kürzlich hatte ich beim hiesigen Weinhändler die Möglichkeit, insgesamt 17 Weine (GGs und solche, die in dieser Klasse mitspielen wollen) vergleichend zu verkosten.
Zum Einstieg gab es folgenden Winzersekt:
2018er Saarburger Rausch Riesling Brut Nature (Geltz-Zilliken
4-jähriges Hefelager, zarte Perlage, eleganter, in keiner Weise plakativer oder zu brioche-betonter Schäumer, als Riesling gut zu erkennen, aber überhaupt nicht auf der betont fruchtigen Seite. Sehr gelungenes Exemplar, das auch von einem Meister seines Fachs (Raumland) versektet wurde.
Ca. 33 EURO im Handel.
Dann gab es eine sehr interessante Silvaner-Palette mit 6 doch stilistisch sehr unterschiedlichen Weinen (5 GG + 1Wein in selbiger Preisklasse):
2023er Sulzfelder Maustal Silvaner GG (Luckert)
Unnachahmlicher Stil, sehr harmonisch, elegant, hat Tiefe, bleibt aber "leise", alles am rechten Platz, ganz dezenter Gerbstoff-Grip, tolle Länge, großer Silvaner, den man aber aufgrund seiner Eleganz und Selbstverständlichkeit leicht unterschätzen kann (13, 5 Vol%). Leider kein Schnäppchen (ca. 60 EURO).
2022er Retzstadter Himmelspfad Silvaner GG (Rudy May)
komplett anderer Stil als Luckert. Hier wurde deutlich eher gelesen (12,5 Vol%), ein Hauch reduktiv, viel kühler und schlanker,saftige Säure, aber durchaus mit Tiefe. Hier sind wir auf der etwas "wilderen" Seite des Silvaners, ohne richtig in die Naturweinrichtung abzudriften. Sehr hochwertiger Sortenvertreter mit Potential (ca. 52 EURO).
2023er Escherndorfer Am Lumpen 1655 Silvaner GG (Max Müller I)
wieder eine andere Silvanerinterpretation. Kraftvoller, aber nicht fetter Silvaner, reifer Apfel, etwas Quitte, erfrischende Säure, die das Ganze gut zusammenhält. Gute Länge. Könnte ein Langstreckenläufer sein (ca. 36 EURO).
2023er Escherndorfer Am Lumpen 1655 Silvaner GG (Rainer Sauer)
pure fränkische Klassik, das Haus ist seinem Stil seit vielen Jahren treu geblieben, Sohn Daniel hat hier nur an wenigen Stellschrauben (etwas Gerbstoff-Grip) gedreht, weder zu fruchtbetont noch "funky", ruht in sich, guter Extrakt und Länge. Wird gut reifen (ca. 31 EURO).
2022er Escherndorfer Am Lumpen 1655 Silvaner GG (Egon Schäffer)
der dritte "Lump" hintereinander und wieder etwas komplett anderes: etwas angereift, spannende Nase mit reifem Apfel, Quitte und nussigen Akzenten, am Gaumen mit etwas eckigen Charakter, etwas Gerbstoff, mit Kraft und Länge. Spannender Silvaner mit Ecken und Kanten, nichts für Eleganz-Trinker (ca. 33 EURO).
2022er Nordheimer Vögelein Silvaner Pere et fils (Peter Rudloff)
kein GG, aber ein Wein aus den ältesten Rebparzellen des Weingutes, der in der GG-Liga mitspielen will. Als Silvaner gut zu erkennen, saftige Birnenfrucht, reifer Apfel, Hauch Gerbstoff, aber sehr in der traditionell verhafteten, fruchtbetonteren Richtung, ohne jedoch richtig fruchtig zu sein.Durchaus guter und ambitionierter Vertreter, der mir aber für den geforderten Preis (49 EURO) doch etwas zu einfach gestrickt ist.
Jetzt kommen 2 Chardonnays, die beide keine GGs sind:
2022er Chardonnay "Reservenagel" (Winzerhof Nagel, Dettelbach)
Die Weine dieses Weingutes haben mich bisher noch nicht so richtig abgeholt, aber der 22er Reserve-Chardonnay ist ein Volltreffer:
endlich mal keine Reduktion, sehr mineralisch schon in der Nase, sehr straight in Chablis-Manier, guter Grip am Gaumen, gewisse Eleganz, perfekter, kaum spürbarer Holzeinsatz, selbstverständliche Kraft und Länge ohne ein Spur von Fett. Das hat GG-Qualität und ist mit 24 EURO sehr fair bepreist.
