Bordeaux 2024

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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UlliB
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von UlliB »

Winedom hat geschrieben: Sa 26. Apr 2025, 19:30 1855er Weine. Exakt wie damals.
Na, also bitte. Mit den 1855 zur Verfügung stehenden Methoden der Weinbereitung hätte der Jahrgang 2024 bei Montrose vermutlich ein sehr trauriges Produkt ergeben, jedenfalls keinen Spitzenwein. Die Rebfläche mag die selbe sein, die Herstellmethoden haben aber nur noch am Rande etwas miteinander zu tun. Weinbereitung bei Betrieben wie Montrose ist hightech, da kommen heute Verfahren wie das densitrometrische und optoelektronische Sortieren zum Einsatz, die es noch vor 25 Jahren nicht gegeben hat, geschweige denn vor 170.

Und dass Montrose heute noch die Rebfläche in Besitz hat, mit der es 1855 klassifiziert wurde, ist im Médoc eher die Ausnahme. Da wurden in der Zeit seitdem Rebflächen hin- und her verkauft, manche Betriebe haben sich vergrößert, andere verkleinert, ein paar waren zwischendurch ganz verschwunden und wurden wiederbelebt. Es gibt klassifizierte Güter, denen heute kein einziger Quadratmeter von der Fläche gehört, mit der sie seinerzeit klassifiziert wurden. Die "Montrose-Option" scheidet für viele Betriebe einfach aus.

Gruß
Ulli
Ollie
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Ollie »

UlliB hat geschrieben: Sa 26. Apr 2025, 21:58 Die "Montrose-Option" scheidet für viele Betriebe einfach aus.
Ha ja. Das ist doch genau der Punkt. Verknappung durch simple Mengenreduktion würde der Markt kaum hinnehmen, sondern auf die Hektoliter eingelagerte (und absehbar noch nicht trinkreife) Jahrgänge ausweichen, und davon hat das Château nichts. (Daher ja auch das Narrativ der "provenance", das immer mehr einsickert, damit die Bestände der gebrauchten, gut erhaltenen Jahrgänge direkt ab Château abgeschmolzen werden können. Der Sekundärmarkt muss ausgetrocknet werden, bevor auf dem ehemaligen Sumpf die Stadt entstehen kann.)

Sind weiß Gott keine Amateure bei Bouygues.

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

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Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Matthias Hilse »

Ollie hat geschrieben: Sa 26. Apr 2025, 22:14 ...

Sind weiß Gott keine Amateure bei Bouygues.

Cheers,
Ollie
Hi Ollie,

im Metier dieser Befassung sind sie nach des Wortes Wurzel Amateure. Sie handeln aber so, dass Gott es auch nicht besser wüsste. Wäre das eine taugliche Variante? :)

Herzliche Grüße,
Matthias
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Matthias Hilse »

Pontet Canet polarisiert seit Jahren die Gemüter, zumindest die, die sich näher mit den Geschehnissen in Pauillac befassen.

Nachdem William Kelley, der bisherige Kronzeuge der Skepsis hinsichtlich der Verortung des Weins, mit der Verpflichtung von Thomas Duclos nun eher zum Wohlwollen neigt, erlaube ich mir, meine Verkostungsnotiz für den Jahrgang 2024 hier folgen zu lassen:

"Pontet Canet geht unbeirrt seinen Weg der solipsistischen Pauillac-Interpretation und weiß in diesem von mancher Unbill geprägten Jahrgang die gesamte Phalanx der Pauillac-Granden hinter sich. Nachdem die Familie Tesseron Thomas Duclos als beratenden Önologen verpflichten konnte, lenkt nun auch William Kelley ein und erkennt in dem zuvor verschmähten Wein endlich den Protopauillac...

Für Bordeaux ist es ein großer Glücksfall, dass nach der erfolgreichen Grundsteinlegung und dem Errichten eines soliden Fundaments nachhaltiger Prinzipien seitens Jean-Michel Comme nun auf Pontet Canet der Schwerpunkt gelegt wird auf die vertiefte Ausprägung der Frucht in ihrer Reinform.

So, als wäre der Pontet-Canet aus einem anderen Jahrgang, eingehüllt in stringent gefasste Opazität, mit einem Nasenkonzert von vorzüglichster aromatischer Aufwartung, prägt er am Gaumen eine beinahe unerhörte Balance und eine in der schönsten Form der Reife gefasste Frucht aus. Mit pulsierender Energie, einem in feinstem Extrakt aufblühenden Fruchtkern und einer Anmutung von charmanter Wärme zeigt dieser Vorzeigepauillac, in welch tänzelndes Spiel sich die Pauillac-Power sublimieren läßt.

