Bei uns im Weinviertel sieht man öfters Felder mit Kürbissen, die zur Herstellung des berühmten Kürbiskernöls genützt werden. Für den Konsumenten etwas merkwürdig scheint mir aber, dass "steirisches Kürbiskernöl g.g.A." (EU-weit geschützte Herkunftsbezeichnung) zwar in der Steiermark verarbeitet werden muss, die Kürbisse aber auch aus einigen niederösterreichischen Bezirken stammen können, unter anderem eben meine Umgebung im Weinviertel.
Ähnliches gibt es ja auch bei anderen Lebensmittel, z.B. bei Roquefort, wo der Schafkäse auch von anderswo (beispielsweise Korsika) kommen kann und nur die Reifung in den bekannten Höhlen stattfinden muss.
Irgendwie habe ich im Hinterkopf, dass es so etwas Ähnliches auch bei Wein gibt, also dass die Trauben aus anderen (natürlich genau festgelegten, nicht beliebigen) Regionen kommen können als auf dem Etikett steht. Weiß zufälligerweise jemand Näheres oder habe ich da etwas durcheinandergebracht?
Grüße,
Gerald
Merkwürdige Herkunftsangaben
- VillaGemma
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Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Hmm, so wie das Schweinefleisch der Nürnberger Würstchen aus Dänemark kommt :-/ ...dito beim Parmaschinken. Beim Wein wäre es aber schon ein starkes Stück, wenn das erlaubt wäre. Bei solchen Dingen wie Parmaschinken ist das schon extrem grenzwertig! Aber bei Wein würde es dem Fass wohl den Boden raushauen
...oder sollte man diesen Fässern dann den Boden raushauen...irgendwie sowas.

"wine is sunlight held together by water" (Galileo Galilei)
Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts. (Max Planck)
Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Gerald,
die entscheidende Frage ist, ob es sich bei einer Herkunftsbezeichnung gemäß EU-Recht um eine "geschützte geografische Angabe" (g.g.A.) oder um die wesentlich enger gefasste "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) handelt. Etwas Licht ins Dunkel bringt hier wie üblich Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Herkunftsbezeichnung
Die Umsetzung des EU-Rechts bei Wein ist von Land zu Land unterschiedlich weit gediehen. Frankreich ist meines Wissens nach damit schon ziemlich durch; in Deutscchland wird das EU-Bezeichnungsrecht auf Wein aber derzeit (und wohl auch in absehbarer Zukunft) gar nicht angewendet. Hier gilt nach wie vor das Weingesetz von 1971, und in dem Punkt ist es mal ganz klar: bei Qualitätsweinen mit einer Gebietsbezeichnung (z.B. "Baden") müssen die Trauben auch in Baden gewachsen sein. Bei Lagen gilt die 15%-Regel - maximal 15% der Trauben dürfen aus anderen Lagen kommen, aber nicht aus einem anderen Gebiet.
Wie das in Österreich aussieht, weiß ich nicht.
Gruß
Ulli
PS. Robert, Parmaschinken hat eine g.U., und die Schweine dürfen hier nicht von irgendwo her kommen, siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Parmaschinken
Da verwechselst Du irgend etwas.
die entscheidende Frage ist, ob es sich bei einer Herkunftsbezeichnung gemäß EU-Recht um eine "geschützte geografische Angabe" (g.g.A.) oder um die wesentlich enger gefasste "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) handelt. Etwas Licht ins Dunkel bringt hier wie üblich Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Herkunftsbezeichnung
Die Umsetzung des EU-Rechts bei Wein ist von Land zu Land unterschiedlich weit gediehen. Frankreich ist meines Wissens nach damit schon ziemlich durch; in Deutscchland wird das EU-Bezeichnungsrecht auf Wein aber derzeit (und wohl auch in absehbarer Zukunft) gar nicht angewendet. Hier gilt nach wie vor das Weingesetz von 1971, und in dem Punkt ist es mal ganz klar: bei Qualitätsweinen mit einer Gebietsbezeichnung (z.B. "Baden") müssen die Trauben auch in Baden gewachsen sein. Bei Lagen gilt die 15%-Regel - maximal 15% der Trauben dürfen aus anderen Lagen kommen, aber nicht aus einem anderen Gebiet.
Wie das in Österreich aussieht, weiß ich nicht.
Gruß
Ulli
PS. Robert, Parmaschinken hat eine g.U., und die Schweine dürfen hier nicht von irgendwo her kommen, siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Parmaschinken
Da verwechselst Du irgend etwas.
Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Parmaschinken darf NICHT von dänischen Schweinen stammen - allerdings dürfen die Schweine auch aus dem Veneto, der Toskana und einigen anderen Regionen Italiens kommen.
