"Burgunder-Clan" in Würzburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
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weinaffe
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"Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

letzten Freitag kamen wieder im Rahmen meiner VHS-Seminare einige Weininteressierte zusammen, um 15 Weine (7x weiss, 8x rot) aus der Burgunderfamilie zu verkosten. Wie immer "blind" wurden insgesamt folgende 9 "Familienmitglieder" getestet:

2023er Auxerrois Tuniberg QW tr. (Gebr. Mathis, Merdingen) -Baden-
Der Auxerrois als vermutliche Spielart des Weissburgunders ist leider nicht mehr viel verbreitet. Man findet ihn vereinzelt noch in Baden und der Pfalz, auch etwas im Elsass und Luxemburg. Das hat natürlich seinen Grund. Trotz potentiell guter Qualität bringt er aufgrund seiner Anfälligkeit gegen Verrieselung und Fäulnis relativ geringe und unsichere Erträge. Daher hat bei Neuanpflanzungen der robustere Weissburgunder meist die Nase vorne. Doch zurück zu diesem gelungenen Auxerrois, der spontanvergoren im gebrauchten Tonneau ausgebaut wurde und ungeschönt und unfiltriert abgefüllt wurde: zartes Goldgelb mit grünen Reflexen, einladende Nase nach reifen gelben Früchten, aber überhaupt nicht plakativ, ein Hauch Holz spürbar, der die Aromatik dezent abrundet, am Gaumen absolut trocken (1,1 gr. RZ), dezente, aber ausreichende Säure (4,9 Promill),nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), zarte Mirabelle und reifer Apfel, nicht ewig komplex, aber sehr saftig und trinkig, etwas Grip im Abgang, das dezente Holz gibt Würze und trägt den Wein in einen überraschend langen Abgang. Ein sehr stimmiger Wein und gutes Beispiel für diese Rebsorte. Knapp 15 EURO ab Weingut.

2021er Maikammer Heiligenberg Weißer Burgunder QW tr. (Schreieck, Maikammer) -Pfalz-
zu 50% Ausbau im Tonneau, Rest im Edelstahl--13 Vol%--RZ:0,7--S: 7,5.
ein voll auf Mineralität vinifizierter Sortenvertreter ohne jegliche kitschige Primärfrucht, knapp reifer Apfel, etwas Quitte, sehr straight, am Gaumen knochentrocken mit prononcierter, aber noch eingebundener Säure, Alkohol nicht spürbar, nur ganz dezente Gelbfrucht, es kommt sofort eine steinige Mineralität, die den Wein beherrscht,schlank und drahtig, dezent würzig, ein Hauch Gerbstoff-Grip, mittellanger Abgang. Wer fruchtbetonte, anschmiegsame WB sucht, sollte diesen Wein auf jeden Fall meiden. Mir hat er dennoch in seiner Stilistik gut gefallen, auch wenn er als Solist aufgrund seiner relativ schlanken Art und der knackigen Säure vielleicht auf Dauer etwas anstrengend sein könnte. Als Speisebegleiter dürfte er aber sicherlich eine gute Figur abgeben. Ca. 15 EURO ab Weingut.

2020er Oberrotweiler Weißburgunder "RS" QW tr. (Salwey, Oberrotweil) -Baden-
Handlese--Spontanvergoren--unfiltriert---13,5 Vol%
Gegenüber dem Vorgänger ein etwas gesettelter WB, der aber nichts mit einem banalen Vertreter dieser beliebten Rebsorte zu tun hat: angedeutetes Gelbgold, sehr feine, ausgewogene Nase mit dezenter Gelbfrucht (Mirabelle, Apfel, ganz dezent Ananas), leichte Holzwürze, sehr animierend, im Mund absolut trocken mit ausgewogener Säure, elegante Steinfrucht, etwas Quitte, ausgewogener Holzeinsatz, ebenfalls mineralische Noten, trotz 13,5 Vol% bleibt er aufgrund der saftigen Säure voll in der Spur, sehr ausgewogen mit gewisser Eleganz, tolle Länge ohne auch nur den Hauch von Mastigkeit. Sehr hochwertiger Sortenvertreter, der von den meisten dem Vorgänger vorgezogen wurde, was ich voll und ganz verstehen kann.
ca. 19 EURO im Handel, gutes Preis-/Leistungsverhältnis !

