Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

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weinaffe
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Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

letzten Freitag trafen sich wieder einige Weininteressierte, um in der örtlichen VHS den "Geheimnissen" beider Rebsorten auf den Grund zu gehen. Ziel dieser Probe war zum einen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser beiden Rebsorten herauszufinden und auf der anderen Seite die ganze Bandbreite der Ausbauweisen und Stilistiken zu präsentieren, sofern dies bei 15 Weinen sowie einem "Piraten" überhaupt möglich war. Das Niveau der Weine war erwartungsgemäß sehr hoch, wobei wir allerdings bei nur 6 verkorkten Weinen leider auch 2 Korkschmecker dabei hatten :(
Alle Weine wurden "blind" und bewusst nicht in einzelnen Blöcken verkostet. Trotz sehr unterschiedlicher Ausbaustile wurde die jeweilige Rebsorte von der Mehrheit der Teilnehmer richtig erkannt. Interessant war auch, dass kein einziger Bocksbeutel im Umlauf war, was natürlich die Raterei enorm erschwert hat :lol:

Nun zu den einzelnen Weinen, von sprudelnd bis zu edelsüss:

2018er Grüner Veltliner "Große Reserve" Sekt Brut Nature (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-
ca. 4 Jahre Hefelager (degorgiert 03/23), biozertifiziert.
recht feine Perlage, zarte Briochenote, zurückhaltende Gelbfrucht, deutlich auf der mineralischen Seite, knalltrocken, sehr saftig und speichelziehend,steiniger Charakter, kaum Frucht, leicht pflanzliche Noten, ein kompromissloser Sekt, bei dem natürlich die Rebsorte nur schwer erkennbar war. Toller Sekt für Liebhaber charakterstarker Schäumer. Knapp 30 EURO im Handel.


2013er Röttginger Feuerstein Silvaner QW trocken -Late Release- (Stephan Krämer, Auernhofen) -Franken-
nur sehr zartes Gelbgold, unheimlich frisch und jugendlich in der Nase, zarte Gelbfrucht (Apfel, etwas Quitte), am Gaumen knochentrocken, zarte Gelbfrucht, salzige Mineralität, ohne auch nur in geringster Weise anstrengend zu sein, saftige lebendige Säure, trotz nur 12 Vol% gewisse Dichte, sehr saftig, gebirgsquellartig in seiner Klarheit, bleibt lange haften. Grossartiger mittelgewichtiger Silvaner, den man blind auf höchstens 3-4 Jahre Alter schätzen würde. Ist im Handel erhältlich (32 EURO), wobei er bei erstmaligen Verkauf im Jahre 2014 nur schlappe knapp 13 EURO gekostet hatte. Die Lagerzeit hat sich für den Winzer daher durchaus gelohnt. Die heutigen Weine von Stephan Krämer sind allerdings deutlich mehr in Richtung "Naturwein" und mit der damaligen Stilistik nur bedingt vergleichbar. Ich fand aber die damalige Stilistik fast reizvoller.... und reifen können diese Weine offensichtlich bestens. Dieser Wein wird auch noch in 5-10 Jahren viel Spass machen.

2017er Grüner Veltliner Federspiel Late Release trocken (Nikolaihof, Mautern) -Wachau-
Dieser im grossen Holzfass gereifte Veltliner wurde erst im September 2022 auf Flaschen gefüllt.
Zartes Gelbgold, in der Nase Kernobst, mürber Apfel, Hauch Aprikose, zarthefig, sehr introvertiert, spannender Wein mit nur 12 Vol%, trotzdem alles andere als dünn, mineralische Ader, ein Pfefferl ist nur zu erahnen, salzig,mineralisch, perfekt gereift mit guter Länge. Absolut kein Wein für Jungweintrinker, aber ein toller Wein für Liebhaber angereifter Veltliner. Im Handel ca. 23 EURO.

