Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

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EThC
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von EThC »

Bernd Schulz hat geschrieben:Ein trockener Wein aus Franken, der mit lediglich 11 Volt auskommt, ohne dünn zu wirken, fasziniert mich schon per se. Hinzu kommt hier die eigenartige Mischung aus floralen und mineralisch-salzigen Komponenten, die man so erst einmal nicht kennt. Mir kommt das, um mich mal á la Erich auszudrücken, als "großer Spaß" entgegen
...auch Muskateller ist aromatisch recht vielschichtig. Zumal er ja auch sehr weit verbreitet ist.
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

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Bernd Schulz
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Bernd Schulz »

Ralf Gundlach hat geschrieben:Ich kam ja komischerweise gar nicht mit der Aromatik zurecht. Warum auch immer.
Hallo Ralf,

Gerüchten zufolge sind die Menschen nebst ihren Geschmäckern verschieden, mal mehr, mal minder. Und darüber hinaus kann ich gut nachvollziehen, wenn jemand mit dem besagten 19er Muskateller seine Schwierigkeiten hat, denn die Gesamtaromatik ist in ihrer Mischung von leicht schwülen Blütennoten mit einer eher straffen Mineralität schon ungewöhnlich. Oder um es mal bewusst negativ zu formulieren: Eine gewisse Gummi-Assoziation halte ich hier nicht für völlig aus der Luft gegriffen.....

Zu unter acht Euro nehme ich dir von diesem Getränk trotzdem alles ab, was du loswerden möchtest!

Herzliche Grüße

Bernd
weinaffe
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

geheim ist nichts in der Weinwelt, aber vielleicht viel zu wenig bekannt? Der folgende Winzer gehört für mich zu den ganz großen Talenten in Franken und seine Weine sind (noch?) beschämend niedrig bepreist:

Bild

LG
Bodo
weinaffe
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

auch im etwas behäbigeren "Mainviereck" um Klingenberg und Bürgstadt tut sich mittlerweile einiges.
Ich hatte heute die Möglichkeit, einige Weine von Philip Bernard aus Erlenbach zu probieren. Der junge Philip Bernard bewirtschaftet mit seiner Familie um die 2 ha in Erlenbach und in den Terrassen des Klingenberger Schlossbergs, natürlich alles in Handarbeit. Der Betrieb ist vor allem auf die Burgundersorten spezialisiert, vinifiziert aber auch einen Portugieser aus über 50 Jahre alten Reben.
Probiert wurden :

2021er Klingenberger Spätburgunder Rose
das ist ein verdammt guter und ernsthafter Rose,im Barrique ausgebaut und weitab von den normalen, fruchtbetonten Vertretern. Leichte Reduktion in der Nase, sehr straff und frisch, aber mit Gehalt,dennoch mit seinen 13 Vol% nicht zu wuchtig, sicherlich ein sehr guter Essensbegleiter (16 EURO).

2022er Erlenbacher Portugieser
durchscheinendes Kirschrot, unheimlich elegant für einen Portugieser (60 Jahre alte Anlage), zarte Kirschfrucht, sehr feines Tannin, Ausbau im gebrauchten Barrique, saftig, finessenreich, das ist richtig gut und kostet lediglich 12 EURO. Ein richtiges Schnäppchen.

Doch jetzt zu den beiden Schlossberg Spätburgundern:

2022er Schlossberg Spätburgunder vs.2022er Schlossberg Spätburgunder Fass 01
Der "normale" Schlossberg ist schon grosse Klasse: sehr feine, elegante Nase a la Paul Fürst, feine Kirsche, etwas Himbeere, seidiges Tannin, elegant und fein, feinfühliger Holzeinsatz, gute Länge. Das ist schon verdammt gut und mit 24 EURO absolut fair bepreist.
Bei dem Fass 01 handelt es sich nicht um eine Fassselektion, sondern der Wein speist sich aus aus anderen Teilstücken des Schlossbergs mit kleinbeerigeren Klonen. Der Fass 01 legt da auch noch eine Schippe drauf. Noch etwas verschlossene, aber tiefgründige Nase, einen Tick mehr auf der dunklen Seite, Schwarzkirschen, reife Brombeeren, absolut trocken, sehr feinkörniges Tannin, tolle Struktur, blind probiert könnte das ein sehr guter Gevrey Cru sein. Sehr überzeugend und deutliches Potential. Für 28 EURO ist das im Kontext dieser Rebsorte ein echtes Schnäppchen.

Wer Spätburgunder mit Eleganz, Struktur und Finesse liebt, sollte dieses noch junge Weingut im Auge behalten. Eine echte Entdeckung !

LG
Bodo
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UlliB
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von UlliB »

weinaffe hat geschrieben: Sa 7. Dez 2024, 16:17
2022er Schlossberg Spätburgunder [Philip Bernard]
Der "normale" Schlossberg ist schon grosse Klasse: sehr feine, elegante Nase a la Paul Fürst, feine Kirsche, etwas Himbeere, seidiges Tannin, elegant und fein, feinfühliger Holzeinsatz, gute Länge.
Davon habe ich mir etwas besorgt. Die Notiz kann ich so übernehmen, Betonung auf "elegant und fein", die Intensität ist moderat. Harmonisch und stimmig, nichts wirkt aufgesetzt oder forciert. Gefällt mir sehr.

