Diesen Cotes du Jura hat mir Markus aus Lille mitgebracht:
Objektiv gesehen handelt es sich gewiss um keinen schlechten Wein. Aber eine zweite Flasche davon benötige ich ganz subjektiv eher nicht.
Das ist einfach ein Weißweinstil, der mir nicht so viel Freude macht. Mit Holger Kochs Grauburgunder kommt mein moselverseuchter Gaumen im Zweifelsfall deutlich besser klar....
Bernd, ich glaube, das Jura war noch nie so wirklich deins... Ich hätte mich über den Wein vom Château d´ Arlay sicher mehr gefreut. Weil ich nunmal den Jura-Weinen schon seit den 90ern verfallen bin... Und d´Arlay ist da so ziemlich ein Klassiker...
auch bei uns gab es kürzlich mal wieder einen Wein aus dem Jura, nämlich zur Pilzquiche den 2009 Côtes du Jura "Cellier des Chartreux" (100% Chardonnay aus dem lieu dit "En Boivin"). Die Domaine wurde im 13. Jahrhundert von Karthäusermönchen gegründet und nach der französischen Revolution von der Familie Pignier übernommen. Zwischen 1918 und 1970 lagen die Weinberge brach und wurden erst dann wieder bepflanzt. Die Weinberge der Domaine liegen im Revermont direkt südlich von Lons-le-Saunier (zur Orientierung: Arbois liegt ca. 40 km weiter nördlich). Schon 1998 begann man auf der Domaine mit der Umstellung auf biodynamischen Anbau, der lieu dit "En Boivin" war die erste Parzelle, die umgestellt wurde. 2003 wurde die Domaine mit dem Demeter-Label zertifiziert.
Erzeugt wird das gesamte Programm, das man im Jura üblicherweise auffährt: Poulsard, Trousseau, Pinot Noir, eine rote Cuvée, Chardonnay ouillé, Chardonnay non-ouillé, Savagnin ouillé, Savagnin non-ouillé, Vin Jaune, Vin de Paille, Macvin du Jura, Crémant. Nur ein echter "Tradition" (Savagnin/Chardonnay non-ouillé) fehlt. Dafür gibt es einen gemischten Satz "GPS" aus Savagnin, Poulsard und Chardonnay, der nicht-oxidativ kurz ausgebaut und unfiltriert und ungeschwefelt abgefüllt wird.
Der "Cellier des Chartreux" ist noch sehr jung, aber schon wunderbar zu trinken, gerade in der Preisklasse (ca. 15 Euro). Er ist für meinen Geschmack nur sehr leicht oxidativ (wobei Frau octo und meine Schwägerin beide meinten "riecht wie Sherry") und spielt jedenfalls in diesem jungen Stadium mehr mit der Frucht (Apfel) als mit nussig-würzig-erdigen Noten. Für mich ist das Besondere an den oxidativen Jura-Weißweinen immer die unglaubliche Mundfülle, die glockenklare, unglaublich kalkige Säure, gepaart mit einer ungemeinen Expressivität. Ich werde bei diesem Wein noch nachlegen. Wenn ich nicht ganz falsch liege und man der Domaine glauben darf (30 Jahre Lagerfähigkeit) gibt es hier für ca. 15 Euro einen Wein, der in gut 10-15 Jahren richtig aufdreht.
Nachdem neulich ein Arbois Trousseau VV von Desiré Petit brutalst korkte, habe ich es jetzt nochmal mit dem 2010 Arbois-Pupillin Trousseau probiert. Die Domaine Petit hat zwei unterschiedliche Trousseau im Programm, einen aus Arbois und einen aus Arbois-Pupillin (von Arbois den Hügel hoch, kann man gut zu Fuß gehen).
Ich fand den Wein jetzt deutlich besser als noch Anfang des Jahres vor Ort. Er wirkte auf der Domaine eigentlich etwas einfach, ich hatte trotzdem zum Test mal eine Flasche mitgenommen. Jetzt war der Wein deutlich offener, eher rot- als schwarzfruchtig, das Tannin war deutlich in den Hintergrund gerückt und es kamen deutlich mehr floralen Noten raus. Dem ein oder anderen wird der Wein zu duftig/parfümiert sein, mir hat das gerade nach etwas Eingewöhnungszeit aber gut geschmeckt.
