Hier noch ein interessanter Artikel von Michael Pronay zum Thema:
http://www.winetimes.at/artikel.php?idu ... anguage=DE
Schönes Zitat darin von E. Sabathi (Steiermark): "Der Weingarten macht den Wein, die Aromen kommen immer noch aus der Traube".
Grüße,
Gerald
Interessant: Spontanvergärung
Re: Interessant: Spontanvergärung
Hallo Bernd,Bernd Schulz hat geschrieben:[...], wenn man Reinzuchthefen differenziert betrachtet und hinsichtlich des manipulativen Charakters der jeweiligen Züchtung irgendwo (wo genau, wäre dann natürlich die Frage) eine Grenze zieht.
genau diese Grenzziehung ist aber das Problem. Dabei ist unstrittig, dass es Extremfälle gibt, die vermutlich von allen Leuten in dier Kategorie "Aromahefe" einsortiert werden. Darunter gibt es aber eine extrem breite Grauzone. Wenn man auf der von Dir verlinkten "Hefeseite" herumsucht und sich die Datenblätter der Hersteller für die einzelnen Hefen ansieht, wird man feststellen, dass tatsächlich für die meisten RZH die Beeinflussung des Aromaspektrums des fertigen Weines beansprucht wird (eine positive Beeinflussung, na klar). Dass das bei einigen Hefen subtil geschehen wird und bei anderen nicht, ist unbestritten: aber was dem einen noch als subtil erscheint, kann für den anderen schon "Methode Holzhammer" sein.
Die Sache wird nicht gerade einfacher dadurch, dass die bei den Spontanisten arbeitenden Hefen (egal ob die nun lagen- oder nur betriebsspezifisch sind) eben auch das Aromaspektrum beeinflussen, und zwar sehr deutlich. Wenn das nicht so wäre, gäbe es diesen Thread nicht. Sind das deswegen jetzt "natürlich vorkommende Aromahefen"?
Gruß
Ulli (der berufsgeschädigt weiß, dass klare Definitionen eben kein Selbstzweck sind)
Re: Interessant: Spontanvergärung
Hallo Gerald,Gerald hat geschrieben:Hier noch ein interessanter Artikel von Michael Pronay zum Thema:
http://www.winetimes.at/artikel.php?idu ... anguage=DE
danke für den Link. Am Rande wird hierin bestätigt, was ich weiter oben zu den vermeintlichen Spontanisten in Österreich schon vermutet hatte; Zitat:
"Was heute ,Spontangärung‘ heißt, ist in der Regel keine solche, denn der Winzer, der spontan vergärt, macht ja auch mit dem ersten Most, der zu gären beginnt, seinen eigenen Hefeansatz, mit dem er die übrigen Chargen impft. Es ist also gewissermaßen ,seine‘ Zuchthefe."
Das sieht in Deutschland zumindest bei den Rieslingerzeugern der nördlichen Anbaugebiete völlig anders aus.
Ach ja, und dann musste natürlich noch mein Lieblingssatz kommen:
"Der Weingarten macht den Wein"
Das ist vermutlich die größte aktuell angesagte Marketinglüge, die von der gesamten Weinbranche geradezu mantraähnlich wiederholt und dem Kunden eingeprügelt wird. Aber wie schon Voltaire wusste: Je häufiger eine Dummheit wiederholt wird, desto eher ist man geneigt, sie für eine Klugheit zu halten. Und insofern verfängt's dannn auch bei der Zielgruppe, wie man unter anderem an ein paar Beiträgen in diesem Thread erkennen kann.
Gruß
Ulli
- Gerald
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Re: Interessant: Spontanvergärung
Hallo Ulli,
vielleicht ist der Satz im Sinn von "... sollte machen ..." gemeint? Denn zumindest für mich ist da ein gewisser Widerspruch, wenn man einerseits boden- bzw. lagenbezogene Weine produzieren möchte (ich vermeide das T-Wort absichtlich wegen der vielen unterschiedlichen Interpretationen) und andererseits die Aromenvielfalt der Spontangärung haben möchte, die - wie man überall nachlesen kann - eben nicht lagenbezogen ist.
Vielleicht kann man den "reinen" Lagencharakter mit einer - möglichst neutralen - RZ-Hefe doch besser zum Ausdruck bringen als mit Spontangärung?
Grüße,
Gerald
vielleicht ist der Satz im Sinn von "... sollte machen ..." gemeint? Denn zumindest für mich ist da ein gewisser Widerspruch, wenn man einerseits boden- bzw. lagenbezogene Weine produzieren möchte (ich vermeide das T-Wort absichtlich wegen der vielen unterschiedlichen Interpretationen) und andererseits die Aromenvielfalt der Spontangärung haben möchte, die - wie man überall nachlesen kann - eben nicht lagenbezogen ist.
Vielleicht kann man den "reinen" Lagencharakter mit einer - möglichst neutralen - RZ-Hefe doch besser zum Ausdruck bringen als mit Spontangärung?
Grüße,
Gerald
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Re: Interessant: Spontanvergärung
Die im letzten Satz enthaltene Frage tangiert mich nur peripher, denn ich habe bei spontan vergorenen Weinen (ganz egal, ob spontan spontanen oder mittels Überimpfung erzeugten) noch nie die plakative Einheitsfrucht angetroffen, die bei so vielen Reinzuchtis alles andere übertüncht. Und das ist für mich der springende Punkt - wie man das Kind/die Hefe im Einzelfall nun nennt, scheint mir relativ unwichtig.Die Sache wird nicht gerade einfacher dadurch, dass die bei den Spontanisten arbeitenden Hefen (egal ob die nun lagen- oder nur betriebsspezifisch sind) eben auch das Aromaspektrum beeinflussen, und zwar sehr deutlich. Wenn das nicht so wäre, gäbe es diesen Thread nicht. Sind das deswegen jetzt "natürlich vorkommende Aromahefen"?
