Nun kommt der jüngste Wein dieser Probe, eine Cuvee aus Cabernet Sauvignon und Petit Verdot ... und der präsentiert sich prächtig: sehr tiefe und dichte Nase, reife Brombeeren, Cassis, Kirschen, vermischt mit würzigen Holz- und Reifenoten, sehr spannend! Am Gaumen in Top-Verfassung: trocken mit reichlich Extrakt, auch hier kein Alkoholübermass, eher eine kühle Stilistik, der Wein hat aber viel Kraft, dichte Dunkelfrucht, eleganter Holzeinsatz,fast abgeschmolzenes Tannin, große Länge. Jetzt fast auf dem Höhepunkt, erinnert sehr stark an einen modernen Bordeaux. Große Klasse !
1994er Sassicaia (Tenuta San Guido)
Auch dieser Sassicaia aus einem eher mittleren Jahr zeigt sich in perfekter Reife: archetypische Cabernetnase mit einer Mischung aus Cassis, Brombeere, Tabak und einem Hauch Bret, das diesen Wein veredelt

1999er Toscano rosso (Tenuta di Trinoro)
diese Bordeaux-Cuvee gefällt mir ungemein: auch hier perfekt gereift, sehr komplexe und finessenreiche Nase mit dunklen Früchten, würzigen Aspekten, nicht im Ansatz Reifenoten, der Wein wirkt viel jünger, auch farblich, am Gaumen ungeheuer saftig und ausgewogen, zarte Säure, noch etwas Resttannin, bezwingende Extraktsüsse, sehr dicht, aber alles andere als mastig oder pomadig, ein Kraftpaket mit viel Eleganz, sehr langer Nachhall. Auch das ist ein Premium-Wein, der auch mit den Top-Bordeaux auf Augenhöhe ist. Chapeau !
Zum Abschluss der Probe gab es noch einen ganz besonderen Wein: reinsortiger Sangiovese, eine Cuvee aus den Jahrgängen 1975 bis 1980 sowie die Jahrgänge 1982 und 1985, im 20 -hl-Kastanienfass gereift, 1988 auf insgesamt 1.000 Magnums gefüllt. Schlanke 12,5 Vol%.
Es war folgender Wein:
---- Decennale (Capannelle)
Fantastische Nase, ein komplexer Mix aus reifen Früchten (KIrsche, Sanddorn, Cramberries und Himbeere) und würzigen Noten, dank der Magnum in voller Blüte, am Gaumen voller Liebreiz und Eleganz, das traut man dem Sangiovese fast gar nicht zu

Fazit: Bei dieser Probe war ich im Vorfeld doch etwas skeptisch, weil ich bei so gereiften Toskanern mit einigen Ausfällen gerechnet habe. Tatsächlich war nur ein einziger Wein deutlich über dem Zenit und der einzige "Korkschmecker" wurde durch einen anderen Wein ersetzt. Insofern wurden meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Toskana-Weine können also durchaus positiv reifen, sogar der Sangiovese, wenn alles perfekt zusammenpasst. Alle Weine stammten aus demselben, sehr kühlen Weinkeller und waren offensichtlich perfekt gelagert. Da muss ich mir doch tatsächlich den einen oder anderen, reifen Toskaner nachkaufen.
Viele Dank an den Gastgeber sowie an die angenehmen "Mitstreiter".
An gleicher Stelle stehen am 18. Juni gereifte Spanier und reife Ports auf dem Programm. Vor allem auf den l´Érmita bin ich sehr gespannt. Die Probe ist auch noch nicht ganz ausgebucht

LG
Bodo