Hallo zusammen,
letzten Donnerstag lud der der hiesige Weinhändler Sebastian Schütz (Rotweissrose) zur Jahresendprobe ein. Trotz der Tatsache, dass sein Weinlager von einer dreisten Diebesbande im November leergeräumt wurde, reichte es doch noch zu einer würdigen Probe mit durchaus hochwertigen Weinen. Neben einigen Leckereien (u.a. Gänseleber und selbst gemachte Apfelkrapfen) und der üblichen Wurst- und Käseplatte waren folgende Weine am Start, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
Cuvee Vendemiaire Non Vintage Brut in der Magnum (Doyard, Vertus)
guter Einstieg in den Abend, Assemblage aus 3 Jahrgängen, 100% Chardonnay, Dosage 4gr.
feine Perlage, cremig, zartfruchtig, angenehm dosiert, perfekter Apero-Schampus.
Grande Cuvee Ed. 170 (Krug, Reims)
merklicher Qualitätssprung zum Vorgänger, Ausgangsjahr 2014, insgesamt 12 Jahrgänge und rund 180 Weinpartien wurden hier vermählt.
Wesentlich komplexer schon in der Nase, gereifte Aspekte, dennoch ein blutjunger Schampus, bei dem sich die vife Säure noch etwas integrieren muss, dennoch schon jetzt ein Hochgenuss, in 5-10 Jahren wahrscheinlich noch komplexer und feiner. Zu Recht einer der wirklich großen Champagner.
Zur Gänseleber mit zarter Kakaopanade gab es passenderweise den
1994er Vintage Port (Quinta do Noval)
Super Kombi! der Vintage, jetzt perfekt reif mit zarter Kirschnote, fängt dank zarter Gerbstoffe die Cremigkeit der Gänseleber auf und steuert Fruchtfrische bei.
Als nächstes ein Grand-Cru-Vergleich zweier gereifter Burgunder:
1973er Chambertin (Jaboulet-Vercherre, abgefüllt von Reidemeister & Ulrich)
erstaunlich jugendlicher Eindruck, zart aufhellendes Rubinrot, elegante Dunkelfrucht, feine Würze, keine Wuchtbrumme, voll auf Eleganz vinifiziert, saftige Säure, nur mittelgewichtig, aber dennoch voll auf der Höhe, mittellanger, duftiger Abgang. Eine echte Überraschung!
1967er Charmes-Chambertin (Bernard Grivelet)
leider etwas muffig in der Nase, vermutlich Korkeinfluss, am Gaumen etwas besser, zarte Joghurttöne, Erdbeere und Herzkirsche, leider auch im Abgang dieser Muffton. Schade, denn ansonsten war durchaus Leben und Substanz erschmeckbar.
Dann ein weiterer Klassiker aus Frankreich:
1996er Chateauneuf-du-Pape in der Magnum (Domaine du Pegau)
Hauptsächlich Grenache mit diversen Komplementärsorten.
Ch9s können trotz ihrer frühen Zugänglichkeit auch Langstreckenläufer sein, wie dieses 29 Jahre alte Exemplar aus der Magnum beweist.
Deutlich trübe, unfiltriert wirkende Farbe, sehr feine, komplexe Nase mit dunklen Früchten, Hauch Ätherik und zarter Altholzeinsatz, am Gaumen kraftvoll mit etwas Extraktsüsse, passende Säure, Alkohol bestens integriert, findet perfekt die Mitte zwischen Kraft und einiger Finesse, absolut auf der Höhe, langer Abgang. Toller, hochwertiger Wein, der deutlich weniger Alkohol als die heutigen Exemplare aufweist.
Nun ein Abstecher zu Down Under:
1995er Shiraz Mount Edelstone (Henschke)
das Alter ist an diesem Wein komplett vorübergegangen, fast noch primäre (!), glasklare Fruchtaromatik (Weichsel, Cassis, Brombeere) mit einem Hauch Ätherik (Eukalyptus, Kräuter), am Gaumen gehaltvoll, aber nicht überladen, stringente Dunkelaromatik, ganz stringente und klare Stilistik, wiederum dunkle Früchte und kräutrige Ätherik, ganz hintergründiger Holzeinsatz, trotz des verräterischen Hauch Eukalyptus würde man diesen Wein aufgrund seiner Klarheit und Eleganz eher in der "alten" Welt verorten. Sicherlich eine Benchmark für hochwertige Aussie-Shiraz.
