Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Rieslingfan
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von Rieslingfan »

Ursula hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 19:06 ...Blue-Chip-Adressen..
Und was kann ich mir darunter vorstellen?
Gruß Markus
amateur des vins
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von amateur des vins »

Rieslingfan hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 19:13
Ursula hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 19:06 ...Blue-Chip-Adressen..
Und was kann ich mir darunter vorstellen?
Echt jetzt?!

Mit einem ganz kleinen bißchen Phantasie und Mühe (in Form von Mit- bzw. Nachlesen) kommst Du dahinter; bestimmt!
Besten Gruß, Karsten
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Jochen R.
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von Jochen R. »

Ein Tipp: Keller zum Beispiel
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung." (Franz Müntefering)
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Udo2009
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von Udo2009 »

Vereinfacht ausgedrückt: Top of the tops....
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harti
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von harti »

jessesmaria hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:24
UlliB hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:10
harti hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 15:42 So habe ich z.B. von 2 Kartons 2016er GG von Fritze Haag (im Sonderangebot geschnappert) immer noch 9 oder 10 Flaschen liegen, einfach weil ich diesen Wein nicht runter kriege (nicht wirklich trocken und mit fieser Botrytis-Note).
Ha! Ganz genau an Fritz Haag habe ich gedacht, als ich diesen Thread las. Juffer GG 2015 und 2016: nicht nur schwach, sondern fast schon unterirdisch.
Komisch – immerhin zur Sonnenuhr schreibt Parker über 2016: "Probably the best 'Grosses Gewächs' I have ever had from this domaine." Weinwisser: "Meiner bescheidenen Meinung nach können die Grossen Gewächse aus dem Jahrgang 2016 die neuen 2008er werden. Damit soll gesagt sein, dass sie nicht nur eine grosse, sondern auch lange Zukunft vor sich haben, besonders, wenn sie mit einer mineralischen Substanz ausgestattet sind, wie man sie bei Oliver Haags Juffer Sonnenuhr vorfindet.", Gerstl: "Der ist ganz einfach unfassbar gut, das ist wohl der grösste trockene Wein in der Geschichte dieses Weinguts, so sagenhaft leichtfüssig war er noch nie – und auch in Sachen Aromatik geht die Post ab, Konzentration und Komplexität sind enorm, das ist ein wahres Meisterwerk des Rieslings. Falls es noch einen Beweis braucht, dass die Mosel trockenen Riesling von absoluter Weltspitzenklasse produzieren kann: Hiermit ist er auf eindrücklichste Art und Weise erbracht."

Ja, ich weiß, Gerstl muss seine Weine verkaufen, liebt wie Lobenberg Superlative und überhaupt ist es cool, auf Kritikermeinungen zu pfeifen, aber dass derart gepriesene Weine ungenießbar und unterirdisch sein sollen: beweist das nur mal wieder, wie absolut subjektiv die Urteile sind, oder welche Schlüsse soll man als Leser daraus ziehen? Selbst ausprobieren kann ich leider nicht, hab erst ab Jahrgang 2020 Fritz Haag GGs und hoffe, sie sind besser.
Bei mir handelt es sich um die Juffer Sonnenuhr. Kann mich nicht mehr erinnern, aber wahrscheinlich habe ich wegen der obigen Lobpreisungen den Wein gekauft. Schwerer Fehler :roll: .

Grüße

Hartmut
Lars Dragl
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo!

Es ist doch nicht der Kauf der Fehler, sondern dass man den Wein aufgrund von Gutgläubigkeit oder eigener Fehleinschätzung überlagert hat. Da möchte ich mich selbst auch garnicht ausnehmen. Mir kam allerdings noch nicht ein Mosel-GG ins Glas, dass jung nicht zu trinken gewesen wäre und einige haben noch 2-3 Jahre zugelegt. Dass garnicht mal so wenige trockene Rieslinge von dort wirklich schnell abbauen, gehört aber schon auch zur (lange bekannten) Wahrheit. Allerdings - wieso man einen Wein, der jung eigentlich alles zeigt und durch Lagerung eher nicht zulegen kann, länger aufheben will, schon auch.
Ich hatte mal einen "Kleinen Johnson" das stand, man solle die meisten GG innerhalb der ersten 5 Jahre trinken. In der 23er Ausgabe steht das nicht mehr, aber es ist was dran.

Herzliche Grüße

Lars
maxilian7
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von maxilian7 »

Hallo Lars,

in der 25er Ausgabe des kleinen Johnsons steht im Deutschlandkapitel allerdings:
Sie (Rheingauweine) entfalten sich über mindestens 15 Jahre hinweg, wobei sich Spitzenerzeugnisse aus Rheinhessen, aus der Pfalz oder von der Nahe ebenso lange halten - und das trifft nicht nur auf Spätlesen und Auslesen zu, sondern auch Große Gewächse können ohne Weiteres 10 Jahre oder länger altern. (...)
und zur Mosel:
Weine von der Mosel sollte man nicht zu jung trinken. Natürlich sind sie schon bald nach der Abfüllung köstlich, aber um in den Genuss ihrer maximalen Komplexität zu kommen, sollte man Großen Gewächsen (GG) mindestens 3, Kabinettweinen 3-5, Spätlesen 5-7 und Auslesen 7-10 Jahre Zeit lassen.