2020er "Clos Zwingel" Pinot gris Alsace a.c. (Leon Boesch, Westhalten) -Elsass-
über 30 Jahre alter Weinberg-- Bio-dynamisch zertifiziertes Weingut (Demeter)--Z: 2,6---S: 7,8---12,5 Vol%--
der Spitzen-Grauburgunder aus diesem sympathischen und sehr empfehlenswerten Bio-Betrieb, in dem nur knochentrockene Weine gekeltert werden:
graubunder-typische Rebhuhnaugenfarbe, sehr typische und straffe Nase, dezente Frucht ,etwas Steinobst, Quitte, Ananas, unterfüttert von einer steinigen Mineralität, am Gaumen absolut trocken mit kräftiger, aber überhaupt nicht spitzer Säure, dezente Fruchtausprägung, die schon im Duft erkennbare Mineralität prägt das Geschmacksbild, nur mittelgewichtig, trotzdem nicht karg, sondern mit klarer Substanz und fester Struktur. Hier ist nichts breit und verwaschen, sondern höchst fokussiert und straff, ohne jedoch irgendwie anstrengend zu werden. Mineralische Länge.
Wenn der Grauburgunder so vinifiziert wird, kann man glatt zum Liebhaber dieser Rebsorte werden :lol: So geht Grauburgunder! Faire 18 EURO ab Weingut.

2020er Achkarrer "Tephrit" Grauer Burgunder QW tr. (Michel, Achkarren) -Baden-
Handlese---Spontanvergoren---großes Holzfass--- 10 Monate Lagerung auf der Vollhefe- unfiltriert--13 Vol%--
Dieses Weingut steht etwas im Schatten anderer VDP-Weingüter im Kaiserstuhl, obwohl der Betrieb sehr hochwertige Qualitäten zu sehr vernünftigen Preisen liefern kann. Dieser Wein aus dem gehobenen Mittel-Segment des Weinangebotes macht da keine Ausnahme: etwas weniger rötlich als der Vorgänger, zartes Goldgelb, dezent fruchtige, entgegenkommende Nase, Mirabelle, Hauch Ananas, dezent kräutrig, etwas (Alt-)Holz, sehr animierend,
am Gaumen keine spürbare Restsüsse, passende Säure, auch hier saftig, gelbfruchtig mit ganz dezentem tropischen Einfluss, aber überhaupt nicht vordergründig oder plakativ, mittelgewichtiger Typ, Alkohol bestens verpackt, etwas strukturgebender Gerbstoff, gute Länge. Der Wein hat durchaus Kraft, aber sie ist so charmant verpackt, dass man den warmen Jahrgang hier in keiner Weise spürt. Vorbildlicher Grauburgunder in hervorragender Qualität für einen mehr als verbraucherfreundlichen Preis (13,50 EURO ab Weingut). Grauburgunder kann also durchaus Spass machen ;)

2022er Chardonnay "Reservenagel" Landwein Main tr. (Tobias Nagel, Dettelbach) -Franken-
---30 Jahre alte Reben--22 Monate Vollhefelager--ungeschönt und unfiltriert---Ausbau im gebrauchten Barrique--
Der Top-Chardonnay des jungen Tobias Nagel, der nur in besonders guten Jahren produziert wird: zartes Gelbgold, nur ganz dezente Reduktion, die sehr schnell mit Luft verschwindet, ganz dezente Gelbfrucht, nur unterstützender Holzeinsatz, braucht Luft und deutet einige Tiefe an, am Gaumen komplett durchgegoren, saftige Säure, der Wein geht in die Tiefe, ohne zu sehr auf Frucht gebaut zu sein, Agrumen, Hauch Ananas, reifer Apfel, zarter Holzeinsatz, etwas Kräuter, trotz 13 Vol% mittelgewichtiger Eindruck, der Wein hat Kraft und Substanz, verpackt dies aber fast mit etwas Understatement. So sind sie halt, die Franken ;) Langer Abgang. Dieser Chardonnay ist weder volumig-oldschool, noch modern-reduktiv, sondern bewegt sich geschickt in der Mitte der beiden Antipoden. Sehr hochwertiger Chardonnay mit sehr individueller Handschrift, der mir sehr gut gefällt. Aufgrund des geringen Bekanntheitsgrades des Weingutes ein ausgezeichnetes Preis-/Leistungsverhältnis (24 EURO ab Weingut), wobei die erzeugte Menge auch sehr gering ist. Möglicherweise schon ausverkauft?

