BORDEAUX 2012

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 5073
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

La Petite Eglise 2012 (Pomerol) 14%Vol. Der Zweitwein von L'Eglise Clinet.

Als ich vor vier Jahrzehnten von einem Kollegen mit dem Bordeaux-Virus infiziert wurde, waren Zweitweine mit sehr wenigen Ausnahmen das, was der Name andeutet: zweitklassig. Manchmal auch nur drittklassig. Das soll sich nach Meinung der Profis inzwischen gründlich geändert haben, aber wie das mit Vorurteilen so ist: die sind hartnäckig, und ich bin seitdem misstrauisch geblieben.

Hier wäre allerdings kein Misstrauen angebracht gewesen. Dunkles Rot ohne Violett- oder Purpurtöne, schmaler Rand ziegelfarben, erkennbar etwas gereift. Völlig offen, Merlot-betont, dunkelfruchtig, Pflaume - aber frisch und nicht getrocknet oder gebacken, seidig feines Tannin, trotz 14% nur mittelgewichtig, der Alkohol aber völlig eingebunden. Passende Säure, wenig Holz, "trinkig".

Jetzt voll da, und wird auch noch ein Weilchen halten, aber nicht mehr besser werden. Gelungen, und macht neugierig auf den Erstwein. Schade, dass der so teuer ist.

Gruß
Ulli
TroisLacs
Beiträge: 123
Registriert: So 11. Mai 2025, 09:17
Wohnort: Lyss

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von TroisLacs »

UlliB hat geschrieben: Fr 7. Nov 2025, 11:54 La Petite Eglise 2012 (Pomerol) 14%Vol. Der Zweitwein von L'Eglise Clinet.

Hier wäre allerdings kein Misstrauen angebracht gewesen.
Hui, da freu ich mich gleich 😃 und das bei einem 2012-er.
Hab einige 2020-er im Keller und 2023 subskribiert.
Gruss, Sascha

„Riesling geht immer“!
Ollie
Beiträge: 2316
Registriert: Mo 6. Jun 2011, 12:54

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von Ollie »

Ja, die Petite Eglise ist eigentlich immer recht gut gelungen. (2014 ist auch sehr gut.) Den 2012er gab's vor einigen Wochen auch bei uns, aber leider war ich postcovidär noch völlig geruchsblind (es sollte ein Testwein sein). Mir wurde aber glaubhaft :mrgreen: versichert, daß der Wein so ist, wie UlliB ihn beschrieben hat, besonders die Pflaume war wohl sehr deutlich. (Auch aus meiner Erinnerung an andere Flaschen ist das so.) Übrigens ist der 2012er schon seit einigen Jahren in dieser Form, zumindest aus meinem Keller.

Den Erstwein kenne ich natürlich nicht, aber wenn ich mich richtig erinnere, ist die Petite Eglise von einem anderen, sandigeren Areal als die Eglise Clinet. Also eigentlich ein "zweiter Wein".

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 5073
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

Kurznotizen zu einer 2012er Probe vor einigen Tagen, drei Weine vom rechten Ufer, drei vom linken:

Beau-Séjour Bécot klar Merlot-betont, weich, entwickelt, gut zu trinken, aber keine großen Reserven mehr.

Beauséjour (Duffau-Lagarrosse) interessanterweise völlig anders als der Nachbar, die Farbe viel dunkler, mehr Tannin, mehr Säure, primärfruchtig (!), wirkt viel jünger, als er tatsächlich ist. Neben der Frucht eine irritierende, scharfe, krautige, fast metallische Note. Dürfte noch lange halten, aber was daraus mal wird?

Vieux Chateau Certan den beiden Vorgängern in jeder Hinsicht klar überlegen - tiefgründiger, harmonischer, ruht in sich. Keine Eile, der wird eher noch zulegen.

Léoville Barton farblich schon erkennbar gereift, breite Randaufhellung ohne Brauntöne, Cabernet-betont, schön, jetzt vermutlich auf dem Punkt, wird sich da noch eine Weile halten.

Léoville Las Cases viel dunkler als der LB, fester, komplexer, tiefer, erst am Anfang der Trinkreife. Erstklassig.

