Bordeaux 2021

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Ollie
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Ollie »

Olaf Nikolai hat geschrieben: Mi 26. Feb 2025, 20:00 Der Jahrgang hatte tatsächlich im Grunde nur ein Problem, den Preis.
Nein, der Jahrgang hat ziemlich viele Probleme. Aber da, wo es gepasst hat (kein Frost, kein Mehltau, gute Reife) - und nur da -, sind die Weine sehr gut bis teilweise superb. Und dann ist auch der Preis gar nicht mal mehr so das Problem, denn die Weine stechen stilistisch hervor. Sind halt Profis am Werk.
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Alba
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Alba »

Gestern im Zuge eines netten Nachmittags (der sich dann in die Nacht hinein verlängert :) ) mit einem Freund erstmalig den 2021 Canon getestet. Mir war gar nicht bewusst den, im Gegensatz zu den Vorgängerjahren, noch gar nicht nach Arrivage getestet zu haben.
Und hier, ähnlich wie beim vor einigen Monaten beschriebenen Erlebnis mit dem Montrose aus 21, keinesfalls Jungwein-Begeisterung (die sieht bei mir anders aus).
Kein Verschluss, einfach jung aber durchaus offen. Eher leichtfüssig, rotfruchtig mit stützender Säure. Alkohol in dem Jahr sowieso kein Thema - die nominell 13.5% sind schön integriert. Mittlerer Abgang. Insgesamt ein guter bis sehr-guter Wein, mehr für mich nicht (klar wir sprechen von einem 120,- ++ Euro Wein!, da gibt es schon eine Erwartungshaltung).
Was fehlt - und ich bezweifle dass da noch was kommt - ist das Fleisch auf den Rippen. Der Wein ist nicht dünn oder gezehrt, halt einfach sehr "klassisch" und besticht, wenn man was auf der Habenseite anmerken will, durch seine Eleganz (für mich ohnehin DAS grundsätzliche Canon Attribut). Im Moment ist mir auch die Säure etwas zu hoch, das wird sich mit Lagerung sicher besser einbinden und auch die Komplexität zulegen.
So gesehen ist da nichts falsch und das wird sich mit Jahren auch ganz nett entwickeln aber m.M. nach nie "Canon- groß" werden. Ich hatte selbst den 2017er in besserer Erinnerung in ähnlichem Stadium, detto 12, wahrscheinlich auch 14 (der mir jung gut gefallen hat).
Aber in einem Punkt hat mich diese Erfahrung bestärkt und auch beruhigt - gut nicht mehr in der Subs investiert zu haben, die verbleibenden 7 Canons und 3 LCHB passen, mehr wird es da kaum, zu viel anderes Gutes und mir jahrgangsspezifisch Passenderes am Markt bzw. im Keller.
Und dann noch das alte Liedchen ..., um fast das selbe Geld bekäme ich (wenn denn Bedarf) noch heute den 2019 Canon - anderes Kaliber und wesentlich näher an meinen Vorlieben.

LG Manfred
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von pessac-léognan »

Alba hat geschrieben: So 2. Mär 2025, 09:00 klar wir sprechen von einem 120,- ++ Euro Wein!, da gibt es schon eine Erwartungshaltung). [...]
- gut nicht mehr in der Subs investiert zu haben
Das ist ja gerade das Problem. Die Weinverkäufer müssten einfach endlich mal kapieren, dass ein 120/150€-Wein in einem schlechten Jahr zwischen lauter 'Jahrhundertjahrgängen" für 50€ auf den Markt muss (bereits in der Sub), um verkauft werden zu können. Nur dank einiger Deppen (man verzeihe mir den starken Ausdruck), die "ihren" Weinen treu sind und auf die Vertikale schielen, kriegen die halt oft trotzdem noch 120€ auf den Tisch... von mir nicht
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Jochen R. »

Ich oute mich auch gerne als einer der "Deppen", der seinen Weinen treu bleibt/geblieben ist um eine Vertikale aufrecht zu erhalten. Bis 2014 war das Pichon Comtesse - altersbedingt aber die Reißleine gezogen. Jetzt halt noch bei ein paar kleineren.

Finde es sehr bereichernd, wenn hier auch jemand aus eigener Erfahrung berichten kann und nicht nur ob des geschriebenen der "Profis" meint dicke Backen meinen zu müssen ;-)

Viele Grüße,
Jochen
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Alba
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Alba »

pessac-léognan hat geschrieben: So 2. Mär 2025, 09:21 Das ist ja gerade das Problem. Die Weinverkäufer müssten einfach endlich mal kapieren, dass ein 120/150€-Wein in einem schlechten Jahr zwischen lauter 'Jahrhundertjahrgängen" für 50€ auf den Markt muss (bereits in der Sub), um verkauft werden zu können. Nur dank einiger Deppen (man verzeihe mir den starken Ausdruck), die "ihren" Weinen treu sind und auf die Vertikale schielen, kriegen die halt oft trotzdem noch 120€ auf den Tisch... von mir nicht
Tja, ich verstehe zwar im Prinzip was du meinst, aber meine Canon Vertikale baue ich auch weiter, Depp hin oder her 8-) , nur der 2013 wird auf alle Ewigkeit fehlen, da müßte ich mich dann wohl als Riesendepp outen?!
Also ganz allgemein – Jahrgangsreihen am Laufen zu halten ist trotz möglicher Unkenrufe ja schon interessant und, da kommen manchmal auch interessante Dinge hoch wenn’s blind durcheinander geht in einer Vertikalverkostung.

