29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

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amateur des vins
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Re: 29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

Beitrag von amateur des vins »

EThC hat geschrieben: Mi 4. Dez 2024, 20:43 ...weil's keinen Sinn macht, aus Sorten, von denen es nur 3 oder noch weniger Stöcke gibt, jeweils reinsortige Weine zu keltern. Es wäre natürlich attraktiver, wenn man erfahren könnte, wie die Perle von Csaba oder der dreifarbige Heunisch für sich schmecken, aber ich finde es erst mal lobenswert, daß die alten Sorten überhaupt erhalten werden. Und wenn der Verkauf / Erlös der Field Blends da zumindest ein bißchen hilfreich ist, kann ich da erst mal nichts Schlechtes dran finden...
Ich find da auch nichts Schlechtes dran. Ich verstehe nur den Sinn nicht.

Zum einen möchte ein Rebsortenarchiv doch irgendwie... Rebsorten archivieren, oder nicht? Und meinetwegen, um Interesse zu generieren, auch präsentieren.Wie sollen denn bei einem Verschnitt von 60 einzelne präsentiert werden? Die gehen doch im Gemenge unter.

Zum anderen impliziert doch "Cuvée", daß separat ausgebaut und dann - traraa! - cuvetiert (sic!) wird, oder nicht? Was Dein Argument irgendwie hinfällig macht, weil die Kosten bei Winzmengen nicht entsprechend runterskalieren. Schwer vorstellbar, daß eine Cuvée aus 60 Rebsorten in Winzmengen da einen positiven Deckungsbeitrag leistet.

Ich würde wirklich gerne die Beweggründe dahinter verstehen.
Besten Gruß, Karsten
Thomas Riedl
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Re: 29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

Beitrag von Thomas Riedl »

Hallo zusammen,

auf der Webseite https://www.rebenpatenschaft.de/suedpfalzweinberg/ kann man sich umfassend informieren, was der Diplombiologe, Ampelograph und "Rebenretter" Andreas Jung dort macht und warum er mit Hilfe des Weingutes Spies einen Wein aus 60 und manchmal auch mehr Rebsorten erzeugt. Dort kann man den Wein auch bestellen. Er teilfinanziert seine Arbeit damit.

Die vielversprechendsten Rebsorten, die Andreas Jung seit 2007 u.a. im bundesweiten 3-jährigen "Erfassungsprojekt Rebengenetische Ressourcen" wiedergefunden hat, hat er mit Hilfe des Rebenzüchters und Rebenveredlers Ulrich Martin in Gundheim vermehrt. Inzwischen gibt es viele Winzer*innen, die Parzellen mit diesen Rebsorten neu angepflanzt haben und Weiß-, Rosé- und Rotweine sowie Schaumweine daraus erzeugen.
Siehe: https://historische-rebsorten.de/

Ohne den Südpfalzweinberg hätte es diese Diversitätserweiterung im deutschen Weinbau aber nicht gegeben. Und die ist wichtig als eine Teilreaktion auf den Klimawandel.

@amateur du vins: Hättest Du Deine etwas spöttisch wirkende Frage auch Otmar und Johannes Zang gestellt, die einen 1835 gepflanzten wurzelechten Gemischten Satz pflegen, der 35 Rebsorten enthält und jedes Jahr tollen Wein ergibt? Oder einem der zahlreichen deutschen Weinbaubetriebe, die bewusst Mischsätze aus 3-10 teilweise historischen Sorten wieder neu angelegt haben? Oder einer bzw. einem der zahlreichen Winzer*innen in Portugal, die im Douro und Dao solche 70 bis über 100 Jahre alten Mischsätze mit manchmal 40 Sorten bewirtschaften und Kultweine daraus erzeugen?

Solche wurzelechten Mischsätze gibt es auf Sizilien am Ätna, in Österreich, in Griechenland, in Spanien, sowieso in Georgien und Kachetien.
Die Österreicher haben sich die Bezeichnung "Gemischten Satz" bekanntlich EU-weit schützen lassen und es gibt Hunderte solcher Weine in der Alpenrepublik.

Am 21. März 2025 präsentiere ich aus Leidenschaft und auf Basis von Kostenteilung eine Probe mit 12 Rotweinen aus seltenen historischen Sorten für das Slow Food Convivium in Bonn, am 4. April eine Probe mit 10 Weißweinen aus solchen Sorten in der Vinothek von Kay-Weine in Königswinter-Oberdollendorf und am 11. April eine Probe mit 12 wurzelechten gemischten Sätzen beim Slow Food-Treffen in Koblenz. Kommt gerne dazu!

