Weingut Ziereisen

amateur des vins
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von amateur des vins »

Soso, Du meinst also, ich sollte mich doch mal mit Ziereisen befassen, jedenfalls testhalber... :ugeek:

Irgendwie trägt Ziereisen bei mir ein Stigma, und zwar seit der Potsdamer Chardonnay-Probe. Scheint an der Zeit, das zu hinterfragen.
Besten Gruß, Karsten
Nora
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von Nora »

Es wäre doch schade, wenn man sich so schöne Weine wie den Syrah Jaspis wegen eines weniger erfolgreichen Chardonnays aus 2014 entgehen ließe. :)
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EThC
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von EThC »

...was auch immer mit dem 14er Hard gewesen sein mag, Ende letzten Jahres konnte man bei Weinfurore im Beisein des Winzerehepaars gut ein Dutzend Ziereisen-Weine von klein bis groß probieren, da war nichts dabei, das auch nur annähernd parfümiert wirkte. Und wie's Miss Beelzebub so gefällt, hab ich erst vor ein paar Tagen einen 20er Chardo "Nägelin" zur alsbaldigen Vernichtung bereitgestellt, mal sehen, was da so passiert.
Übrigens war der Syrah einer der wenigen, die ich damals nicht eingesackt habe, objektiv zwar ein sehr guter Wein, aber irgendwie so gar nicht meine Baustelle...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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amateur des vins
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von amateur des vins »

Nora hat geschrieben: Mo 9. Jun 2025, 12:12 Es wäre doch schade, wenn man sich so schöne Weine wie den Syrah Jaspis wegen eines weniger erfolgreichen Chardonnays aus 2014 entgehen ließe. :)
Stimmt, aber irgendwo muß man ja mit der Selbstbeschränkung anfangen. Da ist jeder Strohhalm recht. :lol: ;)
Besten Gruß, Karsten
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EThC
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von EThC »

...nach eher überschaubarer Erfahrung mit dem Weingut wollte ich dennoch mal wissen, wie sich dessen Spitze so zeigt:

Bild
Viele Grüße
Erich

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Nora
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von Nora »

Nora hat geschrieben: Mo 9. Jun 2025, 10:32 Über das Wochenende hatte ich den

Ziereisen Syrah Jaspis 2017

im Glas. Ich bin hingerissen!

Umwerfende volle und lebendige Nase, floral und fruchtig nach reifen Kirschen, dann ein Potpourri aus Gewürzen und Kräutern, wie Pfeffer, Curry, Eukalyptus und Minze. Sehr schön!

Am Gaumen ist der Wein sehr dicht und dabei äußerst frisch. Hier gibt es zunächst einen Antrunk mit kühler Kirschfrucht. Die reife, aber lebendigen Säure durchzieht den Wein wie ein feiner Strahl. Dann kommen sehr dezent Kräuter und Gewürze. Ein Hauch, aber wirklich nur ein Hauch von feuchtem, frischem Waldboden ist zu bemerken. Die Tannine sind präsent, hierbei sehr feinkörnig und unterstützen den langen, pfeffrigen, leicht mineralischen Abgang.

Der Wein ist wunderbar kühl und animierend und doch dicht strukturiert. Überrascht hat mich die Abwesenheit jeglicher ruppigen Tannine oder Holznoten. Eher Côte-Rôtie denn Cornas.

Ein ganz toller Wein!

VG Nora
Da mich der 17er so fasziniert hat, ich nur eine Flasche hatte und dann ein gutes Angebot ins Haus flatterte, habe ich mir den besorgt:

Syrah Jaspis Däublin 2020

Dieser Wein ist deutlich anders.

Die Nase ist weniger floral, statt roter Kirschen gibt es eher dunkle Früchte, Brombeeren und Schwarzkirschen. Außerdem mehr Waldboden und abgehangenes Fleisch, was eher auf eine kräftigere Syrah-Stilistik hindeutet, alles vor einem pfeffrig-kräuterigen Hintergrund.

Am Gaumen wirkt dieser Wein deutlich reifer. Zunächst gibt es einen Antrunk mit viel dunkelbeeriger Frucht, dann deutlich pfeffrige und mineralische Noten. In der Mitte flacht der Wein etwas ab, bevor die reife, recht lebhafte Säure und die feinkörnigen Tannine den mittellangen Abgang dominieren.

