Don Miguel hat geschrieben:
Die Fragestellung ist auch sehr komplex und weitläufig. Ich fange mal mit einer provokanten These an:
„Bei Spätburgundern aus Deutschland gibt es kein Terroir, hierzu fehlt schon die historische Komponente“!
Spätburgunder wurde in Deutschland überwiegend als Gebrauchswein ausgebaut, einen hochklassigen Qualitätsweinbau wie im Burgund gab es in Deutschland doch nirgends, oder? Die aktuelle Entwicklung hin zu hochwertigen Spätburgundern ist noch sehr jung.
Hallo Don,
ich würde dieser These zustimmen, da der
heutigen Generation von Erzeugern und Konsumenten der historische Kontext fehlt.
Ich bin aber nicht sicher, ob es in Deutschland
nie zuvor eine Erzeugung von qualitativ hochwertigen Spätburgundern gegeben hat. Die Rotweininsel Assmannshausen genoss im ausgehenden Kaiserreich einen ziemlich legendären Ruf, und man kann durchaus davon ausgehen, dass den Kennern der damaligen Zeit trotz Erbfeindschaft die französischen Originale bekannt gewesen sind (schaut man sich historische Weinkarten an, war Burgund und Bordeaux in Deutschland damals durchaus gut vertreten). Und ob die Ahr vor dem verheerenden Einfall rheinischer Kegelclubs nicht eine durchaus qualitätsorientierte Tradition hatte, ist ebenso fraglich. Aber wie gesagt, zum Anknüpfen ist das zu lange her.
Ich bin aber sowieso zwischenzeitlich ein Terroirskeptiker. Dieser Begriff stammt noch aus einer Zeit ohne fortschrittliche Kellertechnik, Reinzuchthefen und unzähligen chemisch-biologischen Hilfsmitteln. Wie soll ich heute noch wissen, ist das nun reines „Terroir“ oder rafiniert-perfekte Kellertechnik ? (OK, auch etwas überspitzt, aber ich mag diesen Begriff inflationär gebrauchten Begriff einfach nicht mehr).
Na ja, man muss ja das T-Wort nicht unbedingt benutzen; vielleicht geht es auch etwas kleiner mit "Herkunftscharakteristik". Und da sehe ich durchaus Ansätze. Zunächst einmal lassen sich Weine, die auf Schiefer gewachsen sind (Ahr, Mittelmosel, Assmannshausen) ganz gut von solchen unterscheiden, die von Lehm / Löss / Kalk u.a. kommen. Das gelingt meistens auch blind, wenn nicht exzessiver Holzeinsatz den Blick auf den Wein selber versperrt. Und wer bei Salwey gelernt hat, worin sich Spätburgunder von vulkanischen Böden von Spätburgundern, die auf Löss gewachsen sind, unterscheiden, erkennt die gleichen Unterschiede auch gegenüber bei Gleichenstein oder ein paar Kilometer weiter bei Heger. Die
Grundvoraussetzungen sind also da: die Rebsorte kann auch in Deutschland ihre Herkunft ausdrücken (warum sollte sie das auch nicht?). Um eine
Lagencharakteristik auszumachen, ist allerdings das Netz qualitativ hochwertiger Erzeuger viel zu dünn geknüpft. Und daran wird sich, fürchte ich, auch so bald nichts ändern.
Gruß
Ulli