2018er Meursault "Les Santenots" 1er Cru (Monthelie-Douhairet-Porcheret, Monthelie) -Burgund-
Der Vergleich mit dem "Original" bot sich jetzt natürlich an: dezentes Gelbgold, sehr intensive, dichte Nase mit elegantem (Neu-)Holzeinsatz, etwas Vanille, Ananas, Agrumen, sehr komplex und kraftvoll auch aufgrund des warmen Jahrgangs, im Mund zarte Cremigkeit, dezente Säure, gelungene Malo, sehr feines Holz, reife gelbe Früchte, ein Hauch Exotik, kraftvoll (13,5 Vol%), aber ohne jeglichen Alkoholüberhang,viel Extrakt mit einiger Tiefe, keine Spur von Reduktion, klassischer, sehr hochwertiger Meursault mit langem, würzig-zartfruchtigem Abgang.
Unbestreitbare Klasse, damals im Handel für ca. 60 EURO, der 22er-Nachfolger kostet jetzt beim identischen Händler 109 EURO !!!! Burgund kennt leider momentan in den Preisen nur eine Richtung--steil nach oben ! Jammerschade !

Das waren die sieben Weißweine, die acht roten Burgundervertreter folgen in Kürze !

LG
Bodo
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UlliB
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von UlliB »

Hallo Bodo,

danke für die wie immer sehr interessanten Notizen.

Eine kleine Korrektur dazu:
weinaffe hat geschrieben: Mi 5. Mär 2025, 21:17 [...]
2020er "Clos Zwingel" Pinot gris Alsace a.c. (Leon Boesch, Westhalten) -Elsass-
der Spitzen-Grauburgunder aus diesem sympathischen und sehr empfehlenswerten Bio-Betrieb, in dem nur knochentrockene Weine gekeltert werden: [...]
Das mit "nur knochentrockene Weine" stimmt nicht - die Homepage des Gutes weist gleich vier Weine mit Restsüße auf (1x Grauburgunder, 1x Riesling, 2x Gewürztraminer), wovon zwei als "Vendanges Tardives" klassifiziert sind - das sind erfahrungsgemäß sehr süße und zugleich alkoholstarke Weine im Stil einer fetten Auslese, und darauf deuten auch die Analysenwerte hin. Auch die beiden anderen sind zucker- und alkoholmäßig nicht gerade ohne...

Die Trockenen scheinen allerdings wirklich völlig trocken zu sein.

Gruß
Ulli
weinaffe
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

Hallo Ulli,
danke für den Hinweis! Da habe ich mich natürlich missverständlich ausgedrückt. Eigentlich wollte ich darauf hinweisen, dass die trockenen Weine von Leon Boesch tatsächlich "richtig" trocken und durchgegoren sind, was im Elsass mittlerweile nicht unbedingt immer der Fall ist. Wie im Elsass fast obligatorisch,werden natürlich auch "Vendanges Tardives" und der eine oder andere restsüsse Wein erzeugt. Was soll man denn sonst zur Gänseleberpastete servieren ? ;) Aber das Demeter zertifizierte Weingut ist wirklich empfehlenswert; wir waren vor Ort und haben uns durch das Programm probiert. Wer solch ungeschminkten Weine mag, wird hier auf jeden Fall fündig, und das noch zu sehr fairen Preisen.

Doch jetzt weiter mit den Rotweinen aus der Burgunder-Familie:

