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Pinot weit weg

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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 7. Jun 2013, 13:23

Hallo Alas,

Es war mir vollkommen unbekannt, das es in Australien so guten Pinot Noir gibt.


In der Tat - das gibt es! Aus Australien gibt es einige sehr beachtliche Pinot Noirs die keineswegs so sind wie man es sich unter Umständen vorstellt :roll: . Also alkoholisch und gewaltig etc.
In Victoria, manchen Küstenecken Südaustraliens und vorallem Tasmanien gibt es nicht wenige Winzer die sich auf burgundische Sorten spezialisiert haben. Als Beispiel hab ich noch zwei weiter in meinem Blog vorgestellt (einer auch hier im Forum, finde ihn nur nicht auf die schnelle):

http://wine-zeit.blogspot.de/2012/03/au ... nappa.html

http://wine-zeit.blogspot.de/2011/12/gl ... yarra.html

Vorort konnte ich, obwohl ich nicht des Weines wegen in Australien war, eine beachtliche Menge an sehr individuellen, oft sehr filigranen und "leisen" Weinen aus verschiedensten Rebsorten verkosten. Alles Weine für die Australien international nicht so bekannt ist. Leider kann man diese Weine kaum in Europa kaufen - wobei auch für mich natürlich klar ist, dass das auch nicht wirklich nötig ist! Wenn man so viele verschiedene Weine auf unserem Kontinent finden kann ....

Bei meinen Themperaturen würdest vielleicht auch mal die Farbe wechseln.


Da muss ich dir wohl zustimmen. Wenn es wirklich heiss ist brauch ich wirklich kein Pinot Noir! Diese Kombi verträgt sich bei mir überhaupt nicht. Höchstens im Verbund mit einer brutalen Klimaanlage ... 8-)

Hast du dir schon überlegt welchen Wein du trinken wirst an dem Tag, an dem es in Deutschland Sommer ist? Hoffentlich nicht wieder einen Rotwein aus dem Ausland. :)


Da es erst seit ca. drei Tagen eine Art von Sommer ist bin ich noch nicht dazu gekommen. Vorgestern hatte ich nach Ewigkeiten mal einen Gavi - welcher mir sogar wirklich - und für mich etwas überraschend ;) - gefallen hat. Rot kommt auch noch. Vielleicht mal wieder was aus Portugal!?!

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 2. Jul 2013, 10:00

Hallo zusammen,

nach längerer Abstinenz hat es sich, natürlich mal wieder rein zufällig, zugetragen, dass sich eine Möglichkeit am sonnigen süßlich-kühl-warmen Horizont kristallisierte einen meiner so liebgewonnenen Oregon Pinot Noirs probieren zu dürfen! Wie nun die heutige Pinot-Erfahrung eigentlich war, werde ich am besten erst gen Ende auflösen!

Zunächst erst ein wenig mehr zum heutigen Pinot! Jenseits seiner oregonesischen Herkunft kann dieser Wein auch mit ein wenig moselanischer Prägung aufwarten. Moselanische Prägung? Ja, in der Tat! Der unermüdliche Ernst Loosen vom Weingut Dr. Loosen, hat nicht nur in Washigton State mit dem Eroica ein Teilprojekt am laufen, sondern auch seit wenigen Jahren in der Dundee Hills AVA im Willamette Valley eine Zusammenarbeit mit J. Christopher Sommers. Dieser Letztgenannte, der ganz nebenbei erwähnt auch über ein großes Talent als Rockmusiker verfügt, gründete sein Weingut im Jahr 1996 auf dem Chehalem Mountain in Newberg mit dem Ziel Pinot Noir und Sauvignon Blanc nach traditionellem französischen Stil (im speziellen Burgund und Sancerre) zu erzeugen ohne diesen aber kopieren zu wollen!?! Seit 2010 ist Ernst Loosen voll und ganz mit an Bord und unterstützt die vergrößerte Produktion von insgemast 16 ha mit reichlich Erfahrung und Fachwissen. Bei dem heutigen Pinot handelt es sich um ein Verschnitt von Pinot Noir Trauben aus unterschiedlichen Einzellagen in den Dundee Hills. Mehr konnte ich über den heutigen Wein leider nicht in Erfahrung bringen ...

