

Deidesheim – Einen Rotwein-Cuvée der internationalen Spitzenklasse wollte der Pfälzer Winzer Stephan Attmann kreieren. Doch jetzt steht der Chef des "Weinguts von Winning" inmitten seines Weinbergs bei Deidesheim und hält einen kahlen Traubenstiel in seiner Hand. Diebe hatten sich am Wochenende über die vollreifen Spätburgunder-Trauben hergemacht, insgesamt 2.500 Kilogramm Beeren abgeerntet. "Der Wein hätte mir rund 100.000 Euro eingebracht", sagt Attmann kopfschüttelnd.
Die Handlese der Spitzentrauben – Mostgewicht: über 90 Grad Oechsle- hätte Anfang dieser Woche beginnen sollen. Doch in der Nacht zum vergangenen Samstag fuhren der oder die Diebe mit einer Erntemaschine durch die Reihen der Weinlage "Herrgottsacker". "Die Rebstöcke sind bis auf die Randpflanzen leergepflückt", sagte Gutsleiter Attmann.
Dass Trauben im Stockdunkelen gelesen werden, ist nicht ungewöhnlich. Im Gegenteil: "Dank der Nachtkälte haben die Beeren die optimale Temperatur zur Weiterverarbeitung", erläutert Attmann. Darum dürften sich mögliche Augenzeugen nicht über die hellen Scheinwerfer der vier Meter hohen Erntemaschine, einem sogenannten Vollernter, gewundert haben.
Winzer: "Wir leiden auch seelisch unter dem Verlust"
Die Trauben seien bereits in wochenlanger Arbeit für die Handlese selektiert worden, erzählt Attmann. Sie sollten das "Herzstück" seines erstklassigen Cuvees werden. "Schon 2008 und 2009 gewannen wir damit höchste internationale Anerkennung", sagt er. Auch den aktuelle Jahrgang, übriges ein landesweit qualitativ besonders hochwertiger, habe er zum Preis von über 30 Euro pro Flasche verkaufe wollen. Betont fügt der Winzer jedoch hinzu: "Wir leiden auch seelisch, nicht nur finanziell unter dem Verlust."
Der dreiste Traubenklau traf laut Hans-Jörg Rebholz vom Verband der Prädikatsweingüter eines der "angesagtesten Weingüter in Deutschland". Die Fachpresse kürte es zum "Erzeuger des Jahres". Und im Mai ließen sich sogar Bundespräsident Christian Wulff und 180 Diplomaten bei einer Pfalz-Reise Attmanns edle Tropfen kredenzen.
Experte: Täter war ein Winzer mit Ortskenntnis
Beim Deutschen Weininstitut ist man sich sicher: "Der Täter muss ein Winzerkollegen mit Ortskenntnis sein", sagt Sprecher Ernst Büscher. Er vermute hinter der Tat einen Weinbauern, dessen Ernte durch den Spätfrost im Mai oder die Hagelstürme im August zerstört wurden. "Vielleicht war es eine Verzweiflungstat, auf alle Fälle aber kriminell und nicht zu entschuldigen." Außerdem könne es kein Einzeltäter gewesen sein. Ein Komplize müsse die Trauben mit einem Maischewagen übernommen haben. Solche Trauben-Diebstähle kämen "immer wieder mal vor". Die Täter blieben meist unbekannt.
Die Polizei Haßloch hofft dennoch auf Zeugen. Außerdem hätten die Reifen des Vollernter im Weinberg und auf dem Asphalt deutliche Spuren hinterlassen. "Diese werden derzeit ausgewertet. Sie könnten uns zum Täter führen", sagte ein Sprecher.
Gutschef Attmann hofft unterdessen, dass "irgendwo ein Super-Wein von einem Winzer auftaucht, der sonst nicht für eine solch hochwertige Qualität bekannt ist".
Quelle:
http://www.epochtimes.de/774344_diebe-p ... under.html