2018er Samtrot Schwäbischer Landwein tr. (Daniel Schweizer, Stetten) -Württemberg
Der Samtrot, bei dem es sich wohl um eine Rückmutation vom Schwarzriesling zum Spätburgunder hin handelt, wird ausschließlich noch in Württemberg angebaut. Aufgrund seiner relativen Ertragsunsicherheit bei ohnehin eher niedrigen Erträgen konnte er sich nicht so richtig durchsetzen, obwohl die Qualität durchaus sehr gut sein kann. Leider wird er meist lieblich ausgebaut, so aber nicht bei diesem Exemplar. Daniel Schweizer ist schon allein aufgrund seiner Betriebsgrösse (ca. 3 ha) nicht besonders bekannt, arbeitet im Stile eines "Naturweinproduzenten" non-interventionistisch (Spontangärung, keine Schönung und Filtration, wenig SO2) und bearbeitet tatsächlich etwa die Hälfte der Rebfläche mit Handpflug und 2 Pferden zur Vermeidung von Bodenverdichtungen. Auf seiner Website kann man sich das mal anschauen.
Der Wein ist daher auch nicht glanzklar, typische, leicht durchscheinendes Rubin,ansprechende Nase nach Kirsche, Craneberries, etwas Kräuter, wirkt sehr frisch und direkt. Im Mund völlig trocken, saftige Säure, etwas eckiges, aber passendes Tannin, trotz 13,5 Vol% eher mittelgewichtig, saftige und frische Dunkelfrucht, absolut sauber und straight, gute Länge. Das ist kein Standard-Samtrot, der meist sehr smooth rüberkommt. Hier gibt es schon Ecken und Kanten, aber der Wein hat Charakter und schmeckt einfach. Wer allerdings "burgundische" Feinheit und Delikatesse sucht, wird hier sicher enttäuscht sein. Mir gefällt sowas durchaus. Leider hat der Winzer gemerkt, dass seine 2017er zu billig angeboten wurden und hat die Preise deutlich erhöht. Der gleichwertige 2017er hat vor Ort 14 EURO gekostet, der 2018er dann schon 21 EURO, was noch o. k. ist.

2022er Reicholzheimer First Schwarzriesling QW tr. "Erste Lage" (Schlör, Reicholzheim)-Baden-
sympathischer, wirklich kleiner VDP-Familienbetrieb (6 ha) aus dem Badischen Frankenland, der sich gerade auch um diese etwas unterschätzte Burgunder-Mutation bemüht. Grundsätzlich wird dem Schwarzriesling alias Pinot Meunier nur ein mittleres Qualitätspotential bescheinigt, wobei man bei dem vorliegenden Exemplar vielleicht seine Vorbehalte gegenüber dieser Rebsorte revidieren muss: sehr feine, durchaus komplexe Nase, reife Herzkirsche, Hauch Himbeere, perfekter, nur unterstützender Holzeinsatz, das wirkt schon in der Nase elegant und gekonnt, am Gaumen trocken, aber mit etwas Extraktsüsse, passende, feine Säure, sehr feinkörniges, nur leicht "schmirgelndes" Tannin, trotz 13, 5 Vol% in keinster Weise marmeladig oder alkoholisch, saftige Dunkelfrucht, alles ist hier am rechten Platz, klingt retronasal lange aus. Wenn man eine vielleicht nicht so talentierte Rebsorte wie eine "Königin" behandelt, kann auch der meist harmlose Schwarzriesling überperformen und wirkliche Klasse zeigen. Ein richtiges Statement für diese Rebsorte. Angemessener Preis (ca. 26 EURO im Handel).

2019er Tattendorfer Holzspur St. Laurent Reserve QW tr. (Auer, Tattendorf) -Thermenregion-
Der St. Laurent ist eine sehr interessante Spielart, der etwas kräftigere und tieffarbene Weine als der Pinot noir erbringt. In der österreichischen Thermenregion hat er einen idealen Standort gefunden und liefert hier nicht selten Weine, die den Pinots des Landes sogar überlegen sind. Der Wein aus diesem Vorzeigebetrieb zeigt das gut auf: relativ kräftiges, nur knapp durchscheinendes Rubin mit jugendlichen Purpurreflexen, sehr einladende, delikat-fruchtige Nase nach dunklen Beeren (Heidelbeeren, Brombeeren) und saftiger Herzkirsche, perfekt ergänzt durch Eichenholzwürze, Tabak und Leder, durchaus komplex, im Mund absolut trocken, aber mit einigem Gehalt und Fruchtdichte, integrierte Säure, strukturierendes, aber feines Tannin, die 13 Vol% sind nicht spürbar, saftige Dunkelfrucht, hat Kraft und Struktur, trotzdem auch eine gewisse Finesse und Eleganz, gute Länge. Tolles, hochwertiges Beispiel für diese Rebsorte. Der Wein ist jetzt schon wunderbar zu trinken, wird aber aufgrund seiner Fruchtdichte und Tanninqualität auch in den nächsten paar Jahren viel Trinkfreude bereiten.

