Hallo Leute
Heute Abend im Glas eine
Pichon-Longueville-Comtesse-de-Lalande 1984 aus meinen wohlbehüteten Kellerbeständen. Die Flasche war letztes Jahr von mir gekauft worden aus einem Schweizer Keller wo sie fast 25 Jahre am gleichen Ort gelagert wurde. Füllstand IN !!!
Die andere 84er Comtesse die ich noch in Weiden gelagert habe hat sogar Füllstand HF !!!
Es geht bei gereiften Bouteillen nichts über die Vorgeschichte und Lagerung. Ein absolutes Muss ! Diese Flasche ist mit hunderten anderer Kollegen in einem Keller gelagert worden und niemand hat sich jahrzehntelang darum gekümmert. Der ehemalige Besitzer ist nämlich Mitte der 80er Jahre verstorben und erst letztes Jahr wurde der Keller aufgelöst.
- Mittlerer Wasserand mit ersten Reifereflexen an der Kante. Sanft schimmerndes Ziegelrot aussen wird in der Mitte zu Dunkelrot.
- In der Nase meine Comtesse. Leicht rauchig und verrucht. Sündiges Gemisch aus Black-Currant, Cassis, Holunderstrauch mit dem typisch leicht grünlich frischen Blattwerk. Sinnliche Anflüge von vollreifen Pflaumen und frischem Edelholz.
- Im Gaumen bestätigt sich der nasale Eindruck. Die Comtesse schwingt und singt lässig mit einer immer noch präsenten Adstringenz und Leichtigkeit. Sie ist im besten Sinne frisch und süffig leicht. Im Finale kommt wieder dieser leicht grünlich typische Comtesse-Geschmack der schwierigen Jahre durch. Die gute Madame hatte es ja nicht so mit Ertragsbeschränkungen gehabt und wenn der Cabernet auch mal nicht so ausgereift war, eh egal, wir haben ja genug reifen Merlot drin.
Dies merkt man auch diesem ausgereiften Wein an. Er hat einen schönen grazilen Körper und der finessige Schmelz kommt vom satten Merlot-Weinfett darin. Auch diese leichte Schokonote rührt sicher daher und macht den Wein noch eine Spur interessanter. Der Tanzpartner auf der anderen Seite ist aber klar ein wenig zu viel grüner Cabernet Sauvignon. Die sicher sehr gute Kellerarbeit und ein tolles Barrique-Toasting haben viel ausgeglichen, aber hexen konnten die Jungs auch damals nicht. Vor allem wenn das Glas zu lange steht und viel Luft bekommt, schleichen sich feine Geranioltöne ins Glas und in den Gaumen.
Was aber bei dem Saft so toll eingebunden und harmonisch ist, das sind die abgerundeten Tannine. Die sind wunderbar in der blättrigen Frische und der leichten roten Beeren-Frucht verpackt. Ganz klar ist diese Comtesse ein Nasentier und macht so richtig schön mit ihrem Bouquet an. Auf der Zunge und im Finale kann sie aber ihr Problem mit der Magersucht trotzdem nicht verheimlichen. Wenn auch mit zuwenig Fleisch an den Rippen hat diese Flasche enormen Charme und ihr Flair gefallen mir so gut, dass ich hier
88 Punkte zücke.

- Comtesse 1984 aus Tony's Keller
Mit den besten Grüssen