Dieser Wein hat mich nicht so vereinnahmt wie der 17er. Der 17er war so lebendig und animierend, dass jeder Schluck Euphorie auslöste. Hier habe ich einen sehr guten Syrah im Glas.

VG Nora
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Re: Weingut Ziereisen

Beitrag von amateur des vins »

Liebe Nora,

nach Deiner euphorischen Notiz zum 2017er habe ich mir mal was von Ziereisen zur Reevaluierung besorgt. Aber bevor ich in's Detail gehe: Sehe ich das richtig, daß es einen "Jaspis Syrah" ohne "Däublin" nicht mehr gibt und es sich um dengleichen Wein mit nun zusätzlicher Bezeichnung handelt?

Wie dem auch sei, was ich mir besorgte, war zum einen

Ziereisen, Jaspis Würmlin 2022
         GB


Dieser Wein wirkt schon in der Flasche deutlich trüb. Im Glas zeigt er sich mitteldicht (und scheint etwas weniger trüb) und v.a. deutlich kupferfarben.
In der Nase superdicht und intensiv, aber ohne Schwere. Riecht leicht nach Maischestand und ziemlich speziell; ungewohnt, aber sauber. Mit der Beschreibung tue ich mich schwer, aber Lobenbergs finde ich hier extrem passend:
Lobenberg hat geschrieben:In der Nase dicht, erhaben, zu Beginn noch sehr kompakt und rauchig-reduktiv. Zurückgenommene Frucht, etwas Quitte, Aprikose, Orangenschale und Walnuss. Dazu auch würzig-kräutrige Noten von Salbei und etwas blondem Tabak. Hohe Aromenintensität, leichtes Toasting vom Holz, obwohl es kein Neuholz gibt. Am Gaumen so viel Dichte und Kraft aus diesen uralten Grauburgunder-Reben, ohne aber jemals fett zu werden. Die Säure ist präsent aber rebsortventypisch eher zurückhaltend, dafür definiert sich der Würmlin eher über ein feines Gerbstoffgerüst. Kumquat, feine Herbheit, auch wieder Salbei und Butter.
Ok, zu Tabak kann ich nix sagen, aber der Rest paßt. Am ersten Abend war ich schwerstbegeistert und erklärte den Wein zum heißen WOTY¹-Kandidaten. Diese Begeisterung ließ am zweiten und dritten Tag mit dem Einschleichen von zarten Noten naturtrüben Apfelsaftes geringfügig nach, aber ein sehr guter Wein blieb es allemal.


Und zum anderen hatte ich den

Ziereisen, Jaspis Däublin 2021
         Syrah


Die Robe ein helles Rubinrot, kaum blau und ebenfalls deutlich trüb.
Die halbe Mantelfläche des Korkenswar über die volle Länge benetzt, was in deutlichem Ruckeln und Quietschen beim Ziehen resultierte. Ich kann aber keinen Fehler erkennen.
Im Gegensatz zu Nora bei ihrem 2017er, assoziiere ich keinen Côte-Rôtie: Zwar ist es erkennbar Syrah und auch etwas würzig, aber nicht sehr und auch nicht pfeffrig o.ä., und auch "zu hell/rot". Gleiches gilt für den Blaufränkisch-Vergleich. Andererseits ist er für Burgunder zu würzig. Mit anderen Worten: schlicht eigenständig.
Am Gaumen prononçierte Säure, auch schlank, aber nicht hohl/karg (2021!). Kräuter und Röstnoten, in Maßen.
Ziemlich schön, besonders in anbetracht des schwiereigen Jahres, aber nicht annähernd so faszinierend wie der Würmlin.

Jedenfalls haben beide Weine so cviel Spaß gemacht, daß ich Ziereisen hiermit offiziell entstigmatisiere. :mrgreen:
Uneingeschränkt hervorhebenswert finde ich die große Eigenständigkeit, die beide zeigten.

__________
¹ Wine of the year = Wein des Jahres
Besten Gruß, Karsten
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