letzten Freitag kamen wieder im Rahmen meiner VHS-Seminare einige Weininteressierte zusammen, um 15 Weine (7x weiss, 8x rot) aus der Burgunderfamilie zu verkosten. Wie immer "blind" wurden insgesamt folgende 9 "Familienmitglieder" getestet:
2023er Auxerrois Tuniberg QW tr. (Gebr. Mathis, Merdingen) -Baden-
Der Auxerrois als vermutliche Spielart des Weissburgunders ist leider nicht mehr viel verbreitet. Man findet ihn vereinzelt noch in Baden und der Pfalz, auch etwas im Elsass und Luxemburg. Das hat natürlich seinen Grund. Trotz potentiell guter Qualität bringt er aufgrund seiner Anfälligkeit gegen Verrieselung und Fäulnis relativ geringe und unsichere Erträge. Daher hat bei Neuanpflanzungen der robustere Weissburgunder meist die Nase vorne. Doch zurück zu diesem gelungenen Auxerrois, der spontanvergoren im gebrauchten Tonneau ausgebaut wurde und ungeschönt und unfiltriert abgefüllt wurde: zartes Goldgelb mit grünen Reflexen, einladende Nase nach reifen gelben Früchten, aber überhaupt nicht plakativ, ein Hauch Holz spürbar, der die Aromatik dezent abrundet, am Gaumen absolut trocken (1,1 gr. RZ), dezente, aber ausreichende Säure (4,9 Promill),nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), zarte Mirabelle und reifer Apfel, nicht ewig komplex, aber sehr saftig und trinkig, etwas Grip im Abgang, das dezente Holz gibt Würze und trägt den Wein in einen überraschend langen Abgang. Ein sehr stimmiger Wein und gutes Beispiel für diese Rebsorte. Knapp 15 EURO ab Weingut.
2021er Maikammer Heiligenberg Weißer Burgunder QW tr. (Schreieck, Maikammer) -Pfalz-
zu 50% Ausbau im Tonneau, Rest im Edelstahl--13 Vol%--RZ:0,7--S: 7,5.
ein voll auf Mineralität vinifizierter Sortenvertreter ohne jegliche kitschige Primärfrucht, knapp reifer Apfel, etwas Quitte, sehr straight, am Gaumen knochentrocken mit prononcierter, aber noch eingebundener Säure, Alkohol nicht spürbar, nur ganz dezente Gelbfrucht, es kommt sofort eine steinige Mineralität, die den Wein beherrscht,schlank und drahtig, dezent würzig, ein Hauch Gerbstoff-Grip, mittellanger Abgang. Wer fruchtbetonte, anschmiegsame WB sucht, sollte diesen Wein auf jeden Fall meiden. Mir hat er dennoch in seiner Stilistik gut gefallen, auch wenn er als Solist aufgrund seiner relativ schlanken Art und der knackigen Säure vielleicht auf Dauer etwas anstrengend sein könnte. Als Speisebegleiter dürfte er aber sicherlich eine gute Figur abgeben. Ca. 15 EURO ab Weingut.
2020er Oberrotweiler Weißburgunder "RS" QW tr. (Salwey, Oberrotweil) -Baden-
Handlese--Spontanvergoren--unfiltriert---13,5 Vol%
Gegenüber dem Vorgänger ein etwas gesettelter WB, der aber nichts mit einem banalen Vertreter dieser beliebten Rebsorte zu tun hat: angedeutetes Gelbgold, sehr feine, ausgewogene Nase mit dezenter Gelbfrucht (Mirabelle, Apfel, ganz dezent Ananas), leichte Holzwürze, sehr animierend, im Mund absolut trocken mit ausgewogener Säure, elegante Steinfrucht, etwas Quitte, ausgewogener Holzeinsatz, ebenfalls mineralische Noten, trotz 13,5 Vol% bleibt er aufgrund der saftigen Säure voll in der Spur, sehr ausgewogen mit gewisser Eleganz, tolle Länge ohne auch nur den Hauch von Mastigkeit. Sehr hochwertiger Sortenvertreter, der von den meisten dem Vorgänger vorgezogen wurde, was ich voll und ganz verstehen kann.
ca. 19 EURO im Handel, gutes Preis-/Leistungsverhältnis !
2020er "Clos Zwingel" Pinot gris Alsace a.c. (Leon Boesch, Westhalten) -Elsass-
über 30 Jahre alter Weinberg-- Bio-dynamisch zertifiziertes Weingut (Demeter)--Z: 2,6---S: 7,8---12,5 Vol%--
der Spitzen-Grauburgunder aus diesem sympathischen und sehr empfehlenswerten Bio-Betrieb, in dem nur knochentrockene Weine gekeltert werden:
graubunder-typische Rebhuhnaugenfarbe, sehr typische und straffe Nase, dezente Frucht ,etwas Steinobst, Quitte, Ananas, unterfüttert von einer steinigen Mineralität, am Gaumen absolut trocken mit kräftiger, aber überhaupt nicht spitzer Säure, dezente Fruchtausprägung, die schon im Duft erkennbare Mineralität prägt das Geschmacksbild, nur mittelgewichtig, trotzdem nicht karg, sondern mit klarer Substanz und fester Struktur. Hier ist nichts breit und verwaschen, sondern höchst fokussiert und straff, ohne jedoch irgendwie anstrengend zu werden. Mineralische Länge.
Wenn der Grauburgunder so vinifiziert wird, kann man glatt zum Liebhaber dieser Rebsorte werden