Für mich ist es ein großes Mysterium, unter welchen Bedingungen Orts- oder Regionenbezeichnungen wirklich etwas über die Herkunft aussagen:
- Parmaschinken und San-Daneleschinken ja (mit gewissen Abstrichen), aber das muss in der Gegend um Parma bzw. San Daniele produziert (als vom rohen Fleisch zum Schinken weiterverarbeitet) worden sein
- Münchner Weißwurst nein
... und dann gibt's ja noch Produkte, bei de.nen die Ortsbezeichnung lediglich die Zubereitungsart angibt: Wiener Schnitzel, Frankfurter Würstchen, Schwarzwälder Kirschtorte.
Für mich ist es ein großes Mysterium, unter welchen Bedingungen Orts- oder Regionenbezeichnungen wirklich etwas über die Herkunft aussagen:
- Parmaschinken und San-Daneleschinken ja (mit gewissen Abstrichen), aber das muss in der Gegend um Parma bzw. San Daniele produziert (als vom rohen Fleisch zum Schinken weiterverarbeitet) worden sein
- Münchner Weißwurst nein
... und dann gibt's ja noch Produkte, bei de.nen die Ortsbezeichnung lediglich die Zubereitungsart angibt: Wiener Schnitzel, Frankfurter Würstchen, Schwarzwälder Kirschtorte.
Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
... und ich habe mal irgendwo gelesen, dass der für den Massenkonsum hergestellte Pinot Grigio aus Italien mit deutschem Müller-Thurgau verschnitten wird, damit er überhaupt nach etwas schmeckt. Aber das sind dann eher Weine ohne Herkunftsbezeichung, wobei man bei einem Vino da Tavola Italiano, eigentlich einen italienischen Wein erwarten sollte. Aber äÄhnliches gibt es auch beim Olivenöl. Dort hat man erst kürzlich die Regeln zugunsten klarerer Bezeichnungen geändert.
- Schönibert
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Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Sorry aber das Würstchen ist in D seit Jahrzehnten im Hinblick auf die Herkunft geschützt.mixalhs hat geschrieben:
... und dann gibt's ja noch Produkte, bei de.nen die Ortsbezeichnung lediglich die Zubereitungsart angibt: Wiener Schnitzel, Frankfurter Würstchen, Schwarzwälder Kirschtorte.
Viele Grüße,
Euer Schöni
Euer Schöni
Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Das ist auch so. Noch wesentlich dreister geht es wohl bei Prosecco zu (das ist keine Typbezeichnung, wie viele Leute glauben). In beiden Fällen ist das ein Verstoß gegen Gesetze - und dagegen helfen auch irgendwelche EU-Verordnungen nichts, sondern nur ein funktionierender Rechtsstaat. Und damit hapert es in Italien, zumindest hier und da.mixalhs hat geschrieben:... und ich habe mal irgendwo gelesen, dass der für den Massenkonsum hergestellte Pinot Grigio aus Italien mit deutschem Müller-Thurgau verschnitten wird, damit er überhaupt nach etwas schmeckt. Aber das sind dann eher Weine ohne Herkunftsbezeichung, wobei man bei einem Vino da Tavola Italiano, eigentlich einen italienischen Wein erwarten sollte.
Gruß
Ulli
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Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Gilt nicht bei deutschem Sekt auch das Wertschöpfungsprinzip, dass aus österreichisch/italienisch/französisch/spanischen Grundweinen deutschen Sekt macht, wenn sie in Deutschland versektet werden?
Bitte um Korrektur, wenn ich da etwas falsches in Erinnerung habe.
Was das von Ulli angesprochene EU-Herkunftsbezeichnungssystem betrifft, so ist dieses in Österreich beim Wein bereits vollständig umgesetzt und ich habe ehrlich gesagt nie verstanden, wo dabei das Problem in Deutschland liegt. Man hat bei uns meines Wissens einfach die Landweine mit ihren bestehenden Herkunftsregionen zu g.g.A.-Produkten erklärt und im Weingesetz festgelegt, dass der Begriff "Landwein" die EU-Bezeichnung "g.g.A." ersetzt und dieser gar nicht auf Weinetiketten aufscheint. Gleiches hat man bei den Qualitäts- und DAC-Weinen mit der EU-Angabe "g.U." gemacht.
Woher die Trauben für Wein stammen müssen/dürfen wird sicherlich häufiger kommuniziert, als die Herkünfte für Kürbiskernöl und zumindest beim Qualitäswein sind die auch eindeutiger über Bundesländer oder kleinere Herkünfte definiert (und es gibt keine Hintertüren für Verschnitte). Beim Landwein könnte allerdings der eine oder andere gewisse Schwierigkeiten mit der Herkunftsregion "Weinland" (=Niederösterreich+Burgenland+Wien) haben.
Bitte um Korrektur, wenn ich da etwas falsches in Erinnerung habe.