2017er Harxheimer Lieth Silvaner QW trocken (Werther-Windisch, Mommenheim) -Rheinhessen-
Jens Windisch Premium-Silvaner zeigt, dass in Rheinhessen tolle Silvaner möglich sind: zartes Goldgelb, sehr frisch in der Nase, dezent kräutrig, etwas Wermutkraut, Hauch Aprikose, reifer Apfel, sehr spannend schon in der Nase, am Gaumen absolut trocken, passende Säure, mittelgewichtig (12,5 Vol%), ungeheuer klar und saftig, hochwertiger Rheinhessen-Silvaner mit Ausgewogenheit, Finesse und überzeugender Länge. Der Wein erinnert ein wenig an die Weine des Silvaner Spezialisten Michael Teschke, vielleicht mit einem Tick mehr Eleganz. Damals nur 19 EURO ab Weingut, die aktuellen Jahrgänge tendieren preislich immer mehr zum Niveau entsprechender VDP-GG.

Dazwischen wurde ein Pirat eingestreut:

2020er Roter Veltliner "Vom Löss" QW trocken (Schuster, Großriedenthal) -Wagram-
Der Rote Veltliner hat zwar namenstechnisch, aber nicht genotypisch mit dem Grünen Veltliner etwas zu tun. Der Rote Veltliner soll wohl verwandtschaftliche Beziehungen zu den österreichischen Spezialsorten Rotgipfler und Zierfandler haben. Geschmacklich geht er auch in eine andere Richtung: in der Nase mehr Frucht, eher rotbeerig, dazu ein Hauch Aprikose, am Gaumen nicht komplett trocken (ca. 5 gr. RZ), glockenklar, zartfruchtig, saftig, passende Säure, mittelgewichtig (12,5 Vol%), wenig Komplexität, etwas linear und fruchtbetont, aber in seiner trinkigen Art perfekt gemacht. Mittlere Länge. Ca. 8 EURO ab Weingut.

2016er Kammerner Renner Grüner Veltliner 1ÖTW trocken (Schloß Gobelsburg, Gobelsburg) -Kamptal-
Diesen Wein könnte man als "Blaupause" für das klassische Bild eines gehaltvollen Grünen Veltliners nehmen und wäre ein fairer Kandidat für die Master-of-Wine-Blindprobe zur Darstellung des Sortentyps: perfekte Reife, gehaltvoll schon in der Nase, reife, aber nicht überreife Aprikose, zarte Würze, Hauch Tabak, am Gaumen trocken, aber sehr extraktreich, sehr harmonisch, perfekt eingebaute Säure, kraftvoll, aber nicht pomadig oder überladen, sogar ein Hauch weisser Pfeffer, perfekter Mix aus Frucht und Würze, große Länge. Die erste Lage der Österreichischen Traditions-Weingüter (ÖTW) entspricht qualitativ den GG`s des VDP. Damals für 20 EURO erhältlich, aktuelle Jahrgänge sind eher bei 30 EURO. Der Wein ist es aber allemal wert.

2021er Südtiroler Eisacktaler Grüner Veltliner DOP trocken (Weingut Ebner, Ritten) -Südtirol-
Trotz makellos aussehenden Korkes muffig und dumpf schon in der Nase, dito am Gaumen. Die Frucht ist wie abgeschnitten, daher ab in den Ausguss. Sehr schade, denn normaleweise ist das ein sehr guter Wein.

Nun folgte etwas komplett anderes:

2018er Silvaner "Orange" Landwein Main trocken (Christian Deppisch, Theilheim) -Franken-
sehr typische, leicht ins Orange gehende Optik, wie natürtruber Apfelsaft, in der Nase pieksauber, keinerlei "flüchtige" Noten, hefig, Hopfensprossen, Lagerapfel,Wermutkraut, Safran, dito am Gaumen, trocken, keinerlei Fehltöne, hefig-würzig, reifer Apfel,nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), gute aromatische Länge. So geht Orange... und macht sicherlich auch denjenigen Spass, die mit dieser Stilrichtung normalerweise nicht so viel anfangen können. Für diese Stilistik außergewöhnlich preiswert (knapp 18 EURO) im Handel. Der aktuelle 2020er ist kaum teurer. Ein veritables Schnäppchen für Liebhaber dieser Stilistik! Der bescheidene Christian Deppisch ist mit seinem Weingut "Naturland"-zertifiziert und arbeit bio-dynamisch.

Break! Die restlichen 8 Weine folgen in Kürze !