2020er Achkarrer "Tephrit" Grauer Burgunder QW tr. (Michel, Achkarren) -Baden-
Handlese---Spontanvergoren---großes Holzfass--- 10 Monate Lagerung auf der Vollhefe- unfiltriert--13 Vol%--
Dieses Weingut steht etwas im Schatten anderer VDP-Weingüter im Kaiserstuhl, obwohl der Betrieb sehr hochwertige Qualitäten zu sehr vernünftigen Preisen liefern kann. Dieser Wein aus dem gehobenen Mittel-Segment des Weinangebotes macht da keine Ausnahme: etwas weniger rötlich als der Vorgänger, zartes Goldgelb, dezent fruchtige, entgegenkommende Nase, Mirabelle, Hauch Ananas, dezent kräutrig, etwas (Alt-)Holz, sehr animierend,
am Gaumen keine spürbare Restsüsse, passende Säure, auch hier saftig, gelbfruchtig mit ganz dezentem tropischen Einfluss, aber überhaupt nicht vordergründig oder plakativ, mittelgewichtiger Typ, Alkohol bestens verpackt, etwas strukturgebender Gerbstoff, gute Länge. Der Wein hat durchaus Kraft, aber sie ist so charmant verpackt, dass man den warmen Jahrgang hier in keiner Weise spürt. Vorbildlicher Grauburgunder in hervorragender Qualität für einen mehr als verbraucherfreundlichen Preis (13,50 EURO ab Weingut). Grauburgunder kann also durchaus Spass machen

2022er Chardonnay "Reservenagel" Landwein Main tr. (Tobias Nagel, Dettelbach) -Franken-
---30 Jahre alte Reben--22 Monate Vollhefelager--ungeschönt und unfiltriert---Ausbau im gebrauchten Barrique--
Der Top-Chardonnay des jungen Tobias Nagel, der nur in besonders guten Jahren produziert wird: zartes Gelbgold, nur ganz dezente Reduktion, die sehr schnell mit Luft verschwindet, ganz dezente Gelbfrucht, nur unterstützender Holzeinsatz, braucht Luft und deutet einige Tiefe an, am Gaumen komplett durchgegoren, saftige Säure, der Wein geht in die Tiefe, ohne zu sehr auf Frucht gebaut zu sein, Agrumen, Hauch Ananas, reifer Apfel, zarter Holzeinsatz, etwas Kräuter, trotz 13 Vol% mittelgewichtiger Eindruck, der Wein hat Kraft und Substanz, verpackt dies aber fast mit etwas Understatement. So sind sie halt, die Franken

2018er Meursault "Les Santenots" 1er Cru (Monthelie-Douhairet-Porcheret, Monthelie) -Burgund-
Der Vergleich mit dem "Original" bot sich jetzt natürlich an: dezentes Gelbgold, sehr intensive, dichte Nase mit elegantem (Neu-)Holzeinsatz, etwas Vanille, Ananas, Agrumen, sehr komplex und kraftvoll auch aufgrund des warmen Jahrgangs, im Mund zarte Cremigkeit, dezente Säure, gelungene Malo, sehr feines Holz, reife gelbe Früchte, ein Hauch Exotik, kraftvoll (13,5 Vol%), aber ohne jeglichen Alkoholüberhang,viel Extrakt mit einiger Tiefe, keine Spur von Reduktion, klassischer, sehr hochwertiger Meursault mit langem, würzig-zartfruchtigem Abgang.
Unbestreitbare Klasse, damals im Handel für ca. 60 EURO, der 22er-Nachfolger kostet jetzt beim identischen Händler 109 EURO !!!! Burgund kennt leider momentan in den Preisen nur eine Richtung--steil nach oben ! Jammerschade !
Das waren die sieben Weißweine, die acht roten Burgundervertreter folgen in Kürze !
LG
Bodo