Ich kenne auf der einen Seite kein einziges 2018er GG, das jetzt noch zulegen würde - im Gegenteil, die haben größtenteils schon sehr gereift geschmeckt.
Auf der anderen Seite präsentiert sich der kältere JG 2017 für mein dafürhalten überwiegend noch sehr kompakt und unbalanciert, sodass ich da gewissen Weine durchaus noch weiteres Potential zutraue.

Aber du schreibst es selbst sehr schön:
Lars Dragl hat geschrieben: Do 17. Okt 2024, 16:10 Allerdings - wieso man einen Wein, der jung eigentlich alles zeigt und durch Lagerung eher nicht zulegen kann, länger aufheben will (...)
Das sehe ich auch so - viele GGs machen jung schon sehr viel Spaß.
Würde sich jemand jetzt strikt an den kleinen Johnson (oder Aussagen à la "GGs muss man immer erstmal 10 Jahre liegen lassen") halten, verpasst er in meinen Augen viel.

Viele Grüße,
Max
Ollie
Beiträge: 2207
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von Ollie »

Okay, kleines Quellenstudium.

Im englischen 2019er Original steht unter der Jahrgangstabelle für "Rheinhessen, Nahe, Pfalz, Rheingau, Ahr" folgendes:
Der Kleine Johnson hat geschrieben: Apart from Mosels, Rheingau wines tend to be the longest-lived of all German regions, improving for 15 years or more, but the best wines from Rheinhessen, Nahe and Pfalz can last as long. Modern-style dry wines such as Grosses Gewächs (GG) are generally intended for drinking within 2-4 years, but the best undoubtedly have the potential to age interestingly.
(Hervorhebungen von mir, kursiv im Original. Genießer werden das fehlende Oxford Comma bemerken; offenbar hat der Schreiber nur Volksschulabschluss oder war in Cambridge, was ungefähr dasselbe ist.)

"improving": die Weine gewinnen über die 15 Jahre stetig hinzu (in der dt. Übersetzung: "sie entfalten sich").
"can last": Die Weine überleben (in der dt. Übersetzung: "sie halten sich", d.h. konstantes Niveau).
"to age interestingly": sich in etwas Interessantes entwickeln, impliziert eine Veränderung, aber nicht eine Verbesserung (in der dt. Übersetzung: "altern" greift IMO etwas zu kurz, siehe auch die Unterscheidung der 3 Fälle in diesem Beitrag). Und auch nur die besten schaffen das.

Eingangs wird auf die Mosel rekurriert, und hier wird ausschließlich von süßen Rieslingen geschrieben; sowieso ist immer nur Riesling gemeint, außer an der Ahr, wo von den Roten gesprochen wird (Ahr valley reds).

Entweder hat die deutsche Übersetzung Platz sparen müssen oder die ausländische Sicht etwas schöner gestalten wollen. Trockener deutscher Riesling wird im Ausland ganz anders rezipiert als in Deutschland selbst - und nicht unbedingt so positiv.

Cheers,
Ollie
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jessesmaria
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von jessesmaria »

UlliB hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:44 Ich sehe ein Hauptproblem darin, dass die Händler und auch die meisten Kritiker Jungweine beurteilen und ihre Bewertungen später in aller Regel nicht mehr verifizieren (oder jedenfalls nicht mehr darüber berichten).
Das ergibt Sinn. Ich dachte nur, es sei gerade dieses, anhand eines Jungweins die Qualität in seinem zukünftigen idealen Trinkfenster prognostizieren zu können, das die Professionalität eines Weinkritikers ausmacht. So ein bisschen wie der Meteorologe, der ja leider auch nicht immer recht hat, aber auf den man sich dennoch wenigstens ein Stück weit verlässt.

