Brunello di Montalcino

Hasi
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Hasi »

schön!
Hasi
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Hasi »

Ciao tutti!
... nachdem wir gestern die erste heurige Tropennacht hier in Leobersdorf im ostösterr. Weingebiet Thermenregion hatten (also über 20° Nachttemperatur) mussten wir das entsprechend feiern und ich habe die letzten Postings im Weinforum als Anlass genommen und 3 Brunellos geschlachtet. Was soll ich sagen, außer WOW!
Der Casanova di Neri „Etichetta Bianca” aus 2012 war bereits vorgestern geöffnet, belüftet & angekostet worden, und ich wusste, dass hier GROSSES kommt! Somit war das auch unser erster Sangiovese gestern, von dem Mann, der mich 1989 am Gründonnerstag in Montalcino im Caffe Florian komatös betrunken machte. (ich hatte den 2012-er nur einmal bei Giacomo am Weingut gekostet - er war damals bereits KLASSE!) Was für großartiges Rotwein-Kino, hier stimmt einfach alles und ich ziehe den Hut vor Giacomos Sohn Giovanni, der - mittlerweile als leitender Önologe - schon 2012 bei der Qualität im Hause nochmals an diversen Stellschrauben drehen durfte! Das ist ein Brunello für die Ewigkeit und vermutlich locker weitere 20 Jahre lagerfähig ohne etwas an seiner Grandezza zu verlieren.

Schon während des Casanova-Genusses war klar „das wird ein Brunello-Abend”, somit rasch in den Keller und einen Sangiovese vom Grafen Cinzano geholt, der Lieblingswein meiner Frau Renate! (Francesco Marone Cinzano, von den Monatalcinesi „Il Conte” genannt, hinterließ bei unseren Besuchen auf Col DÒrcia einen bleibenden Eindruck bei Renate, aber verständlich, wo wird eine Frau noch mit Handkuss begrüßt, und ihr die Autotüre aufgehalten?). Ich wählte einen Brunello di Montalcino „Annata” aus 2010, also noch einen 5-Stern Jahrgang, wie auch der 2012 von Neri. Wie schon bei den dutzenden Flaschen an Col DÒrcia Weinen zuvor, die wir getrunken haben, war nach dem Öffnen der Flasche ganz kurz dieses „Keller- Eudl” (typisch österr. Ausdruck) zu verspüren (also ein „Alters-Ton” der irgendwie an einen tiefen, nassen Weinkeller erinnert). Dieses Aufblitzen eines vermeintlichen leichten Schadens ist URTYPISCH für die Weine aus dem wunderbaren Demeter-Betrieb in der südlichsten Lage Monatlcinos, und sollte „Ersttrinker” NICHT abschrecken ... der Ton ist dann auch beim Einschenken noch gaaaaaanz leicht im Glas wahrzunehmen und verschwindet nach wenigen Sekunden. Wer sich über diese Hürde wagt wird bei Col DÒrcia IMMER belohnt! Belohnt mit Brunellos aus dem Bilderbuch. Früher am Anfang unzugänglich, mußte man sich diese Weine hart erarbeiten, bekam aber immer ein lohnenswertes Geschenk. Nun sind sie sofort nach dem Öffnen nach 5 Minuten VOLL da!! Die Cinzanos mischen in Montalcino auf Col DÒrcia seit 1973 mit (mehr dazu auf http://www.hasis-wine-world.at/93099161.html unter „Die Riesen”), die Schwester des Grafen hat danach auf Argiano lange die Geschicke geführt und damals vielleicht ein wenig übermotiviert und schlecht beraten, die Barrique-Phase auf diesem historischen Weingut eingeleitet, was das Ansehen von Argiano in ein schiefes Licht rückte. Die Quailtät des Hauses ist mittlerweile wieder voll restauriert, Barriques finden für Brunellos längst keine Verwendung mehr. Zurück zu unserem Wein und gestern ... nach etwa 30 Minuten Öffnungszeit kommt hier purer Samt ins Glas und zurück gekostet zu Casanova di Neri kann man schwer sagen was der bessere Brunello wäre. Beides Schwergewichte, natürlich mit 14,5%, aber sehr anschmiegsam, meine Frau hatte damals zum Grafen gemeint „Ihr Wein ist wie ein Vollbad mit herrlichen Badeölen bei Kerzenschein nach einem harten Arbeitstag” - so irgendwie haben wir uns auch gestern gefühlt.