J. Christopher Wines Dundee Hills Cuvée 2008, Dundee Hills

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/07/j- ... cuvee.html

Das Dundee Hills Cuvée 2008 präsentierte sich in meinem Glas als ein dunkler und stechend-jugendlich aussehender Pinot der schon fast über eine hypnotisch satte Farbe verfügte. Schwebeteilchen und übermäsige Mattigkeit konnte ich in dem unfiltrierten Wein nur wenige entdecken. Mein erster Eindruck vom Bukett war: Doch gar nicht so wenig vom schon oft erwähnten „Oregon Funk“! Dieser fühlt sich mit Vorliebe in Dundee Hills Weinen heimisch. Neben dieser unterholzigen, heusstadel'igen und trüffeligen Prägung konnte ich satte Cassisaromen, etwas Lebkuchengewürz, Spuren von Holzkohle und kühle limonige + minzige Anklänge entdecken. Nach einigen Stunden zeigte sich das Nasenbild etwas integrierter und ein wenig mehr geprägt von fleischigen Herzkirschen. Doch größere Veränderungen konnte ich letztlich nicht feststellen. Der Geschmack war wesentlich fruchtorientierter, frischer und fruchtsüßer als ich es erwartet habe. Im Vordergrund standen satte und sehr lebendige Cassisaromen und einige sich mit der Zeit verstärkende Aromen von dunklen Kirschen. Mit der gleichen Zeit entwickelte sich leider auch eine Tendenz hin zur leicht gekochten Beere. Auch ein wenig karamell und frucht-likörig lastige Noten entwickelten sich nach wenigen Stunden. Die sonst oft sehr mineralische „Oregon Funk“ Prägung von Dundee Hills Weinen zeigte sich zu Beginn gar nicht so ausgeprägt. Nach vier bis fünf Stunden krochen einige Aromen von frischen Pilzen und ganz wenig Laubwerk aus dem Unterholz hervor. Mit den Stunden und am nächsten Tag zeigten sich die einzelnen Aromen integrativer und nicht ganz so von meinerseits rein vermuteter zu langen Kaltmazeration (→ dunkle Farbe, sehr viel Cassisaromen, sehr frische/kühle Noten und sehr fruchtige Art usw.) geprägt. Die Säure des Pinot gefiel mir sehr. Sie war richtig vibrierend und griff dem Gesamtbild kräftig unter die Arme. Auch das noch etwas jugendlich wirkende Tannin zeigte seine strukturellen Qualitäten. Problematisch empfand ich die mit 13.5 % leicht präsente alkoholische Prägung und der ungewöhnlich ausgeprägte fruchtsüße Charakter des Weines. An dieser Stelle sollte erwähnt sein, dass mich dieser Wein viel mehr an einen leichteren Syrah von der nördlichen Rhone (+ mit gewisser oregonesischen Unterlagenprägung) erinnerte als an einen Pinot Noir aus dem Burgund (Achtung: die Verallgemeinerungen sind mir bewusst, aber ich habe heute schon wieder viel zu viel geschrieben → Verallgemeinerung). Auch vom Druck im Abgang und der Länge desselbigen bin ich von meinen letzten Oregon Pinot Noirs eine andere Qualität gewöhnt.

Leider war der Pinot Noir Dundee Hills Cuvée 2008 der "stereotypischste" Neue Welt Pinot Noir (wie es sich der gestandene Europäer so gerne vorstellt) den ich aus Oregon, abgesehen von drei unerwähnten Ausnahmen, je verkostet habe. Ich mag ihm zwar sicher seine Qualitäten in Form von schönen Fruchtaromen und guter Konzetration zugestehen, doch aufgrund seiner sehr stark fruchtorientierten Gesamtkomposition, einer leicht alkoholischen Prägung, einer eher etwas einfachen Komplexität und einer mir leider viel zu präsenten und fast schon an Sonoma Pinots erinnernde Fruchtsüße kann ich in diesem Wein nicht mehr als ein so la-la (o) Wein sehen.

