Ganz vorne weg: ich arbeite und lebe im Rheingau, bin also nicht unparteiisch.
Vermutlich würde ich mich auch ärgern, wenn über *mein* Anbaugebiet häufiger gelästert wird. Insofern verstehe ich dich gut.
Dass der Rheingau von etlichen Weinfreunden (ich bin beileibe nicht der einzige Kritikaster) zur Zeit nicht so sonderlich positiv gesehen wird, hat in meinen Augen trotzdem seine Gründe. Einer dieser Gründe - du wirst mir da vermutlich widersprechen wollen - trägt für mich ganz klar den Namen Geisenheim. Ein anderer Grund besteht in der inflationären Anzahl von VDP-Betrieben, welche oftmals dem hehren Anspruch des Verbandes nicht entsprechen können. Noch einen weiteren Grund sehe ich in der knallharten Preisgestaltung, wie man sie vor allem bei den altehrwürdigen Schlössern findet. Und dann wäre da noch der qualitative Abstieg der großen Staatsdomäne zu nennen.....
Aber sieht das an Mosel, Saar, Nahe, in Rheinhessen, Württemberg oder Pfalz anders aus?
An der Mosel und der Saar gibt es natürlich sehr viel Schatten, aber in den letzten Jahren halt auch immer mehr Licht. Ich muss nicht lange nachdenken, um auf eine ganze Reihe von jüngeren Winzern, die mit individuellen, wenig gestylten Rieslingen für Aufbruchstimmung sorgen, zu kommen: Andreas Adam, Daniel Vollenweider, Thorsten Melsheimer, Konstantin Weiser, die Lochs, Ingmar Püschel, Olaf Schneider, Roman Niewodniczanski, Julian Haart, Marco van Elkan, Anne Eifel, Gernot Kollmann, Eva Clüsserath, Jan Klein......da steckt richtig Musik im Anbaugebiet! Wie viele vergleichbare Namen kannst du mir aus dem Rheingau nennen? Ein paar Insidertipps hast du sicher - ich bin schon sehr gespannt, immer her damit!
Die Mittelhaardt (die Südpfalz weniger) befindet sich für meine Begriffe in einer ähnlichen Krise wie der Rheingau. Es gibt ein paar renommierte Erzeuger, die gute, aber für mich unter Preisaspekten uninteressante Sachen machen, und dann kommt nicht mehr viel. Wie an anderer Stelle schon gesagt, hatte ich bei meinem diesjährigen Urlaub in Neustadt-Königsbach gewisse Schwierigkeiten, einen für mich wirklich besuchenswerten Betrieb zu finden. Dieses Problem kenne ich an der Mittelmosel oder Saar überhaupt nicht! Und auch an der Nahe stellt sich die Situation aus meiner Perspektive deutlich besser dar.
Wofür steht denn deiner Meinung nach der Rheingau im Jahr 2011? Wer sind die Zugpferde, wer die aufstrebenden Winzer, wo spielt die Musik?
Stephans Frage schließe ich mich gerne an!
Herzliche Grüße
Bernd