Da wir zu dritt (mit unserem Sohn Simeon, eines von unseren 5 Kindern) eine wirklich schöne Zeit hatten, dachte ich „wir hatten im Weinforum doch dieses Il Poggione-Problem, mal sehen was ein 2009-er von Il Poggione dazu sagt” - und schwupps gings nochmals in den Keller, der 2009 Annata von Il Poggione war dann auch gleich geöffnet und eingeschenkt - und JA - er war nicht sofort voll da. Ein wenig sperrig zuerst, viel Säure (wie immer bei Il Poggione, deswegen auch die lange Haltbarkeit) nach 30 Minuen schon besser, aber - er wird erst HEUTE großes Vergnügen bereiten, und darüber berichte ich dann!

einen schönen Tag wünscht - Hasi

P.S.: Die „Annata”-Brunellos von Il Poggione und Col DÒrcia befinden sich nach wie vor in einem erfreulichen Preisgefüge von knapp über 30.-- (wer suchet der findet), der „Etichetta Bianca”, also der „Annata” von den Neris liegt aktuell irgendwo bei knapp unter 60.--
Für Kauf-Interessierte empfehle ich von Col DÒrcia unbedingt den Lagen-Brunello „Nastagio” (ca 80.-), von Casanova di Neri den 2019-er „Tenuta Nuova (100 Falstaff-Punkte! Bei Superiore.de um 119.- noch zu bekommen!!) und von Il Poggione den Einzellagen-Brunello „Vigna Paganelli” Riserva aus 2016 (um 79.- auch bei Superiore.de noch erhältlich!)

P.P.S.: am Foto der Graf Cinzano und meine Wenigkeit bei Brunello-Fassproben im Keller von Col DÒrcia
Dateianhänge
Fasskeller2  (Col d`Orcia).jpeg
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Winedom
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Winedom »

Na, so einen Col DÒrcia. Demeter, nicht schlecht der Aufwand. Da bin ich jetzt doch neugierig geworden und werde bei nächster Gelegenheit mal eine Annata Flasche Brunello mitbestellen.
Viele Grüße
Rainer


"Nein, Alkohol trinke ich nicht. Ich trinke hier einen Schoppen Winzerwein!"
Hasi
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Hasi »

per sua informazione: Renate und ich bewegen uns ab Freitag Richtung Toskana. Erste Etappe ist Chioggia im Veneto, danach gehts für eine Woche nach Vivo DÒrcia (25 km südlich von Montalcino am Monte Amiata), wo wir in der ehemaligen Residenz von Papst Marcellus II, dem Adelssitz der Cervinis seit 1534, ein entzückendes Haus bewohnen werden. Natürlich stehen wieder einige Besuche bei guten Freunden in Montalcino am Plan! Dann sind wir vier Tage auf dem Weingut Vedova in Voldobbiadene und anschliessend noch zwei Tage in Udine, wo wir zum krönenden Abschluss mit unseren Freunden ein Open Air-Konzert des grandiosen Francesco De Gregori vor der Festung erleben dürfen.

Wein-Notizen werden nachgereicht

beste Grüße

Hasi
Michl
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Michl »

Wow! Hammer! Danke für die Info!
Viele Grüße

Michl
Hasi
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Hasi »

