Kurz vorweg: als Österreicher ist es nicht einfach, an deutsche Rieslinge zu kommen, wenn man nicht gerade in Deutschland unterwegs ist. Hierzulande gibt es nur eine sehr geringe Auswahl, bessere Weinhändler haben meistens gerade einen oder zwei Produzenten im Programme mit jeweils vielleicht zwei oder drei Weinen.
Beim Treffen in Bodenheim hatte ich daher Gelegenheit, eine durchaus ansehliche Zahl von Rieslingen der Weingüter Kühling-Gillot, Battenfeld-Spanier und Wagner-Stempel zu probieren, überwiegend trocken ausgebaut. Die Weine haben mir sehr gut gefallen, mir ist aber etwas aufgefallen, für das ich bisher keine Erklärung habe:
Auch die höherwertigen (-preisigen) Weine, also insbesondere die GGs, scheinen einen viel schnelleren Reifeverlauf zu nehmen als ich es von österreichischen Rieslingen gewohnt bin. Besonders die GGs aus 2007 wirkten für mich schon deutlich gereift, während vergleichbare Wachauer Smaragde für mich noch viel jugendlicher wirken. Dabei gilt - wenn ich mich jetzt nicht irre - 2007 doch als sehr gutes Jahr in Deutschland, oder?
War das einfach Zufall oder hängt das mit der Stilistik oder anderen Faktoren zusammen?
Grüße,
Gerald
Reifeverlauf trockener Rieslinge
- Charlie
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Ich fürche es gibt dazu eine böse Antwort die die Wahrheit mindestens zum Teil trifft: dieser Weinstil ist neu und deshalb kann man kaum belastbare Aussagen treffen.
In der Praxis ist das Reifeverhalten trockener, deutscher Rieslinge ziemlich unberechenbar.
In der Praxis ist das Reifeverhalten trockener, deutscher Rieslinge ziemlich unberechenbar.
Charlie
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- Markus Vahlefeld
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Naja, ich würde das anders sehen.
Es gibt etliche Weine, die auch nach einem Jahrzehnt noch wunderbar zu trinken sind. Gerade viele Exemplare der 2001er und 2002er, wo bereits in der Breite trocken ausgebaut wurde, beweisen das. Ob das Reifeverhalten anders ist als das der Österreicher, kann ich aber wegen fehlender Kenntnis der Österreicher nicht sagen. Wir hatten vor 2 Jahren mal eine Probe mit gereiften Rieslingen und da schnitten die Deutschen nicht schlechter ab als die Österreicher. Ist aber natürlich nur ein kleiner Ausschnitt.
Vor allem heiße Jahre wie 2007 in D oder 2006 in Ö haben natürlich einen sehr eigenen Reifeverlauf, der in der Tat neu ist. Die letzte Probe mit 2007ern liegt inzwischen auch ein Jahr zurück, aber da präsentierten sich die Rieslinge in guter Form.
Aber ob das Gerald hilft?
Es gibt etliche Weine, die auch nach einem Jahrzehnt noch wunderbar zu trinken sind. Gerade viele Exemplare der 2001er und 2002er, wo bereits in der Breite trocken ausgebaut wurde, beweisen das. Ob das Reifeverhalten anders ist als das der Österreicher, kann ich aber wegen fehlender Kenntnis der Österreicher nicht sagen. Wir hatten vor 2 Jahren mal eine Probe mit gereiften Rieslingen und da schnitten die Deutschen nicht schlechter ab als die Österreicher. Ist aber natürlich nur ein kleiner Ausschnitt.
Vor allem heiße Jahre wie 2007 in D oder 2006 in Ö haben natürlich einen sehr eigenen Reifeverlauf, der in der Tat neu ist. Die letzte Probe mit 2007ern liegt inzwischen auch ein Jahr zurück, aber da präsentierten sich die Rieslinge in guter Form.
Aber ob das Gerald hilft?
- Charlie
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Genau, etliche sind überraschend gut in Form, andere sind überraschend müde. Für mich zumindest ist es unvorhersehbar. Ob es bei den Österreichern allgemein zuverlässiger verläuft oder überhaupt besser, kann ich auch nicht sagen.Markus Vahlefeld hat geschrieben: Es gibt etliche Weine, die auch nach einem Jahrzehnt noch wunderbar zu trinken sind.
Die Frage wäre jetzt konkret ob jemand unlängst eine größere Anzahl 2007er GG oder ähnliche probiert hat.
Charlie
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Charlie,
ich hatte es vor einiger Zeit auch schon an anderer Stelle geschrieben und wurde dafür ziemlich beschimpft: mit etlichen 2007ern stimmt etwas nicht; die altern einfach rasend schnell. Viele sind für meinen Geschmack bereits über die Wupper, und das betrifft interessanterweise in diesem Jahrgang nicht nur die trockenen Rieslinge, sondern auch etliche restsüße, und das auch von einigen Erzeugern, die ansonsten sehr langlebige Weine produzieren. Andere wiederum stehen wie eine eins.
