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Stallgeruch, was zu retten?

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Alas

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Stallgeruch, was zu retten?

BeitragMo 8. Apr 2013, 22:03

Hallo!

Ich habe einen recht teuren Chardonnay 2011, in Eiche ausgebaut, aus hiesiger Produktion gekauft. Der riecht und schmeckt nach den Hinterlassenschaften einer Kuh. Auch nach drei Tagen hat sich nichts geändert. Geht das überhaupt weg?

Gruß

Alas
wat den een sien uhl is den annern sien nachtigall
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Gerald

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 07:36

Hallo Alas,

normalerweise denkt man bei Stallgeruch an Brettanomyces (http://www.schneider-oenologie.de/html/ ... omyces.pdf). Wenn ich deine Beschreibung richtig verstanden habe, erinnert der Geruch aber eher an Kuhmist / Jauche, korrekt? In diesem Fall würde ich an einen kräftigen Böckser denken, der durch zu reduktive Behandlung im Keller passiert sein kann.

Wenn der Wein - wie bei einem Barrique-Chardonnay üblich - lange auf der Hefe gelegen ist (Bâtonnage zur Erzielung eines runderen Mundgefühls durch Polysaccharide aus der Hefeautolyse) und dabei zuwenig Sauerstoff bekommen hat, dann wäre das schon denkbar.

Je nachdem, welche Substanzen für den Böckser verantwortlich sind, kann das noch an der Luft verschwinden oder nicht. Nach drei Tagen ohne Erfolg wird das aber vermutlich nichts mehr werden ...

Grüße,
Gerald
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Alas

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 07:48

Gerald hat geschrieben:Wenn der Wein - wie bei einem Barrique-Chardonnay üblich - lange auf der Hefe gelegen ist (Bâtonnage zur Erzielung eines runderen Mundgefühls durch Polysaccharide aus der Hefeautolyse) und dabei zuwenig Sauerstoff bekommen hat, dann wäre das schon denkbar.

Je nachdem, welche Substanzen für den Böckser verantwortlich sind, kann das noch an der Luft verschwinden oder nicht. Nach drei Tagen ohne Erfolg wird das aber vermutlich nichts mehr werden ...


Danke Gerald!

Dann schreibe ich an das Weingut. Mal sehen was die zu ihrem Schätzchen sagen.

Gruß

Alas
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thvins

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 08:47

Hallo Alas,

ich erinnere mich sehr gut an einen 2006er Triumvirat von Terra de Verema aus dem Priorat - der hatte bei der Blindprobe nicht gerochen, sondern gestunken... - nach mehr als 6 Tagen in der offenen Flasche war es dann weg, wie von Zauberhand... Inzwischen wurden weitere Flaschen des Weines getrunken, die allesamt nicht dieses Problem hatten.

Wein lebt halt... :mrgreen:
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
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Moselfan

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 09:13

Alas hat geschrieben:
Gerald hat geschrieben:Wenn der Wein - wie bei einem Barrique-Chardonnay üblich - lange auf der Hefe gelegen ist (Bâtonnage zur Erzielung eines runderen Mundgefühls durch Polysaccharide aus der Hefeautolyse) und dabei zuwenig Sauerstoff bekommen hat, dann wäre das schon denkbar.

Je nachdem, welche Substanzen für den Böckser verantwortlich sind, kann das noch an der Luft verschwinden oder nicht. Nach drei Tagen ohne Erfolg wird das aber vermutlich nichts mehr werden ...


Danke Gerald!

Dann schreibe ich an das Weingut. Mal sehen was die zu ihrem Schätzchen sagen.

Gruß

Alas


Wenn es wirklich ein Böckser sein sollte hilft Kupfer. Also ein paar Cent Stücke ins Glas werfen (die sollte natürlich vorher gereinigt sein) das hilft tatsächlich. Solltest du noch Pfennige aus DM Zeiten haben, dann benutz die, weil die gute Deutsche Mark erheblich besser wirkt als der Euro !
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Alas

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 14:53

Hallo!

thvins hat geschrieben: nach mehr als 6 Tagen in der offenen Flasche war es dann weg


Aha, dann warte ich noch weiter und hoffe....