Rauzan Ségla eine ziemliche Überraschung - kommt qualitativ fast an LLC heran, etwas weniger fest, etwas floral-verspielter, aber insgesamt auch stilistisch schon sehr nahe dran. Ebenfalls für die lange Strecke.

WOTN war unbestritten LLC, hinsichtlich Platz 2 war die Runde geteilt: VCC oder Rauzan Ségla. Von "mäßigem Jahrgang" war da nichts zu merken. Léo Barton und BSB recht weit entwickelt, was schon eher der verbreiteten Meinung entspricht, dass die 12er nicht für die lange Lagerung geeignet sind. Und Beauséjour HDL ist rätselhaft.

Gruß
Ulli
Benutzeravatar
AixWine
Beiträge: 84
Registriert: Do 9. Dez 2010, 16:28

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von AixWine »

Beauséjour (Duffau-Lagarrosse) interessanterweise völlig anders als der Nachbar, die Farbe viel dunkler, mehr Tannin, mehr Säure, primärfruchtig (!), wirkt viel jünger, als er tatsächlich ist. Neben der Frucht eine irritierende, scharfe, krautige, fast metallische Note. Dürfte noch lange halten, aber was daraus mal wird?
Das mit der krautig-metallischen Note habe ich schon einige Male erlebt - beim 2012er Beausejour DL zweimal, aber auch bei einigen anderen Weinen. Es waren immer nominell hochwertige Weine vom rechten Ufer. Anscheinend ist auch die Empfindlichkeit für diese Note sehr unterschiedlich ausgeprägt, denn das Spektrum am Tisch reichte von "doch eigentlich in Ordnung" bis "abstossend und untrinkbar". Ich selbst bin da leider sehr empflindlich. Ich habe keine Ahnung, was das für eine Geschmacksnote ist, was sie verursacht, und ob sie mit weiterer Lagerung verschwindet.

Viele Grüsse,

Erik
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 5073
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von UlliB »

AixWine hat geschrieben: Di 25. Nov 2025, 22:13 Das mit der krautig-metallischen Note habe ich schon einige Male erlebt - beim 2012er Beausejour DL zweimal, aber auch bei einigen anderen Weinen. Es waren immer nominell hochwertige Weine vom rechten Ufer.
Interessant. Für mich war es eine Erstbegenung, was auch damit zusammenhängen kann, dass ich viel mehr Weine vom linken Ufer trinke als vom rechten.
Anscheinend ist auch die Empfindlichkeit für diese Note sehr unterschiedlich ausgeprägt, denn das Spektrum am Tisch reichte von "doch eigentlich in Ordnung" bis "abstossend und untrinkbar".
Als "untrinkbar" hat keiner den Wein empfunden. Aber alle fünf Mittrinker waren sich einig, dass da etwas nicht stimmt.
Ich habe keine Ahnung, was das für eine Geschmacksnote ist, was sie verursacht, und ob sie mit weiterer Lagerung verschwindet.
Ich bin nicht sehr optimistisch, was den Effekt einer weiteren Lagerung betrifft. Die 12er sind ja jetzt schon mehr als zehn Jahre in der Flasche, das sind keine Jungweine mehr.

Gruß
Ulli
pessac-léognan
Beiträge: 1023
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:57

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von pessac-léognan »

