Ich hatte noch Rumpsteak von der Wagyu-Färse aus Bioland-Haltung und daraus gab es dann gestern ein erstes Steak, mit gebratenen Kartoffelwürfeln und Flageoletten und ich zog dann erst einmal das "Sorgenkind" auf.
Tatsächlich startete der 2005er Gruaud-Larose erst einmal sehr verhalten und lag im Erinnerungsvergleich hinter einem zu Silvester bei David getrunkenem 2005er Charmail, der sich überraschend expressiv und fein zeigte. Dagegen wirkte der Gruaud beim ersten Probeschluck zwar gefällig, aber sehr einfach gestrickt. Zum Essen dann aber wurde er besser und ließ das Steak schön zur Geltung kommen.
Dann so etwa 1 bis 2 Stunden nach dem Essen die Überraschung, die Nase öffnete sich und der Wein zeigte sich dann auch sangesfreudig - plötzlich kein weichgespülter Popsong mehr, sondern Schmusejazz mit Improvisationstalent, immer wieder blitzte es mal sehr interessant auf. Dennoch schien es, als wäre es eine Art Bandprobe im Nachbarzimmer, wo immer mal kurz die Tür auf- und dann wieder zugemacht wurde. Das eigentliche Konzert aber findet wohl erst in einigen Jahren statt...
Und es kam, wie ich es bei Bordeaux leider oft empfinde, nach etwa 6 Stunden war mit dem letzten Glas Schluss mit lustig. Das letzte Glas war dann anstrengend durch zu Tage tretendes trocknendes Tannin.
Fazit - eine Grand Cru-Erwartungshaltung durfte man tatsächlich nicht haben, der Wein wirkte eher wie etwas aus der 20 € Klasse. Ich habe schon Schlechteres getrunken, aber eben auch viel Besseres aus dem Bordelais. Selbst den damaligen Subs-Preis erschien er mir nicht wert.
Hätte ich punkten müssen, wären es am Beginn 91, zum Essen 92, danach, als er auf seinem Höhepunkt war, wäre ich für exzellente 93 bis 94/100 Th. Punkte bereit gewesen, das letzte Glas dann aber nur noch 85 - 87... ich lasse das mal so in der Entwicklungsspanne stehen , und bilde bewusst mal keinen Mittelwert...
Da das Fleischstück recht groß war, gibt es das heute ein zweites Mal, vielleicht mache ich es sogar noch mal auf die selbe Art und Weise, um einen direkteren Vergleich zu haben. Denn inzwischen habe ich auch eine Flasche des 1996er Gruaud Larose ausgebuddelt... Der hatte mir dann ja doch schon desöfteren ganz gut gefallen.
Über das Steak gab es eine schöne Sauce, gezogen aus dezent Knoblauch einer großen Langschalotte in Ringe geschnitten, 1 knapper Teelöffel grüner Pfeffer, 1 Eßlöffel Creme Fraiche und einen Esslöffel Bautzener Senf extra-scharf, abgelöscht mit einem Schuß Rotwein und dann als das Steak ruhte, wurde der Bratsud reingerührt.
Bordeaux 2005
Re: Bordeaux 2005
vielen Dank Torsten für die Schilderung. Ich habe dann doch keinen 2005er geöffnet und spontan kürzlich zum 2016er Pontet-Canet gegriffen. Was Du über die geschmackliche Tanninenwicklung von Bordeaux schreibst, empfinde ich auch oft so. Beim PC war davon aber erst nach 24 Stunden etwas zu spüren. Er schmeckte ziemlich zugänglich und geschmeidig und entwickelte ein edles Beeren-und Blüten-Konzentrat, eher mild, ohne Überbetonungen oder Irritationen. Geschliffene Harmonie sozusagen ohne Doppelbödiges zu bieten. Auch die Hoffnung, schier vom feinen Fruchteindruck hingerissen zu werden, erfüllte sich letztlich nicht, es blieb beim netten Genuss. Ich halte hier noch eine wunderbare Verwandlung für möglich, bloß wann...
Gruß, Kle
Gruß, Kle
Das Schema der Wirklichkeit ist das Dasein in einer bestimmten Zeit
Immanuel Kant, Elementarlehre
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Re: Bordeaux 2005
Hallo Kle,
so junge Bordeaux-Weine habe ich gar nicht mehr im Keller. Nach 2005 habe ich ohnehin nur noch sehr wenig Bordeaux neu gekauft. Um nicht zu sagen, in den meisten Jahren danach gar nichts mehr. Zum Einen wegen der häufigen Unsicherheit beim Genuss, zum Anderen aber auch wegen der preislichen Entwicklung. Ich bin aber froh, mit den 90ern ein wenig in die Bordeaux - Welt eingetaucht zu sein. Und freue mich auch immer wieder, wenn mir das Flaschenglück dabei hold ist. War übrigens dann gestern mit dem 96er so...
so junge Bordeaux-Weine habe ich gar nicht mehr im Keller. Nach 2005 habe ich ohnehin nur noch sehr wenig Bordeaux neu gekauft. Um nicht zu sagen, in den meisten Jahren danach gar nichts mehr. Zum Einen wegen der häufigen Unsicherheit beim Genuss, zum Anderen aber auch wegen der preislichen Entwicklung. Ich bin aber froh, mit den 90ern ein wenig in die Bordeaux - Welt eingetaucht zu sein. Und freue mich auch immer wieder, wenn mir das Flaschenglück dabei hold ist. War übrigens dann gestern mit dem 96er so...
Re: Bordeaux 2005
Château La Confession 2005
Saint-Emilion Grand Cru
49% Merlot / 48% CF / 3% PV
Naturkork - perfekter Zustand
1h nach Öffnung direkt aus der Flasche ins Glas
Nase: Traubenkerne, Zwestchke, Graphit (frischer Bleistiftabrieb (B6 oder weicher) auf Papier nicht Zedernholz)
Mund: Zwetschkenkompott ohne Süße, Holz, etwas Keller, gute Balance schön rund
Abgang: vielschichtige Tannine, Zwetschkenschale
Im Lauf des Abends nehmen das Holz und vor Allem der Keller ab, es kommen andere Fruchtnoten hinzu, aber die Zwetschke bleibt dominant. Der Wein ist ziemlich stabil, der Rest am Tag zwei ebenso intensiv.
93/100 P - Nachkauf 2/3
Der Wein hält vermutlich noch ein paar Jahre, aber warum warten, wenn das Trinkfenster optimal ist.
Saint-Emilion Grand Cru
49% Merlot / 48% CF / 3% PV
Naturkork - perfekter Zustand
1h nach Öffnung direkt aus der Flasche ins Glas
Nase: Traubenkerne, Zwestchke, Graphit (frischer Bleistiftabrieb (B6 oder weicher) auf Papier nicht Zedernholz)
Mund: Zwetschkenkompott ohne Süße, Holz, etwas Keller, gute Balance schön rund
Abgang: vielschichtige Tannine, Zwetschkenschale
Im Lauf des Abends nehmen das Holz und vor Allem der Keller ab, es kommen andere Fruchtnoten hinzu, aber die Zwetschke bleibt dominant. Der Wein ist ziemlich stabil, der Rest am Tag zwei ebenso intensiv.
93/100 P - Nachkauf 2/3
Der Wein hält vermutlich noch ein paar Jahre, aber warum warten, wenn das Trinkfenster optimal ist.
als erstes Wunder verwandelte Jesus Wasser in Wein - na das nenne ich mal einen lebensfrohen Gott