LG
Bodo
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Dionisos
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Re: Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

Beitrag von Dionisos »

weinaffe hat geschrieben: Di 11. Jun 2024, 18:43
2013er Röttginger Feuerstein Silvaner QW trocken -Late Release- (Stephan Krämer, Auernhofen) -Franken-
nur sehr zartes Gelbgold, unheimlich frisch und jugendlich in der Nase, zarte Gelbfrucht (Apfel, etwas Quitte), am Gaumen knochentrocken, zarte Gelbfrucht, salzige Mineralität, ohne auch nur in geringster Weise anstrengend zu sein, saftige lebendige Säure, trotz nur 12 Vol% gewisse Dichte, sehr saftig, gebirgsquellartig in seiner Klarheit, bleibt lange haften. Grossartiger mittelgewichtiger Silvaner, den man blind auf höchstens 3-4 Jahre Alter schätzen würde. Ist im Handel erhältlich (32 EURO), wobei er bei erstmaligen Verkauf im Jahre 2014 nur schlappe knapp 13 EURO gekostet hatte. Die Lagerzeit hat sich für den Winzer daher durchaus gelohnt. Die heutigen Weine von Stephan Krämer sind allerdings deutlich mehr in Richtung "Naturwein" und mit der damaligen Stilistik nur bedingt vergleichbar. Ich fand aber die damalige Stilistik fast reizvoller.... und reifen können diese Weine offensichtlich bestens. Dieser Wein wird auch noch in 5-10 Jahren viel Spass machen.
Wusste gar nicht dass trockene Silvaner so extrem lange lagerfähig sind. Kann man das generell sagen oder gilt das nur im speziellen Fall aufgrund der Art des Ausbaus?
Das Leben ist zu kurz um schlechten Wein zu trinken.
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EThC
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Re: Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

Beitrag von EThC »

Dionisos hat geschrieben: Di 11. Jun 2024, 19:30 Wusste gar nicht dass trockene Silvaner so extrem lange lagerfähig sind. Kann man das generell sagen oder gilt das nur im speziellen Fall aufgrund der Art des Ausbaus?
...generell sicher nicht, aber es gibt schon eine ganze Menge Silvaner -auch in der Gutsweinebene-, die m.E. sehr schön reifen. Im Gegensatz zum Riesling entwickelt der Silvaner in der Regel keine Petrolnoten, sondern zeigt statt dessen häufiger warme, torfige, auch leicht pilzige Noten, mit denen ich persönlich mehr anfangen kann.

Die älteren Krämer-Weine -wie z.B. die 13er- zeigen aber kaum bis gar keine klassischen (Silvaner-) Reifenoten, die Weine waren damals sehr sehr karg und zeigen nur peu à peu mehr Konturen, auf ihre zurückhaltende Art dennoch sehr schön. Nicht vergleichbar mit den jetzigen Weinen von Stephan Krämer, was nicht wertend gemeint ist. Ich finde es eher spannend, wie er über ein Jahrzehnt seinen Stil entwickelt hat und wohl immer noch nicht am Ende ist...
Viele Grüße
Erich

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Re: Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

Beitrag von Bernd Schulz »

EThC hat geschrieben: Di 11. Jun 2024, 20:03 ....die Weine waren damals sehr sehr karg...
So extrem karg fand ich die Weine seinerzeit nicht; ich habe gerade noch eine VKN aus 2014 gefunden:

Bild
EThC hat geschrieben: Di 11. Jun 2024, 20:03 ...auf ihre zurückhaltende Art dennoch sehr schön....
Das auf jeden Fall!

Herzliche Grüße

Bernd
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EThC
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Re: Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

Beitrag von EThC »

Bernd Schulz hat geschrieben: Di 11. Jun 2024, 20:22 So extrem karg fand ich die Weine seinerzeit nicht
...der Silvaner hatte sicher etwas mehr Substanz als der damals superklare Müller-Thurgau, war aber für mich schon immer eher auf der filigranen Seite angesiedelt. Mag auch den Verkostungsumständen geschuldet gewesen sein... :mrgreen:
Viele Grüße
Erich

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Re: Silvaner und Grüner Veltliner in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

.... und weiter geht es mit den Silvanern und Grünen Veltlinern:

2012er "Erdrauch" Silvaner QW trocken (Olaf Stintzing, Mainstockheim) -Franken-
100%ig maischevergoren, Ausbau im gebrauchten Holz. damals knapp 19 EURO ab Weingut.
Mittelkräftiges Goldgelb, jetzt wunderschön gereift, dezente Kräuternote (Salbei, Majoran), zarte Holzunterstützung,etwas Lagerapfel, schon durchaus komplex in der Nase, am Gaumen komplett trocken, saftig, dezente Reifenoten,etwas Tabak, klingt lange aus. Jetzt in perfekter Trinkreife, sollte aber in den nächsten Jahren getrunken werden. Der mitprobierende Winzer hat seinen Wein jedenfalls blind wiedererkannt. Der "Erdrauch" hätte vielleicht einer der "Kult-Silvaner" in Franken werden können, wenn dies nicht der letzte Jahrgang dieses Weines gewesen wäre. :(

2021er Grüner Veltliner Reserve Ried Pankraz QW trocken (Ingrid Groiss, Breitenweida)-Weinviertel-
Bio-Wein, 11 Monate auf Vollhefe im gebrauchten Tonneau, Vergärung mit 30% ganzen Beeren.
tolle Frische in der Nase, der Wein braucht definitiv Luft, reife Aprikose, etwas Quitte und Zitrus, Holz ganz im Hintergrund, dezent pfeffrig, am Gaumen trocken, die frische Säure hält den Extraktreichtum im Zaum, wirkt daher überhaupt nicht fett oder pomadig, Alkohol perfekt integriert (13,5 Vol%), elegante Frucht (Kernobst,Agrumen), zarter Holzeinsatz,ausgewogen und mit reichlich Potential ausgestattet, langer Abgang. Toller Weinviertler, der Kraft und Eleganz bestens verbinden kann. Wird in den nächsten Jahren sicherlich noch zulegen. Knapp 26 EURO im Handel.

2019er Iphöfer Kammer Silvaner GG (Wirsching, Iphofen) -Franken-
leider der nächste Korkschmecker, ansonsten wäre das ein toller Keuper-Silvaner in ganz klassischer Machart gewesen. Schade!

2020er Stettener Stein "Vinz" Silvaner Alte Reben Landwein Main trocken (Weingut am Stein, Würzburg) -Franken-
Einer der bio-dynamischen Vorzeigebetriebe in Franken, MItglied Bio-Dyn Respect, durchschnittlich 50 Jahre alte Rebanlage im Steilhang, Reifung in Betonei und Amphore, nicht geschönt und filtriert. Zartes Gelbgold, etwas Popcorn, Safran, sehr frisch, komplex und raffiniert, am Gaumen etwas Gelbfrucht, Schwerpunkt dieses Silvaners liegt aber in Würze und Mineralität, zarter Gerbstoff, nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), Erntezeitpunkt perfekt getroffen, weder unreif noch pomadig, hier sticht nichts heraus, ausgewogen, stoffig und gleichzeitig frisch, ein in sich ruhender Wein mit stattlicher Länge. Berechtigte 26 EURO im Handel.

2021er Feuersbrunner Ried Spiegel Grüner Veltliner 1ÖTW (Ott, Feuersbrunn) -Wagram-
Mr. Grüner Veltliner (90 % Anteil im Rebportfolio) ist ebenfalls Mitglied bei Bio-Dyn Respect.
Ein sicherlich noch etwas junger GV auf hohem Niveau: sehr klassisch in der Nase, Mirabelle,reife Aprikose, etwas Pfeffer, sehr dicht schon in der Nase, am Gaumen trocken (2,4 gr. RZ),aber extraktsüss, ein Maul voll Wein, aber dank lebendiger Säure völlig im Gleichgewicht, die 13 Vol% sind nicht spürbar, auch am Gaumen fruchtig-würzig, glockenklare Stilistik ohne jegliche Bortrytis, saftig, guter Druck am Gaumen, bleibt lange haften. Ein vorbildlicher Wagram-Veltliner von mächtigen Lössböden-Formationen. 39 EURO im Handel.

