Interessant: Spontanvergärung

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Birte
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Birte »

Richtig vergleichbar wären meiner Ansicht nach nur Weine, die parallel sofort mit Spontanvergärung starten würden, wobei ein Teil aber mit RZ-Hefe beimpft wird. Aber ich kann mir vorstellen, dass so etwas für den Winzer nur für eigene Studienzwecke Sinn hat und nicht in den Verkauf kommen wird ...
Würde ich als Abschlussarbeit für jemand in Geisenheim vorschlagen. Ich glaube das Ergebnis würde viele interessieren.
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

stellt sich nur eben die Frage, ob der unterschiedliche Stil der genannten Winzer wirklich auf die Gärführung (spontan <> RZ) zurückzuführen ist oder nicht von anderen Parametern abhängt.
Gerald, die Frage stellt sich für mich nicht. Ich habe ein paar stellvertretende Namen genannt, ich könnte noch etliche weitere aufzählen, aber den Weinen all dieser Betriebe ist eine Charakteristik gemeinsam, die ganz eindeutig ohne Spontanvergärung nicht denkbar wäre. Alle Nachbarn, die reinzüchtig vergären, erreichen sie eben nicht.

Klar ist allerdings auch, dass die Spontanvergärung nur eines von etlichen Rädchen im Stilgetriebe darstellt. Aber wenn dieses Zahnrad ausfällt, lässt sich ein bestimmter (Riesling)typus nicht erzeugen. Das sagen mir alle Trinkerfahrungen des letzten Jahrzehnts (und das sind doch ziemlich reichliche Erfahrungen - 300 bis 400 Flaschen Riesling im Jahr werden bei mir geöffnet).

Beste Grüße

Bernd
toff
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von toff »

Gerald hat geschrieben:
Richtig aussagekräftig wäre ein Vergleich nur, wenn ein Winzer genau denselben Wein parallel mit RZ-Hefen und spontan vergoren ausbauen würde. Gibt es so etwas?
Meines Wissens gab es vor etlichen Jahren mal so etwas vom Meulenhof (ich glaube, es waren zwei 97er Treppchen Spätlesen, da bin ich mir aber nicht sicher). Mir wurde damals mitgeteilt, dass das identische Lesegut einmal spontan und einmal reinzüchtig vergoren wurde. Die Info kam allerdings nicht direkt vom Winzer, sondern aus zweiter Hand, von einem Freund, der mir die Weine besorgt hatte.
Ich habe sie jedenfalls parallel probiert. Die Unterschiede waren nicht gewaltig, aber schon schmeckbar, der Sponti schien mir der etwas vielschichtigere Wein zu sein.
Aber das war mein einziges Experiment in dieser Richtung und als Naturwissenschaftler weiss ich, dass die Aussagekraft von Versuchen mit n=1 nicht unbedingt gross ist.

Grüße, Christopher
Wolfgang
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Wolfgang »

T's Weinblog hat geschrieben:Also ich meine ja, dass man für keinen der beiden Partei übernehmen kann. Beide haben Ihre guten Argumente.

@Wolfgang: Kannst du/ Können Sie mir Tipps geben, zu Weinen, die ich vergleichen könnte. Ich bin nämlich noch ein wenig unerfahren mit Vergleichs-Verkostungen. Wäre sehr nett. Danke
Thorsten , ich habe nicht zeitgleiche Vergleichsverkostungen gemeint. Sondern tatsächlich vorgeschlagen, dass Du mal eine Zeitlang Spontis trinkst(z.B. von dem von Dir genannten Händler).
Ähnlich wie Bernd Schulz habe ich meine Trink/verkostungserfahrungen die mir eindeutig teigen,dass
der die Spontis Betriebs-/Gebietsübergreifend vergleichbar sind. Nicht nur beim Riesling. Ich empfinde so auch bei Gr. Veltliner(ProidL/Schloss Gobelsburg/Geyerhof),Silvaner/Müller Thurgau(Zehnthof Luckert) Chenin Blanc, Chard.
Wissentschaftlich kann ich auch nichts belegen. Es ist reines Mundgefühl - Geschmackserlebnis.
Nachhaltigkeit.
Gruß Wolfgang
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T's Weinblog
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von T's Weinblog »

Also bei besagtem Händler in Nürnberg habe ich an einem Seminar teilgenommen. Hatte das Thema "Fastination Riesling". Unter anderem standen Weine von Van Volxem, Zehnthof Luckert, Christmann (Bio)/Pfalz, Weingut von Winning, P.J. Kühn, Heymann-Löwenstein und A. Clüsserath auf dem Tisch standen. Er hatte gemeint, dass sicherste, einen Sponti zu erkennen, sei das cremige Gefühl im Mund. Das hat sich meiner Meinung nach auch bestätigt. Wobei ich auch bei RZ-Weinen schon das gleiche Gefühl im Mund hatte.