Jetzt folgen zwei gereifte Kalifornier:
1997er Cabernet Napa Valley (Philip Togni)
klassische, lupenreine Cabernet-Frucht mit Cassis, Brombeere, etwas Tabak und einem Hauch Kräuter. Am Gaumen noch sehr lebendig, gute Fruchtdichte, zarter Holzeinsatz,elegant und gleichzeitig konzentriert. Gute Länge. Kein Wunder, dass die Premium-Napas aus den 80er und 90er in einigen Vergleichsproben sogar ihre Vorbilder aus Bordeaux übertrumpfen konnten.
1986er Cabernet "Hill Side Select" (Shafer Vineyards)
mit diesem Wein hatten wir leider etwas Pech, da hier die Oxidation schon merklich war. Dahinter konnte man schon die potentielle Klasse dieses Weines erahnen. Leider daher ein Fall für den Ausguss !
Nun zweimal gereifter Bordeaux vom Feinsten:
1986er Chateau Lynch-Bages 5e Grand Cru Classe Pauillac
perfekt gereifter, cabernetbetonter Klassiker, klassische, kühle Nase mit Cassis, Kirsche, Brombeere, Leder, Graphit und einem Hauch grüne Paprika, saftige Säure, fast abgeschmolzenes Tannin, mittelgewichtig, jetzt in einem wunderbaren Trinkfenster, kein Gramm zuviel Fett, gute retronasale Länge. Für Liebhaber klassischer old-school-Bordeaux ein wunderbarer Wein.
1995er Chateau Mouton-Rothschild 1er Grand Cru Classe
Sehr frappant der Unterschied zum Vorgänger, deutlich ausgereifter und extraktreicher, trotzdem kein Schwergewicht und absolut nichts Marmeladiges, trotz 30 Jahren ist der Wein fast noch in der Jugendphase, sehr elegante Rotfrucht, der typische Mouton-Holzeinsatz mit Mokka-Tönchen, am Gaumen extraktreich, perfekte Säure, feine, tiefe Rotfrucht, noch Resttannin, aber schon größtenteils geglättet, trinkt sich jetzt schon sehr gut, dürfte aber bei guter Lagerung in den nächsten 10 oder 15 Jahren sicherlich noch zulegen. Sehr hochwertiger Bordeaux zwischen Klassik und Moderne. Top!
Danach hatten wir wieder einmal Pech mit dem folgenden Wein aus der Magnum (!):
2008er Pinot Noir (Franz Haas)
Leider war der Wein ziemlich oxidiert, schon erstaunlich für einen nicht extrem alten Wein aus der Magnum. Daher nicht zu bewerten.
Zum Abschluss gab es noch zwei restsüsse Pretiosen aus Deutschland:
1970er Hattenheimer Nussbrunnen Riesling "Cabinet" (Langwerth von Simmern)
sensationeller Zustand für einen 55 Jahre alten Riesling: feine Gelbfrucht, ein angenehmer Hauch Jod, ungeheuer saftig und trinkig, der sicherlich reichlich vorhandene Zucker ist fast nicht mehr schmeckbar, rundet diesen Wein aber cremig ab, besser wird er natürlich nicht mehr, aber er präsentiert sich auch heute noch in einer Top-Verfassung. Aromatisch sehr lang.
1975er Erdener Prälat Riesling Auslese *** (Jos. Christoffel jun.)
der leider verstorbene Kajo Christoffel gilt zu Recht als einer der Granden für klassische Moselrieslinge. Und der 1975er liefert hier voll ab: Sensationelle,komplexe Nase mit zarter Gelbfrucht, sehr klar und fein, perfekte Bortrytis, die vermutlich 70 oder 80 Gramm Restzucker sind eigentlich nur zu erahnen und runden dieses extraktreiche Leichtgewicht harmonisch ab. Grosses Mosel-Kino und ein absolut zeitloses Riesling-Monument !
Wiederum eine sehr gelungene Weinprobe mit angenehmen Mitstreitern, so dass die wenigen Ausfälle nicht ins Gewicht fielen.
Über die ebenfalls bereits stattgefundene deutsche Premium-Weinprobe mit Piraten werde ich demnächst noch berichten.
LG
Bodo
Jahresendprobe bei Rotweissrose in Würzburg
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