.

Ja, gerne her mit der Hilfe. Hast Du ein Weizenmehlsauerteigrezept?
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 18:47
von Desmirail
Die Frage für mich ist:
Was willst Du?
Es gibt mehrere Arten Sauerteig herzustellen. Die ursprünglichste/natürlichste ist das Vergähren mit Spontanhefen, ähnlich der Weinbereitung. Das ist ein sehr aufwändiges Verfahren was Zeit benötigt.
Dazu nimmt man ca. 500g grobes Roggenschrot und setzt es mit Wasser an. Die Konsistenz sollte leicht flüssig, wie bei einem Pfannkuchenteig, sein.
Dann kommt der Prozess, der mehrere Stufen umfassen kann:
Stufe I
Die Hefen, die den Teig zu aller erst angreifen sind die Kahmhefen, diese sind auch aus dem Weinbau bekannt. Sehen kann man sie auch. Lass ein Glas Wasser einfach ohne es zu bewegen auf der Fensterbank stehen. Nach einigen Tagen bildet sich auf der Oberfläche eine Art Haut. Das sind Kahmhefen. Diese führen zur "ersten Gärung" des Teigs, der "Anstellgut" heißt. Da sie aber unaromatisch sind müssen sie lediglich als "Starter" dienen. Diese "Haut" bildet sich auch auf Deinem Teig. Diese Hefen sind der erste Gärstart. Nach ca. 2 Tagen beginnst Du mindestens 2 x am Tag Deinen recht flüssigen Teig mit der Hand (!) etwas aufzuschlagen, der Teig sollte bei ca. 26-28°C stehen. Mit der Hand deswegen, weil Du viele Hefen an dieser hast, also am besten, auch wenn es irgendwie ekelig ist, die Hände vorher nicht waschen und noch besser vorher Geldscheine und Münzgeld anfassen, weil da besonders viele Hefen dran sind, das nährt den Teig.
Dieses Vorgehen machst Du ca. 5-8 Tage. Ab dem 3. Tag des Aufschlagens müsstest Du erste Gärblasen sehen.
Nach ca. 8 Tagen ist die Gärung im vollen Gange (blasen Bildung, Gäraromen (können noch unaromatisch sein), Zeit den Teig etwas dicker zu machen um den Hefen was zu futtern zu geben. Das Aufschlagen des flüssigen Teig ist wichtig, um die Kahmhefen, die unaromatisch sind, auszutreiben und den aromatischen Hefen des Sauerteigs Platz zu schaffen die dann auch in Verbindung mit Sauerstoff die Kahmhefen abtöten.
Stufe II
Wenn Du nun den Teig dicker machst, so auf, wie sagt man, extrem dicker Kleister, dann musst Du ihn weiter pflegen (aufschlagen, Temperatur ca. 24-26°C über ca. 3-4 Tage).
Das nun der Sauerteigansatz oder auch Grundsauer!
Diesen musst Du, wenn Du ihn fertig hast, in den Kühlschrank stellen, damit die Hefen nicht den Rest der noch vorhandenen Stärke verputzen. Bei Kälte gehen diese nämlich, wie beim z.B. Weißwein (der ja auch manchmal, wenn er restsüß vergoren ist, gekühlt wird, um den Hefen im Keller den "Kinnhaken" zu geben damit diese k.o. gehen, natürlich nur wenn man keinen Schwefel zusätzlich hinzu geben will der die Hefen ja auch "alle macht") in Ruhe über.
Stufe III
Von diesem nimmst Du ca. 150 g für Dein Brot ab. Vermischt es mit Wasser und Roggenmehl bis ein flüssiger Teig entstanden ist. Natürlich in der Menge die Du für Dein Brot brauchst. Ich würde Dir eine Kastenform empfehlen, das Roggenbrot aufgrund der Pentosane die Eigenschaft hat "breit zu laufen". Dann den Teig über Nacht bei ca. 28-30°C gären lassen und am nächsten Morgen mit Mehl und ca. 10g Salz für 1,2kg Teig soweit verkneten, bis ein "handlicher" Brotteig daraus geworden ist. Diesen rund-länglich formen in die Kastenform, gehen lassen bis das Brot gut aufgegangen ist und abbacken bei 180°C und ca. 60-80 Minuten ( das Brot die letzten 20 Minuten mit Alufolie abdecken, damit den nicht zu stark bräunt.
In "groben" Zügen ist es das.
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 19:02
von Birte
Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Die ursprüngliche Art, interessiert mich am meisten. Ich habe echt nicht geahnt, dass Brot backen aufwendiger ist, als Wurst machen. Aber jetzt bin ich neugierig geworden. Mal schauen, wann ich das angehe. Ich melde mich, wenn ich Matschkuchen backe.
Re: Heute gibt es bei mir ..., was gibt es bei Euch?
Verfasst: Mi 22. Feb 2012, 19:09
von Desmirail
Birte hat geschrieben:Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Die ursprüngliche Art, interessiert mich am meisten. Ich habe echt nicht geahnt, dass Brot backen aufwendiger ist, als Wurst machen. Aber jetzt bin ich neugierig geworden. Mal schauen, wann ich das angehe. Ich melde mich, wenn ich Matschkuchen backe.
Frag ruhig nach. Natürlich ist das Ergebnis nicht wie beim Bäcker, aber es ist 100% Dein Werk und Du weißt was drinnen ist.
Abwandlungen sind natürlich auch möglich.
Übrigens: Roggen kann man nicht ohne Sauerteig backen, das liegt daran, weil er sonst "nur niedere" Schleimstoffe (Pentosane) bildet und aufgrund des Fehlens von Klebereiweiß keine Krume bilden kann!!! Mit Hilfe des milchsauren Vergärung bildet er "höherewertige" Pentosane, womit der Teig eine Krume bildet.
Für einen Weizensauerteig machst Du es genau so wie für Roggen. Falls der Teig nicht gut aufgeht kannst Du auch noch ein paar Krümel Hefe hinzu geben. Aber, Roggen
muss gesäuert werden, sonst haste wirklich Matschbrot.