Besten Gruss

Chris

PS: Hat von euch jemand jeeee ;) einen erwähnenswerten "Pinot weit weg" im Glase gehabt?
Mein heutiger war es weniger ... :(
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 12. Jul 2013, 11:01

Hallo zusammen,

jetzt hab ich doch noch einen "Pinot weit Weg" vor der kleinen pinotfreien Sommerpause.

Dieses mal handelt es sich um ein gut abgelagertes Schätzchen aus Oregon, dass ich zufällig ergattern konnte.

Domaine Drouhin Pinot Noir Laurène 1996, Willamette Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/07/do ... -1996.html

...

Die Farbe des Laurène Pinots zeigte viele Verfärbungen. Naja, ziemlich offensichtlich bei dem Alter. Am Rand ging die Farbe ins Braun-Rote mit Anklängen von Bernstein. Im Kern war sogar noch etwas vital wirkende rubinrote Farbe übrig. Alles in allem handelte es sich bei dem Wein um einen eher hellen Gesellen mit Trübstoffen und ein etwas schwarzem „Korksand“. Das Bouquet war zunächst ein wenig sehr zurückhaltend und kaum bereit irgend etwas von seinen erhoffenswerten Qualitäten preiszugeben. Zunächst zeigten sich schüchteren Noten von Heuballen, etwas Streichhölzer, ein paar vegetarische Noten, Holzkohle und un peu sous-bois oregon'ignon. Nach ca. einer Stunde bewegte sich die Entwicklung in Richtung sehr feiner und leichter hell-beerigen Düften und ein paar delikaten Blüten. Zu dem Zeitpunkt erschien mir die Nase nicht mehr zu streng bräsig wie zuvor. Über die folgenden 90 Minuten kam ein wesentlich integrierteres und charmanteres Nasenbild auf. Nach insgesamt vier Stunden verduftete jegliches angenehmes Aroma. Was den Geschmack betrifft waren auch hier in den ersten 30 Minuten nicht all zu viele begeisternde Aromen auszumachen. Viel hartes und nicht sehr schmeichelndes Gemüse. Nach einer Weil kamen immer mehr Geschmäcker von Unterholz, milden Waldpilzen, Spuren von Kaffeepulver, jetzt wesentlich weniger Grünzeug und insgesamt gesehen eine sehr angenehmen Herbe. Es gucken sogar leichte Aromen von hellen Kirschen aus dem erdigen Unterholz hervor. Einige Zeit später, nach ca. zwei Stunden, kamen eine prägnantere Rauchigkeit, Cola und sehr milde und verschüchterte rote Beeren zum einigermaßen stabil bleibenden Gesamtbild hinzu. Was mich positiv überraschte war die beständige Kraft, der Biss und die beeindruckende Struktur von Laurène. Die Struktur zeigte sich verspielt leichtfüßig, überhaupt nicht dem Alter entsprechend senil ;-), ein wenig erhebend - mit leichter Arroganz, wie es sich für einen gestandenen Neuburgunder geziemt, sehr seidig - die Tannine waren trotzdem nicht total abgeflacht – und mit einem erstaunlich langem Abgang ausgestattet. Die Säure war für so einen gealterten Wein noch sehr vital, animierend und nicht aus der Balance. Ich muss es schreiben, wenn ich auch nicht will, aber ein gewisser Hauch Burgunds war da schon im Glase :-)

Zusammengefasst: ein faszinierendes und sehr gutes (++) Pinot-Erlebnis. Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass der Wein vor ein, zwei Jahren ein größeres Vergnügen gewesen wäre da sich damals wohl die Frucht ein wenig besser präsentiert hätte. Dennoch hat es viel Spass gemacht mal so einen gealterten Pinot aus Oregon zu verkosten.