2021er Loibner Ried Schütt Grüner Veltliner Smaragd trocken (Knoll, Unterloiben) -Wachau-
Ausbau im grossen Holzfass.
Zählt schon seit vielen Jahren zu den begehrtesten GV in der Wachau, jugendliches Hellgelb mit grünlichen Reflexen, braucht unbedingt Luft, dann deutlich feine Marille, Agrumen und sogar ein Hauch Ananas, glockenklar wie der Vorgänger, tiefe Nase, am Gaumen sehr saftig und dicht, zarte Säure, feiner Würzeschleier, gelbe Früchte, kräftiger Extrakt, aber weit entfernt von plüschig, angenehme 13 Vol%, retronasale Länge. Wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren noch zulegen. 48 EURO im Handel.

2019er Silvaner Große Reserve Alte Reben QW trocken (Schmitts KInder, Randersacker) -Franken-
Spontanvergoren, Selektion aus den ältesten und reifsten Trauben im Randersackerer Marsberg, 1 Jahre Holzfasslagerung auf der Vollhefe.
Der Wein steht -zu Recht- preislich über den GG aus gleichem Hause, ist aber "nur" ein Ortswein. Was für eine Untertreibung! Martin Schmitt ist hier ein Volltreffer gelungen, der mit Sicherheit zum absolut Besten gehört, was in Franken je als trockener Silvaner abgefüllt wurde. Der "Erstling" 2018, den ich nicht probieren konnte, soll noch besser gewesen sein. Das ist bei dieser Top-Qualität kaum zu glauben: unheimlich komplexe Nase, der Wein wagt auch reife Frucht (Apfel, Hauch Birne, Aprikose, Quitte), spielt nur sehr,sehr dezent mit Reduktion, was ihn unheimlich raffiniert macht, ganz zarter Holzeinfluss, Hauch Hefe, perfekt ausgewogen, im Stil zwischen modernem und klassischem Silvaner zu verorten, trocken am Gaumen (2,4 gr. RZ), ausgewogene Säure, ultradicht, perfekt in der Mitte zwischen kraftvoll und elegant, zarte Gelbfrucht, kräutrig, Agrumen, raffinierter Holzeinsatz, trotz 14 Vol% enormer Trinkfluss, Alkohol spielt hier keine Rolle, sehr langer Abgang. Hier passt einfach alles, ohne wenn und aber ein ganz großer Silvaner. Wenn man bedenkt, dass die anderen beiden Icon-Silvaner ("Creutz" von Luckert und "Kniebrecher" von Rudi May) mittlerweile 3-stellige Preise aufrufen, bleibt man bei den Schmitts doch recht bescheiden. Dieser leider schon längst ausverkaufte Wein hat ab Weingut mehr als berechtigte 46 EURO gekostet. Im internationalen Kontext ein veritables Schnäppchen. Es wird sicher spannend werden, diese 3 völlig unterschiedlichen Icon-Silvaner mal blind direkt miteinander zu vergleichen. Für mich eindeutig der WOTN !!

2022er Escherndorfer Lump Silvaner Beerenauslese (Horst Sauer, Escherndorf) -Franken-
zum Abschluss noch ein süsses Elixier (7 Vol%..S: 9,6...Z: 193).
dass Horst Sauer mit die besten Edelsüssen nicht nur in Franken Jahr für Jahr produziert, ist nun wirklich kein Geheimnis: in der Nase eine wahre Fruchtexplosion, von Mango, Ananas, Maracuja über heimisches Steinobst ist alles geboten, ultraklare Bortrytis, gebirgsquellartige Frische, auch am Gaumen explosiv in der Frucht, aber schlank und präzise gehalten, nichts Pappiges oder Überbordendes, die Säure hält alles in Schach, eine wunderbare, flüssige Nachspeise mit Riesenpotential. Faire 40 EURO in der 0,5 l-Flasche.

Abgesehen von den nervigen Korkschmeckern eine sehr gelungene Probe, die gezeigt hat, dass man mit etwas Übung und trotz unterschiedlicher Ausbauweisen die beiden Rebsorten bei allen vorhandenen Gemeinsamkeiten doch -meistens ;) - auseinanderhalten kann.

Also Leute, trinkts mehr Silvaner und Grünen Veltliner-- es lohnt sich!

LG
Bodo
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