Trotzdem bedanke ich mich sehr für deine und für Geralds Beiträge, die zu einem spannenden und zumindestens bei mir wieder einmal für etwas mehr Horizont sorgenden Diskussionsverlauf geführt haben!
Beste Grüße
Bernd
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Re: Interessant: Spontanvergärung
Das bezweifele ich immer noch.Vielleicht kann man den "reinen" Lagencharakter mit einer - möglichst neutralen - RZ-Hefe doch besser zum Ausdruck bringen als mit Spontangärung?
Martin Müllen hat mal auf die Frage, warum er generell auf Spontanvergärung setze, geantwortet, er habe früher mal gemeinsam mit seinem Vater in einem Jahrgang mit Reinzuchthefen experimentiert. Die Weine seien auch recht schön geraten, aber plötzlich hätten sie als Erzeuger ihre eigenen Lagen nicht mehr herausschmecken können, der Lagencharakter sei nahezu komplett futsch gewesen.
Winzerlatein? Vielleicht - aber so, wie ich Martin Müllen bislang kennengelernt habe, glaube ich das eher nicht.
Natürlich ist das jetzt wieder ein rein empirisches, kein wissenschaftlich-theoretisches Argument...
Beste Grüße
Bernd
Re: Interessant: Spontanvergärung
Kann es sein, dass das Thema Spontan vs. Reinzuchthefe in Deutschland ein so großes ist, weil hier auf breiter Front bei den Topwinzern keine so starke Bio-Bewegung vorhanden ist, wie im Rest Europas, aber auch zum Teil in Übersee.
Dass so das Thema Spontangärung die Möglichkeit ist, sich als anders (im Sinne von Besser) zu profilieren?
Denn auch hier kamen wieder viele Postings in sehr kurzer Zeit, wie bei sonst kaum einem Thema.
Ich fände zum Beispiel das Thema Klone viel interessanter als das Thema Hefe, aber ich wette da würde kaum eine Diskussion aufkommen.
Dass so das Thema Spontangärung die Möglichkeit ist, sich als anders (im Sinne von Besser) zu profilieren?
Denn auch hier kamen wieder viele Postings in sehr kurzer Zeit, wie bei sonst kaum einem Thema.
Ich fände zum Beispiel das Thema Klone viel interessanter als das Thema Hefe, aber ich wette da würde kaum eine Diskussion aufkommen.
Re: Interessant: Spontanvergärung
Ich glaube wirklich, dass dieses Thema vor ca. 10 Jahren in den damals aufkommenden Wein-communities in D von einigen wenigen laut- bzw. schreibstarken (Möchtegern-)Opinion-leadres aufgegriffen wurde und seit damals im Web rauf- und runter diskutiert wird. So stark, dass auch viele Profis ihren Senf dazugaben (oder geben mussten) und sich die Winzer positionierten. Ich kann mich noch sehr gut an manch überraschte Reaktion einiger Winzer in Ö und D erinnern, als ich sie fragte, wie die Weine vergoren werden. "So etwas hat mich nie jemand gefragt" hörte ich nicht nur einmal. Heute hat jeder marketingtechnisch konservierten Antwortphrase im Angebot.BuschWein hat geschrieben:Kann es sein, dass das Thema Spontan vs. Reinzuchthefe in Deutschland ein so großes ist, weil hier auf breiter Front bei den Topwinzern keine so starke Bio-Bewegung vorhanden ist, wie im Rest Europas, aber auch zum Teil in Übersee.
Ich bleib' dabei, das ganze ist a) eine (kleine) Stellschraube im Gesamtgebilde und b) bitteschön kein Dogma.
Ciao
Peter
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Re: Interessant: Spontanvergärung
Es gibt halt Leute, die das Thema immer noch oder schon wieder besonders interessiert. Die, die es nicht interessiert, werden von niemandem zum Mitlesen oder gar Mitschreiben gezwungen. Irgendwelche Metadiskussionen innerhalb dieses Threads halte ich für wenig konstruktiv.
Beste Grüße
Bernd
Beste Grüße
Bernd
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Re: Interessant: Spontanvergärung
Hallo Gerald,Gerald hat geschrieben:
Vielleicht kann man den "reinen" Lagencharakter mit einer - möglichst neutralen - RZ-Hefe doch besser zum Ausdruck bringen als mit Spontangärung?
Grüße,
Gerald
Deine These ist für mich durchaus nicht abwegig.Ich habe im letzten Jahr bei einer Fortbildungsveranstaltung in Geisenheim blind etliche Rieslinge mit und ohne Spontanvergärung von unterschiedlichen Bodenformationen probieren können. Es ging letztlich darum, bei welcher "Vergärungsmethode" -bei ansonsten identischen Weinen- der Boden (Muschelkalk, Schiefer etc.) besser zu erschmecken war. Es waren auch etliche MW's bzw. MW-Students anwesend, die bei der Bodenzuordnung im Falle der neutralen Reinzuchthefe keine Probleme hatten. Bei den Sponti-Vergleichsweinen war die Fehlerquote bei der Zuordnung allerdings so groß, dass man mit blossem Raten wahrscheinlich kein schlechteres Ergebnis erzielt hätte

Diese Testreihe soll noch einmal wiederholt werden, wenn die Weine gereifter sind und die Spontis ihre "Rumpelphase" etwas abgelegt haben. Vielleicht kommt es dann zu einem weniger krassen Ergebnis.
Grüsse
Bodo