Ich kenne keinen jüngeren Jahrgang (außer den im trockenen Bereich ohnehin unglücklichen 2006er), bei dem so auffällig viele Weine so rapide abbauen wie beim 2007er. Warum das so ist? Keine Ahnung.
Gruß
Ulli
ich hatte es vor einiger Zeit auch schon an anderer Stelle geschrieben und wurde dafür ziemlich beschimpft: mit etlichen 2007ern stimmt etwas nicht; die altern einfach rasend schnell. Viele sind für meinen Geschmack bereits über die Wupper, und das betrifft interessanterweise in diesem Jahrgang nicht nur die trockenen Rieslinge, sondern auch etliche restsüße, und das auch von einigen Erzeugern, die ansonsten sehr langlebige Weine produzieren. Andere wiederum stehen wie eine eins.
Ich kenne keinen jüngeren Jahrgang (außer den im trockenen Bereich ohnehin unglücklichen 2006er), bei dem so auffällig viele Weine so rapide abbauen wie beim 2007er. Warum das so ist? Keine Ahnung.
Gruß
Ulli
Zuletzt geändert von UlliB am Mo 27. Jun 2011, 18:48, insgesamt 1-mal geändert.
- Charlie
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Hallo Ulli,
gibt es eine Schnittmenge mit den von Gerald probierten Weine?
Gruss, Charlie
gibt es eine Schnittmenge mit den von Gerald probierten Weine?
Gruss, Charlie
Charlie
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Hallo Charlie,
nein. Bei mir waren es Pfälzer, Rheingauer, und MSR.
Gruß
Ulli
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Gruß
Ulli
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Hallo Ulli,
Gerald, ich neige mit zunehmender Erfahrung immer mehr zu der ketzerischen Ansicht, dass die Gleichung "*höherwertiger* Wein = besonders lange Lebenskurve" beim deutschen Riesling nicht 1 zu 1 aufgeht. Zu oft habe ich schlanke, böse gesagt "dünne" trockene Kabinette und Spätlesen aus den 90ern, die noch sehr lebendig wirkten und viel Trinkfreude boten, getrunken, zu oft auch schon körperreiche trockene Spätlesen und GGs aus dem letzten Jahrzehnt, die nur noch matt und schwerfällig dahinschlichen. Ich würde jetzt nicht den umgekehrten Schluss wagen und behaupten, dass schlanke, eher alkoholschwache Rieslinge im Regelfall besser reifen als die dicken Dinger, aber mir scheint es bei der Lagerfrage hauptsächlich auf ganz andere Parameter anzukommen als die schiere Kraft und Konzentration eines Rieslings.
Ein schwaches Jahr war 2007 in Deutschland ganz sicher nicht. Dennoch wurde der Jahrgang für meine Begriffe tendenziell überschätzt. 07 war zwar nicht ganz so fett wie 05, aber trotzdem ging es eher in Richtung "des Guten zuviel". Die Stärke des deutschen Weißweins liegt nun mal nicht in überreifer Oechslepower ohne Ende. Deshalb halte ich 08 (!) und 09 im Vergleich zu 07 für die grundsätzlich erfreulicheren Jahrgänge.
Beste Grüße
Bernd
Zumindestens im M-S-R-Bereich (Pfälzer und Rheingauer aus 07 habe ich nicht gekauft) kann ich deine Eindrücke bislang nicht nachvollziehen, muss allerdings zugeben, dass ich in der letzten Zeit nicht viele 07er aufgezogen habe. Diejenigen, die geöffnet wurden, präsentierten sich aber überhaupt nicht müde - das gilt für diverse Rieslinge von Martin Müllen und Kajo Christoffel, und zwar nicht nur für die restsüßen Exemplare. Kajos Würzgarten-Spätlese trocken z.b. wirkt frisch wie der junge Morgen.Ich kenne keinen jüngeren Jahrgang (außer den im trockenen Bereich ohnehin unglücklichen 2006er), bei dem so auffällig viele Weine so rapide abbauen wie beim 2007er.
Auch die höherwertigen (-preisigen) Weine, also insbesondere die GGs, scheinen einen viel schnelleren Reifeverlauf zu nehmen als ich es von österreichischen Rieslingen gewohnt bin.
Gerald, ich neige mit zunehmender Erfahrung immer mehr zu der ketzerischen Ansicht, dass die Gleichung "*höherwertiger* Wein = besonders lange Lebenskurve" beim deutschen Riesling nicht 1 zu 1 aufgeht. Zu oft habe ich schlanke, böse gesagt "dünne" trockene Kabinette und Spätlesen aus den 90ern, die noch sehr lebendig wirkten und viel Trinkfreude boten, getrunken, zu oft auch schon körperreiche trockene Spätlesen und GGs aus dem letzten Jahrzehnt, die nur noch matt und schwerfällig dahinschlichen. Ich würde jetzt nicht den umgekehrten Schluss wagen und behaupten, dass schlanke, eher alkoholschwache Rieslinge im Regelfall besser reifen als die dicken Dinger, aber mir scheint es bei der Lagerfrage hauptsächlich auf ganz andere Parameter anzukommen als die schiere Kraft und Konzentration eines Rieslings.
