Slow food Probe Fränkische Burgunder in Iphofen

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weinaffe
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Slow food Probe Fränkische Burgunder in Iphofen

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

vor gut einer Woche konnte ich an einer von Slow Food organisierten Probe mit dem Thema "Fränkische Burgunder" teilnehmen. Die Probe fand in den Räumlichkeiten des Weingutes Wirsching in Iphofen statt und wurde von den Önologen Dr. Klaus-Peter Heigel (Weingut Wirsching) und Nicolas Frauer (Juliusspital Würzburg) moderiert. Ziel dieser Probe sollte sein, die Charakteristika weisser und roter Burgunder aus Franken zu beleuchten und diese -ohne Wertung des Besseren oder Schlechteren- mit dem einen oder anderen Original zu vergleichen.

Zunächst wurde als Willkommentrunk der Spitzensekt von Wirsching aus der Magnum ausgeschenkt:
2018er "Heinrich" Prestige Cuvee Brut Nature (Wirsching)
Cuvee aus Spätburgunder und Weissburgunder, 4 Jahre Hefelager-- S:7,0--RZ: 0,9--12 Vol%--- 34 EURO ab Weingut
Cremig-eleganter Schäumer mit feiner Perlage und etwas Holzaromatik, sehr harmonisch und ein echter Crowd-Pleaser. Erinnert in der Stilistik etwas an die Schäumer von Reinecker. Sehr gut vinifiziert, aber auf hohem Niveau vielleicht etwas zu eingängig. Für den aufgerufenen Preis fallen mir doch einige andere Schaumweine ein, die mir mehr zusagen.

Anschließend gab es einen 4-er-Flight mit weissen Burgunderweinen aus Franken:

2023er Retzbacher Weißburgunder QW trocken (Christine Pröstler)
13,0 Vol%---RZ: 3,2---S: 5,8--- 11 EURO ab Weingut
blitzsaubere Nase, dezente Gelbfrucht, Hauch Mineralität, aber eher auf Frucht und Frische gebaut, mittlere Länge, ohne Fehl und Tadel, aber nicht sonderlich spannend. Gefällt aber sicherlich vielen.

2022er Nordheimer Kreuzberg Chardonnay QW trocken (Waldemar Braun, Nordheim)
13,0 Vol%---RZ:1,4---S: 6,4--- 12 EURO ab Weingut
In der Nase etwas Marille und Apfel, aber keine plakative Frucht, recht straff am Gaumen, richtig trocken, Alkohol bestens verpackt, kleines Loch in der Mitte, hat aber im Gegensatz zum Vorgänger noch etwas Entwicklungspotential. Gelungener fränkischer Chardonnay in der Einstiegsklasse.

2022er Astheimer Karthäuser Weißburgunder GG (Juliusspital)
13,0 Vol%--- Z: 1,4--- S: 6,2--- 35 EURO ab Weingut
das ist schon ein anderes Kaliber: elegante Nase mit dezentem Holzeinfluss, auch etwas Gelbfrucht, aber sehr dezent, deutlich mineralisch, absolut trocken, stimmige Säure, noch einige Ecken und Kanten, aber sehr viel Potential, sehr dicht und lang, sollte noch ein paar Jahre ruhen. High-End-Weissburgunder, der zu Recht zur absoluten deutschen Spitze bei dieser Rebsorte zu zählen ist.

2022er TriTerra Burgunder-Cuvee QW trocken (Wirsching, Iphofen)
13,5 Vol%--- Z:1,8--- S: 5,8--- 22 EURO ab Weingut
Eine Cuvee aus Weissburgunder, Chardonnay und Grauburgunder. Zarte Holznote in der Nase, Hauch Karamell, am Gaumen sehr elegant, gekonnt vinifiziert, es fehlt für mich aber etwas an Struktur und Spannung, gute Länge. Nicht so ganz mein "cup of tea", aber vielen gefällt das ganz bestimmt.