Was das von Ulli angesprochene EU-Herkunftsbezeichnungssystem betrifft, so ist dieses in Österreich beim Wein bereits vollständig umgesetzt und ich habe ehrlich gesagt nie verstanden, wo dabei das Problem in Deutschland liegt. Man hat bei uns meines Wissens einfach die Landweine mit ihren bestehenden Herkunftsregionen zu g.g.A.-Produkten erklärt und im Weingesetz festgelegt, dass der Begriff "Landwein" die EU-Bezeichnung "g.g.A." ersetzt und dieser gar nicht auf Weinetiketten aufscheint. Gleiches hat man bei den Qualitäts- und DAC-Weinen mit der EU-Angabe "g.U." gemacht.
Woher die Trauben für Wein stammen müssen/dürfen wird sicherlich häufiger kommuniziert, als die Herkünfte für Kürbiskernöl und zumindest beim Qualitäswein sind die auch eindeutiger über Bundesländer oder kleinere Herkünfte definiert (und es gibt keine Hintertüren für Verschnitte). Beim Landwein könnte allerdings der eine oder andere gewisse Schwierigkeiten mit der Herkunftsregion "Weinland" (=Niederösterreich+Burgenland+Wien) haben.
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at
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Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Hallo Ulli,
was den Prosecco betrifft, so ist die Sache etwas differenzierter zu sehen. Ursprünglich ist das ein Rebsortenname, was bedeutet, dass jeder, der aus dieser Rebe Wein/Schaumwein keltert, diesen auch Prosecco nennen darf, egal ob die Trauben in Italien, Argentinien oder sonstwo gewachsen sind.
Die Kernregion der Prosecco-Herstellung hat es aber vor ein paar Jahren geschafft, ihre Weinbauregion in Prosecco umzubenennen und dafür den DOC-Status zu erhalten. Das hat eine Umbenennung der Rebsorte bedingt (da in der EU Herkunft vor Sorte geht), und alle Trittbrettfahrer dürfen ihren Wein jetzt nur noch "Glera" nennen.
Pinot Grigio darf man immer noch so nennen (da Rebsortenname), egal wo er herstammt. Was aber an Verschnitten verschiedener Sorten/Gebiete/Länder auf dem Markt ist, spielt sich aber sicher häufig jenseits der Legalität ab und ist der italienischen Justiz (und ihren Helfern) geschuldet.
was den Prosecco betrifft, so ist die Sache etwas differenzierter zu sehen. Ursprünglich ist das ein Rebsortenname, was bedeutet, dass jeder, der aus dieser Rebe Wein/Schaumwein keltert, diesen auch Prosecco nennen darf, egal ob die Trauben in Italien, Argentinien oder sonstwo gewachsen sind.
Die Kernregion der Prosecco-Herstellung hat es aber vor ein paar Jahren geschafft, ihre Weinbauregion in Prosecco umzubenennen und dafür den DOC-Status zu erhalten. Das hat eine Umbenennung der Rebsorte bedingt (da in der EU Herkunft vor Sorte geht), und alle Trittbrettfahrer dürfen ihren Wein jetzt nur noch "Glera" nennen.
Pinot Grigio darf man immer noch so nennen (da Rebsortenname), egal wo er herstammt. Was aber an Verschnitten verschiedener Sorten/Gebiete/Länder auf dem Markt ist, spielt sich aber sicher häufig jenseits der Legalität ab und ist der italienischen Justiz (und ihren Helfern) geschuldet.
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Re: Merkwürdige Herkunftsangaben
Bernhard,Blaufränkisch hat geschrieben: was den Prosecco betrifft, so ist die Sache etwas differenzierter zu sehen. Ursprünglich ist das ein Rebsortenname, was bedeutet, dass jeder, der aus dieser Rebe Wein/Schaumwein keltert, diesen auch Prosecco nennen darf, egal ob die Trauben in Italien, Argentinien oder sonstwo gewachsen sind.
Die Kernregion der Prosecco-Herstellung hat es aber vor ein paar Jahren geschafft, ihre Weinbauregion in Prosecco umzubenennen und dafür den DOC-Status zu erhalten. Das hat eine Umbenennung der Rebsorte bedingt (da in der EU Herkunft vor Sorte geht), und alle Trittbrettfahrer dürfen ihren Wein jetzt nur noch "Glera" nennen.
das hat das Problem in Folge des einigermaßen unerklärlichen Prosecco-Booms nur noch weiter verschärft: die Diskrepanz zwischen dem theoretischen maximalen Produktionsvolumen und dem, was an Flaschen schlussendlich in deutschen Discounter- und Supermarktregalen steht. Schon zu Zeiten, als alles, was aus der Rebsorte Prosecco (nunmehr Glera) hergestellt wurde, auch als Prosecco deklariert werden durfte, ging die Bilanz nicht einmal annähernd auf.
Womit ein Hauptproblem der EU-g.U. schon genannt ist: was nützen Herkunfstsbezeichnungen, wenn sie nicht wirksam überwacht werden?
Gruß
Ulli