http://books.google.de/books?id=H7QBAAA ... e&q&f=true
Paar Dinge sind schon bei schnellen durchschauen interessant:
- der Steinberger Riesling hatte mehr 15 vol% Alkohol. Kann das sein?
- alle Weine waren trocken, zum Teil sehr trocken
- kein Wein war extrem sauer, (der Grünhäuser am sauersten)
Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Hallo,
ein überaus interessanter Link, dickes Dankeschön! Soweit ich das nach Heranzoomen lesen kann, sind beim Steinberg 12,8% Alkohol verzeichnet. Das wäre immer noch der höchste Wert der ganzen Aufstellung, aber durchaus möglich, gerade in einem (im Rheingau) so hervorragendem Jahr wie 1857.
Die Restzucker- und Säurewerte sind in Gewichtsprozent angegeben, könnte jemand mal für mich Dummerchen erklären wie sich nach heutigen Maßstäben ausdrücken lässt, also g/l oder Promille?
Beide Wertangaben in der Tabelle sind für mich mit dem modernen Weinwissen nicht in Einklang zu bringen, Hilfe!
Sehr auffallend ist, das die Säure bei den Rheingauern etwa das Doppelte des Zuckers beträgt. Überhaupt erscheint der Restzuckergehalt sehr niedrig gewesen zu sein. An der Mosel verschiebt sich das Verhältniss zum 3- bis 4-fachen. Gräfenberg&Steinberg haben den niedrigsten Mineralgehalt aller Weine, der Steinberg zugleich auch den geringsten "Wasseranteil". Und werft mal einen Blick auf den fast vergessenen Scharlachberg in Bingen!
Sicher sind Analysewerte nur beschränkt aussagefähig, aber es ist doch enorm interessant einen so alten Jahrgang auf diese Weise kennenzulernen!
ein überaus interessanter Link, dickes Dankeschön! Soweit ich das nach Heranzoomen lesen kann, sind beim Steinberg 12,8% Alkohol verzeichnet. Das wäre immer noch der höchste Wert der ganzen Aufstellung, aber durchaus möglich, gerade in einem (im Rheingau) so hervorragendem Jahr wie 1857.
Die Restzucker- und Säurewerte sind in Gewichtsprozent angegeben, könnte jemand mal für mich Dummerchen erklären wie sich nach heutigen Maßstäben ausdrücken lässt, also g/l oder Promille?
Beide Wertangaben in der Tabelle sind für mich mit dem modernen Weinwissen nicht in Einklang zu bringen, Hilfe!

Sehr auffallend ist, das die Säure bei den Rheingauern etwa das Doppelte des Zuckers beträgt. Überhaupt erscheint der Restzuckergehalt sehr niedrig gewesen zu sein. An der Mosel verschiebt sich das Verhältniss zum 3- bis 4-fachen. Gräfenberg&Steinberg haben den niedrigsten Mineralgehalt aller Weine, der Steinberg zugleich auch den geringsten "Wasseranteil". Und werft mal einen Blick auf den fast vergessenen Scharlachberg in Bingen!
Sicher sind Analysewerte nur beschränkt aussagefähig, aber es ist doch enorm interessant einen so alten Jahrgang auf diese Weise kennenzulernen!
"A German wine label is one of the things life's too short for, a daunting testimony to that peculiar nation's love of detail and organization."
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- Gerald
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Hallo,
ich glaube, dass Charlie das schon richtig umgerechnet hat. Denn in der Tabelle (soweit man das entziffern kann) sind ja alle Werte - auch der Alkohol - in Gewichtprozent angegeben.
Beim Alkohol muss man also durch die Dichte (ca. 0,8) dividieren - 12,8 / 0,8 = 16 Vol.%
Bei Säure und Restzucker ist 1 Gew.% gleich 10 g/l (der Einfachheit halber immer angenommen, dass 1 l Wein 1 kg wiegt, was hier genau genug sein sollte, da es sich ja um keine Hochprädikate handelt).