Nein, dieser Pontet-Canet reicht in seiner märchenhaft filigranen Opulenz nicht an die Perfektion eines 2016er heran – führt aber vor, dass es jenseits eines absoluten Horizonts durchaus einen Zaubergarten sensorischer Intimität und des Niederkniens würdiger Verblüffung gibt.
"

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Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
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vanvelsen
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von vanvelsen »

Für eure Info, sämtliche Notizen sind nun Online.

https://vvwine.ch/archiv-notizen-ab-2021/


https://www.vinum.eu/ch/wein/weinsuche/ ... D=Bordeaux

Gruss, Adrian
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Winedom
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Winedom »

Super.
Vielen Dank Adrian!
Wird genau studiert.
Viele Grüße
Rainer


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diogenes
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von diogenes »

vanvelsen hat geschrieben: Di 29. Apr 2025, 12:50 Für eure Info, sämtliche Notizen sind nun Online.

https://vvwine.ch/archiv-notizen-ab-2021/


https://www.vinum.eu/ch/wein/weinsuche/ ... D=Bordeaux

Gruss, Adrian
Vielen Dank für die sehr differenzierten Verkostungsnotizen, in denen deine Jahrgangsbesten auch punktemässig adäquat abschneiden.
carpe vinum!
Fabian1855
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Fabian1855 »

Château Lafite-Rothschild für 399 €. Dürfte preislich das Niveau von 2013 sein. Bewertungen allerdings besser als seinerzeit (95 JA, 95 Falstaff).
Ollie
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Ollie »

Matthias Hilse hat geschrieben: So 27. Apr 2025, 11:28 Hi Ollie,

im Metier dieser Befassung sind sie nach des Wortes Wurzel Amateure. Sie handeln aber so, dass Gott es auch nicht besser wüsste. Wäre das eine taugliche Variante? :)

Herzliche Grüße,
Matthias
Hallo Matthias,

Nun, Ingenieure denken* bekanntlich, Gott sei einer der Ihren. :lol: Und die Bouygues bauen Montrose äußerst planvoll auf, bei aller Liebe zum Endprodukt völlig ohne falsche G'fühligkeit, das ist schon beeindruckend. -

Bei dubecq.com kann man schon einige Quarin-Wertungen sehen. Die Topweine drängen sich bislang bei 95, u.a. LCHB und Brane-Cantenac. Darüber nur sehr wenig 96 (u.a. Margaux), bislang eine 97. GPL und LéoP jeweils 94, LéoB und Lagrange 93. Palmer, Rauzan-Ségla und Durfort-Vivens noch o.W.

Weil BC absehbar der günstigste unter den Teuren sein wird, hier seine Notiz:
Jean-Marc Quarin hat geschrieben:Couleur sombre, pourpre et intense. Nez très aromatique, fin, fruité, subtil, pur et complexe. Un des plus raffinés du millésime. Nuances de cerise et de réglisse à l'agitation du verre. Corps minutieux dès l'entrée en bouche, se développant très aromatique au milieu, avec de la classe dans la texture et un port élancé qui fond, fond, puis se trame tout en douceur, long et subtil, avec beaucoup de goût et de noblesse. C'est incrachable. Avec son petit degré d'alcool de 12°6, ce vin fera un malheur sur les tables !
(Hervorhebung von mir, denn Spitzengastronomie - also zumindest die, die überleben wird - könnte in der Tat einen Bedarf an brillianten und früh trinkreifen Spitzen-BDX haben, denn Burgund läuft davon. Und 2024 wird liefern.)

Herzliche Grüße zurück,
Ollie

*Sie schauen halt in die Tabelle. :mrgreen:
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

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Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2024

Beitrag von Matthias Hilse »

Ollie hat geschrieben: Mi 30. Apr 2025, 11:25 ...
Weil BC absehbar der günstigste unter den Teuren sein wird, hier seine Notiz:
Jean-Marc Quarin hat geschrieben:Couleur sombre, pourpre et intense. Nez très aromatique, fin, fruité, subtil, pur et complexe. Un des plus raffinés du millésime. Nuances de cerise et de réglisse à l'agitation du verre. Corps minutieux dès l'entrée en bouche, se développant très aromatique au milieu, avec de la classe dans la texture et un port élancé qui fond, fond, puis se trame tout en douceur, long et subtil, avec beaucoup de goût et de noblesse. C'est incrachable. Avec son petit degré d'alcool de 12°6, ce vin fera un malheur sur les tables !
(Hervorhebung von mir, denn Spitzengastronomie - also zumindest die, die überleben wird - könnte in der Tat einen Bedarf an brillianten und früh trinkreifen Spitzen-BDX haben, denn Burgund läuft davon. Und 2024 wird liefern.)

Herzliche Grüße zurück,
Ollie

*Sie schauen halt in die Tabelle. :mrgreen:
Hallo Ollie,

die Fußnote passt für mich sehr gut zu Montrose; was die Bouygues dort machen, ist irgendwie von einem anderen * (sofern das einer ist).

Quarin's Bewertungen halte ich in ihrer Relationalität für dem Jahrgang für sehr angemessen. Und mit Brane Cantenac bin ich ziemlich d'accord. Der Wein ist (wie in den letzten Jahren bereits) hervorragend und zeigt, dass bei deutlich weniger Alkohol "nix fehlen" muss.

Bisher sind die "Opportunitäten" in dieser Kampagne leicht zu erkennen: während Lafite z.B. für mich ein "klarer Kauf" ist, sind sowohl der rote als auch der weiße Duhart Milon Fälle für die Arrivage, wenn man nicht die Skizze, sondern das Werk begutachten kann.

Angludet geht meist etwas unter, weil der Wein in Bordeaux in Exklusivität vertrieben wird. Der sonst so hohe Petit-Verdot-Anteil ist dieses Jahr zugungsten von Cabernet Sauvignon minimal, der Alkohol mit einer 12 vor dem Komma - und nun auch mit Demeter-Zertifikat. Sehr feiner, hedonistischer Stoff.

Herzliche Grüße,
Matthias
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