Interessant: Spontanvergärung

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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UlliB
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von UlliB »

octopussy hat geschrieben: Vergärt denn z.B. Ch. Pontet-Canet eigentlich seine Weine spontan?
Zumindest ohne Reinzuchthefen, denn die darf das Gut als biodynamisch zertifizierter Betrieb nach den Verbandsstatuten nicht verwenden. Im Übrigen: angeblich ja, aber angesichts der weiter oben ausgeführten Begriffsverwirrung bin ich mir nicht sicher, inwieweit das im engen Sinne auch tatsächlich zutrifft. Möglicherweise wird hier wie bei etlichen Erzeugern im Burgund auch lediglich mit einem pied de cuve gearbeitet.

Gruß
Ulli
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T's Weinblog
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von T's Weinblog »

Übrigens hat mir mal eine durchaus ambitionierte Kellermeisterin mal gesagt, dass sie der Meinung ist, dass Sponti-Aromen die Mineralik der Weine überdecken und die Weine deshalb oft eben nicht so gut die Lage wiederspiegeln sondern eher die Art der Vergärung.
@BuschWein:
Du sprichst jetzt davon, dass die wilden Umgebungshefen, die, wie ich (hoffe ich) richtig weiß, einen Sponti ausmachen, die Vergärung widerspiegeln würden. Meiner Meinung nach, sind sie aber nach dem neudeutschen Modewort "Terroir" Teil der Lage, und besitzen meiner Meinung nach eine eigene Farbe im Gesamtgemälde der Lage!

@Alle: Dass der Begriff Spontanvergärung als solcher nicht richtig definiert ist, ist doch traurig. Da wird meiner Meinung nach der "einfache" Wein-Fan, der mal etwas besonderes probiert, beschissen. Oder ist er selbst schuld, weil er sich nicht richtig informiert...?
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Tannat
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Tannat »

Hallo zusammen,
mal so einen kurzen Einwurf...

habe von Winzerseite auch schon Aussagen gehört das wenn Jahrelang mit Reinzuchthefen im Keller gearbeitet wurde und eine Umstellung bzw. Linie auf Spontanvergärung ausgebaut wird sei dies eigentlich keine wirkliche Spontanvergärung da die Hefestämme durch Jahrelanges anwenden der Reinzuchthefe sich überall im Keller usw eh schon befinden usw....
Also das Risiko einer echten Spontanvergärung unter wirklichen "wilden, neuen, natürlichen" Hefestämmen so nicht stattfindet.
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T's Weinblog
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von T's Weinblog »

Also meines Wissens nach, dauert es mind. 8 Jahre, bist die Kellerhefen verschwunden ist, und wirklich spontan vergorene Weine produziert werden können!
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UlliB
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von UlliB »

T's Weinblog hat geschrieben: @Alle: Dass der Begriff Spontanvergärung als solcher nicht richtig definiert ist, ist doch traurig. Da wird meiner Meinung nach der "einfache" Wein-Fan, der mal etwas besonderes probiert, beschissen.
Och, warum das denn? In der Gesamtschau ist ein angeblicher Sponti, der keiner ist, doch völlig zu vernachlässigen. Denn:

- wenn "Riesling" auf der Flasche draufsteht, heißt das keineswegs, dass nur Riesling in der Flasche sein darf,
- wenn "Jahrgang 2008" auf der Flasche draufsteht, bedeutet das keineswegs, dass der Inhalt nur aus Trauben des Jahrgangs 2008 gewonnen wurde,
- wenn eine Lage angegeben ist, heißt das nicht notwendigerweise, dass der Wein nur aus Trauben dieser Lage erzeugt wurde;
- "trocken" kann völlig trocken oder spürbar süß sein,
- "feinherb" kann irgendetwas völlig Beliebiges zwischen trocken und pappsüß sein,
- "Spätlese" bedeutet nicht, dass der Wein spät gelesen wurde, "Auslese" nicht, dass da irgendetwas ausgelesen wurde,
- deklarierte 12,0%Vol. Alkohol können auch tatsächlich vorhandene 11,51% oder 12,49% sein

und so weiter und so weiter. Und bei all diesen trügerischen Angaben auf dem Etikett regst Du Dich darüber auf, wenn ein angeblicher Sponti keiner ist?

:D :D :D

Gruß
Ulli
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T's Weinblog
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von T's Weinblog »

:D
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

Von Ullis Anmerkungen einmal abgesehen besteht in meinen Augen auch immer noch ein erheblicher Unterschied zwischen pseudospontaner Vergärung durch das Überimpfen mit einem eigenen Ansatz und dem Herumwerkeln mit Kunsthefen, die dann womöglich noch vermittels des "Geisenheimer Hefenfinders" ( http://www.hefefinder.de/ - ich empfehle, die Seite ruhig einmal anzuklicken und selber nachzusehen, was es da so alles gibt!) ausgewählt wurden. Da ist mir die erstere Variante doch deutlich lieber.

Beste Grüße

Bernd
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DerFranki
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von DerFranki »

Bernd Schulz hat geschrieben:"Geisenheimer Hefenfinders"


Da geht die Weinromantik in Pull-Down-Menüs unter.
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UlliB
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von UlliB »

Hallo Bernd,

danke für den netten Link. Das erinnert mich irgendwie an eine elektronische Partnerbörse: "Beantworten Sie 10 Fragen, und wir suchen unter mehr als 15.000 Kandidaten Ihren Idealen Partner aus." :mrgreen:
Bernd Schulz hat geschrieben:[...] und dem Herumwerkeln mit Kunsthefen, [...]
Nur der guten Ordnung halber: auch Reinzuchthefen sind immer noch natürliche Hefen, die lediglich auf Grund bestimmter Eigenschaften selektiert und "rein" gezüchtet wurden. Gentechnisch veränderte oder völlig biosynthestisierte (und insofern "künstliche") Hefen sind noch Zukunftsmusik. Kommt aber bestimmt auch noch.

Gruß
Ulli
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Markus Vahlefeld
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Markus Vahlefeld »

Nun ist es aber auch so, dass ein spontan vergorener Wein nicht unbedingt ein guter Wein ist. Und schon gar nicht, dass er mir auch schmeckt. Wie bereits von anderen erwähnt, ist Spontanvergärung EINE Stellschraube im Gesamtgemälde. Dass der Einsatz von Zuchthefen trotzdem zu grossartigen Weinen führen kann, mach(t)en die Wein von Müller-Catoir deutlich oder die von Dönnhoff oder oder oder... Zuchthefen führen zu einem kontrollierten und sehr sauberen Produkt. Spontanvergärung hat immer etwas Dreckiges. Daher ist die Ideologie hinter der Vergärungsfrage durchaus eine philosophische. Will man "Natur" schmecken oder eben nicht. Will man, dass das vermeintlich "Hässliche" Teil des Schönen ist... oder eben nicht.

Ich habe jahrelang neben einem demeter-Bauernhof gewohnt und konnte mir jeden Morgen meine frisch "gezapfte" unbehandelte Milch holen. Sie war natürlich fettig und hatte einen sehr animalischen touch. In Zeiten von Trockenfutter war sie ungenießbar weil stinkig. Zu Grünzeiten konnte sie ein Genuss sein. Meinen Morgenkaffee wollte ich dennoch nicht NUR mit dieser Milch trinken. Das war zu anstrengend.

So oder so ähnlich geht es mir mit Sponti-Weinen auch.
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