Grüße,
Gerald
P.S. Natürlich stellt sich die Frage, ob die damals verwendeten Analysenverfahren mit den heutigen vergleichbar sind ...
ich glaube, dass Charlie das schon richtig umgerechnet hat. Denn in der Tabelle (soweit man das entziffern kann) sind ja alle Werte - auch der Alkohol - in Gewichtprozent angegeben.
Beim Alkohol muss man also durch die Dichte (ca. 0,8) dividieren - 12,8 / 0,8 = 16 Vol.%
Bei Säure und Restzucker ist 1 Gew.% gleich 10 g/l (der Einfachheit halber immer angenommen, dass 1 l Wein 1 kg wiegt, was hier genau genug sein sollte, da es sich ja um keine Hochprädikate handelt).
Grüße,
Gerald
P.S. Natürlich stellt sich die Frage, ob die damals verwendeten Analysenverfahren mit den heutigen vergleichbar sind ...
Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Hallo Gerald,Gerald hat geschrieben:
Beim Alkohol muss man also durch die Dichte (ca. 0,8) dividieren - 12,8 / 0,8 = 16 Vol.%
gar so einfach geht es nicht, da bei Alkohol-Wasser-Gemischen noch das lästige Phänomen der Volumenkontraktion hinzukommt. Im Prinzip kann man die exakten Verhältnisse nur über ziemlich komplexe Exponentialfunktionen berechnen - oder aber etwas einfacher aus Tabellenwerken entnehmen. Allzu falsch liegst Du mit Deiner Überschlagsrechnung allerdings nicht; für ein reines Alkohol-Wasser-Gemisch gilt bei 20°C: 12,80% M/M = 15,86% V/V. Es ändert nichts dran - der Wert erscheint schon enorm hoch. Allerdings liegen der Hallgartener und der Rüdesheimer mit 11,3 bzw. 11,4% M/M auch nicht gerade niedrig - beides jeweils über 14% V/V. Systematische Bestimmungsfehler erscheinen mir eher unwahrscheinlich; schlampiges Editieren gab es damals auch seltener als heute. Insofern wird's wohl schon stimmen.
Gruß
Ulli
- Gerald
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Hallo Ulli,
Und das gibt eigentlich bei einem trockenen Riesling aus dieser Zeit schon zu denken, oder? Besonders da ja - wie du schon erwähnt hast - auch andere Weine unerwartet hohe Alkoholwerte haben.
Grüße,
Gerald
klar, das habe ich ja mit dem Verweis auf die Dichte des Weins gemeint, die eben nicht genau 1 kg/l ist. Es geht aber vor allem darum, dass es eben nicht 12,8 Vol.% waren (wie man auf den ersten Blick vermuten würde), sondern viel mehr.gar so einfach geht es nicht, da bei Alkohol-Wasser-Gemischen noch das lästige Phänomen der Volumenkontraktion hinzukommt.
Und das gibt eigentlich bei einem trockenen Riesling aus dieser Zeit schon zu denken, oder? Besonders da ja - wie du schon erwähnt hast - auch andere Weine unerwartet hohe Alkoholwerte haben.
Grüße,
Gerald
- Charlie
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Und dann hört man immer, Naturhefen würden hohe Alkoholkonzentrationen nicht schaffen und würden oft steckenbleiben.
Es lohnt isch den Text dazu zu lesen. Es steht auch ein bisschen was zu den Analysemethoden und dem Ausbau der Weine.
Lustig auch die Passage zum Böckser: geht mit der Fassreife langsam weg und dann, meinen einige, wird der Wein noch besser.
Es lohnt isch den Text dazu zu lesen. Es steht auch ein bisschen was zu den Analysemethoden und dem Ausbau der Weine.
Lustig auch die Passage zum Böckser: geht mit der Fassreife langsam weg und dann, meinen einige, wird der Wein noch besser.