2018er Frühburgunder QW tr. "Barrique" Großes Gewächs (Divino, Nordheim) -Franken-
3,5 Jahre(!) Barriqueausbau--- RZ:1,9---S:5,3---
Frühburgunder ist eine Rebsorte, die aus gutem Grund nur sehr sporadisch und ausschließlich in Deutschland angebaut wird. Sie ist wenig ertragreich, dazu verrieselungsanfällig, so dass die dazu unregelmäßigen Erträge die Anpflanzung für die meisten Winzer unwirtschaftlich erscheinen lassen. Man muss sich diese Rebsorte als Winzer leisten können ;) Allerdings kann diese Rebsorte mit kleinen, dickschaligen Beeren qualitativ hervorragende Weine liefern, die sogar manchmal den Pinot noir überflügeln können.
Optisch ein kräftiges, jugendlich erscheinendes Rubinrot, in der Nase Konzentriert, aber leider auch sehr viel röstiges Holz, das die kompakte Dunkelfrucht (Brombeere, Cassis, Herzkirsche) doch deutlich überlagert, leider setzt sich das am Gaumen fort, trocken mit Gehalt und Extrakt, aber auch folgerichtig massiv röstiges Holz, was sich auch stumpf auf die Schleimhäute legt, dennoch ist auch die kompakte Frucht schmeckbar, das Grundmaterial war unzweifelhaft sehr gut, aber das Holz bügelt jegliche Finesse und delikate Frucht nieder. Ansonsten wäre dieser 13 Prozenter mit stimmiger Säure und guter Tanninqualität ein wirklich ausgezeichnetes Sortenbeispiel gewesen. Sehr, sehr schade ! Hier wurde einfach zu viel gewollt, unter dem Motto: Wenn Barrique, dann muss man das auch richtig danach schmecken. Ab Genossenschaft 23 EURO.
Im Weinwettbewerb "Best of Franken" hat dieser Wein 2023 in der "Königsklasse" (Rote Burgunder) den ersten Platz gemacht. Für mich leider nicht nachvollziehbar. Ich wasche meine Hände allerdings in Unschuld, da ich im genannten Jahr mal nicht in der Jury sass. Da hätte ich doch glatt mein Veto eingelegt :lol:

2020er Frühburgunder "R" QW tr. (Paul Fürst, Bürgstadt) -Franken-
wie man dieser schwierigen Sorte viel, viel besser gerecht wird, zeigt der folgende Premiumwein, der allerdings auch mehr als das 3-fache des Vorgängers kostet: kräftiges, klares Rubinrot, wunderbares, kräftiges und gleichzeitig elegantes Bukett, Preiselbeere, Kirsche, Brombeere, vermischt mit floralen Noten (Veilchen), zarter, eleganter Holzeinsatz, ätherische Noten, hier kann man lange daran schnuppern, am Gaumen trocken, aber extraktreich mit deutlich Sucrosite, sehr feinkörniges Tannin, das die nötige Struktur gibt, Alkohol (13 Vol%) bestens integriert, perfekte Säure, am Gaumen saftige, aber ultrafeine Dunkelfrucht, samtig fein und tief, hier ist alles perfekt am richtigen Platz, eine tolle Kombi aus gezügelter Kraft, Finesse und eleganter Würze. Eine echte Benchmark für diese Sorte. Besser geht kaum, hier sind echte Könner am Werk, die diese Rebsorte wirklich verstanden haben. Das hat seinen Preis (75 EURO ab Weingut).

Die letzten 3 Burgunder, alles Pinot noir aus 3 verschiedenen Ländern, enttäuschten nicht, ganz im Gegenteil...
Morgen gehts weiter. Stay tuned !