pessac-léognan hat geschrieben: So 3. Mär 2024, 17:55 Château Grand-Puy-Lacoste Pauillac GCC 2012 13.5% ABV
(76% CS / 24% M)
Am besten P&P bei 15°C, behält aber sein Niveau auch mit Erwärmung (bis 18/19°) und mit längerer Luftzufuhr bei.
Farbe: tiefdunkles Purpur, (fast) ohne Alterstöne
Nase: feinduftig mit Cassis, réglisse, Kirschen und auch etwas Pflaume
Gaumen: auch wieder Cassis, etwas Heidelbeere, dann Kirschen. Dezent Zedernholz mit einer leichten Note von grünem Wacholder, Graphit, das nach einem kurzen Aufbäumen von sehr jugendlicher Säure in einen recht langen Abgang der erfrischend steinigen Art trägt, in dem dann auch leise rote Johannisbeeren zum Vorschein kommen.
Dieser Pauillac aus einem eher bescheidenen Bdx-Jahr trinkt sich gerade jetzt sehr gut, wirkt frisch, zeitweise fast noch jugendlich und für einen Pauillac eher filigran, aber sehr nuancenreich. Tabak fehlt fast völlig, was ich aber bei diesem Wein überhaupt nicht als Manko verstehe.
Hält (bei guter Lagerung) das jetzige Niveau wohl noch 5-7 Jahre, dass er noch deutlich zulegt, glaube ich jedoch kaum.
(93 Punkte; bin gespannt auf den 14er)
Das war meine Notiz zu dem Wein vom 3. März 2024. 5 Tage später habe ich notiert, dass das letzte Glas das beste war und nahe an 94 Punkte heran reichte...
Und nun, 1 3/4 Jahre später, habe ich die zweite (und letzte) Flasche geöffnet, damit er am 24. Dezember glänzen würde.
Aber es kam anders: Bereits das Testglas zeigte, dass der GPL 2012 gerade jetzt (wohl) auf seinem Höhepunkt ist und nicht mehr Tage braucht, um sich zu steigern. Also haben wir uns entschieden, die Hälfte der Flasche bereits heute zu trinken.
Ein wunderbar abgerundeter Wein, bereits in der Nase ungemein feinduftig und am Gaumen eine wahre Freude. Durchaus noch mit Resten von Jugendlichkeit, aber die Säure auch direkt nach dem Öffnen nicht störend, sondern die Geschmacksnuancen nur gerade perfekt stützend, die Tannine noch ganz fein spürbar, genauso wie ich es mag. Die Beschreibung von März 2024 ansonsten nach wie vor gültig. Selbst meine Frau ist sehr angetan von diesem Wein aus einem eher bescheidenen Bdx-Jahr.
Leider ist das nun die letzte Flasche Bdx 2012, die mein Keller hergibt. Alle waren sehr gut bis großartig, besonders die Kiste DdC 2012. Nachdem hier die Testflasche aus 2014 (immerhin ein nominell höher gehandelter Jahrgang als 2012) vor ein paar Monaten bei weitem nicht mit DdC 2012 mithalten konnte, bin ich nun bezüglich GPL 2014 etwas zögerlich. Während 2012, jedenfalls sämtliche Flaschen, die ich hatte, überhaupt keinen Verschluss zeigte (Adrian vV würde sagen, dass die Weine "in jeder Phase ihres [kurzen] Lebens Freude bereiten" - was ich jeweils im Voraus mit einer gewissen Skepsis lese), scheinen fast alle 14er, die ich in letzter Zeit hatte, in einer (sehr) unguten Phase zu stecken.
Gut. dass zu Weihnachten noch andere Jahrgänge verfügbar sind - allerdings: die eine Flasche Leoville Poyferré in meinem WKS lacht mich (nach den VKN auf CT) schon ziemlich an. Hatte jemand den Wein unlängst im Glas?
Und ja: der GPL 2012 ist mir am ersten Tag 94(-95) wert, für den Jahrgang grandios. Auf die satte 95 fehlt m.E. einzig eine Spur mehr Power. Die wäre aber wahrscheinlich in 2012 nur um den Preis einer Überextraktion möglich gewesen, was dann wohl auf Kosten eben der Vorteile dieses feinen, fast femininen GPL gegangen wäre, die mir den Wein so zusagen lassen...
pessac-léognan
Beiträge: 1023
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:57

