BORDEAUX 2012

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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ledexter
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von ledexter »

UlliB hat geschrieben:Mal ein Weißer:

Clos Floridene 2012 (Graves) 13%Vol. Schon die zweite Flasche aus einer 6er-OHK, die erste hat vor rund einem Jahr nur wenig beeindruckt. Heute hat er aber zu einem asiatisch gewürzten Geflügelgericht absolut gezündet: viel tropische Früchte, vor allem Maracuja, und ohne die bei Sauvignon blanc so häufigen Grüntöne; ordentlich Neuholz, das aber recht gut eingebunden, frische Säure, sehr lebendig. Schön.

Weiße Bordeaux aus dem besseren Register können verblüffend gut altern, und ich vermute hier auch, dass dieser Wein über viele Jahre Freude machen wird. Ganz allgemein denke ich, dass weiße trockene Bordeaux deutlich mehr Aufmerksamkeit verdienen würden, das sind schon ziemliche Nischenprodukte.
Ich habe mir eine 6er vom Clos Floridene 2011 zugelegt, und habe vor kurzem eine Flasche zu Jakobsmuscheln geöffnet. Mein Eindruck war ein ähnlicher, der Wein war noch etwas zu sperrig, sehr frisch und schien zu jung. Die feinen tropischen Aromen waren auf jeden Fall vorhanden, aber auf jeden Fall auch das kräftige Neuholz welches zu den Jakobsmuscheln einfach etwas zu viel war. Ich hatte auch das Gefühl, dass der Wein noch etwas liegen muss um sich zu finden.
nono
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von nono »

Clos Floridene
ist einer meiner Lieblingsweine, das Preis-Genußverhältnis optimal und auch sehr konstant, die Jahrgänge, die ich bisher probiert habe, waren jedenfalls alle gut, wer sich ärgert zuwenig gekauft zu haben, kauft sich einfach den nächsten Jahrgang...
Mir schmecken diese auch jung, für die Jakosmuscheln ist der Wein vielleicht einfach zu intensiv, ich glaube nicht, dass sich das mit der Reifung groß ändert.
Ich hatte mal einen Smith Haut Lafitte im Alter von zwei Jahren aufgemacht und nicht bereut, geschmacklich intensiv wie eine Dampfbahn, die über einen drüber fährt, aber der Geruch war so großartig sinnlich wie ich das noch nie erlebt habe. In der Rückschau betrachtet hätte ich - für den Geschmack ein wesentlich größeres Glas nehmen sollen ( = Burgunderglas), da wäre der Alkohol nicht so dominant gewesen....
Ich habe noch einen 2010 Domaine de Chevalier blanc im Keller, ich befürchte fast, dass ich zu den Leuten zählen werde, die diesen- wie UlliB berichtete- vermutlich im Alter von 15 Jahren nicht mögen werde.
Bitte an die Spezialisten: Durchlaufen diese Weine auch wie die roten Bordeaux eine Verschlussphase oder reifen diese konstant?
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UlliB
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

nono hat geschrieben: Durchlaufen diese Weine auch wie die roten Bordeaux eine Verschlussphase oder reifen diese konstant?
Eine wirkliche Verschlussphase habe ich bei weißem Bordeaux noch nicht beobachtet. Es gibt allerdings eine Umbruchphase, in der die Frucht bereits abbaut, aber die Reifetöne noch nicht entwickelt sind und der Wein irgendwie "dazwischen" ist. Genau in dieser Phase habe ich den im Parallelthread beschriebenen DdC blanc 2001 erwischt, und da ist er halt nicht wirklich schön.

Ohne in letzter Zeit einen weißen Bdx aus 2010 im Glas gehabt zu haben, würde ich mal vermuten, dass der noch in der Fruchtphase ist.

Gruß
Ulli

PS. Schöne Beschreibung vom zwei Jahre alten SHL :lol: -- Und ja, ein großes Glas macht völlig Sinn, auch karaffieren ist häufig eine gute Maßnahme.
Sauternes
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von Sauternes »

Eine komplette Verkostungsnotiz kann ich noch nicht, versuche es mal in kleinen Stichpunkten.
Wein Clos Louie 2012, getrunken zu gegrillten Fleisch und Wurst am 3.Oktober 2016 :)
Nach dem öffen der Flasche war der wein noch verhalten im Aroma, aber je länger er im Glas war um so schöner wurde er, solch ein wechsel der empfundenen Geschmacksaromen habe ich bis dahin noch nicht erlebt, mit jedem Schluck wurden neue Nuancen entdeckt, toll.
Meine Gäste waren auch sehr angetan von diesem Wein und haben mich gefragt wo es den zu kaufen gibt, ich antwortete nur, Nein im Edeka oder Netto gibts den nicht.
Das ist bis heute mein Lieblings Rotwein, ein erster Versuch nach Punkten: 93, ich muss mir ja noch Platz nach oben lassen, nicht das es mir wie Parker geht und die Skala bei 100 plötzlich zu klein ist :lol: .