Besten Gruss

Chris

PS: Lustig fand ich es, dass der Wein sogar noch mit einem DM Preisschild versehen war. Ein richtiger Verkaufsrenner ;-)
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragFr 9. Aug 2013, 13:38

Hallo zusammen,

im Moment ist eine kleine Verschnaufpause von der Hitze eingetreten. Daher bietet sich ein kleiner Kurzurlaub vom Pinot-freien Sommerurlaub an! Der heutige Pinot Noir kommt aus dem Casablanca Tal in Chile. Hergestellt wurde dieser von dem nicht gerade kleinen Hersteller und noch ziemlich jungen Hersteller Ventisquero, der wie seinen anderen großen Kollegen aus Südamerika Weine in verschiedensten Linien zu entsprechenden Stilen und Qualitäten auf den Markt bringt. Beim Queulat Pinot Noir Gran Reserva 2010 handelt es sich wohl um einen Single Vineyard Pinot Noir der etwas „bodenständigeren“ Qualität welche keinesfalls die Welt gekostet hat. Ab und zu ist es mal gar nicht so schlecht etwas Preisfreundliches zu probieren. Aber nur ab und zu mal ... ;)

Vina Ventisquero Queulat Pinot Noir Gran Reserva 2010, Casablanca

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/08/ve ... -gran.html

Bevor ich mir der Beschreibung beginne sollte ich vorwarnend voranstellen, dass ich kaum etwas zu beschreiben habe. Der Pinot Noir war gewöhnlich, unauffällig, rebsortentypisch und zu keinem Zeitpunkt anstößig oder so richtig enttäuschend. Höchstens vielleicht ein wenig langweilig und uneigenständig. Aber manchmals finde ich Langeweile gar nicht so übel! So, nachdem ich die Spannung schon von Anfang an getötet habe, soll eine kurze Beschreibung nicht ausbleiben. Die Farbe war für einen Pinot Noir überaus gewöhnlich: Klassisches Rubinrot, dass eine leichte Tendenz zu Mattheit aufzeigte. Die Nase war eindeutig fruchtorientiert. Zunächst zeigte sie einige Aromen die mich an etwas haferschleimiges und leicht kinderpupsiges erinnerten, doch nach geraumen 30 Minuten konnte der Wein durchweg mit sehr klare und ziemlich lebendige Düfte von Himbeeren und einem Hauch von Röstaromen aufwarten. Zwar eine ziemlich eindimensionale Nase, doch betrüblich Störendes oder uniform-künstlich Wirkendes konnte ich glücklicherweise nicht ausmachen. Der Geschmack war von Anfang an durch feinen und leichten Himbeersaft geprägt. Dieser wirkte trotz seiner neuweltlich modernistischen Prägung relativ seriös und zeigte nur sehr leicht übers Ziel herausschießende Fruchtsüße. Die Aromen von Röstnoten, später auch geröstete Zwiebeln, zeigten sich am Gaumen doch ein wenig verhaltender als in der Nase. Darüber hinaus meinte ich ein paar schüchterne Unterholzgeschmäcker entdeckt zu haben. Aber dieser letzte Eindruck ging schon sehr stark ins „meinen“ herein. Mehr zu beschreiben gab es eigentlich nichts! Für mich war es ein einfacher, sauberer Pinot Noir ohne Ambitionen zu höheren Weihen und ohne großes Konfliktpotential. Ich denke ein so la-la (o) steht diesem Pinot Noir am besten. Da hatte ich schon wesentlich konflicktreicheres pinot'iges aus Chile im Glase :mrgreen: ! Kurz gesagt: Tolles Partygetränk mit beachtlichem Preis-Leistungs-Verhältnis!

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 26. Aug 2013, 17:45

Hallo zusammen,

wie mir scheint, wenn ich so aus dem Fenster schaue, beginnt der November dieses Jahr schon recht früh ;) . Nebel, Regen, Kälte und trübe Gedanken haben bei mir gerne den Effekt mir etwas Pinot'iges ins Glas zu schenken. Daher hat es sich ergeben, dass ich - obwohl der eigentlich noch herrschenden Pinot-Pause - mir ein weiteres Exemplar aus Oregon am Sonntag, also gestern, gegönnt habe. Mein gestriger Wein stammte von einem der eingesessenen, wenn man bei einem Gründungsdatum 1980 davon ausgehen darf, Produzenten im Willamette Valley. Chehalem (Tsch-häj-läam), ein Calapooia Indianer Wort welches man wohl am besten mit "Angenehmem Land" oder auch "Tal der Blumen" übersetzen kann, wurde 1980 von Harry Peterson-Nedry mit dem Ridgecrest Vineyard gegründet. Heute ist es einer der erfolgreichsten und mit um die 90 ha einer der größten Weinbaubetriebe in Oregon. Die Arbeitsmethode im Weinberg ist nicht bzw. noch nicht durchgehend, wie auf sehr vielen Weingütern in Oregon, bio oder biodynamisch. Die Anwendung der wunderbar klingende Bezeichnung „lutte raisonnée“ dürfte bei den chehalem'ischen Verfahrensweisen am treffgenausten sein.