Charlie
http://weinlagen.info/
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- Gerald
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Ganz lustig auch Seite 329 mit den Analysendaten einiger österreichischer Weine. Die sind nämlich - verglichen mit den deutschen Rieslingen - eigentlich relativ niedrig. Passt auch nicht ganz mit der heutzutage häufig zu hörenden Theorie zusammen, dass österr. Weine durch das wärmere Klima alkoholreicher wären ...
Grüße,
Gerald
Grüße,
Gerald
Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Ja, das finde ich auch sehr interessant. Kein einziger der untersuchten Weine hat über 4g/kg Restzucker (der Vöslauer hat mit 0,39% den höchsten überhaupt gefundenen Wert) - somit ist alles "fränkisch trocken". Die meisten Weine liegen im Bereich von 1 bis 2 g/kg, d.h. sind bis auf die typischerweise verbleibenden Reste unvergärbarer Zucker völlig "durch". Es sind bei den untersuchten Weinen allerdings wohl keine Hochprädikate dabei gewesen, die zumindest in ersten Grundzügen auch damals schon bekannt gewesen sind.Charlie hat geschrieben:Und dann hört man immer, Naturhefen würden hohe Alkoholkonzentrationen nicht schaffen und würden oft steckenbleiben.
Gruß
Ulli
- Charlie
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Noch paar Perlen:
Auch ist ein langes Lagern in den Kellern oft das einzige Mittel, Weine trinkbar zu machen
Man verlor die Lust an alten Weinen und wandte sich zu den jüngeren
Charlie
http://weinlagen.info/
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Re: Analysewerte des Jahrgangs 1857 in Deutschland
Ach ja, noch kurz zum Verfasser "L. von Babo":
Es handelt sich um Lambert Joseph von Babo (1790 - 1862), einem frühen Pionier der modernen Agrarwissenschaft. Wesentlich bekannter in weininteressierten Kreisen dürfte allerdings sein Sohn August Wilhelm von Babo (1827–1894) sein, der Erfinder der "Babo-Waage", heute bekannter unter der Bezeichnung Klosterneuburger Mostwaage (KMW) - in Österreich werden Mostgewichte noch heute in °KMW angegeben und nicht in Oechsle. A.W. von Babo war von 1860 bis 1893 Direktor der Klosterneuburger Weinbauschule und einer der bedeutendsten Önologen seiner Zeit.
Naturwissenschaftler kennen darüber hinaus möglicherweise auch noch den älteren Bruder von A.W. von Babo, Lambert Heinrich von Babo (1818–1899), einen Liebig-Schüler und vielseitigen Chemiker.
Aus einigen Hinweisen im Artikel zu den angewendeten Analysenmethoden lässt sich erkennen, dass hier durchaus mit chemischem Sachverstand vorgegangen wurde. Inwieweit diese Veröffentlichung tatsächlich das Ergebnis einer Familienarbeit war, lässt sich aber nicht sagen.
Gruß
Ulli
Es handelt sich um Lambert Joseph von Babo (1790 - 1862), einem frühen Pionier der modernen Agrarwissenschaft. Wesentlich bekannter in weininteressierten Kreisen dürfte allerdings sein Sohn August Wilhelm von Babo (1827–1894) sein, der Erfinder der "Babo-Waage", heute bekannter unter der Bezeichnung Klosterneuburger Mostwaage (KMW) - in Österreich werden Mostgewichte noch heute in °KMW angegeben und nicht in Oechsle. A.W. von Babo war von 1860 bis 1893 Direktor der Klosterneuburger Weinbauschule und einer der bedeutendsten Önologen seiner Zeit.
Naturwissenschaftler kennen darüber hinaus möglicherweise auch noch den älteren Bruder von A.W. von Babo, Lambert Heinrich von Babo (1818–1899), einen Liebig-Schüler und vielseitigen Chemiker.
Aus einigen Hinweisen im Artikel zu den angewendeten Analysenmethoden lässt sich erkennen, dass hier durchaus mit chemischem Sachverstand vorgegangen wurde. Inwieweit diese Veröffentlichung tatsächlich das Ergebnis einer Familienarbeit war, lässt sich aber nicht sagen.
Gruß
Ulli