Vorgestern gabs bei Bernd Kreis in Stuttgart nach vielen Jahren mal wieder eine bdx-Probe. Thema 2010. Ein paar Weine habe ich ausgelassen, konkret VCC, Leoville Barton und Roc de Cambes. Üblicherweise erhebt Herr Kreis einen pauschalen Aufschlag für die teuren Buddeln, diesmal sollten Aufschläge für einzelne Weine entrichtet werden, was mir pers. nicht verhältnismäßig erschien. Für 5cl VCC z.B. 15 Euronen
Aber auch ohne die 3 Genannten war es eine gelungene Probe. Hier mein launiger Kommentar in epischer Breite
Los gings mit
Ch. Puygueraud, Cotes de Francs würzige und florale Nase, die frische dunkelbeerige Frucht etwas zurückgezogen, am Gaumen aber voll da. Voller Körper, mittlerer Abgang, endet etwas abrupt hart und etwas bitter. Kork? Intakt 16nP Sonst
Weiter mit zwei sehr beachtlichen Weinen aus Cotes de Castillon, der Spielwiese renommierter Erzeuger, die hier ihre Frankenstein-Plörren austesten. Dass es auch anders geht zeigen der eher moderne
Clos Puy Arnaud mit sehr feinbeeriger Nase, edler Holzwürze, seidigen Tanninen und saftigem vollen Körper. Langer Abgang. Komplex, homogenes Trinkvergnügen aus einem Guß, locker auf 17 nP Niveau
und der klassisch daherkommende
Clos Louie Der breite Rebsortenmix hebt ihn schon in der Nase von den üblichen Primeurfruchtnasen deutlich ab. Hier kommt noch etwas südfranzösische Wildheit ins Spiel, er bleibt dabei aber dennoch nordisch kühl. Die Fülle ist in der Nase streng fokussiert und genauso rollt, ach was, schneidet er über den Gaumen. Säurebetont, fordernd, ganz die alte Schule. Auf dem Niveau von Clos Puy Arnaud, nur ganz anders.
Ein leichter unkomplizierter Vertreter im besten Sinne ist
Ch. La Grolet, Tete de Cuvee, Cotes de Bourg. Blitzsauberer Trinkwein ohne Schwere und Schnörkel , den man auf die Schnelle zum Essen aufzieht und ehe man sich versieht, hat man ihn geleert. 15.5 nP
Dom. De Cambes erinnert nicht nur vom Namen her an Roc de Cambes. Dieser saß lange in Einzelhaft im Barrique. Bewegt sich noch sehr schwerfällig im Licht und bekommt den Geruch seiner Zelle nicht ab. Neben dominierendem Holz dunkle Beeren und Pflaume in der ungemein dichten Nase. Auch am Gaumen sehr dicht und lang. Aber keine Angst, nicht überreif und nicht überdreht. Mir pers. fehlt hier momentan Leben in Form von Säure, die ihm in den Hintern tritt. Die ist zwar vorhanden, kann sich aber nicht durchsetzen. Jetzt 16,5nP mit Potential.
Ch. Calon, St-Georges-St-Emilion Tja, was soll man über diesen Wein sagen. Vielleicht erst etwas zu Herrn Kreis. Er kommt von der Sommelier-Schiene und bevorzugt trinkfreudige animierende Weine, die er nicht für sich allein betrachtet sondern in Zusammenhang mit dem Essen sieht. Er betont immer mal wieder, dass er es in seiner aktiven Zeit oft erlebt hat, dass der Gast, dem er den Wein vor dem Essen kredenzt hat, diesen nicht sonderlich schmeckte. Mit dem Essen zusammen dann aber die Sonne aufging.
Vielleicht tu ich deshalb diesem kreuzbraven Wein unrecht –oder allen…?
Er ist frisch, sauber und klar in der Aromatik, er ist trinkfreudig, vollmundig und gut balanciert. Passt alles, aber der Funke sprang an diesem Abend nicht über. Es gibt nichts auszusetzen, er hebt sich auch wohltuend von den vielen ermüdenden dicken Brummern des rechten Ufers ab. Eigentlich mein Ding. Ich nehme bei Gelegenheit eine Flasche mit und beschäftige mich mal mit dem eingehend.