Dabei gilt - wenn ich mich jetzt nicht irre - 2007 doch als sehr gutes Jahr in Deutschland, oder?
Ein schwaches Jahr war 2007 in Deutschland ganz sicher nicht. Dennoch wurde der Jahrgang für meine Begriffe tendenziell überschätzt. 07 war zwar nicht ganz so fett wie 05, aber trotzdem ging es eher in Richtung "des Guten zuviel". Die Stärke des deutschen Weißweins liegt nun mal nicht in überreifer Oechslepower ohne Ende. Deshalb halte ich 08 (!) und 09 im Vergleich zu 07 für die grundsätzlich erfreulicheren Jahrgänge.
Beste Grüße
Bernd
Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Hallo Bernd,Bernd Schulz hat geschrieben: Diejenigen, die geöffnet wurden, präsentierten sich aber überhaupt nicht müde - das gilt für diverse Rieslinge von Martin Müllen und Kajo Christoffel, und zwar nicht nur für die restsüßen Exemplare. Kajos Würzgarten-Spätlese trocken z.b. wirkt frisch wie der junge Morgen.
von denen war's auch keiner. Auch mehrere Weine von Fritz Haag und JJ Prüm präsentierten sich kürzlich wie zu erwarten, d.h. als zu jung. Aber wenn Du bei MSR bleiben willst: betroffen sind z.B. Karlsmühle (bislang alles, was ich im Glas hatte), Grünhaus (nicht alles, aber einiges), und auch Loch / Herrenberg. Die Weine, die es erwischt hat, erkennt man übrigens mit bloßem Auge an ihrer altersgemäß untypischen dunklen Farbe.
Gruß
Ulli
- Gerald
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Re: Reifeverlauf trockener Rieslinge
Hallo,
aha, das könnte also konkret mit den Jahrgängen 2007 (und 2006) zusammenhängen? Denn sonst fällt mir keine sinnvolle Erklärung ein, warum stilistisch einigermaßen vergleichbare Weine aus ein und derselben Rebsorte, die nur ein paar hundert Kilometer entfernt angepflanzt sind, so unterschiedlich reifen sollten.
Höchstens dass es irgendwie an der Kellertechnik liegt (Mengen und Zeitpunkte der Schwefelung etc.)? Denn die probierten rheinhessischen Rieslinge sind mir auch in der Frucht deutlich intensiver als die meisten Wachauer vorgekommen.
Positives Beispiel ist die Domäne Wachau, negativ fallen mir da einige der "Topstars" ein (Namen muss ich nicht nennen).
Jetzt, wo die meisten Weingüter die Federspiele verschrauben, die Smaragde aber nach wie vor mit NK verschließen, könnte sich die Situation paradoxerweise sogar noch umkehren - dass die Federspiele also wesentlich länger halten als die teureren Smaragde
So gesehen halte ich die Qualitätsrangordnung à la VDP (also nach Lagen) schon sinnvoller als die - letztendlich nichtssagende - Reihung nach Mostgewicht wie in der Wachau. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema ...
Grüße,
Gerald
aha, das könnte also konkret mit den Jahrgängen 2007 (und 2006) zusammenhängen? Denn sonst fällt mir keine sinnvolle Erklärung ein, warum stilistisch einigermaßen vergleichbare Weine aus ein und derselben Rebsorte, die nur ein paar hundert Kilometer entfernt angepflanzt sind, so unterschiedlich reifen sollten.
Höchstens dass es irgendwie an der Kellertechnik liegt (Mengen und Zeitpunkte der Schwefelung etc.)? Denn die probierten rheinhessischen Rieslinge sind mir auch in der Frucht deutlich intensiver als die meisten Wachauer vorgekommen.
Bernd, da muss ich dir eindeutig zustimmen. Auch in der Wachau reifen - anders als "offiziell" immer behauptet - die Federspiele nach meinen bescheidenen Erfahrungen kaum schlechter als die viel teureren Smaragde. Ganz besonders, wenn das Weingut die Federspiele auch als vollwertige Weine betrachtet und nicht nur als "cash cow", für die man sich keine besondere Mühe geben mussIch würde jetzt nicht den umgekehrten Schluss wagen und behaupten, dass schlanke, eher alkoholschwache Rieslinge im Regelfall besser reifen als die dicken Dinger, aber mir scheint es bei der Lagerfrage hauptsächlich auf ganz andere Parameter anzukommen als die schiere Kraft und Konzentration eines Rieslings.

Jetzt, wo die meisten Weingüter die Federspiele verschrauben, die Smaragde aber nach wie vor mit NK verschließen, könnte sich die Situation paradoxerweise sogar noch umkehren - dass die Federspiele also wesentlich länger halten als die teureren Smaragde

So gesehen halte ich die Qualitätsrangordnung à la VDP (also nach Lagen) schon sinnvoller als die - letztendlich nichtssagende - Reihung nach Mostgewicht wie in der Wachau. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema ...
Grüße,
Gerald