Re: BORDEAUX 2012

Beitrag von pessac-léognan »

pessac-léognan hat geschrieben: Mo 22. Dez 2025, 17:48
pessac-léognan hat geschrieben: So 3. Mär 2024, 17:55 Château Grand-Puy-Lacoste Pauillac GCC 2012 13.5% ABV
(76% CS / 24% M)
Am besten P&P bei 15°C, behält aber sein Niveau auch mit Erwärmung (bis 18/19°) und mit längerer Luftzufuhr bei.
Farbe: tiefdunkles Purpur, (fast) ohne Alterstöne
Nase: feinduftig mit Cassis, réglisse, Kirschen und auch etwas Pflaume
Gaumen: auch wieder Cassis, etwas Heidelbeere, dann Kirschen. Dezent Zedernholz mit einer leichten Note von grünem Wacholder, Graphit, das nach einem kurzen Aufbäumen von sehr jugendlicher Säure in einen recht langen Abgang der erfrischend steinigen Art trägt, in dem dann auch leise rote Johannisbeeren zum Vorschein kommen.
Dieser Pauillac aus einem eher bescheidenen Bdx-Jahr trinkt sich gerade jetzt sehr gut, wirkt frisch, zeitweise fast noch jugendlich und für einen Pauillac eher filigran, aber sehr nuancenreich. Tabak fehlt fast völlig, was ich aber bei diesem Wein überhaupt nicht als Manko verstehe.
Hält (bei guter Lagerung) das jetzige Niveau wohl noch 5-7 Jahre, dass er noch deutlich zulegt, glaube ich jedoch kaum.
(93 Punkte; bin gespannt auf den 14er)
Das war meine Notiz zu dem Wein vom 3. März 2024. 5 Tage später habe ich notiert, dass das letzte Glas das beste war und nahe an 94 Punkte heran reichte...
Und nun, 1 3/4 Jahre später, habe ich die zweite (und letzte) Flasche geöffnet, damit er am 24. Dezember glänzen würde.
Aber es kam anders: Bereits das Testglas zeigte, dass der GPL 2012 gerade jetzt (wohl) auf seinem Höhepunkt ist und nicht mehr Tage braucht, um sich zu steigern. Also haben wir uns entschieden, die Hälfte der Flasche bereits heute zu trinken.
Ein wunderbar abgerundeter Wein, bereits in der Nase ungemein feinduftig und am Gaumen eine wahre Freude. Durchaus noch mit Resten von Jugendlichkeit, aber die Säure auch direkt nach dem Öffnen nicht störend, sondern die Geschmacksnuancen nur gerade perfekt stützend, die Tannine noch ganz fein spürbar, genauso wie ich es mag. Die Beschreibung von März 2024 ansonsten nach wie vor gültig. Selbst meine Frau ist sehr angetan von diesem Wein aus einem eher bescheidenen Bdx-Jahr.
Leider ist das nun die letzte Flasche Bdx 2012, die mein Keller hergibt. Alle waren sehr gut bis großartig, besonders die Kiste DdC 2012. Nachdem hier die Testflasche aus 2014 (immerhin ein nominell höher gehandelter Jahrgang als 2012) vor ein paar Monaten bei weitem nicht mit DdC 2012 mithalten konnte, bin ich nun bezüglich GPL 2014 etwas zögerlich. Während 2012, jedenfalls sämtliche Flaschen, die ich hatte, überhaupt keinen Verschluss zeigte (Adrian vV würde sagen, dass die Weine "in jeder Phase ihres [kurzen] Lebens Freude bereiten" - was ich jeweils im Voraus mit einer gewissen Skepsis lese), scheinen fast alle 14er, die ich in letzter Zeit hatte, in einer (sehr) unguten Phase zu stecken.
Gut. dass zu Weihnachten noch andere Jahrgänge verfügbar sind - allerdings: die eine Flasche Leoville Poyferré 2014 in meinem WKS lacht mich (nach den VKN auf CT) schon ziemlich an. Hatte jemand den Wein unlängst im Glas?
Und ja: der GPL 2012 ist mir am ersten Tag 94(-95) wert, für den Jahrgang grandios. Auf die satte 95 fehlt m.E. einzig eine Spur mehr Power. Die wäre aber wahrscheinlich in 2012 nur um den Preis einer Überextraktion möglich gewesen, was dann wohl auf Kosten eben der Vorteile dieses feinen, fast femininen GPL gegangen wäre, die mir den Wein so zusagen lassen...
Antworten

Zurück zu „Bordeaux und Umgebung“