Neben einigen sich stark von einander unterscheidenden Pinot Noirs aus sehr unterschiedlichen Einzellagen, konzentriert sich Chehalem auf die Produktion von Riesling und fassvergorenem Pinot Gris! Leider war es mir bis jetzt noch nicht vergönnt diese zu probieren, doch so Bacchus es will wird dies vielleicht auch mal passieren! Die drei berühmtesten Pinot Noir Weinberge des Weingutes: Stoller Vineyard (Dundee Hills AVA), Corral Creek Vineyard (Chehalem Mountains AVA) und Ridgecrest Vineyard (Ribbon Ridge AVA), alle mit unterschiedlichen Klonen bepflanzt, verteilen sich über das ganze Willamette Valley. Das Pinot-Traubengut aus jenen Lagen wird zum einen zu jeweils einem Lagenwein von fortgeschrittener Qualität ausgebaut und vermarktet und zum anderen in einem Lagencuvee auf gehobenen Einstiegsniveau zusammengefasst. Letzteren zusammengefassten Pinot Noir, der sich verständlicherweise 3 Vineyard nennt, hatte ich nun gestern im Glase. Der 2007er wurde aus 49% Ridgecrest (Kurzbeschreibung: biologisch bewirtschaftet, karge vulkanische Basaltböden mit etwas Sandstein und Ton, kühleres Klima, eng bestockt, hauptsächlich Pommard- und Dijonklone und um die 30 Jahre alte Reben – ergeben anscheinend die ernsthaftesten und kräftigsten Weine des Weinguts), 37% Stoller (Kurzbeschreibung: roter Jory und Nekia Vulkanstein, wärmeres Klima, eng bestockt, hauptsächlich Dijon Klone und im Schnitt keine 10 Jahre alte Reben – ergeben anscheinend warme und eher reichhaltige Pinots) und 14% Corral Creek (Kurzbeschreibung: schlammig-lehmiger Laurelwood Boden, warmes Klima, hauptsächlich mit Pommard- und Wädenswilklonen bestockt und bis zu 30 Jahre alte Reben - ergeben anscheinend reichhaltige und reifere Weine die auch gut zum Verschnitt gegeignet sind) komponiert und für 9 Monate in 20% neuem, 22% in einmalig gebrauchtem und der Rest in merhfach gebrauchtem französischem Holz ausgebaut. So, dass war nun etwas viel extra-trockene Information zu meinem gestrigen Wein. Wer mehr Interesse an solchen Informationen hat, den verweise ich gerne auf die Webseite von Chehalem. Wie die meisten Weingüter in Oregon bietet auch deren Webseite eine enorme Menge an Information und Transparenz für den wissensdurstigen Winefreak. Solch eine Informationsflut würde ich mir anstatt einer intensiven Konzentartion auf Marketing-Lyrik und hübschen Flash Animationen bei Weingütern anderer und nicht ganz so ferner Weinbauregionen gerne gefallen lassen :D . Nun aber genug gejammert! Auf Auf … zum Wichtigen!

