Hallo zusammen,
es ist heiß! Ich liebe es

! Ab 35 Grad Celsius erwacht mein Kreislauf erst so richtig und entwickelt so manche Neigung zu diversifizierendem Aktionismus, der diesem sonst im Übermaße fremd ist. Der einzige Nachteil für mich, und nicht für meinen Kreislauf, bei solch einer Hitze sind die abträglichen Umweltbedingungen beim Genießen von Weinen meiner stark bevorzugten Rebsorte: Pinot Noir

. Abgesehen vom Verschanzen im Keller oder dem Hochfahren einer nicht vorhandenen Klimaanlage habe ich noch keine akzeptable Möglichkeit für mich erarbeiten können, die zu einem erhöhten Pinot-Genuss bei Hitzewellen geführt hätte. Doch glücklicherweise gibt es die Vergangenheit und die Erinnerungen an diese. In solch einer vor guten vier Wochen passierten, als noch pinot-freundlichere Zeiten herrschten, haben sich einige freundschaftlich verbundene und wichtiger kompetente Weinnasen - und ich, der wirklich nichts Erhellendes oder kompetentes über Wein zu sagen hat, in einer Küche im Zentrum der „Bronx“ eingefunden um einige amerikanische Pinot Noir Flaschen ihres Inhalts zu berauben. Ich möchte mich heute nur auf das „Diebesgut“ eines dieser Flaschen beschränken, da ich die meisten der anderen schon vor einiger Zeit an entsprechenden Stellen, auch hier unter "Pinot weit weg" (ich finde sie nur gerade nicht