Moselfan hat geschrieben:Wenn es wirklich ein Böckser sein sollte hilft Kupfer. Also ein paar Cent Stücke ins Glas werfen (die sollte natürlich vorher gereinigt sein) das hilft tatsächlich. Solltest du noch Pfennige aus DM Zeiten haben, dann benutz die, weil die gute Deutsche Mark erheblich besser wirkt als der Euro !


Danke für den Tipp, aber ersten habe ich keine Kupfermünze und zweitens erwarte ich bei rund 30,- € ein einwandfreies Produkt. Ich habe dem Weingut geschrieben, ggf. bringe ich die Flasche zurück zum Händler und schreibe bei Cellartracker eine Notiz.
Merkt der Winzer das bei der Abfüllung nicht?

Gruß

Alas
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Gerald

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 15:16

Vielleicht betrifft es auch nur ein Fass, das sich unglücklicherweise gerade in deine Flasche verirrt hat. ;)

Theoretisch müsste der Winzer zwar alle Chargen vor der Abfüllung homogenisieren, aber ob er das wirklich macht (dazu braucht er ja auch entsprechende Tanks), wird nicht immer leicht nachzuweisen sein. Ist mir auch schon passiert, dass von ein und demselben Wein eine Flasche deutliche Brettanomyces-Noten hatte, eine andere aber nicht ...

Grüße,
Gerald
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Blaufränkisch

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 22:19

Hallo Alas,

wenn es sich tatsächlich um einen Böckser handelt (was bei der Beschreibung nicht unwahrscheinlich ist), kann er sich auch erst in der Flasche entwickelt haben. Sensorisch kaum wahrnehmbare Vorläufersubstanzen können mit der Lagerung riechbar werden, wie du z.B. hier nachlesen kannst:

http://www.schneider-oenologie.de/dnn/L ... 64&mid=441

Bei faßausgebauten Weinen ist die Gefahr zwar üblicherweise geringer, aber bei entsprechendem Hefestreß (durch schlechte Nährstoffversorgung der Weingärten und/oder zu starke Mostvorklärung und/oder zu niedrige Gärtemperaturen und/oder Hefestämmen, die dazu neigen könnte es aber durchaus möglich sein.

Wie war die Flasche verschlossen? Schrauber wären in diesem Fall sicherlich problematischer als Korken.

Grüße

Bernhard
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at
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Alas

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragDi 9. Apr 2013, 22:46

Hallo Bernhard!

Danke für den Hinweis!
Konkret handelt es sich um diesen Wein, 2011:

http://www.castel.co.il/en/c_blank_du_castel.aspx

Blaufränkisch hat geschrieben:Wie war die Flasche verschlossen? Schrauber wären in diesem Fall sicherlich problematischer als Korken.


Die Flasche war wie ein Tresor verschlossen. Die Kapsel konnte ich mit dem Sommeliermesser nicht öffnen, so hart und fest war das Metall und der Korken hat mir den Schweiß auf die Stirn getrieben.
Das der Wein recht jung ist, war mir klar, aber in professionelen VKN stand zu anderen Jahrgängen immer: Drink from release...

Gruß

Alas
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Gerald

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Re: Stallgeruch, was zu retten?

BeitragMi 10. Apr 2013, 07:50

Bernhard, danke für den interessanten Link.

Gibt es eigentlich nur Böckser, der direkt durch den Hefestoffwechsel gebildet wird (wie im Beitrag beschrieben) oder kommt nicht auch manchmal vor, dass Bakterien im anaeroben Milieu abgestorbene Hefezellen oder anorganische Sulfate unter H2S-Bildung zersetzen (wie z.B. bei Faulschlamm)? Ich bilde mir ein, so etwas einmal gelesen zu haben ...

Grüße,
Gerald

P.S. Besonders gut gefällt mir die Passage

Der richtige Meinungsbildner vermag am richtigen Ort und zum rechten Moment wahre Wunder
zu leisten wenn es darum geht, ein von jeder Prüfstelle abgelehntes Aromaprofil nach verbranntem
Gummi, altem Fleisch oder Knoblauch mit den rhetorischen Erfolgsformeln von Terroir, Komplexität
oder Mineralik vor einem völlig verunsicherten Publikum zu einem individuellen Weinstil zu verklären.


Ein leichter Seitenhieb auf die Sponti-Riesling-Fraktion? :D
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