Chehalem Wines 3 Vineyard Pinot Noir 2007, Willamette Valley

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/08/ch ... -noir.html

Die Farbe des 3 Vineyard Pinot Noirs war so himbeerrot hell und transparent, dass ich keinerlei Probleme gehabt hätte meine Verkostungsnotizen durch diese wunderbare Transparenz hindurch redigieren zu können. Nun ja, wie der fleißige Leser meiner Verkostungsnotizen wohl schon gemerkt haben dürfte, kommt SOWAS - hinsichtlich verständlicher und korrekter Ausdrucksweise – bei mir eher nicht vor! Daher habe ich mir dieses „Experiment des Hindurchlesens“ sehr gerne geschenkt. Die Nase des Pinots konnte die ganze Verkostungsdauer mit klassisch-würzigen-unterholzig-herbstlichen "Oregon-Funk" Attributen aufwarten. Zu Beginn erschienen mir diese etwas übermäßig pupsig und leicht zündholzlastig. Doch nach ca. einer guten Stunde integrierten sich diese Auswüchse und konnten neben den etwas schüchtern wirkenden und nicht ganz so hellbeerigen Düften ein sehr überzeugendes und eher zurückhaltendes Duftbild präsentieren. Der Geschmack zeigte wesentlich mehr Leben und Expression! Die erste Stunde erschien mir der 3 Vineyard etwas chillischarf, ein wenig verwaschen wirkend, von heller frischer und etwas süßer Beerenfrucht geprägt, ein wenig rauchig schwarzteeorientiert und recht herb sowie ziemlich kurz im Abgang. Die für 2007er Weine nicht untypische stramme Säure war in der ersten Stunde ebenfalls etwas bissig. Glücklicherweise kam es mit den voranschreitenden Stunden zu mehr Inklusion durch fruchtige Expression ;-). Die Fruchtaromen des 3 Vineyard waren wie schon erwähnt von hellen Beeren geprägt. Ohne die im Abgang vorkommende etwas limonige Frische nicht unterschlagen zu wollen. Doch weiter ... die eigentlichen Aromen, ich würde meinen in erster Linie Erdbeeraromen, veränderten sich eigentlich weniger. Nur ihr Spiel in Verbindung mit der animierenden Säure auf der einen Seite und den schwach ausgeprägten und ganz leicht süßlich ätherisch-likörigen Noten (ganz leicht blinzelten die 13,5 % Alkohol durch) auf der anderen Seite brachten in das Geschmacksbild erhebliche Veränderungen hin zu mehr expressiven unkitschigen Frucht und etwas weg von der vorher präsenten herben und etwas kernigen mineralischen Prägung. Die Länge des Nachhalls gewann in dieser Phase ebenfalls an Boden und löste in mir angenehme Zufriedenheit aus. Von der Komplexitätsseite her war der 3 Vineyard eher ein Leichtgewicht und zeigte keine rechten Fähigkeiten zu überbordenden Tiefgang. Wahrscheinlich benötigt das ein Wein aus dem Einstiegssegment auch nicht!? Letztlich empfand ich den 3 Vineyard Pinot Noir 2007 als sehr trink-animierend, frisch, wohlstimmend – bei dem scheußlichen Wetter sowieso -, gut ausbalanciert und ohne jeden Zweifel ein guter Pinot (+)-(++). Bezüglich des Alterzustand würde ich vorschlagen - so langsam die Flaschen aufdrehen!

Besten Gruss

Chris
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Oh Dae-Su

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 9. Sep 2013, 09:04

Hallo zusammen,

heute schweife ich mal nicht ganz so in die Ferne! Heute geht es bei "Pinot weit weg" nach Zentralitalien:

Castello della Sala Pinot Nero 1996, Umbrien

http://wine-zeit.blogspot.de/2013/09/ca ... -1996.html

Einige Kilometer entfernt vom schönen Orvieto im umbrischen Bergland steht eine mittelalterliche Burg die seit mehreren Jahrzehnten, genauer gesagt seit 1940, einer der bekanntesten Weindynastien Italiens gehört. Die Burg heißt Castello della Sala und die wohl wesentlich bekanntere Dynastie heißt Antinori. Auf den ca. 160 ha Weinbergland von Castello della Sala werden neben wenigen regionaltypischen Rebsorten hauptsächlich Chardonnay, Sauvignon Blanc und Pinot Nero kultiviert. Um Letzteren und flächenmäßig mit abstand Kleinsten, nur ca. 7 ha sind mit Pinot Nero bestockt, soll es heute gehen. Die Geschichte dieses Pinot Neros ist noch nicht so weitgereift wie das eigentliche Castello oder die Dynastie. Erst seit 1988 wird von der Familie Antinori ein umbrischer Pinot Nero zubereitet. Die Trauben für meine Ausgabe von 1996 wuchsen zwischen 400 m bis 600 m ü.d.M. auf hauptsächlich sehr kalkhaltigen Böden. Das Lesegut wurde entrappt, teilweise gepresst und in Edelstahl sowie in französischer Eiche vergoren. Darauffolgend ruhte sich der noch junge Wein für acht Monate in französischem Holz und 15 Monate in seiner Flasche aus. Nach weiteren ca. 180 Monaten habe ich nun diesen Pinot Nero aus seinem gläsernen Käfig befreit wurde dankenswerterweise sehr positiv überrascht …