Keine Zweifel gabs dagegen bei
Ch. Guillot Clauzel, Pomerolklassische Pflaumennase mit Beerencocktail, gut eingebundene Holzwürze. Keinerlei Überreife oder Schwerfälligkeit. Frisch und elegant. Seidige Tannine, feine Säure, feine Frucht. Vollmundig, stoffig und samtig am Gaumen. Straff und kühl, langer beeriger und schokoladiger Abgang. Nüchterne 17 nP. Emotional mehr. Ich steh einfach auf die immer seltener anzutreffenden Weine, die ihre Qualitäten wie ganz selbstverständlich und natürlich präsentieren, so als ob keine unterstützende Hand eingreifen musste.
Dann gings ans linke Ufer
Ch. Tour-Haut-Caussan, Medoc zurückhaltende dunkelfruchtige Nase. Animalische und fleischige Noten mag ich bei Südfranzosen ja schon, bei bdx habe ich ein Problem damit. Am Gaumen ziemlich weich und leicht. Widerstandslos ‚Dank’ weicher Tannine und gutmütiger Säure. Bezieht Charakter durch die Animalik. Wers mag. 15 nP
Als nächster Vertreter mein pers. Highlight des Abends aus der gleichen Appellation
Clos Manou Diverse Kaffeeröstungen überlagern noch eine feine tiefe Frucht. Man muss sich geradezu durch das feine Holz‚durchriechen’, um zu dieser feinen vielschichtigen Eleganz durchzudringen. Am Gaumen zum ersten Mal am Abend ein vielschichtiges verwobenes Aromenspiel, wie bei guten klassifizierten Gewächsen. Dicht und lang, fein und elegant. Sehr guter Wein! 17,5+ nP
Ah, da ärgere ich mich, den entgegen dem Bauchgefühl nicht gesubst zu haben. Fand ich schon in kleineren Jahren wie 2006 sehr gut. Na gut, jetzt zahle ich zähneknirschend drauf.
Aus Haut-Medoc gabs den ollen Haudegen
Sociando Mallet Jung konnte ich mit Sociando noch nie etwas anfangen. Ziemlich verschlossen, nicht grün, homogen, scheint vielversprechend zu werden. Der einzige Wein den ich 2010 gesubst habe. Verschwindet im Keller und gut ist die nächsten 10+ Jahre. Jetzt 16 nP aber was heißt das schon…
Aus St. Julien gab es einen interessanten CB
Moulin de la Rose Ähnlich schwer zu verkosten wie Sociando. Noch sehr zugeknöpft. Cassis, Tabak und dunkle Beeren in der Nase. Frische zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Probe. Ziemlich dicht bepackt, auch am Gaumen. Momentan noch lebhaft säurebetont, Tannine sehr fest. Schöne Cassis im Abgang, endet natürlich noch ziemlich trocken., Leider keine preisl. Alternative zum Gloria. Der ist mittlerweile genauso teuer

16,5+? nP
Schließlich St. Estephe mit
Segur de Cabanc Ein eher klassischer Vertreter was die Aromatik betrifft. Modern in der Zugänglichkeit. Zudem leicht und beschwingt. Wusste gar nicht, dass es solche Weine dort noch gibt. Viel Cassis und helle Beeren, mittlerer Körper, schöne Mineralik, mittlerer fruchtiger Abgang. Unkomlizierter Trinkgenuss mit Herkunftcharakter 15,5..16nP Auch hier wieder emotionaler Zuschlag wegen entwaffnender ‚Ehrlichkeit’. Hätte ich sofort mitgenommen, wenn der Preis nicht wäre...
Nicht zu vergessen
Haut Marbuzet Holzebtont, kirschig, hellbeerig, sehr dicht und lang. Wirkte geradezu in seiner Kompaktheit gewollt und ins Holzkorsett gepresst. Macht momentan keinen Spaß und will ich nicht bewerten. Nicht mein Ding.
Auf Sauternes hatte ich keinen Bock mehr. Weiß nicht, ob ich mit Haut-Bergeron was verpasst habe.