And it's shooting up out of the ground
And your head is spinning from a loud guitar
And you just can't escape from the sound
Don't worry too much, it'll happen to you
We were children once, playing with toys
And the thing that you're hearing is only the sound
Of the low spark of high-heeled boys…
Vielleicht errät ja der eine oder andere von Euch von wem dieser Text (und natürlich auch das dazu gehörige Musikstück) stammt – ohne Google
Der Musiker wäre heute 67 Jahre alt geworden, er gehört also der Generation der Rolling Stones an und wäre er 2005 nicht an Magenkrebs gestorben würde er sicher auch heute noch auf der Bühne stehen. Ich rede von Jim Capaldi, dem Drummer der legendären Band Traffic, der immer ein wenig zum Fürchten aussah, netter Kontrast zu seinem engelgleich aussehenden Bandkollegen und Freund Steve Winwood. Capaldi ist der klassische kluge Kopf im Hintergrund gewesen. Drummer erfreuten sich sowieso nie derselben Aufmerksamkeit wie die Leadgitarristen oder die Sänger, in der Bandhierachie standen sie meistens ganz unten und bekamen selten die tollsten Mädels ab.
Ich weiß das deswegen so genau, weil mein erster Jugendfreund Bassist in einer Schülerband war und ich jedes Wochenende damit verbrachte, mit ihm und seinen Kumpels irgendwo hinzufahren, wo noch andere Bands spielten und überall das selbe Bild. Die Drummer leisteten die Schwerstarbeit und die Jungs an Mikro oder Saiteninstrumenten sahnten vorne ab. Deswegen sehen Ringo Starr und Charlie Watts auch sicher immer so traurig aus. Zu dieser Zeit entwickelte ich allerdings die Fähigkeit, ein Schlagzeug fachgerecht auf- und abzubauen und in einen für diesen Zweck eigentlich viel zu kleinen VW-Käfer zu packen. Was lernt man nicht alles in seiner Jugend, das man dann im späteren Leben nie mehr anwenden kann
Farewell Jim, ich lege gleich noch mal "Mr. Fantasy" auf, so richtig auf den Plattenspieler – waren schon tolle Zeiten damals.
Wie bin ich drauf gekommen? Über die Gedankenbrücke "Mann aus der zweiten Reihe". Wenn ich Weingüter besichtige stelle ich auch dort immer wieder fest, dass es eine ganz genau festlegte Hierarchie gibt, bei denen die Besitzer und Kellermeister (oft in Personalunion) die Stars, die Frontmen, sind und die Weinbergsverantwortlichen erst in zweiter Linie genannt werden. Das ist ja immer so, Berufe, die unter freiem Himmel Wind und Wetter ausgesetzt ausgeübt werden, werden weniger geschätzt als die, die in geschlossenen Räumen stattfinden.
Die strengste Hierarchie schien mir bei Comte de Vogüé in Chambolle-Musigny zu herrschen. Als ich das Gut vor einigen Jahren dank freundlicher Intervention meines Burgunderhändlers besichtigen durfte, wurde mir Monsieur Millet vorgestellt, der Kellermeister, der auf mich einen sehr durchgeistigten ja fast asketischen Eindruck machte und mit großer Ernsthaftigkeit und Akkuratesse seine Arbeit im Keller, seine Philosophie und seine Weine beschrieb. Der Besuch war beeindruckend. Der Geschäftsführer, Monsieur Pepin, begab sich erst gar nicht die Kellertreppe hinunter "dort unten habe ich nichts zu suchen" und auch der Weinbergschef, der Gottseidank Bourgogne mit Nachnamen heißt und nicht etwa Fronton oder Jurançon wusste, wo sein Platz ist.
Ich habe selten so viel gelernt bei einer Besichtigung, Millet ruhte nicht eher, bis er sicher sein konnte, dass ich seine Erklärungen in allen Nuancen verstanden hatte, er fragte öfter nach, wie ich einzelne Worte, die ihm wichtig waren übersetzte und ob sie auch im Deutschen das bedeuteten, was er ausdrücken wolle. Die Besichtigung war natürlich in Französisch, später hab ich erfahren, dass Millet fast perfekt Deutsch sprach. Da hab ich auch verstanden, wieso er immer genau den Punkt traf, an dem er mit meiner Übersetzung zufrieden war.
Die Verkostung in den fast sakral wirkenden Gewölben war beeindruckend und ordinäres Ausspucken wäre zu profan gewesen, crachoirs standen auch nicht bereit und wer wollte schon so etwas wie eine Fassprobe des
2002 Bonnes Mares Grand Cru
Comte Georges de Vogüé, Côtes de Nuits
ausspucken, zumal der peinlich saubere Kiesboden nicht einen einzigen Weinfleck aufwies. Diese kühle fast ein wenig distanzierte Sauberkeit fand sich auch im Wein wieder. Schon die Fassprobe zeigte sich von seidiger Eleganz mit feinem Spiel zwischen Frucht und Säure, Mineral und einem faszinierenden Abgang. Dass die Aromen sich später noch besser verbinden würden, das konnte ich mir damals gar nicht vorstellen.
Bonnes Mares schien so etwas wie die Lieblingslage von Millet zu sein, er beschrieb sie in allen Facetten wie ein Vater, der auf die Entwicklung seines Kindes stolz ist, es aber am liebsten lobt, wenn es nicht dabei ist, damit es nicht übermütig werde. Ich vermute, Herr Millet ist nicht verheiratet, außer mit seinem Beruf und ich könnte mir auch kaum eine andere Weingegend vorstellen, in die er so perfekt passt wie die zurückgezogene mönchisch geprägte Kulturlandschaft des Burgund.
Inzwischen hat der Wein seine erste Kellerlagerzeit hinter sich. Er ist von kräftig klarem dunklen Kirschrot und entwickelt nach einer Zeit an der Luft eine wunderbare Nase nach Kirsche, Himbeere, Pfingstrose am Gaumen straff und seidig, Tannin noch gut spürbar und perfekt integriert, kräftig ohne wuchtig zu sein, absolut elegant, Aromen von Schwarzkirschen, Himbeeren, Lakritz und ganz dezente Holznote (Millet arbeitet akribisch daran, die optimale Fässerkombination zu finden, die für den Wein möglichst neutral ist, neues Holz am End noch auffällig getoastet ist für ihn so was wie das Weihwasser für den Teufel), langer Abgang.
Ein Wein für besondere Gelegenheiten, ein Momument. Und wie bin ich jetzt noch mal auf Jim Capaldi von Capaldi auf Millet gekommen? Egal!
Prost!