erster Bericht aus der Südtoskana: wir sind am Samstag in Vivo DÒrcia auf knapp 1.000m hoch am Monte Amiata (und 30 km südl. von Montalcino) angekommen und dann ist unser alter Daimler mit einem massiven Batterieproblem liegen geblieben und wurde abgeschleppt (vom Getriebeproblem will ich gar nicht reden). Wir waren bis gestern vormittags völlig isoliert, auch mehr oder weniger kein Telefon & Internetempfang. Sehr cool! Und somit haben wir die Abgeschiedenheit auf dem Schloss der adeligen Cervinis genossen, die Wölfe in der Nacht heulen gehört, Stachelschwein-Stacheln gesammelt, Wildschweine direkt 5 m vor der Haustüre gefilmt und beim Grafen im Keller aus dem 15. Jhdt Wein verkostet. Er macht übrigens einen wunderherrlichen Supertuscan aus Sangiovese, Petit Verdot, Cabernet und Merlot. Die Trauben wachsen am Ufer des Orcia in Sichtweite von Stella di Campalto (aber eben schon am anderen Ufer, somit nicht mehr zu Montalcino gehörend)
Gestern wurden wir dann zum wiedererweckten Auto in eine sehenswerte Werkstatt chauffiert (die auch die Fahrzeuge der hiesigen Carabinieri wartet) und endlich gings los! Mit einem Bade-Stop in den heissen Quellen von Bagni San Filippo fuhren ins pittoreke Monticchiello, wo wir bei 36 Grad Affenhitze Affogato genossen. Dann Richtung Montalcino, vorbei an den dutzenden für die Toskana typischen Postkartenmotiven (die tatsächlich auch zu 90% dort fotografiert werden) und erster Stop bei meinem Uralt-Freund Giacomo Neri, der uns mit einem 100 Falstaff-Punkte Brunello „Tenuta Nuova” und einem Cerretalto aus 2016 begrüßte und einem wunderbaren Brunello-Geschenk verabschiedete (unsere Winzergeschenke sind heuer kräftige Rotgipfler von den Weingütern Ploos und Schwertführer). Beide Sangiovese von Giacomo einfach ein Kult!
Danach fuhren wir hinauf in die Stadt und schlenderten trotz der großen Hitze durch die Gassen des aktuell dünn besuchten Wein-Mekkas, kauften Postkarten und Geschenke und besuchten danach Nicola in seiner Enoteca, der mittlerweile 105 Brunellos offen zur Verkostung anbietet! Sein junger Sommelier empfahl uns die Weine des neuen, winzigen Betriebs „Poggio Alle Forche” zu versuchen und so wurde uns ein sehr junger, noch verschlossener Rosso dM aus 2022 (für 24.--), ein Brunello Annata aus 2019 (der Jungfern-Brunello um 64.--!) und der Lagen-Brunello „Scarnacuoia” (ebenfalls Premiere, und um 82.--!) eingeschenkt. Alle drei Weine könnten mit ein paar Jahren Reife sehr interessant werden, derzeit aber viel zu säurebetont. Als Draufgabe gabs den Kultwein „Tamaro a Mare”, ein Blend aus Syrah, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Merlot, der nach dem Holzausbau noch ein Jahr in der Flasche im Meer in 35 m Tiefe, bei einem Druck von 4,2 bar und einer konstanten Temperatur von 16° weiter reift. Der gleiche Wein wird zu einem Teil auch „an Land” für dieses eine weitere Jahr gereift. Verkostungen von Kritikern ergaben verblüffende Ergebnisse für den völlig anderen „Untersee-Wein”! Ich für meinen Teil und auch meine Frau Renate waren ziemlich begeistert - sehr rund, ausgewogen mit starkem Körper und keinerlei Säurenoten. Allerdings sind die aufgerufenen 185.-- auch eher heftig. Stichwort HEFTIG: die PREISE in Montalcino klettern beständig nach oben und seit legendäre Güter wie Biondi Santi (früher ca 150.- für den Annata, jetzt 248.--) oder Poggio di Sotto (früher 105.-, jetzt 195.--) an grosse Investoren verkauft wurden, haben die eben nochmals 100.- drauf geschlagen. Früher standen auch die Tore zu Il Greppo und Poggio di Sotto weit offen, bzw gabs auf Il Greppo gar kein Tor, heute ist alles fest verschlossen und Überwachungs-Kameras säumen die Einfahrten. Weitere Brunello-Preise (Vinothek!): Casanova di Neris „Tenuta Nuova” kostet in Montalcino (je nach Vinothek) rund 120.--, Cupano 110.--, Giuseppe Gorelli, der frühere Besitzer von Le Potazzine, das nach der Scheidung bei seiner Frau blieb, ruft für seinen neuen Brunello 2019 wackere 150.-- auf (für den Rosso dM 2021 auch 42.-!). Sonst gelten rund 45.-- als Einstieg in die hohe Qualität, unter 40.-- ist nur mehr sehr wenig zu finden, auch Rosso dM mittlerweile unter 20.- kaum zu finden - die Top Rosso dM zw 35.- und 60.-!! Natürlich gibt es „sie” immer noch, die legendären alten Betriebe wie Angelo Sassetti (30.--) oder Pian delle Querci (28.--) oder abenteuerliche Newcomer, die um 22.-- einen Brunello offerieren, den man aber eher für ein Chingiale-Ragu verwenden sollte. Weiter Annata-Preise: Altesino 45.--, Corte Pavone 48.--, Sesta di Sopra 78.--, Ucceliera 66.--, La Magia 48.--, Roberto Cipresso 68.--, Gianni Brunelli 64.--, Conti Costanti 61.--, Ciacci Piccolomini dÀragona 50.--

heute sind wir zu Verkostungen auf Ciacci Piccolomini DÀragona und auf Sesta Di Sopra eingeladen, danach gehts nach Sant`Angelo in Colle in unsere Lieblings-Trattoria Il Leccio.

beste Grüße

Hasi
Gecko
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Gecko »

Vielen Dank für den interessanten Bericht, Hasi!
Ich habe mir ein paar Brunello 2019 von Baricci geholt und verspreche mir hier einiges in ein paar Jahren...

Viel Spaß noch auf eurer weiteren Reise!

Viele Grüße, Chris
Viele Grüße,
Chris
Philst
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Philst »

Hallo Hasi,

Vielen Dank für deine Eindrücken. Die Preisentwicklung ist ja teilweise wirklich enorm und hält mich ehrlich gesagt aktuell auch von Käufen ab.

Findest Du, dass die Qualität in den vergangenen Jahren auch gestiegen ist?

Viele Grüße
Philipp
Lars Dragl
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Registriert: Mo 3. Okt 2016, 23:24

Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo!

Zur Preisentwicklung in Montalcino folgende Gedanken: Man kennt ja den Toskana-Effekt, dem zufolge der Wein am Urlaubsort besser schmeckt als dann später zuhause. In Montalcino und auch sonst häufig in italienischen Urlaubsregionen kommt noch dazu, dass er er auch noch überwiegend teuerer ist als dort. Außerdem gilt: Je teuerer, desto besser bewertet, wie man in Davis bei einer Studie herausgefunden hat - und schon haben die Konsumenten den Salat.

Die Einheimischen schütteln übrigens schon auch mal mit dem Kopf, nehmen das Geld aber trotzdem gerne.

Herzliche Grüße

Lars
Hasi
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Re: Brunello di Montalcino

Beitrag von Hasi »

Hi Pihilipp! Ja, die Qualität ist bei einigen Betrieben enorm gestiegen!
Mehr dann nächste Woche, wir sind aktuell in Valdobbiadene
Hasi
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