Wie es von einem umbrisch-toskanischen Pinot Nero es wohl zu erwarten war, präsentierte sich der Kern des Castello della Sala als sehr dunkel und nahezu intransparent. Seine Corona jedoch ließ eindeutige Schlüsse auf sein fortgeschrittenes Alter zu. Eine von blutunterlaufenem Bernstein getragene visuelle Aura machte sich in dieser Randregion stark bemerkbar. Die Nase war in den ersten zwei Stunden ziemlich zurückgezogen und konnte höchstens mit erdigen, rauchigen und holzigen Düften aufwarten. Auch ganz kleine Anzeichen von Klebstoff und nassem Laub meinte ich errochen zu haben. Nach guten zwei Stunden zeigte sich zwar ein ähnliches Duftbild, welches von Erdigkeit und sehr dunklem Holztönen getragen wurde, doch die Einflüsse von Unterholz, nassem Laub, einer aufkommenden Duftigkeit von getrockneten dunklen Kirschen, leichten balsamischen Zügen und nicht zu wenig Pastrami verliehen der Nase mehr und mehr von wilder und ungestümer Komplexität, welche ich nicht als anstoßend empfand. Beim ersten oralen Herantasten an den Wein merkte ich sofort, dass dieser Pinot Nero in jungen Jahren ziemlich sicher eine ganz schön ruppige "Wildsau" gewesen sein dürfte. Wie es sich nun mal für umbrischen Wein gehört, konnte ich auch jetzt, nach 16-17 Jahren, noch ein recht griffiges und im Abschmelzen befindliches hartes Tannin ausmachen. Zur erwartbar strammen Säure, glücklicherweise jetzt sehr gut ins palatale Gesamtbild passend, muss ich nicht viel berichten. Die gehört einfach dazu, nehme ich an! Ich empfand die Struktur des Weines als sehr herb und mit Kraft geschwängert, doch zu keinem Zeitpunkt als abstoßend oder grobschlächtig. Die Aromen der ersten Stunden waren geprägt von sehr viel Unterholz, dunklem Holz, dunkler Erde, viel nassem Laub, etwas Trockenfleisch und Leder und nahezu keiner Frucht. Auch hier, wie bei der Nase, kam es nach einigen Stunden zur Entwicklung hin in Richtung dunkler und nicht ganz so getrockneter Kirschen, mehr Würzigkeit und leichter Kräuternote, mit gewisser Anmut ausgestattetem Rauch, Spuren von Cola und ins ganz leicht süßlich gehende balsamische Noten. Gegen Ende hin machte sich eine sehr angenehme schmelzige Süße im Abgang bemerkbar. Was den Abgang betrifft, kann ich nur voller Zufriedenheit von einer sehr guten Länge berichten. Was das eigentliche Alter und der damit verbundene Zustand betrifft, kommt mir nur eines in den Sinn: erstaunlich fit, energiegeladen und voller rustikaler Kraft! Auch ein schneller Abbau machte sich nach mehr als sechs Stunden nicht bemerkbar. Letzteres war für mich zugegebenerweise die größte Überraschung! Für mich war der Pinot Nero Castello della Sala 1996 ein sehr gutes (++) und stark von regionaler Prägung bestimmtes Trinkerlebnis! Für mich …! Ganz sicher nicht für Jedermann! Eine „Warnung“ würde ich deshalb gerne ausgeben wollen! Wie der aufmerksame Leser wohl schon bemerkt hat, sind in der Beschreibung die für Pinot Noir sehr typische Ausdrücke wie Eleganz, Frucht, Raffinesse usw. ein wenig sehr kurz gekommen. Diese Attribute waren in diesem Wein auch nicht sehr präsent. Oberflächlich formuliert hatte dieser Wein nur wenige rebsortentypische Eigenschaften. Es handelte sich um einen wild-rustikalen Wein, wie er in der Region oft vorkommt, den ich als reinen Essensbegleiter, am besten zum Wildschwein, empfehlen würde. Im Normalfall verbinde ich mit dem Ausdruck „Essensbegleiter“ keine sehr wohlwollenden Hintergrundgefühle, da ich Wein sehr gerne unverfälscht ohne Essen (ganz oder teilweise) genieße und sonst bezüglich Kraft, Tanninen usw. auch ziemlich hart im Nehmen bin! Doch im heutigen Fall drängte sich dieser Begriff „Essensbegleiter“ einfach auf! Die Qualität des Weines möchte ich damit nicht in Frage stellen. Es ist eben immer noch etwas von der einst jugendlichen „Wildsau“ in dem Wein haftengeblieben!