Gruß
Ulli
weinaffe
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von weinaffe »

UlliB hat geschrieben: Mo 10. Feb 2025, 09:43
weinaffe hat geschrieben: Sa 7. Dez 2024, 16:17
2022er Schlossberg Spätburgunder [Philip Bernard]
Der "normale" Schlossberg ist schon grosse Klasse: sehr feine, elegante Nase a la Paul Fürst, feine Kirsche, etwas Himbeere, seidiges Tannin, elegant und fein, feinfühliger Holzeinsatz, gute Länge.
Davon habe ich mir etwas besorgt. Die Notiz kann ich so übernehmen, Betonung auf "elegant und fein", die Intensität ist moderat. Harmonisch und stimmig, nichts wirkt aufgesetzt oder forciert. Gefällt mir sehr.

Gruß
Ulli
Freut mich, Ulli ! Hast du auch den Fass 01 noch mitbesorgt? Die Mehrausgabe von 4 EURO lohnt sich meines Erachtens sehr, da der noch mehr Struktur und Dichte liefert, ohne seine Eleganz zu verlieren. Das ist wie der Sprung von einem Village zu einem 1er Cru, nur deutlich günstiger ;)

LG
Bodo
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UlliB
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von UlliB »

weinaffe hat geschrieben: Mo 10. Feb 2025, 14:37 Hast du auch den Fass 01 noch mitbesorgt?
Ja, habe ich - ich hatte ja wegen deiner Notizen weiter oben etwas bestellt, da konnte ich den "Fass 01" natürlich nicht weglassen ;)

Steht in der Warteschleife und ist irgendwann demnächst dran.

Gruß
Ulli
weinaffe
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von weinaffe »

Well done, Ulli!
Bin mal gespannt, wie du die beiden Weine im Vergleich siehst. In der Verkostungsrunde bei uns bevorzugten auch einige den "normalen" Schlossberg, was ich auch verstehen kann. Das größere Potential, unabhängig von allen Vorlieben, hat für mich aber eindeutig der Fass 01.

LG
Bodo
Ralf Gundlach
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Ralf Gundlach »

Ich hatte mal Lust auf was neues und habe mir jeweils ein Sixpack vom Weingut Melber in Rödelsee und von Florian Reus ( Tipp von Bodo) aus Würzburg bestellt. Melber traf zuerst ein und so musste die erste Flasche geöffnet werden:

2022 Rödelseer Spätburgunder trocken Weingut Melber

Die Farbe zeigt verdächtige Lilareflexe. In der Nase erhärtet sich mein Verdacht: ich bin mir relativ sicher, dass hier prozentual ordentlich Dornfelder als Deckwein drinnen ist. Das geht nasenmäßig schon in eine rustikale Richtung. Am Gaumen hat der ordentlich Substanz. Kirschen, Kräuter zeigen sich. Aber es ist doch alles etwas rustikal und entkommt gerade so der beliebigen Ecke.
Zum Grillen ging der sicher ganz gut. Aber da empfinde ich nichts eigenständiges dran, eher internationaler Stil. Für 6-7 Euro wäre das okay. Aber für 10 Euro ist mir das doch zu wenig eigenständig. Ich verstehe sowieso nicht, warum man Spätburgunder mit irgendeinen Bauernlümmel (hoffentlich liest kein Landwirt mit) von Rebsorte paaren muss, nur damit er nicht zu hellfarbig wird. Ein ernsthafter Winzer hat doch so etwas nicht nötig. Ich hoffe, dass der Silvaner und die Scheurebe eigenständiger sind ( die hat auch Bernd). Mit Luft legt er wohl die rustikalen Noten etwas ab. Ich habe Herrn Melber mal angeschrieben zu der Deckwein-Vermutung.

85 Punkte (wegen der Substanz und Länge, deswegen hat er im Vinum wahrscheinlich auch 87 Punkte bekommen)

Gruß

Ralf
Ralf Gundlach
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Re: Empfehlungen weniger bekannter Protagonisten

Beitrag von Ralf Gundlach »

Ralf Gundlach hat geschrieben: Di 11. Feb 2025, 20:21 Ich hatte mal Lust auf was Neues und habe mir jeweils ein Sixpack vom Weingut Melber in Rödelsee und von Florian Reus ( Tipp von Bodo) aus Würzburg bestellt. Melber traf zuerst ein und so musste die erste Flasche geöffnet werden:

2022 Rödelseer Spätburgunder trocken Weingut Melber

Die Farbe zeigt verdächtige Lilareflexe. In der Nase erhärtet sich mein Verdacht: ich bin mir relativ sicher, dass hier prozentual ordentlich Dornfelder als Deckwein drinnen ist. Das geht nasenmäßig schon in eine rustikale Richtung. Am Gaumen hat der ordentlich Substanz. Kirschen, Kräuter zeigen sich. Aber es ist doch alles etwas rustikal und entkommt gerade so der beliebigen Ecke.
Zum Grillen ging der sicher ganz gut. Aber da empfinde ich nichts eigenständiges dran, eher internationaler Stil. Für 6-7 Euro wäre das okay. Aber für 10 Euro ist mir das doch zu wenig eigenständig. Ich verstehe sowieso nicht, warum man Spätburgunder mit irgendeinen Bauernlümmel (hoffentlich liest kein Landwirt mit) von Rebsorte paaren muss, nur damit er nicht zu hellfarbig wird. Ein ernsthafter Winzer hat doch so etwas nicht nötig. Ich hoffe, dass der Silvaner und die Scheurebe eigenständiger sind ( die hat auch Bernd). Mit Luft legt er wohl die rustikalen Noten etwas ab. Ich habe Herrn Melber mal angeschrieben zu der Deckwein-Vermutung.

85 Punkte (wegen der Substanz und Länge, deswegen hat er im Vinum wahrscheinlich auch 87 Punkte bekommen)

Gruß

Ralf
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