Habe gerade den 2008er Chateau d`Arlay blanc im Glas, gefällt mir besser als Bernd, auch solo, die anstrengende Seite stört mich hier nicht so stark, ich kann schwer beschreiben, was mir an diesem weißen Jura so gefällt, wahrscheinlich der ganz eigene Charakter, den ich als sehr mineralisch, ernsthaft und wenig fruchtig empfinde, sehr kompakt und trotzdem spielt sich in dieser Kompaktheit sehr viel ab, die phenolischen Töne gehören dazu, ebenso wie eine Bitternote, die mich bei den meisten Rieslingen stören bis nerven würde, spannend, ich habe keine Ahnung , welcher Boden die Reben beheimatet, von der Mineralik würde ich am ehesten auf Kalkböden tippen, 87 Punkte, gleich esse ich mal ein paar Lachsschnitten dazu
Ralf Gundlach hat geschrieben:Habe gerade den 2008er Chateau d`Arlay blanc im Glas, gefällt mir besser als Bernd, auch solo, die anstrengende Seite stört mich hier nicht so stark, ich kann schwer beschreiben, was mir an diesem weißen Jura so gefällt, wahrscheinlich der ganz eigene Charakter, den ich als sehr mineralisch, ernsthaft und wenig fruchtig empfinde, sehr kompakt und trotzdem spielt sich in dieser Kompaktheit sehr viel ab, die phenolischen Töne gehören dazu, ebenso wie eine Bitternote, die mich bei den meisten Rieslingen stören bis nerven würde, spannend, ich habe keine Ahnung , welcher Boden die Reben beheimatet, von der Mineralik würde ich am ehesten auf Kalkböden tippen, 87 Punkte, gleich esse ich mal ein paar Lachsschnitten dazu
Hallo Ralf,
die Reben von Château d'Arlay stehen wie auch sonst im Jura tatsächlich auf Kalk- und Mergelböden, wobei ich nicht sagen kann, welche Farbe der Mergel der d'Arlay Weinberge hat. Diese kalkige Mineralität und Säure gerade bei den oxidativ ausgebauten weißen Juraweinen finde ich auch immer sehr charakteristisch.
Jura, vielleicht aktuell die spannendste Weingegend in Frankreich. Nach letztem Jahr (wo wir eigentlich nur zum Skifahren da waren) musste ich dieses Jahr unbedingt nochmal hin mit einem Schwerpunkt auf den Wein. Die Auswahl der Erzeuger fiel schwer, am Ende fiel die Wahl aber auf Erzeuger, deren Weine in Deutschland nur schwer erhältlich sind (und Jean Macle und Jean-Francois Ganevat sind - wenn auch nicht gerade billig - in Deutschland recht gut erhältlich).
Der erste Besuch war beim "Papst von Montigny" - Jacques Puffeney. Puffeney dürfte die 60 Jahre schon deutlich überschritten haben, laut der Revue des Vins de France will er sich irgendwann auch zur Ruhe setzen - leider bislang ohne Nachfolger in der Familie. 2012 kelterte er schon seinen 50. Jahrgang.
Die Terminfindung war nicht ganz einfach. Ich hatte zwei Tage vorgeschlagen und erhielt nur die Antwort "c'est bien" und danach nichts mehr - auch auf weitere Nachfragen nicht. Kontaktschwierigkeiten scheinen bei Puffeney aber keine Seltenheit zu sein, ein durchaus bekannter Sommelier, mit dem ich über das Jura plauderte, bat mich, ihm doch Bescheid zu sagen, wenn ich bei meinem Besuch Erfolg habe, er selber versuche seit Wochen vergeblich, Jacques Puffeney zu erreichen, um einen Termin auszumachen.
Ich bin dann einfach auf gut Glück hingefahren und freute mich zunächst über die wunderbare Idylle in Montigny-sur-Asures. Arbois ist ja schon schön, aber der kleine Ort Montigny mit seinen uralten Bauernhäusern hat auch sehr viel Charme. Glücklicherweise waren Jacques und seine Frau da, erinnerten sich nicht wirklich an die Vorkorrespondenz, Jacques Puffeney nahm sich aber trotzdem spontan die Zeit für eine kleine Verkostung in seinem Keller. Er war zunächst sehr reserviert, es brauchte schon viele Komplimente über seine Weine, bis er auftaute.