Inflation ist sicherlich der wichtigste Grund für den schwächelnden Absatz. Ich habe im Sommerurlaub mit der Besitzerin eines Schweizer Hotels mit hervorragender regionaler Weinkarte gesprochen und sie sagte, seit ca. zwei Jahren sei die Konsumation von Wein rapide eingebrochen, vor allem bei Flaschen halte man sich sehr zurück, Süßwein gehe fast gar nicht mehr. Das, obwohl in der Schweiz die Inflation vergleichsweise gar nicht so hoch st.
Andererseits: Die starke Inflation führt in vielen Berufszweigen ja auch zu entsprechenden Gehaltssteigerungen, die zumindest absolut gesehen höher ausfallen als in den Jahren davor (wenngleich sie natürlich meist die Verluste durch die Inflation nicht wettmachen, also real oft einem Wohlstandsverlust gleichkommen). Nun sind allerdings nach meiner Beobachtung Luxusprodukte, die vorher schon sehr teuer waren und deren Preis von ihren tatsächlichen Entstehungskosten relativ abgekoppelt ist, teilweise kaum teurer und damit real günstiger geworden. Beispielsweise habe ich schon vor ca. 10 Jahren als Schokocreme-Alternative diejenige piemontesische entdeckt, die nur aus Piemont-Haselnüssen, Kakaopulver und Zucker besteht und für ein kleines Glas (250g) knapp 10€ bezahlt. Heute kostet sie noch exakt dasselbe (obwohl hier der Preis wohl die Entstehungskosten ganz gut wiedergibt und ich die Marge für recht gering einschätze, immerhin ist der Gegenwert im Vergleich zu vergleichbaren anderen Produkten, die fast nur aus Zucker und billigem Fett bestehen, enorm. Aber wahrscheinlich sind einfach keine höheren Preise drin, weil der Preis aus Kundenwahrnehmung vorher schon recht hoch war und die Leute gerade in Zeiten von Inflation nicht bereit sind, noch mehr zu zahlen). Insofern wäre es auch denkbar, dass Luxusgüter im Vergleich zu Standardprodukten, deren Preise teils rapide gestiegen sind, attraktiver werden.

Noch eine ganz andere Erklärung für den schwächelnden Absatz: Fast täglich liest man in den Medien Artikel, die zu nichts weniger als dem völligen Verzicht auf Alkohol motivieren. Galt früher noch das eine Glas zum Essen als sogar gesund, ist heute der Grundtenor: bereits kleinste Mengen schädigen sämtliche Organe. Zur Schädigung seines Körpers hohe Summen an Geld zu investieren erscheint gleich doppelt unattraktiv. Während die Älteren an ihren Gewohnheiten hängen bleiben, überlegen es sich die Jüngeren wahrscheinlich dreimal, ob sie in die Welt des passionierten Weintrinkens einsteigen sollen oder ob es nicht nachhaltigere Hobbys für sie geben könnte. Ich war neulich bei einem Projekt mit Anfang-20-Jährigen involviert, das seit über 10 Jahren regelmäßig stattfindet, und auch dort beobachtet man, dass der Bierkonsum insgesamt mit jedem Jahr zurückgeht.
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UlliB
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Re: Interview: Weinhändler Luca Lobenberg

Beitrag von UlliB »

jessesmaria hat geschrieben: Fr 18. Okt 2024, 12:34
UlliB hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:44 Ich sehe ein Hauptproblem darin, dass die Händler und auch die meisten Kritiker Jungweine beurteilen und ihre Bewertungen später in aller Regel nicht mehr verifizieren (oder jedenfalls nicht mehr darüber berichten).
Das ergibt Sinn. Ich dachte nur, es sei gerade dieses, anhand eines Jungweins die Qualität in seinem zukünftigen idealen Trinkfenster prognostizieren zu können, das die Professionalität eines Weinkritikers ausmacht. So ein bisschen wie der Meteorologe, der ja leider auch nicht immer recht hat, aber auf den man sich dennoch wenigstens ein Stück weit verlässt.
Theoretisch ja, praktisch nein. Und dafür gibt es Gründe.

Eine halbwegs realistische Einschätzung eines Trinkfensters kann nur auf Erfahrung beruhen, d.h. dem regelmäßigen Nachverkosten von Weinen, die man als Jungwein im Glas gehabt hat, um seine Prognose verifizieren und ggf. für die Zukunft revidieren zu können. Schaut man sich das ganz enorme Pensum an Jungweinverkostungen an, das heute wirklich jeder Profi hat, bleibt dafür überhaupt keine Zeit mehr. Und wozu auch? Verkostungsnotizen von Weinen, die im Handel nicht mehr verfügbar sind, sind kommerziell wertlos (Ausnahme wie gesagt Bordeaux, da bekommst du etliche Weine problemlos auch noch 10 oder 20 Jahre nach der Ernte, wenn du bereit bist, den Preis dafür zu bezahlen).

Meine eigene Erfahrung sagt mir, dass ich Trinkfensterprognosen komplett in die Tonne treten kann. Mal viel zu kurz, mal absurd lang. Und das hängt nicht nur mit persönlichen Präferenzen zusammen. Besonders ärgerlich sind die Fälle, in denen Weine schon im ersten Drittel des prognostizierten Trinkfensters völlig zusammengeklappt sind, und das regelmäßig. Um nur einen Fall zu nennen: Clos Floridène blanc. Ganz offensichtlich nimmt solche Fehlprognosen keiner der Profis wahr.

Gruß
Ulli
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