Beste Grüße

Chris

PS: Wie sieht es bei euch mit "Pinots weit weg" oder Pinot aus ungewöhnlichen Ecken der nicht so fernen Weinwelt aus?
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 9. Sep 2013, 10:21

Hallo Chris,

ja, ja, diese Toskanischen (und in diesem Falle Umbrischen) 'Wildsau'-Pinots ;) . Klar, dass muss man mögen, und zu Wildsau passen die wirklich gut.
Von eben deinem beschriebenen Pinot Nero, Castello della Sala, habe ich noch ein paar 2004er - das sind aber bei weitem keine extremen 'Wildsau'-Exemplare, zwar recht animalisch, aber durchaus feine, fast gezügelte, Tannine und schön ausbalanzierte Säure, ohne die Herkunft zu verleugnen.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Re: Pinot weit weg

BeitragMo 9. Sep 2013, 21:45

Hallo Ralf,

das glaube ich dir glatt, dass der Antinori nicht der wildeste zentralitalienische Pinot ist. Wenn ich da an ein viel zu jungendliches Erlebnis mit einem Marchese Pancrazi Pinot zurückdenken, kann ich ein wenig abschätzen was noch mehr an Wildheit geht ... ;) - obwohl der Erzeuger wohl auch nicht den Ruf hat die aller wildesten Pinots der Toskana zu produzieren. Ich glaube für meinen schreckhaften Pinot-Gaumen war das schon ganz gut so, dass der Castello della Sala solange auf der Flasche gelegen ist ;). So wie er jetzt war hat er mir auf seine spezielle Weise sehr gefallen :)

Besten Gruss

Chris
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olifant

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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 10. Sep 2013, 09:48

Hallo Chris,

das echt krasseste Exemplar eines Toskanischen Pinot Nero den ich bisher im Glas hatte war der Il Principe '99 von Macchiavelli (GIV). In diesem Falle - leider, in Punkto vermarktbarkeit aber verständlich - hat der Produzent sein Portofolio extrem gestrafft, und die Pinot Nero Reben gerodet, bzw. gehen diese nun in anderen Weinen auf. (Früher waren, so in meiner Erinnerung, ca. 7 Rebsorten- und DOCG-Weine im Portofolio, übrig geblieben sind eine Lagen - Chianti Riserva, eine Chianti Annata und eben ein Supertoskaner.)
Der Il Principe war eine schiere 'Blut und Eisen' - Orgie, hasste nicht geseh'n :lol: . Der jetztig als Il Principe vertriebene Wein ist eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Sangiovese.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
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Re: Pinot weit weg

BeitragDi 10. Sep 2013, 17:06

Hallo Ralf,

das hört sich böse ;) und interessant zugleich an. Solche "speziellen" Pinots finde ich ab und zu auch sehr interessant. Da kann man sehen zu was eine Rebsorte etc. so fähig ist.
Den einzigen verbliebenen toskanischen Pinot den ich noch im Keller hab ist einer von Fontodi. Noch ziemlich jung. Ich glaube 2006 oder 2007. Ich denke der gehört nicht zu den richtigen wilden "Wildsäuen". Dafür ist er in der einschlägigen Presse viel zu gut bewertet 8-) .
Liege ich mit meiner reinen Vermutung - noch nie vorher probiert - richtig oder liege ich da vielleicht mal wieder falsch? :)

Besten Gruss

Chris
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