>off-topic: Eigentlich der Anfang dieses Threads: Ganz interessant! Im Video meint Martin Kössler, dass er diese ganze Bezeichnung von "Bio" und so weiter lächerlich und überspitzt findet. Doch in dem Programm des Abends, hatte er bei Christmann ganz bewusst "Bio" dahinter geschrieben. Schon komisch...
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T's Weinblog
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von T's Weinblog »

@Birte: Von Stuart wird Niewodniczanski anscheinend geliebt. Und seinen Namen kann er auch noch richtig schreiben :D

Stuart Pigott schreibt : 8 Uhr am Dienstag, 16.08.11 - In eine Stunde fahre ich auf der nächste Drehreise für WEINWUNDER DEUTSCHLAND 2 los und bin dann 10 Tage lang nicht ganz so kummikativ wie die letzte Tage, weil wir meist von 8 Uhr morgens bis 19/20 Uhr Abends durcharbeiten muss. Trotzdem wird es einige spannende Weine. Heute geht es zum Roman Niewodniczanski von Weingut van Volxem wo es ein Grill-Abend gibt. Grüße & Danke Stuart Pigott
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Gerald
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Gerald »

Er hatte gemeint, dass sicherste, einen Sponti zu erkennen, sei das cremige Gefühl im Mund. Das hat sich meiner Meinung nach auch bestätigt.
das klingt interessant, aus den bisherigen Wortmeldungen (und was ich früher über Spontangärung gehört habe) hätte ich doch angenommen, dass sie sich vor allem durch größere Vielfalt bzw. Komplexität in den Aromen auszeichen :?

Ein "cremiges Gefühl" - wenn du darunter dasselbe wie ich verstehst - kommt meines Wissens eher durch Polysaccharide aus der Hefe, wenn der Wein lange auf dieser verbleibt. Könnte es sein, dass die Eigenschaften "spontan vergorener Weine" eigentlich aus einem Bündel ganz unterschiedlicher kellertechnischer Maßnahmen kommen, von denen die Frage spontan/RZ nur ein Faktor von vielen ist?

Grüße,
Gerald
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

Sorry, aber Kösslers Aussage, dass man einen Sponti besonders gut am cremigen Mundgefühl erkennen kann, halte ich für ausgesprochen fragwürdig.

Bei verschiedenen Winzern, die vorrangig reinzüchtig vergären, habe ich schon Spontis identifiziert, ohne dass ich vorher wusste, dass es sie gab; so bei v. Heddesdorf und Johann Haart. Aber entdeckt habe ich sie nicht anhand ihrer "Cremigkeit" - vielmehr brachte mich eine bestimmte, mit dem Eindruck der Vielschichtigkeit verbundene Aromatik auf die Spur. Am besten kann ich diese vor allem in der Nase wahrnehmbaren Noten als "ätherisch bis stallig" (in allen möglichen Zwischenstufen) beschreiben.
aus den bisherigen Wortmeldungen (und was ich früher über Spontangärung gehört habe) hätte ich doch angenommen, dass sie sich vor allem durch größere Vielfalt bzw. Komplexität in den Aromen auszeichen
So ist es grob gesagt auch. Die Weine von J.J. Prüm oder KaJo Christoffel z.b. vermitteln überhaupt kein cremiges Mundgefühl.

Beste Grüße

Bernd
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UlliB
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von UlliB »

Bernd Schulz hat geschrieben: Am besten kann ich diese vor allem in der Nase wahrnehmbaren Noten als "ätherisch bis stallig" (in allen möglichen Zwischenstufen) beschreiben.
Hallo Bernd,

das sehe ich ganz genauso, zumindest wenn es um Riesling geht.

Die typische "Sponti-Nase" wird übrigens von manchen Leuten, die seltener damit in Kontakt kommen, zunächst einmal als Fehler identifiziert - interessanterweise meistens von "sauberkeitsfixierten" Profis. Zu meiner eigenen Überraschung kommen Weine mit wirklich heftigen Sponti-Stinkern (Schloss Lieser, JJ Prüm, auch mal Müllen) bei absoluten Gelegenheitstrinkern gut an, werden aber von ansonsten durchaus erfahrenen Verkostern kategorisch abgelehnt.

Gruß
Ulli
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Weinfreund
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Weinfreund »

Hi,

der Titel passt hier wirklich. Obwohl eigentlich schon irgendwie abgegriffen, finde ich das Thema nach wie vor eines der interessantesten ..

Ich kann von meiner (nicht seht großen) Erfahrung sowohl Thorsten bzw. K&U und Bernd recht geben. Spontanvergärung (wenn es denn wirklich echte ist) erschnuppert man sofort. Gleichzeitig vergären diese Weine natürlich auch langsamer, was Geralds Ansatz des längeren Hefelagers unterstützt. Ich empfinde bei den meisten durchaus ein cremigeres Mundgefühl.

Ich denke auch, dass gerade die "Langsamkeit" ein stilbringendes Element ist. Hierdurch können unterschiedliche Hefestämme wirken, bevor sich einer klar durchsetzt. Insofern kann / müsste dann eine dominate "Kellerhefe" fast wie ein Reinzuchtwein schmecken .. ;)

Viele Grüße
Sascha
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