Danach gab es ein Buffet mit kalten Fischspezialitäten von der Hagenmühle in Willanzheim sowie eine feine Käseauswahl der Käserei Brunner in Markt Herrnsheim. Gut gestärkt und nach einer kurzen Kellerführung ging es mit einem weiteren 4-er-Flight weiter, bei dem 2 weisse Frankenweine gegen 2 burgundische Weissweine antraten:

2015er Astheimer Karthäuser Weissburgunder GG (Juliusspital)
Ebenfalls ein gelungener Weissburgunder aus diesem warmen Jahr, noch sehr frisch und vital, saftig, gute Länge, der 22er scheint mir aber mehr Potential zu haben und stilistisch etwas trockner und mineralischer zu sein.

2007er TriTerra Burgunder Cuvee (Wirsching, Iphofen)
In der Nase deutlich gereift, für Altwein-Freaks durchaus noch ein Genuss, aber man hätte diesen Wein schon deutlich früher entkorken sollen.

2022er Bourgogne Aligote (Sylvain Cathiard, Vosne-Romanee)
ein echtes Highlight aus dieser doch meist recht einfach gestrickten Rebsorte, elegante Mineralität, Walnuss, ganz dezente Frucht nach knapp reifem Apfel, saftige Säure, gerade mal 12 Vol%, dennoch kein dünner oder einfacher Wein. Wenn der Winzer sich sehr bemüht, lässt sich auch aus dieser Rebsorte ein richtig guter Wein machen. Im Gegensatz zu den meist günstigen Aligotes kostet dieser Wein von einem renommierten und gehypten Winzer im hiesigen Handel aber schon ca. 30 EURO !

2019er Bourgogne Cotes d'Auxerre (Domaine Goisot, Saint Bris le Vineux)
ein recht stoffiger Chardonnay, der mir allerdings zu viel laktische und karamellige Noten in der Nase und am Gaumen aufweist. Für mich kein optimaler BSA; wer aber hier nicht so empfindlich ist wie ich, kann mit diesem Wein viel anfangen, zumal er preislich sehr erschwinglich ist.

Nun wird es richtig interessant. Im nächsten 4-er-Flight treten 2 Pinots aus der Cote d'Or gegen 2 fränkische Spätburgunder aus Bürgstadt an:

2015er Vosne-Romanee Village Magnum-Flasche (Gerard Mugneret, Vosne-Romanee)
dieser Wein versprach natürlich sehr viel: zwar faktisch nur ein Village, aber aus dem Epi-Zentrum großer Burgunder und von einem Kult-Winzer vinifiziert, dazu noch aus der Magnum ! Wir wurden auch nicht enttäuscht: sehr feine, in sich ruhende und elegante Nase mit zarter roter Frucht (Kirsche, Himbeere), unterlegt mit ätherischen und kräutrigen Noten, am Gaumen eine feste, aber elegante Struktur, hier ist nichts Lautes, alles am rechten Platz, zarte Säure sorgt für Frische und Eleganz, überlegene Länge. Großartiger High-End-Village, der viele Crus anderer Erzeuger ziemlich alt aussehen lässt. Leider nicht ganz billig (derzeitiger Marktpreis für diese Magnum zwischen 300 und 400 EURO). Da am Ende dieser Probe es noch einige zu verteilende Reste gab, konnte ich neben einigen Käsestücken auch eine praktisch volle, angebrochene Magnum dieses Weines mitnehmen.
Die Magnum präsentierte sich über die folgenden 2 Tage fast unverändert und wurde genüsslich geleert ;)

2021er Corton Clos du Roi Grand Cru (Domaine de La Pousse d'Or, Volnay)
Der Wein, zumal ein in der Regel langsam reifender Corton, war natürlich viel zu jung--- die reinste Kinderschändung :lol: Hier passt noch nicht so viel zusammen, die Säure steht noch neben der Frucht und das Tannin ist noch sehr prominent. Der Jahrgang war auch nicht ganz einfach, trotzdem sollte sich dieser Wein angesichts des Renommees des Produzenten gut entwickeln. Leider werde ich diesen Wein in 10 oder 15 Jahren nicht mehr probieren können, insofern hilft momentan nur der positive Blich in die Glaskugel. Corton gehört aufgrund der Grösse noch zu den bezahlbareren Grand Crus, trotzdem ist man hier auch schon dreistellig im Preis.