Am 24.5. trifft sich die "Interessengemeinschaft Alter Fränkischer Satz" in Gambach, Franken.

Beste Grüße!
Thomas Riedl
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Re: 29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

Beitrag von Thomas Riedl »

Noch ein Nachtrag zur Weißwein-Cuvée von Andreas Jung: Anfangs hat er seinen Südpfalzweinberg als Gemischten Satz gelesen, also alle Trauben am gleichen Tag zusammen, dann eingemaischt, gepresst und vergoren. In manchen Jahren wurde es dann weingesetzlich ein Rotling, weil auch rote Sorten dort stehen.
Insgesamt haben die inzwischen dort stehenden 130 Rebsorten aber sehr weit auseinanderliegende Reifezeitpunkte.

Deswegen liest Andreas inzwischen die früh reifenden Sorten, die mittelspäten Sorten und die spät reifenden Sorten in eigenen Lesedurchgängen, lässt die Partien im Weingut Spies jeweils verarbeiten und verschneidet sie später. So hat er einerseits weniger Verlust durch Überreife bzw. Fäulnis und der Wein wirkt reifer und runder.

Sehr gut trinkbar ist er immer! Wer ihn kauft tut real etwas für die Erhaltung der Biodiversität bei Rebsorten.

Wie sagen die Österreicher? Eine Rebsorte ist wie ein Instrument für den Winzer. Ein Gemischter Satz ist ein ganzes Orchester.
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Udo2009
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Re: 29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

Beitrag von Udo2009 »

Ich habe mal gefragt... und das war die Antwort:

"Hallo,
es ist ein gemischter Satz, alle geernteten Sorten sind zusammengekeltert und vergoren worden. Cuvée oder Verschnitt bedeutet nur, dass der Wein aus mehreren Rebsorten angefertigt wurde, Das können verschiedene, zusammenvergorene Rebsorten sein, oder auch die nachträgliche Mischung einzeln vergorerer Rebsortenweine. Verschnitt ist auch, wenn man einzeln ausgebaute Weine verschiedener Lagen mischt und zusammen abfüllt. Das Komponieren verschiedener Weine nennen die Franzosen Assemblage. Früher waren alle Weine Cuvées, da ja kaum eine Weinberg sortenrein war und beim 10ten die Trauben aller möglichen Winzer in großen Fässern verschnitten wurden. Die Mönche haben ja selten selbst gearbeitet und die Großpressen waren Sammelstellen zur Traubenabgabe für den Zehnten. Die Pacht auf Klosterbesitz wurde in Naturalien (z.B. 50% der Trauben) bezahlt.
Die Weinkontrolle ist bei QbA ziemlich streng. Ich darf z.B: bei Weißwein nicht Rotling (Rot und Weiß zusammen gekeltert) schreiben oder bei mehreren Rotweinsorten nicht Rose oder Blanc de Noir. Das geht nur mit einer Sorte.
beste Grüße

Andreas Jung"

Und das wird unter Cuvée verstanden... (https://de.wikipedia.org/wiki/Cuvée):
"... Im deutschsprachigen Raum ist Cuvée ein Synonym für Verschnittwein. Gemeint ist entweder das gemeinsame Keltern oder auch das Vergären von verschiedenen Rebsorten in einem Gärbehälter zur Herstellung von Wein oder Schaumwein oder das spätere Verschneiden von Weinpartien unterschiedlicher Rebsorten oder Lagen. Auch der so gewonnene Wein wird als Cuvée bezeichnet. ..."
amateur des vins
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Re: 29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

Beitrag von amateur des vins »

Also ich habe unter "Cuvée" noch nie "gemischten Satz" verstanden, und umgekehrt.

Wenn das so verwendet wird (wie ich finde: nachlässig ungenau), erklärt das natürlich das meiste. Ich habe mir insgeheim sowas Ähnliches schon gedacht...

...und ehe jemand fragt: Ja, ich weiß, daß "Cuvée" eigentlich etwas ganz anderes bezeichnet, das mit beiden Interpretationen inkompatibel ist.
Besten Gruß, Karsten
amateur des vins
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Re: 29.9.2018 - Weinprobe des Rebsortenarchivs in Lustadt

Beitrag von amateur des vins »

Hmm, ok, vielleicht habe ich da wirklich einen etwas speziellen Sprachgebrauch, der Cuvée eher Richtung Assemblage sieht.

In diesem Sinne: Allez cuvetir !
Besten Gruß, Karsten
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