Médoc 2022

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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small talk
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Re: Médoc 2022

Beitrag von small talk »

Hallo TOM
mit dem 2022er hatte ich viel ‚Arbeit‘ bei der Vinifikation. Es ging mir darum ein das Potential, was sich in den Beeren bot, so gut wie möglich umzusetzen. Das war nicht einfach und die Gründe für die Entscheidungen sind beim Weinmachen nicht immer eindeutig, was schließlich dazu führt, dass Weine auf verschiedene Weise gemacht werden. Es sind nun mal auch natürliche Prozesse die ‚kultiviert‘ bzw. gesteuert werden wollen. Ins Barrique kam der 2022er Le Reysse dann auch erst im April 2023. Lassus und Clos du Moulin waren viel früher dran.
Alle 2022er haben sich im Barrique hervorragend entwickelt. Im Januar habe ich dann entschieden den Le Reysse noch bis mindestens November 2025 im Barrique zu lassen evtl. auch noch ein oder zwei Monate länger. Packen tut er das. Kürzlich habe ich ihn nochmal probiert und er wird nun ‚sanfter‘ - ich weiß nicht wie ich das anders ausdrücken soll.
Tatsächlich tun sich mit solchen außergewöhnlichen Jahrgängen ganz andere Herausforderungen auf. Als ich vor zwei Wochen mal mit einem hervorragenden Verkoster die Jahrgänge 2022 und 2023 bei Lassus und Clos du Moulin probiert habe, wurde klar, dass der 2023er sehr gut ist. Tolle lebendige Frucht, stabile Mitte und schöne Länge. Alles Gut! Alles was ein guter Wein braucht und gar nicht langweilig. Der 2022er hat aber alles zerlegt. Der ist einfach zu stark in Allem. Die Komplexität und die Konzentration sind ein Erlebnis für sich und das Finale ist ewig lang.
Sehr oft werden Weine ‚eingedickt‘ um Dichte zu bekommen. Dichte ohne Vielschichtigkeit/Komplexität ergibt Fülle und diesen ‚Blubb-Effekt‘ – mag ich persönlich nicht; wird aber von vielen Verkostern geschätzt. Der 2022er käme damit gar nicht klar.
Anmerkung, andere 2022er habe ich bisher kaum probiert. Seit Corona gibt es da weniger Austausch, das ist wie einen Bruch. Also bitte nicht verallgemeinern. Ich bin mir aber sicher, dass ein gelungener 2022er Bordeaux großartig sein wird.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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TOM
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Re: Médoc 2022

Beitrag von TOM »

Danke für die ausführliche Antwort. Bin gespannt, wie der 2022er wird.
Aus 2022 kenne ich bisher nur den Château Mangot, da haben wir im 2022er Thread drüber diskutiert. Wenn man sich allgemeine Diskussion über die 2022er aber ansieht, scheint es wohl so zu sein, dass der Jahrgang recht früh in einer schönen Fruchtphase zu genießen ist. Inwiefern sie sich die Weine entwickeln, wird man dann sehen.
Beim Le Reysse finde ich übrigens den 2020er in einer schönen Phase. Zumindest mir schmeckt er zurzeit sehr gut.
Man muss immer etwas haben, worauf man sich freut. (Eduard Mörike)
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small talk
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Re: Médoc 2022

Beitrag von small talk »

Vom Genuss-Stadium gefallen mir bei Le Reysse aktuell 2011, 2012, 2013 und neuerdings auch 2015 überraschend gut. Der 2020er ist noch in der Vor-Verschlussphase.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Lars Dragl
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Re: Médoc 2022

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo Stefan!

Vom 11er hatte ich in letzter Zeit zwei Fl. und er gefiel mir recht gut. Direkt nach dem Öffnen hatte er eine wunderschöne Nase, aber am Gaumen hinten hat es dann doch etwas gekratzt. Mit Luft hat die Nase zwar etwas an Tiefe eingebüßt, dafür war der Gerbstoff dann viel besser eingebunden. Für den schwierigen Jahrgang fand ich den Wein sehr gelungen, sehr gebietstypisch und sehr fair kalkuliert.

Kräftigen und eher maskulinen Wein trinke ich nicht mehr so häufig. Wenn mir allerdings danach ist, hat mich Le Reysse bisher noch nie enttäuscht.

Ich wünsche dir viel Erfolg weiterhin und mal wieder einen unkomplizierteren Jahrgang, der sich auch gut verkauft.

Herzliche Grüße

Lars
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Dominik Mueller
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Re: Médoc 2022

Beitrag von Dominik Mueller »

small talk hat geschrieben: So 27. Apr 2025, 18:24 Vom Genuss-Stadium gefallen mir bei Le Reysse aktuell 2011, 2012, 2013 und neuerdings auch 2015 überraschend gut. Der 2020er ist noch in der Vor-Verschlussphase.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Der 15er hat mir dieses Jahr auch gut gefallen. Ich habe ihn sodann im Restaurant meiner Familie auf die Karte gebracht und kann berichten, dass sowohl meine Familie als auch die Gäste begeistert sind. Für knapp unter 50 Euro kalkuliert, sagten Gäste schon, der Wein sei spitze und "müsste doch teurer sein". Das sind schöne Komplimente, hoffe ich. Ein sehr schöner Wein, danke dafür.
amateur des vins
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Re: Médoc 2022

Beitrag von amateur des vins »

Total off-topic hier, aber:
Soviel dazu, daß Bordeaux in der Gastronomie nicht (mehr) funktionieren würde...
(Jaja, anekdotische Evidenz und so.)
Besten Gruß, Karsten
TOM
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Re: Médoc 2022

Beitrag von TOM »

small talk hat geschrieben: So 27. Apr 2025, 18:24 ... Der 2020er ist noch in der Vor-Verschlussphase.
Ja, das passt. Hatte mir notiert, dass er seine kräftigen Tannine noch verdauen muss. Er hatte aber einen langen Nachhall, mit schönen Fruchtnoten, schwarzem Tee und angenehmer Frische. Wir habe das Öffnen der Flasche vor ein paar Wochen nicht bereut.
Man muss immer etwas haben, worauf man sich freut. (Eduard Mörike)
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