) versucht habe zu beschreiben. Doch jetzt erst mal nach Mount Harlan ...
Calera Wine Company Mills Pinot Noir 1992, Mount Harlan
http://wine-zeit.blogspot.de/2014/06/ca ... -noir.html
Calera, a.k.a. der alte Kalkofen, steht für den einzigen Erzeuger von Weinen, mehrheitlich Pinot Noir, in der äußerst kleinen, eher weniger-weinbau-affinen und isolierten Mount Harlan AVA ca. 80 km südlich von San José in Zentralkalifornien. Des weiteren steht Calera bzw. korrekterweise Mount Harlan für das einzige nennenswerte von Kalkstein durchzogene Weinbaugebiet in ganz Kalifornien. Stellt sich nun die Frage wie es dazu gekommen ist, dass an solch einem Ort durchaus spannender Pinot Noir wächst? Dazu müssen wir etwas zurück in die Vergangenheit. Im Jahr 1974 begann Josh Jensen, ein Absolvent der auf Landwirtschaft (und einiges mehr) spezialisierten UC Davis, nach einiger Arbeitserfahrung im Burgund und Kalifornien mit seiner unbeirrbaren Suche nach geeigneten Kalksteinlagen in Kalifornien. Weshalb? Ganz einfach! Er war und ist der unumstößlichen Meinung, dass herausragender Pinot Noir nur auf Kalksteinboden wachsen kann. Fündig wurde er am isolierten Mount Harlan im San Benito County. Dieser Berg war bis dato für Weinbau noch nicht entdeckt worden. Nun, bzw. natürlich damals vor vierzig Jahren, begann er schlicht und "einfach" voller Experimentierfreude auf bis zu 670 m Höhe seine ersten aus dem Burgund importieren Pinot Noir Klone anzupflanzen. Zunächst in nur drei durch ihre Kleinklimata sich sehr unterscheidenden Parzellen. Mittlerweile verfügt er über sechs Einzellagen-Pinot auf insgesamt 36 Hektaren. Die wurzelechten Reben für meinen heutigen Mills Pinot Noir 1992 wurden im Jahr 1984 in einer eher heißen gen Süden gerichteten Lage am Mount Harlan angepflanzt. Dies führt dazu das der Mills zu seinen kräftigeren und üppigeren Lagen-Pinots zählt. Bei der Arbeit im Weinberg wie auch im Keller verfolgt Josh Jensen eine Herangehensweise die man als recht archaisch und zurückhaltend gegenüber modernen Techniken bezeichnen könnte. Kaltmazeration oder Entrappung kennen seine Pinots nicht. Alle seine Pinots werden mit eigenen Hefen ganzbeerig über mehrere Wochen vergoren. Sie zeichnen sich in ihrer Jugend meistens eher durch viel Tannin und ziemlich abweisende sowie kernige Aromen aus. Auf der Langstrecke können diese aber wunderbare komplexe und intensive Aromen entwickeln. Ausgebaut werden Josh’s Pinots eineinhalb Jahre lang in bis zu 30 % französischem neuem Holz.
Die Farbe des zwanzig Jahre alten Mills war durchaus seinem Alter entsprechend – also eher ziegelig als „klassisch“ Rubinrot. Abgesehen von so manchem Schwebeteilchen zeigte er eine sehr schöne Transparenz, und die visuellen Eindrücke ergänzend, einen fantastischen Korken. Seine Nase war geprägt von allerlei braunen und tief reifen Düften. Aufschnappen konnte ich unter anderem Kaffeepulver, etwas Tabak, fein wirkende Nelken, Brotkruste, etwas matschige Kirschen und so manche runzelige Tomate. Am Gaumen wirkte der Wein zunächst etwas überreif und plump, aber dennoch ansprechend, wenn auch nicht wirklich überzeugend. Nach ca. dreisig Minuten ging das Aromenspektrum mehrheitlich in die selbe Richtung, die vorher schon von der Nase vorgegeben wurde. Insbesondere die tomatig und kirschig wirkenden Überbleibsel von Fruchtaromen waren sehr schön ausgeprägt. Auch eine gewisse geriatrische Frische entwickelte sich mit der Zeit in dem Mills. Sein Facettenreichtum, seine überraschende und nicht vor Kraft strotzende Struktur und sogar ein Hauch einer einbildbar kalkbodigen Strenge vermochten es, in mir ein sehr zugeneigtes Gesamtgefühl zu entwickeln. Was mich an diesem Wein äußerst verblüffte war sein Potential mit länger andauernden Öffnungszeit noch mehr in Puncto Frische und Ausgewogenheit zulegen zu können. Das hätte ich so in dieser Form nicht erwartet. Länger als gute zwei Stunden, und weiterer Beobachtung entzogen, hat der Mills leider nicht überlebt. Er hat anscheinend auch bei den kompetenten Weinnasen durchaus Anklang finden können. Insgesamt ein
sehr guter (+)-(++) Pinot Noir der jetzt so langsam geleert werden sollte.
Die anderen Ami Pinots waren der
Arterberry Maresh Dundee Hills Pinot Noir 2007 und der tolle
Eyrie Vineyards Dundee Hills Pinot Noir 2007, sowie der bis jetzt bei "Pinot weit weg" noch nie erwähnte
Patricia Green Cellars Whistling Ridge Vineyard Pinot Noir 2007 aus der Ribbon Ridge AVA. Kurzbeschreibungen zu diesen Weinen findet ihr hier:
http://wine-zeit.blogspot.de/2014/06/ca ... -noir.html
Auch ein jugendlicher Burgunder gesellte sich zu den Amis. Leider machte der überhaupt keine gute Figur. Der
Savigny-les-Beaune V. V. 2011 von
Louis Chenu Fils war mir bei weitem zu charakterlos, sehr glattgebügelt, voller banal wirkender und ziemlich süßer Frucht. Tiefgang oder jugendliche Widerborstigkeit hatte er auch nicht. Leider war dieser Pinot bestenfalls ein erstaunlich langweiliger unterdurchschnittlicher
so la-la (o)-(-) Wein über den ich nicht ein weiteres Wort verlieren möchte
Besten Gruss
Chris