2015er "Sturm und Drang" Spätburgunder QW trocken (Weingut Sturm, Bürgstadt)
In der Nase merkt man schon ein wenig den warmen Jahrgang, wenig Feinheit, ein Hauch marmeladig in der Frucht, gute Struktur, etwas eckiges Tannin, trotz nur 13,5 Vol% ist der Alkohol deutlich spürbar, eine etwas frühere Lese wäre hier sicherlich ein Segen gewesen. Ansonsten ein durchaus gelungener Spätburgunder in dieser "warmen" Stilistik.

2020er Bürgstadter Centgrafenberg Spätburgunder "J" (Josef Walter, Bürgstadt)
13,5 Vol%---Z:0,1---S: 5,9--- 33 EURO ab Weingut
Josef Walter gehört eher zu den "Stillen" im Frankenland, aber er ist absoluter Burgunder-Spezialist und erzeugt bereits seit vielen Jahren einige der besten fränkischen Pinots. Dieser hier macht keine Ausnahme: sehr feine, elegante und "burgundische" Nase mit zarter Rotfrucht und kräutrig-ätherischen Noten, am Gaumen komplett trocken, saftige Säure, saftige Säure, im Gegensatz zu vielen Burgundern eine etwas weichere Tanninstruktur, ohne dass der Wein zerfliesst und in die Breite abdriftet, elegant mit extraktsüssem Kern, gute Länge. Wem Fürst zu teuer gewoden ist, hier gibt es eine gute Alternative !

Zum Abschluss gab es noch einen 4-er-Flight ausschließlich mit fränkischen Spätburgundern:

2022er Bürgstadter Berg Spätburgunder 1e Lage VDP (Rudolf Fürst, Bürgstadt)
13,0 Vol%--- 44 EURO ab Weingut
Über Fürst und seine Pinots muss man nicht mehr viele Worte verlieren. Momentan noch sehr verschlossen, traut sich die Frucht noch nicht richtig aus dem Schneckenhaus. Das Holz ist noch etwas im Vordergrund, der Kern ist aber kraftvoll mit einigem Extrakt, der Wein braucht einfach noch ein paar Jahre, wird aber mit Sicherheit zu einem eleganten Spätburgunder heranreifen.

2020er Oberschwarzacher Herrenberg Spätburgunder QW trocken (Weinbau Ruppenstein, Oberschwarzach)
14,0 Vol%---Z: 1,0---S:5,6---18 EURO ab Weingut.
Eine positive Überraschung aus einem nicht so bekannten Betrieb: das ist sicherlich nicht die ganz feine Klinge, aber der Wein ist trotz 14 Umdrehungen nicht alkoholisch oder marmeladig, eine kühle Kräutrigkeit fängt die Kraft dieses Weines gut ein, die Frucht geht eher in Richtung Brombeere, ist aber in keiner Weise kitschig, in dieser kraftvollen Stilistik durchaus gelungen, zumal der Preis mehr als fair ist.

2022er Randersackerer Hohenroth Spätburgunder GG (Schmitts Kinder, Randersacker)
13,5% Vol%---Z:0,3---S:5,7--48 EURO ab Weingut.
Irgendwie werde ich mit diesem Wein nicht so recht warm, in der Nase deutlich Cassis, fast etwas plakativ, dies wird durch eine ätherische Note wieder etwas relativiert, trotzdem bleibt für mich ein latent dropsiger Eindruck, wahrscheinlich ist der Wein auch noch etwas zu jung, wie sich das entwickeln wird, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Für mich, zumindest derzeit, auch aufgrund des Preises kein Kaufkandidat.

2021er Bürgstadter Centgrafenberg Spätburgunder QW trocken (Weingut Hench, Bürgstadt)
13,5 Vol%---Z:0,2---S:5,6--- 18 EURO ab Weingut
eleganter, jahrgangsbedingt etwas leichter Pinot, der dennoch sehr typisch und jetzt perfekt zu trinken ist. Sehr fairer Preis.

Sehr gelungene, sympathisch unkoordinierte :lol: Veranstaltung, die wie immer bei Slow Food -Veranstaltungen etwas länger als geplant gedauert hat. Gerne mal wieder !