LG
Bodo
weinaffe
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

... und abschließend noch die 3 letzten Pinot noir der Burgunderprobe:

2010er "Jaspis" Pinot noir Landwein tr. (Ziereisen, Efringen-Kirchen) -Baden-
25 Jahre alte Reben---10 Wochen auf der Maische---20 Monate Barrique (20% neu)---Z:0,9--Alk:12,5 Vol%.
Auf diesen Wein, der damals nach meinem Wissen in der Haushierarchie ganz oben stand, war ich sehr gespannt und meine Erwartung wurde nicht enttäuscht: sehr vife Farbe ohne jegliches Ziegelrot, komplexe und kühl wirkende Nase mit dunklen Beeren, kräutrige Würze, etwas Tabak und eine Hauch sous bois, macht neugierig auf den ersten Schluck, kompromisslos trocken, zartgliedrige, für Frische sorgende Säure, noch ein Hauch Resttannin, saftiger, speichelziehender Eindruck, kühl und ätherisch, frische Kräuter, etwas Tabak, Leder, geht deutlich in Richtung Burgund, gute Länge. Ein kühler, eleganter Pinot mit gerade genug Fleisch an den Knochen. Legte sogar am Tag 2 nochmals zu. Chapeau! Damals 49 EURO ab Weingut.

2020er Pinot noir Martinborough (Ata Rangi, Martinborough) -Neuseeland--
Wer einmal eine internationale Weinprobe veranstalten will, sollte diesen Wein unbedingt mit einbinden. Dieses Weingut produziert für mich die besten Pinots Neuseelands und wahrscheinlich auch der gesamten südlichen Hemispere. In Teilen der Weinberge von Ata Rangi wurde auch der berühmte Abel Clone gepflanzt, der von geschmuggelten Reisern der Domaine de la Romanee stammt. Dank eines "verständigen" Zollbeamten kamen die Reiser tatsächlich ins Land und wurden entsprechend vermehrt. Ich war im letzten Jahr in diesem familiär geführten Weingut vor Ort und habe mich so ein bischen in die dort erzeugten Pinots verliebt ;) Martinborough liegt im Süden der Nordinsel und ist im Gegensatz zu Marlborough sehr ländlich geprägt und ohne jegliche Reben-Monokultur. Verhält sich ein wenig so wie Napa zu Sonoma ;) Die dortigen Pinots haben einen eigenen Stil, der aber gut wiedererkennbar ist: relativ kräftige Pinotfarbe, sehr jugendlicher Eindruck, lupenreine Kirschfrucht mit etwas Himbeere und floralen Noten (Heckenrose), vor allem sehr ätherisch und kräutrig, Nase zum Reinknien, am Gaumen komplett trocken, aber sehr dichte Frucht und reife Extraktsüsse, trotz aller Reife hat der Wein viel kühle Ätherik und zarte Kräuter, ebenmässig und perfekt ausgewogen, genau passende Säure, sehr feinkörniges Tannin, das Holz ist nur stützend im Hintergrund bemerkbar, große Länge. Die kräutrig-ätherische Art macht ihn sehr speziell und fast unverwechselbar. Dieser Pinot ist zwar jetzt schon ein richtiger Genuss; ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er noch ganz am Anfang steht und bestens weiterreifen wird. Der Wein hat laut Etikett übrigens 14 Umdrehungen, die aber überhaupt nicht spürbar sind. Großartiger Pinot mit sehr eigener Stilistik. Ab Weingut 59 EURO, im hiesigen Handel muss man wahrscheinlich ca. 10 EURO mehr veranschlagen.

2009er Gevrey-Chambertin "Clos Prieur" 1er Cru (Rossignol-Trapet, Gevrey-Chambertin) -Burgund-
Auch das "Original" gibt sich hier keine Blöße: leicht durchscheinendes Rubin, bezwingend komplexe und feine Nase, in der eine unaufdringliche Frucht mit dezenter Holzwürze, Tabak frischen Pilzen verwoben ist, trotz warmen Jahrgang ein kühler Vertreter mit ätherischen Noten, gleiches Mundgefühl, absolut trocken, saftige Säure, fast abgeschmolzenes Tannin, das dennoch eine feste Struktur vorgibt, zarte Dunkelfrucht mit viel Würze, toller Trinkfluss, der Wein hat Rückgrat und Stoff, alles ist aber so schwerelos verpackt, Alkohol (13 Vol%) nicht spürbar, sehr in sich ruhend, fast zeitlos, hier passt so ziemlich alles. Die Aromatik ist noch lange nach dem Hinunterschlucken präsent. Sehr hochwertiger Wein aus diesem bio-zertifizierten Weingut, der damals knapp 60 EURO im hiesigen Handel gekostet hat. Beim identischen Weinhändler kostet der 22er aus derselben Lage jetzt 159 EURO !! Als Bourgogne-Nerd muss man in jedem Falle leidensfähig sein...oder man steigt auf deutsche Pinots um, die ja auch nicht so schlecht sind :lol:

Das wars wieder einmal in aller Kürze. Kein Korkschmecker, kein Ausfall bei den Weinen, ich bin sehr zufrieden !