2022er Chardonnay Landwein Main (Florian Reus)
sehr ambitionierter und sympathischer Teilzeitwinzer, der ca. 1ha in Randersacker und Mainstockheim betreut und Weine im Low-Intervention-Stil (manueller Pressvorgang mit alter Korbpresse, Spontangärung, keine Schönung und Filtration, langer Ausbau auf der Vollhefe) produziert. Die Weine der Jahrgänge 2020 und 2021 fand ich sehr gelungen, mit diesem 22er tue ich mich allerdings etwas schwer. Die Stilistik ist wie immer von mehr oder weniger Reduktion geprägt, auch die Säure, Straffheit und Dichte ist sehr gut, aber der Wein "mäuselt" leider recht stark. Der Winzer hofft, dass sich diese Note etwas einbindet oder ganz verschwindet, ich bin dagegen etwas skeptischer. Ich werde mir aus "akademischen Interesse" mal 1 Flasche zulegen und in 2-3 Jahren testen, wie sich der Wein entwickelt hat. Der anwesende Winzer hat berichtet, dass der Wein über 1 Jahr langsam aber stetig gegoren hat, was natürlich durchaus riskant sein kann.
Jetzt kommt 4 x Riesling:
2023er Norheimer Dellchen Riesling GG (Dönnhoff)
typischer Weingutsstil, extrem fein und "leise", wunderbar harmonisch, perfekte Proportionen, saftige, aber nicht plakative Gelbfrucht, macht jetzt schon Spass, wird aber auch gut reifen können. Diesen "Leisetreter" kann man sehr leicht unterschätzen (ca. 64 EURO).
2023er Kallstadter Annaberg Riesling GG (Rings)
fulminanter Pfälzer Klasse-Riesling, nur ein kleiner Hauch Reduktion, kraftvoll schon in der Nase, reife tiefe Agrumenfrucht, saftige Säure, unheimlich tief, trotz der Kraft mit Finesse, viel Potential. Grosser Pfälzer Riesling (ca. 53 EURO).
2021er Riesling "Montevacano" (Robert Weil)
der "Oben-Drüber-Riesling" aus diesem berühmten Weingut kann durchaus überzeugen: elegante Nase, selbstverständliche Tiefe, polierte Säure, kraftvoll und komplex, großer Rheingauer Riesling mit deftigem Preis (220 EURO).
2022er Wehlener Sonnenuhr Riesling Spätlese (Joh. Jos. Prüm)
natürlich kein GG, aber ein zeitloser Klassiker im Prüm-Stil: leicht böcksrig, perfektes Süsse-Säure-Spiel, macht jetzt schon Spass, sollte aber noch einige Jahre liegen. Zeitloser Klassiker (ca. 45 EURO).
Als Solist kommt dann noch ein durchaus hochwertiger Sauvignon blanc:
2021er Zahir blanc (Oliver Zeter)
schon in der Nase tropische Früchte der feinsten Art, aber nicht zu plakativ, reife Frucht, die aber durch eine saftige Säure austariert wird, nichts grünes oder unreifes, perfekter, eleganter Holzeinsatz, gute Länge. Ein gelungener Wein im Fume-Stil (ca. 50 EURO).
Zum Abschluss gab es noch 3 Spätburgunder der Extra-Klasse:
2022er Spätburgunder Gewann Katzenkopf (Richard Östreicher, Sommerach)
ein kleines Weingut mit herausragenden Weinen: Nase mit dezenter Kirsch-und Brombeerfrucht, absolut kein typisch deutscher Stil, strukturbetont, saftig, keine plakative Dunkelfrucht, saftig, straight, gute Länge, individueller, hochklassiger Stil, eher Gevrey als Chambolle (ca. 65 EURO).
2022er Spätburgunder Reserve (Klaus-Peter Keller)
erster Wein leider mit deutlichem Korkschmecker, die 2. Flasche präsentierte sich dann tadellos: wieder etwas anderer Stil, orientiert sich ganz klar an der Bourgogne, elegante Nase, ganz dezente Reduktion, strukturiert, elegante Dunkelfrucht, saftige Säure, tolle Länge. Wenn man ihn bekommt, relativ erschwinglich (ca. 49 EURO).
2022er Bürgstadter Hundsrück Spätburgunder GG (Paul Fürst)
bei dieser Schönheit fehlen einem fast die Worte, möglicherweise der beste Hundsrück aller Zeiten! Unheimlich tiefe Nase, die grosse Eleganz ausstrahlt, ebenmässige Konturen, unheimlich komplex, am Gaumen wird die Nase voll bestätigt, finessenreiche Dunkelfrucht, trotzdem hat der Wein unheimlich viel Kraft und Extrakt, die aber so tänzerisch verpackt ist, dass man diesen Wein einfach in grossen Schlucken geniessen will, nur das durchaus noch vorhandene, aber seidenweiche Tannin, deutet daraufhin, dass der Wein noch einige Jahre im Keller reifen sollte, was wirklich unheimlich schwerfallen dürfte

Sehr schöne Probe, gerne mal wieder!
LG
Bodo