LG
Bodo
Taunus Südhang
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Re: Slow food Probe Fränkische Burgunder in Iphofen

Beitrag von Taunus Südhang »

Vielen Dank für diesen Beitrag. Franken vs. Bourgogne hat man nicht so oft.
Viele Grüße

Thomas
Bernd Schulz
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Re: Slow food Probe Fränkische Burgunder in Iphofen

Beitrag von Bernd Schulz »

Taunus Südhang hat geschrieben: Mo 27. Jan 2025, 19:03 Franken vs. Bourgogne hat man nicht so oft.
Zum einen das - und zum anderen gefällt mir an Bodos Beiträgen besonders, dass in ihnen immer wieder fränkische Winzer auftauchen, die ich vorher nicht einmal dem Namen nach kannte. Weder Ruppenstein noch Hench waren mir bislang ein Begriff.

Klar, die altrenommierten Betriebe, die in aller Munde sind, interessieren mich unter gewissen Umständen auch, aber ich mag es besonders, mich immer wieder mit bislang weniger bekannten Weingütern zu beschäftigen. Allerdings lasse ich mich weit schneller zu einer Bestellung hinreißen, wenn auf der Website auch Preise ersichtlich sind. Bei Hench ist das leider nicht der Fall...... :(

Herzliche Grüße

Bernd
mixalhs
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Registriert: Mi 7. Sep 2011, 11:29

Re: Slow food Probe Fränkische Burgunder in Iphofen

Beitrag von mixalhs »

Danke für den spannenden und anregenden Bericht. Gern wäre ich dabei gewesen, aber das zu lesen, macht auch viel Freude.

Deiner Einschätzung des Karthäusers vom Juliusspital kann ich nur beipflichten: eines der besten GGe aus weißen Burgundersorten. Ich habe z.B. eine Verkostungsnotiz des 2016ers aus dem letzten Sommer gefunden, und der Wein war ganz wunderbar und hat noch ein langes Leben vor sich, sogar mit etwas Potenzial nach oben.

Die Weine von Josef Walter, die ich bisher im Glas hatte, haben mir alle gefallen, aber sie haben mich nicht nicht zu Begeisterungsstürmen hingerissen.

Mugneret kenne ich nicht, werde aber mal schauen, ob ich was kaufen kann. Domaine de la Pousse d'Or habe ich in den frühen 1990ern mal gekauft, als die Weine zwar für damalige Zeiten schon teuer, aber trotzdem noch einigermaßen erschwinglich waren. Vielleicht gönne ich mir bei Gelegenheit mal eine Einzelflasche; mir einen Vorrat in den Keller zu legen, kann ich mir leider nicht leisten.

Herzliche Grüße, Michael
weinaffe
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Re: Slow food Probe Fränkische Burgunder in Iphofen

Beitrag von weinaffe »

... zu fränkischen Pinots noch ein Tipp, der allerdings nicht mehr so geheim ist, da der Winzer in fast allen gängigen Weinführern gelistet ist:
Philip Bernard heißt der Jungwinzer, der lediglich 1,5 ha in Erlenbach (Hausadresse) und im Klingenberger Schloßberg bewirtschaftet.
@ Bernd: der hat auch eine gute Website, auf der man sich die aktuelle Preisliste herunterladen kann.Die 22er Rotweine haben mir durch die Bank sehr gut gefallen, alle Weine auf Eleganz vinifiziert, ohne ein gewisses Rückgrat vermissen zu lassen. Durchaus "burgundisch" im Stil, aber keinesfalls eine Kopie des Originals. Für wenig Geld (12 EURO) bekommt man einen ungewöhnlich feinen Portugieser, ein echter Spasswein. Die beiden Spätburgunder aus dem Klingenberger Schlossberg zeigen das Potential des Winzers und seine Verständnis für Lage und Rebsorte. Der Vinum-Weinführer sieht den "normalen" Schlossberg (24 EURO) deutlich stärker als die Selektion Fass 01 (28 EURO). Ich sehe es genau andersherum. Auch im Hinblick auf die mittlerweile in Deutschland aufgerufenen Pinot-Preise ist der Fass 01 ein saustarker Wein mit Potential und Klasse zu einem sehr vernünftigen Preis. Wenn der Winzer so weiter macht, wird man noch viel von ihm hören..

LG
Bodo
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