Hallo zusammen,
diese Woche gab es im Louis C. Jacob ein Bürklin-Wolf Dinner, das von Steffen Brahner (Geschäftsführer) sehr unterhaltsam und informativ geleitet wurde. Das Thema war "Jung gegen Alt". Ich hatte mich sehr darauf gefreut, halte ich doch das Weingut Bürklin-Wolf nicht nur für grundsympathisch (Tradition), sondern auch ihre trockenen Rieslinge für mit das Beste, was in Deutschland produziert wird.
Los ging es mit einem Sekt
2009 Cuvée Brut aus Pinot Noir, Chardonnay und Weißburgunder. Ich habe schon bessere Sekte getrunken, aber als Einstimmung hat mir das Sektle schon ganz gut gefallen, allerdings mehr in der Nase als im Mund.
Erster Gang war
gegrillte Flugentenbrust mit Feldsalat und Ingwer. Dazu gab es den
Wachenheimer Böhlig P.C. aus
2011 und
1999 (Magnum). Aus der Lage hatte ich vorher noch keinen Wein getrunken, es handelt sich um eine nahezu vollständig kalkdurchzogene Lage. Sehr schön war schon hier zu erkennen, wie der Lagencharakter herausgearbeitet wird und als Gemeinsamkeit zwischen beiden Weinen schön zu erkennen ist. Der 1999er war aromatisch ziemlich ähnlich wie der 2011er, nur um Längen komplexer. Dass die 1999er Bürklin-Wolfs besonders gelungen sind, ist kein Geheimnis und die großartige Frische bei gleichzeitiger altersbedingter Komplexität des Böhlig unterstrich die Größe des Jahrgangs noch einmal. Man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei um einen Wein handelt, der seinerzeit sicher nicht mehr als 25 DM gekostet hat. Herangereift ist ein wunderbarer trockener Pfälzer Riesling, straff und mineralisch in der Art und trotzdem mit einem sonnigen Pfälzer Gemüt ausgestattet. Der 2011er war dagegen eher primärfruchtig und simpel, der wird sicherlich zulegen, aber mir sind viele 2011er jedenfalls in ihrer Jugend ein bisschen zu einfach gestrickt und säurearm. Ich bin nicht unglücklich, dass ich den Jahrgang sehr sparsam gekauft habe.
Dann ging es weiter mit einem Stückchen
Schottischen Wildlachs mit Riesling Beurre Blanc und grünem Spargel. Grüner Spargel im November, naja

. Der Gang war trotzdem toll, der pochierte Lachs von erstklassiger Qualität. Die Weine dazu waren aber beide noch sehr jung. Es gab
Deidesheimer Hohenmorgen aus
2012 und
2009. Der 2012er war extrem embryonal, noch leicht hefig, vor allem aber exotisch und eher weißlich in der Anmutung. Steffen Brahner sagte im Gespräch, dass der den Hohenmorgen einen der femininsten Crus von BW findet. Bei dem 2012er würde ich ihm zustimmen, der 2002er neulich und auch der 2009er sind aber aus meiner Sicht eher üppig und von Reife geprägt. Der 2012er könnte man ganz, ganz groß werden, eigentlich bin ich mir da sogar sicher. 2009 ist derzeit schwierig einzuschätzen. Sehr gut gefällt mir aber bei sehr vielen 2009er Riesling GGs, dass sie zwar mild in der Säure sind, letztere aber gerade noch so ausgeprägt ist, dass der Wein nicht ins Flache oder Platte abgleitet.
Sodann wurde es außerirdisch. Zu einer
Rotzunge mit Scampi, Gemüse und Limonen-Ingwer-Nage kam das
Forster Kirchenstück auf den Tisch, und zwar aus
2005 und aus
1996 (Magnum). Den 96er wollte ich nach den durchaus positiven Eindrücken hier im Thread unbedingt mal probieren. Fangen wir aber mit 2005 an. Der war sehr gut, exzellent sogar, aber zu jung. Steffen Brahner sagt, dass bei BW 2005 neben 1999 aktuell einer der Lieblingsjahrgänge ist. Sind mir doch einige 2005er jedenfalls aktuell etwas zu fett, so war das 2005er Kirchenstück durchaus frisch und animierend. Der 1996er aber war außerweltlich. Für mich zeichnet das Kirchenstück von Bürklin-Wolf eine Art cremige gelbe Würze aus, wie eine Safran-Sahne-Sauce. Und die hatte der 96er im Überfluss. Der Wein zeigte kaum Reifenoten und war einfach soooo würzig. Ganz ehrlich, einen besseren trockenen Riesling habe ich kaum jemals getrunken bisher. Ich hielt mich so lang wie möglich an meinem Glas fest und habe gehofft, dass ich diesen Wein bitte, bitte, bitte nochmal in meinem Leben ins Glas kriege. Zum Niederknien, wirklich!
Auch der nächste Flight wusste aber zu überzeugen. Zu einer
Kalbshaxe mit Kartoffelpürre und Zwiebeln wurde das
Forster Ungeheuer serviert aus
2008 (Magnum) und
2003. Mit dem 2008er wächst ein weiterer Bürklin-Wolf-Klassiker heran. Der Wein ist komplett, die Säure ist jahrgangstypisch kräftig, aber reif, die Frucht ist gerade reif. Das wird ein Wein für die Ewigkeit, der könnte locker 25 Jahre mitmachen. Das gilt eher nicht für den 2003er, der zwar jahrgangstypisch ist, aber den Jahrgang muss man eben mögen - oder auch nicht. Bei Oles großer 2003er Riesling Probe dieses Jahr fand ich den Wein noch deutlich frischer (blind). Jetzt war der Wein einfach etwas platt. Klar, die Üppigkeit, Wärme und Reife der Frucht ist schon beeindruckend. Aber anders als bei so vielen anderen Bürklin-Wolf Rieslingen tut sich da herzlich wenig im Glas. Der Wein verändert sich kaum und Entwicklungspotenzial ist auch nicht zu erkennen. Wer jetzt noch 2003 nachkauft, ist mutig aus meiner Sicht.
Und dann gab es auch schon das Dessert, einen
Käsekuchen mit Schmandeis und Kalamansi und dazu eine
1998 Forster Riesling Auslese "R", die erst vor kurzem freigegeben wurde. Die Pfalz ist nicht meine erste Adresse für restsüße Rieslinge, aber diese Auslese war schon toll. Sie hatte Reifenoten, war aber fast schon moselanisch herb, hatte kaum Botrytisnoten, war sehr sauber und animierend, höchstens ein bisschen kurz im Abgang, sonst toll.
Insgesamt war ich SEHR begeistert. Dass Bürklin-Wolf ganz, ganz große trockene Rieslinge erzeugt, ist ja nichts Neues. Aber für mich war das Dinner noch ein weiterer Schritt in Richtung Obsession für die Rieslinge von Bürklin-Wolf. Meinetwegen sollen die Leute auf Facebook und in den Blogs frische, junge Betriebe aus unbekannten Lagen abfeiern. Ich werde mit zunehmendem Alter (und ich bin ja noch jung) immer konservativer, was Wein angeht. Qualität ist eben Qualität und gute Lagen sind eben gute Lagen, und die sind in guten Händen zeitlos. Die Rieslinge sehen keinen Edelstahl und erst recht kein Neuholz, sondern reifen traditionell in gebrauchten Halbstück-, Stück- und Doppelstückfässern, man pflegt eher Bescheidenheit denn die große Geste. Und das finde ich auch richtig. Die Weine sprechen für sich. Und wie!