LG
Manfred
Olaf Nikolai
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Olaf Nikolai »

+1
Das ist eine nüchterne und kluge Einschätzung.
Der 21er Jahrgang mag Defizite haben.
Das Größte ist der Preis.
Sollte dahingehend ein realistische Einschätzung auf Seiten des Handels eintreten (und ja, die Kröte wird man dort schlucken müssen), dann wird sich bei dem auch mengenmässig "kleinen" Jahr eine Käuferschaft finden.
66€ für den Leoville Barton 2021 halte ich durchaus für angemessen und habe daher auch folgerichtig gekauft.
Mir persönlich gefällt der besser als der 2003er.
Mit der Einschätzung mag ich in der Minderheit sein, aber gut, wird beim Verkauf der restlichen Flaschen davon nicht hinderlich sein..... :mrgreen:
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AixWine
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von AixWine »

Hallo Erik,
deine Meinung zum Leo Barton ´21 würde mich sehr interessieren (gerne natürlich auch weitere Eindrücke).

Viele Grüße,
Jochen
Hallo Jochen,
zwar war Ollie schneller (und ausführlicher), aber hier mein Eindruck vom 2021er Leoville Barton:

2021 Chateau Leoville Barton

Mittleres bis dunkles jugendliche Violett-Rot
Dem Glas entströmt ein hedonistischer Duft: sehr viel rote (Himbeere) und dunkle Frucht, ganz dezente Holzprägung
Am Gaumen mittelgewichtig, auch hier viel Frucht, belebende Säure, viel reifes, aber auch etwas kernig wirkendes Tannin. Nach zwei Tagen ist das Kernige weniger ausgeprägt, der Wein wirkt jetzt sehr rund und nahbar. Hält insgesamt am Gaumen nicht ganz, was die Nase verspricht.
Der Wein macht jetzt in der Fruchtphase sehr viel Spaß. Zu einem ganz Großen wird er eher nicht heranreifen (dafür fehlt etwas Substanz in der Gaumenmitte und auch etwas Länge)

92-94, bis 2040+

Viele Grüsse,

Erik
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Jochen R. »

Danke, Erik!

Viele Grüße,
Jochen
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Chrysostomus
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Chrysostomus »

Kurze weitere Eindrücke meinerseits zu 2021ern (teilweise auf einer Bordeaux-Reise kürzlich vor Ort verkostet):

Domaine de Chevalier rouge 2021
Im Jahrgangskontext derzeit wirklich nicht schlecht. Klassisch im besten Sinn, auch wenn dieses Attribut für diesen Jahrgang allzu oft missbraucht wird. Cassis, seidige Tanninstruktur, netter Schmelz am Gaumen. Fruchtsüße und hoher Trinkfluss, wirklich elegant! Würde ich derzeit bedenkenlos öffnen, wirkt bereits sehr offen (wie viele 2021er) - ich bin mir aber nicht sicher, wie lange so etwas hält/reifen kann (gilt aber für viele der 2021er)- (92)

Laroque 2021
Wirkt sehr beliebig - wobei ich zugeben muss, dass ich auch im von mir geliebten Jahrgang 2019 mit diesem Weingut nicht viel anfangen konnte. Aus meiner Sicht einfach gestrickt, wenig Komplexität, sehr eindimensional, wenig Fruchtausdruck. (89)

Pindefleurs 2021
La Fleur Petrus 2021
beide verkostet auf Ch. Belair Monange (im Rahmen einer Verkostung mit Ch. Moueix, daher vielleicht etwas vom Gesamteindruck beeinflusst :-) Einerseits die Person Christian Moueix, andererseits die Architektur und die Details auf Belair Monange - Gänsehaut!)
Der Pindefleurs ist ein absoluter Preis/Genuss-Wein. Sehr stimmig, hat für 2021 relativ viel Druck, ist mundfüllend, wirkt aber ausgeglichen, geschliffen und sehr erhaben. Für eine höhere Benotung fehlt es an Komplexität und Struktur, dennoch sehr gute 91-92 Pkt.
La Fleur Petrus war für mich bisher der Wein des Jahrgangs. Sehr feingliedrige Frucht, Blumen und Kräuter in der Nase, rote Beeren. Am Gaumen tänzelt der Wein, leicht, aber dennoch mit Druck, wiederum rotbeerig. Sehr burgundisch anmutend. Das ist, vor allem angesichts des Jahrgangs, großes Kino! (94)

Rauzan-Ségla 2021
Ebenfalls direkt im Chateau verkostet. Nur kurze Notizen gemacht: Johannisbeeren, Minze, schwarzer Pfeffer. Derzeit schon sehr offen, leicht zu trinken, schöner Trinkfluss. Nicht vergleichbar mit großen Jahrgängen, aber dennoch nicht von schlechten Eltern (91-92)

und wieder einmal
Phelan Segur 2021
für mich bisher eher eine Enttäuschung, weil ich vom Weingut und dem Preis/Genuss-Verhältnis sehr angetan bin. Der 2021er konnte mich zum wiederholten Mal nicht abholen. Ein gut gemachter Wein, der durchaus zu einem guten Steak oder Pasta passen kann. Für mich mangels Frucht, Komplexität und Stuktur aber wieder maximal 89 Punkte wert...
Schöne Grüße, Markus
Sauternes
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Re: Bordeaux 2021

Beitrag von Sauternes »

Danke für deine Notizen, welche wieder klar verdeutlichen, schwieriger Jahrgang mit wenigen Lichtblicken.
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