Na, das war doch jetzt mal eine echte Sonntagsrede
Im Ernst: wenn man Terroir als Synonym für Lage oder Lagenfaktoren benutzt, machen Deine Ausführungen Sinn. Aber warum dann nicht einfach Lage sagen? Eben weil Terroir so einen mystisches Hautgout besitzt, wird dieser Begriff so gerne verwendet. Terroir übersteigt die Lage, Terroir ist mehr, Terroir ist... ja was eigentlich?
wie bereits gesagt, ist unter dem urpsrünglichen, im Burgund geprägten Begriff "Terroir" das Zusammenspiel gewisser Faktoren zu verstehen. Das heißt wenn man den Begriff in seiner ursprünlichen Bedeutung sieht, ist es nichts anderes als eine Übersetzung des Begriffes "Lage"... jetzt kommt das grosse ABER...dies gilt nur wenn man unter dem Begriff "Lage" nicht nur den Standort des Weinberges sieht, sondern auch das Drumherum.
Und genau hier sehe ich das Problem. Ich denke dass man den Begriff "Lage" genau so weitläufig sehen kann wie "Terroir". Meiner Meinung nach ist die Auslegung des Terroir auch eine persönliche Ansichtssache. Denn das Terroir im urprünglichen Sinne beeinflusst mit Sicherheit den Wein, alles Weitere was man darunter verstehen kann hängt von der persönlichen Ansicht ab.
@Olifant: Leider waren das keine im Handel erhältlichen Weine. Das Tasting war von der Versuchsanstalt Laimburg organisiert und die Weine wurden extra für dieses Tasting zum Thema "Terroir/Lage/Böden und ihr Einfluss auf den Wein" produziert.
ich denke auch, das Terroir wird lediglich in deutschen Diskussionen so überhöht mystifiziert.
Natürlich Markus, kannst du das Wort gern mit Lage übersetzen und dann über Lagencharakteristik philosophieren.
Nur ist Lage oft zu grob gerastert oder man muss es wirklich so klein zerschnippeln wie die Lagen in Burgund. Eine Lage, nicht nur nach deutscher Definition kann jedoch verschiedene Hangausrichtungen beinhalten, mikroklimatische Unterschiede aufweisen oder auch unterschiedliche Böden haben - Johannes hat sehr schön deutlich gemacht, welche Feinheiten uns begegnen können, 4 m Unterschied... - ähnliches kenne ich ja auch aus dem Priorat.
Die Kunst der Besten liegt für mich dann darin, Weine mit (Wiedererkennungs)Charakter dort raus zu holen, im Extremfall halt solche, die genau den Unterschied zwischen vier Metern mit anderer Hangausrichtung, anderem Mikroklima, anderem Boden erlebbar machen. wenn sie dann qualitativ auch noch so hochwertig sind, dass sie einfach Spaß machen, dann bin ich gern ein Verfechter des Terroirgedankens als Gegenstück zum uniformierten und austauschbaren Wein (der ja dennoch gut gemacht sein kann und ebenso sogar gut schmecken kann). Der aber dennoch austauschbar und damit beliebig wird wie Coke oder ein Burger von Mc Donalds... (das soll ja manchen auch gut schmecken...)
Auch das Herausfinden der für die Parzelle optimalsten Rebsorte kann helfen, aus dieser Parzelle einen authentischen Terroirwein zu erzeugen. Im Burgund oder anderen "altgedienten " Weinbaugebieten ist das eben schon vor langer Zeit passiert und man setzt daher auf Tradition - wie gesagt, des wiedererkennbaren Charakters wegen... In anderen Weinbergen ist man da noch am Experimentieren und warum auch nicht.
Sicher ist das mit Terroir ähnlich wie mit Bio. Nicht alles ist sofort der Weisheit letzter Schluß, nicht jeder Terroirwein ist ein Wein, der mich emotional so anspricht, dass ich ihm Größe attestiere. Aber spannender finde ich solche Weine allemale, als jeweils immer uniformiert optimierten Kram zu trinken.
Sicher ist Terroir was für Freaks, aber das sind wir doch zumeist. Genau dewegen macht es doch auch nach Jahren noch Spaß, sich immer wieder mit Wein zu beschäftigen und darüber zu fabulieren und zu diskutieren. Oder meinst du, bei Bier oder Wodkatrinkern gibt es ähnlich hitzige Debatten ums Getränk wie bei uns Weintrinkern?
thvins hat geschrieben:Oder meinst du, bei Bier oder Wodkatrinkern gibt es ähnlich hitzige Debatten ums Getränk wie bei uns Weintrinkern?
Aber Hallo! In den USA gibt es Bierforen, da geht es sowas von ab... Wein ist nicht der Weisheit letzter Schluss und es hilft immer, sich nicht als Mittelpunkt des Universums zu sehen.
Und nochmals: das Hübsche am Terroir ist seine Überhöhung. Denn auch bei Dir, Thorsten, ist Terroir ein Synonym für Authentizität. Und die halte ich für fast immer eingebildet und fast nie schmeckbar.
Und Johannes hat den ursprünglichen Charakter von Terroir definiert als
das Zusammenspiel von Faktoren wie Genetik der Rebsorte, Boden, Mikroklima, Niederschlagsmenge, Neigung des Hanges
Das sind nichts anderes als die Lagenfaktoren. Mit Authentizität hat das nichts zu tun.
Kurzum: entweder wir benutzen den Begriff Terroir wie Lage, dagegen ist nichts einzuwenden. Oder wir benutzen ihn im Sinne von Authentizität, dann sollten wir uns aber die Mühe machen, diese auch zu konkretisieren.
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Kurzum: entweder wir benutzen den Begriff Terroir wie Lage, dagegen ist nichts einzuwenden. Oder wir benutzen ihn im Sinne von Authentizität, dann sollten wir uns aber die Mühe machen, diese auch zu konkretisieren.
Just my 2cents
Hmm, das entweder oder finde ich nicht so gut, das klingt so final, weißt Du?! Vielleicht kann man den Begriff Terroir noch weiter frei schaufeln um ihm mehr Substanz zu geben. Manche sagen ja auch, das auch der Winzer dazu gehör und und und ...
----------------------- Deep And House
-----------------------
Vielleicht kann man den Begriff Terroir noch weiter frei schaufeln um ihm mehr Substanz zu geben.
hmmm, ich fürchte so etwas ist prinzipiell zum Scheitern verurteilt. Denn nachdem es keine "offizielle" Definition gibt, kann jeder darunter verstehen, was er gerade eben möchte. Und von dieser Freiheit wird auch ausgiebig Gebrauch gemacht, besonders wenn man das Wort so verstehen kann, dass es den eigenen Interessen dient ...
Gerald hat geschrieben:
hmmm, ich fürchte so etwas ist prinzipiell zum Scheitern verurteilt. Denn nachdem es keine "offizielle" Definition gibt, kann jeder darunter verstehen, was er gerade eben möchte. Und von dieser Freiheit wird auch ausgiebig Gebrauch gemacht, besonders wenn man das Wort so verstehen kann, dass es den eigenen Interessen dient ...
Grüße,
Gerald
Das stimmt natürlich vollkommen. Was ich damit meine ist, ob man in einem Diskurs den Begriff nicht "unabhängiger" machen könnte. Terroir ist ja bisher immer in einer Abhängigkeit zu etwas zu sehen, könnte man da nicht auch einen Schritt weiter gehen und versuchen die Dialektik um den Begriff zu beseitigen??? Vielleicht ist das aber auch zu philosophisch???
----------------------- Deep And House
-----------------------