Markus, ich habe Zweifel, ob man von ausländischen Weinjournalisten eine so starke Differenzierung erwarten kann. Rieslinge aus Franken, aus der Ortenau, aus dem Kraichgau, aus Württemberg oder gar von der Hessischen Bergstraße haben im Ausland eben null Bedeutung. Mal ehrlich, wir hier im Forum diskutieren doch die Rieslinge aus diesen Regionen auch so gut wie nie (eigentlich schade).Markus Vahlefeld hat geschrieben:Vor allem stimme ich ganz und gar nicht mit der Aussage über "German Riesling" überein.
Ein Riesling von der Mosel hat IMHO gefälligst anders zu schmecken als ein Riesling aus Baden. Und wenn wir die Gebiete zwischendrin nehmen - Nahe, Rheingau, Rheinhessen, Franken, Pfalz - dann gilt das für sie genauso.
What de f*** is German Riesling?
Mosel-, Rheingau, Nahe-, Rheinhessen-, Pfalz- und vielleicht auch noch Mittelrhein-Rieslinge haben eben eine ganz andere Bedeutung, bei uns wie im Ausland. Und in kurzen Beiträgen wie der Rede von Tom Scott kann man eben nicht so stark auf die Unterschiede eingehen. Das sagt Tom Scott ja auch selber in der letzten Fußnote seiner Rede.
Zu Rheinhessen (mit Einschränkung vielleicht für die Rheinfront), Franken und der Pfalz möchte ich dir zustimmen. An der Nahe und im Rheingau werden aus meiner Sicht auch wirklich viele schöne Kabinette und Spätlesen erzeugt - aber das sagst du ja letztlich auch.Markus Vahlefeld hat geschrieben:Die Stärke der "Mittelregionen" - Nahe, Rheingau, Rheinhessen, Franken, Pfalz - liegt definitiv im trockenen Bereich. Nur ganz selten kommen fruchtige Weine allerhöchster Güte aus diesen Regionen, wobei ich die Nahe und den Rheingau so als Zwitteranbaugebiete betrachte und sich meine Behauptung auch schon wieder relativiert.
Auch ich bin übrigens von der potenziell und oft tatsächlich grandiosen Qualität des echt trockenen Rieslings mit unfruchtigen Aromen überzeugt - als eine Stilrichtung von mehreren. Ich glaube, die Existenzberechtigung und Größe dieser Stilrichtung bemängeln auch die englischen und amerikanischen Journalisten nicht.
Durch die in der Breite der Bevölkerung nicht nur von mir, sondern auch von ganz vielen anderen hier, festgestellten generellen Skepsis vieler Leute gegenüber restsüßen Rieslingen sinkt aber m.E. die Flexibilität der Winzer. Wenn restsüße Weine wie Blei in den Regalen von Händlern und vielleicht auch im Weingut liegen bleiben, hat der Winzer/die Winzerin ja nur drei Möglichkeiten: er/sie versucht, verstärkt in den Export zu gehen, er/sie leistet Überzeugungsarbeit im Inland (wahrscheinlich ein sehr mühsames Unterfangen) oder - und das dürfte der am wenigsten aufwändige Weg sein - er/sie baut die Weine zunehmend trocken bzw. gesetzlich trocken aus.
Der letztgenannte Weg kann, muss aber nicht, der beste Weg sein, um den Boden, das Klima und den Jahrgang überzeugend in die Flasche zu transportieren. Mir ist z.B. durchaus positiv aufgefallen, dass ich in einigen Jahrgangsbriefen in 2010 deutlich weniger trockene Weine gesehen habe als im letzten Jahr. Wenn ein Jahrgang (wie in 2010 wegen der hohen Säure) Restsüße gut gebrauchen kann, finde ich es nicht nur legitim, sondern auch unterstützenswert, wenn die Winzer die Flexibilität haben, mehr restsüße oder halbtrockene Weine anzubieten, ohne dass die Kunden gleich streiken. Wenn man hingegen wegen einer Trocken-Manie restsüße und halbtrockene Weine nicht los würde, müsste der Winzer/die Winzerin seine/ihre Weine in ein Korsett pressen, dass ihnen lagen- oder jahrgangsbedingt vielleicht manchmal zu eng ist und deshalb zwickt.
Ich persönlich trinke übrigens auch mehr trockene als restsüße Rieslinge (vielleicht 2/3 zu 1/3 oder sogar 3/4 zu 1/4). Aber wenn ich z.B. auf Kabinette und Spätlesen von der Nahe oder aus dem Rheingau verzichten müsste oder nicht die Auswahl hätte, die ich heute habe (ich finde die Auswahl sehr gut), wäre ich schon etwas betrübt.