In knapp 3 Wochen gibt es einen Rundumschlag mit portugiesischen Weinen. Nach Möglichkeit werde ich wieder ein paar Zeilen dazu schreiben.

LG
Bodo
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AmonA
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von AmonA »

Vielen Dank für die sehr interessanten Notizen!
Hast du bei deiner privaten Tour bei Ata Rangi auch den etwa halb so teuren Pinot Noir Crimson probiert? Wenn ja, gab es große Unterschiede in den Jahrgängen 20-21-22? Letzteres gilt natürlich auch für den Martinsborough PN :) .
Grüße
AmonA (aka Volker)
weinaffe
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

AmonA hat geschrieben: Fr 14. Mär 2025, 15:10 Vielen Dank für die sehr interessanten Notizen!
Hast du bei deiner privaten Tour bei Ata Rangi auch den etwa halb so teuren Pinot Noir Crimson probiert? Wenn ja, gab es große Unterschiede in den Jahrgängen 20-21-22? Letzteres gilt natürlich auch für den Martinsborough PN :) .
Hallo Volker,

leider habe ich mir da keine genauen Aufzeichnungen gemacht. Wir haben aber überwiegend Jahrgang 2020 probiert. 2021 soll auch sehr gut sein, aber aufgrund von Frostschäden doch geringere Erträge als 2020. Als Einstieg hatten wir auch den Crimson PN, der für mich aber gegenüber dem deutlich teureren Ata Rangi Martinborough-PN auch deutlich einfacher gestrickt war. Der Preisunterschied ist hier schon berechtigt. Die noch teureren Einzellagen-PN fand ich dann im Vergleich zum Martinborough-PN nicht unbedingt besser.

LG
Bodo
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AmonA
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von AmonA »

Danke Bodo. Ich habe mal den Crimson und den Martinborough bestellt, nun muss ich in meinem Keller noch Gegenparts finden :D
Von den neuseeländischen PN kenne ich nur die Exemplare vom Weingut Johner. Vielleicht füge ich die noch in die Weinprobe ein.
Grüße
AmonA (aka Volker)
Ralf am Main
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Re: "Burgunder-Clan" in Würzburg

Beitrag von Ralf am Main »

2020er Frühburgunder "R" QW tr. (Paul Fürst, Bürgstadt) -Franken-
wie man dieser schwierigen Sorte viel, viel besser gerecht wird, zeigt der folgende Premiumwein, der allerdings auch mehr als das 3-fache des Vorgängers kostet: kräftiges, klares Rubinrot, wunderbares, kräftiges und gleichzeitig elegantes Bukett, Preiselbeere, Kirsche, Brombeere, vermischt mit floralen Noten (Veilchen), zarter, eleganter Holzeinsatz, ätherische Noten, hier kann man lange daran schnuppern, am Gaumen trocken, aber extraktreich mit deutlich Sucrosite, sehr feinkörniges Tannin, das die nötige Struktur gibt, Alkohol (13 Vol%) bestens integriert, perfekte Säure, am Gaumen saftige, aber ultrafeine Dunkelfrucht, samtig fein und tief, hier ist alles perfekt am richtigen Platz, eine tolle Kombi aus gezügelter Kraft, Finesse und eleganter Würze. Eine echte Benchmark für diese Sorte. Besser geht kaum, hier sind echte Könner am Werk, die diese Rebsorte wirklich verstanden haben. Das hat seinen Preis (75 EURO ab Weingut).

Die letzten 3 Burgunder, alles Pinot noir aus 3 verschiedenen Ländern, enttäuschten nicht, ganz im Gegenteil...
Morgen gehts weiter. Stay tuned !

LG
Bodo
Hallo Bodo,
Vom 19er Bürgstädter Berg hatte ich vor einiger Zeit mal eine Flasche Frühburgunder auf. Den fand ich hervorragend. Schön balanciert, tolle Finesse. Ich teile die Begeisterung für die Rebsorte!
Viele Grüße
Ralf am Main
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