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Die Domaine von Jacques Puffeney gründet sich in einen kleinen Weinberg seines Vaters. Mit den Jahren kaufte und pachtete Puffeney weitere Lagen dazu und verfügt jetzt über etwas mehr als 7 ha Rebfläche in Montigny les Arsures, Arbois und Villette des Arbois (alles AOP Arbois). 2,7 ha sind mit Savagnin bepflanzt, 1,8 ha mit Chardonnay, je 1,2 ha mit Poulsard und Trousseau und 0,6 ha mit Pinot Noir. Die Weinberge werden m.W. nicht zertifiziert Bio bewirtschaftet, sondern nach lutte raisonée Grundsätzen. Die Böden rund um Arbois/Montigny sind überwiegend Mergelböden mit Kalk und Mergeln (marnes) aus dem Lias und Trias-Zeitalter.
Im Keller wird der Chardonnay im Stahltank vergoren, die Rotweine im Fuderfass und die Savagnins überwiegend ebenfalls im Fuderfass. Der Ausbau erfolgt dann in Fuderfässern für die Chardonnays und die Rotweine und in gebrauchten 228 l Fässern für die Savagnins. Bei den Weißweinen ist Puffeney eher für Weine im oxidativen Stil, v.a. für seinen Vin Jaune bekannt. Dieser lagert nicht selten deutlich länger als die vorgeschriebenen 6 Jahre und 3 Monate im Fass unter Hefeflor. Puffeney erzählte mir, dass der Jahrgang beim Vin Jaune eine etwas andere Rolle spielt als bei sonstigen Weinen. Es gelingt gar nicht jedes Jahr, einen Vin Jaune zu erzeugen, der seinen Qualitätsansprüchen genügt. Zum einen braucht es sehr spät gelesene Trauben mit sehr hoher Traubenreife (für 13-15 % Vol. Alkohol), aber wenig Botrytis, zum zweiten muss sich der spezielle Hefeflor vernünftig bilden, was wohl 2-3 Jahre dauert. Mit mehreren Erzeugern habe ich gesprochen, ob man diesen Hefeflor eigentlich steuern kann. So ganz schlau bin ich aus den Antworten nicht geworden. Jedenfalls entscheiden die Erzeuger nach mehreren Antworten offenbar nach ca. 3 Jahren das erste Mal und nach ca. 5 Jahren ein zweites Mal, ob ihnen ein Fass mit Hefeflor gut genug ist für den Vin Jaune. Wenn nicht, wird der Wein vorher abgezogen und ganz simpel als Côtes du Jura oder Arbois Savagnin verkauft.
Interessant fand ich auch, dass die Erzeuger unterschiedliche Philosophien in Bezug auf die oxidativen Noten im Vin Jaune (und im kürzer unter Hefeflor gereiften Savagnins und Chardonnays) verfolgen. Manche (bezeichnet sinngemäß als Old-School-Fraktion) wollen stark oxidative Noten, die offenbar v.a. im Jura selbst gut ankommen. Andere - wie z.B. auch Jacques Puffeney - bevorzugen einen etwas feineren Stil mit nur dezent oxidativen Noten. Dieser nur dezent oxidative Stil könnte bei Puffeney auch daran liegen, dass er sehr viel exportiert, v.a. in die USA (New York nannte er speziell) und nach UK.
Probiert haben wir - wie im Jura üblich - zunächst die roten: Poulsard und Trousseau "Berangères": Der Poulsard hat mir nicht sonderlich gefallen, v.a. im Mund, wo die Substanz die harten Tannine einfach nicht ausgleichen wollte. Den Trousseau fand ich umso besser, sehr fein, leicht, aber mit guter Struktur, klarer Frucht. Ein toller, leichter Rotwein, bei dem ich mich sicher schwarz ärgere, dass ich nicht mehr gekauft habe, wenn die letzte Flasche weg ist.
Dann ging es mit den Weißen weiter, einem nicht-oxidativen Savagnin (sehr gut), einem oxidativen Chardonnay (so lala, einem Tradition, der hier Cuvée SaCha (steht für Savagnin/Chardonnay) heißt (ausgezeichnet), einem oxidativen Savagnin (sehr ausgezeichnet) und dem Vin Jaune (sehr, sehr ausgezeichnet).
Insgesamt war ich doch sehr begeistert von den Weinen. Dieser nur dezent oxidative Stil sagt mir sehr zu, die Weine sind alle harmonisch, haben Spannung, gleiten sehr fein dahin. Das passt zur Natur von Jacques Puffeney, der einfach ein ruhiger, ausgeglichener Typ ist. In Deutschland sind die Weine leider nur schwer zu bekommen, ein bisschen was gibt es bei einem Händler in Berlin (Hardy) und bei Moissonnier in Köln. Ich kann nur empfehlen, sich mit dem, was da ist, einzudecken.
Meine Notizen sind in der Verkostungsnotizen Datenbank.