Gruß Heiko
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innauen
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von innauen »

Hallo,

wie viele 2012er Weine so machte mir auch dieser Fronsac viel Vergnügen. Nur wird sich dieser Spaß konservieren lassen? Ich habe da meine Bedenken. Was bleibt von den 2012ern in der Breite (in der Spitze gibt es sowieso immer Chateau, die selbst in miesesten Jahre sehr gute Qualität abliefern) übrig? Die Tanninstruktur macht mir da einfach Sorgen.

Bild

Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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UlliB
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

Vieux Chateau Certan 2012 (Pomerol) 14%Vol. Dunkles Purpur. Subtile Nase, dunkelfruchtig, reife Brombeere, leise untermalt von Holz, Zigarrenkiste. Im Gaumen ganz ungemein elegant, die Brombeerfrucht scheint fast zu schweben, geschmeidig, fast seidig, schöne Dichte, aber nicht sehr viel Struktur, die Säure gut eingebunden; praktisch trinkreif, nur ganz am Ende rauht das Tannin ein wenig auf und erinnert daran, dass das immer noch ein Jungwein ist. Der Holzeinsatz ist extrem gekonnt, trotz 75% Neuholz untermalt das Holz nur die Frucht und ist nie im Vordergrund.

Das ist schon sehr, sehr gut und bislang das Beste, was ich aus 2012 im Glas hatte. Ein großer 2012-Fan werde ich aber dennoch nicht werden; bei aller Qualität mangelt es auch hier ein klein wenig an Struktur, und der Wein ist wie alle roten 2012er, denen ich bisher begegnet bin (das waren einige Dutzend) irgendwie "unspannend", ohne dass ich genau sagen könnte, was hier denn eigentlich fehlt.

Gruß
Ulli
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UlliB
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

Über die letzten Tage drei 2012er, ohne dass ich detaillierte Notizen gemacht habe:

Beau-Sejour Bécot 2012 Rundum enttäuschend. Eklatanter Mangel an Struktur und Dichte, ein veritables Loch in der Mitte, und auch der Fruchtausdruck ist nicht wirklich schön, endet metallisch. Schlechte Flasche oder schwacher Wein? - Meine Motivation, eine Konterflasche aufzumachen, war nur gering.

Rauzan Ségla 2012 Die weitaus meisten 2012er, die ich bislang im Glas hatte, waren freundlich und zugänglich, aber auch etwas strukturschwach. Der hier nicht. Defensive, aber schöne Nase, rotfruchtig und floral, vielschichtig. Im Gaumen sehr straff, ziemlich hart, hohe Dichte, aber abweisend. Viel Potential, aber nichts für die nahe Zukunft.

Léoville Las Cases 2012 Etwas unerwartet deutlich zugänglicher als der Rauzan. Wie bei LLC üblich, ungemein präzise gearbeitet, glasklarer Fruchtausdruck, komplex, auch straff, aber ohne die Härte des Rauzan; kein Gramm Fett; Neuholz völlig im Hintergrund. Es fehlt die Dichte der großen LLC-Jahrgänge; dennoch ein ungemein eleganter und schöner Wein. Entweder jetzt, oder ein paar Jahre warten; für Anhänger eines klaren, schlanken Bdx-Stils eine echte Empfehlung.

Gruß
Ulli
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octopussy
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von octopussy »

UlliB hat geschrieben: Beau-Sejour Bécot 2012 Rundum enttäuschend. Eklatanter Mangel an Struktur und Dichte, ein veritables Loch in der Mitte, und auch der Fruchtausdruck ist nicht wirklich schön, endet metallisch. Schlechte Flasche oder schwacher Wein? - Meine Motivation, eine Konterflasche aufzumachen, war nur gering.
Hab zwei Flaschen davon und noch keine probiert. Ich finde Beau-Séjour-Becot macht häufig sehr attraktive und einigermaßen klassische Weine, deswegen hoffe ich, dass du eine schlechte Flasche hattest :cry:
Beste Grüße, Stephan
Korkenzieher
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von Korkenzieher »

Den hatte ich mehrere Male im Glas bei der En Primeur und auch bei der Arrivage. Hat mich damals wirklich überzeugt. Ist m.E. jetzt im "Loch". Hier ist warten angesagt und ich bin zuversichtlich, dass sich dieser Saft positiv entwickeln wird. Time will tell....
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UlliB
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Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

Und noch ein 2012er:

Brane Cantenac 2012 13%Vol. Offene, ansprechende, sehr typische Nase: rote Johannisbeere, etwas floral, dahinter ein wenig Rauch und gar etwas Teer. Durchaus komplex. Am Gaumen schlank, herb, wie so viele 12er ziemlich lose geknüpft und grobmaschig. Mittellanger, sauberer Abgang. Fazit: schöne Aromatik, wackelige Struktur.

Die löchrige Struktur vieler 2012er im klassifizierten Bereich ist beunruhigend - der letzte Jahrgang, bei dem ich so etwas beobachtet habe, war 2007 (auch die aus meiner Sicht im high-end-Bereich etwas unterschätzten 2011er zeigen das nicht). Die Weine werden durch ihre Aromatik eine Weile am Leben erhalten werden, aber gut altern werden nur sehr wenige. Ich würde 2012 zwar nicht wie einige Kritiker in die Reihe veritabler Katastrophenjahrgänge wie 1977 stellen, aber wirklich gut geht im Bordelais anders.

Gruß
Ulli
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