Matula81 hat geschrieben:...Dann, mit Ende dreißig, hatte ich dann doch noch das Aha Erlebnis....
Bei mir gab es tatsächlich kein initiales Erlebnis. Es verhielt sich vielmehr so, dass mir meine Eltern schon in meiner Kindheit auch einen Schluck Wein gegönnt haben, wenn an Feiertagen oder im Urlaub ein Fläschchen geöffnet wurde. Meine Mutter und mein Vater waren keine Kenner, aber mit der Zeit tasteten sie sich schon weiter nach oben; ich erinnere mich noch gut an eine sehr obskure Flasche Spät- oder Auslese aus dem Briedeler Herzchen, aus der ich, als ich vielleicht sieben, acht Jahre alt war, ein halbes Gläschen eingeschenkt bekam (mir hat das Zeug ob seiner Süße damals gut geschmeckt). Etwas später - ich war zehn bis elf - ging es dann anlässlich eines Urlaubs im badischen Glottertal zu diversen Winzergenossenschaften, und ich fand es vorab sehr spannend, in einem Reiseführer etwas über die verschiedenen Rebsorten der Region zu lesen; anlässlich des Einkaufs durfte ich natürlich auch ein wenig probieren
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Während der Schympansialzeit hatte ich mit einer Mitschülerin und einem Mitschüler ein Kochkränzchen, welches erfreulicherweise von den Eltern gefördert wurde. Wir haben uns alle paar Monate reihum getroffen und verhältnismäßig anspruchsvolle Gerichte wie zum Beispiel Coq au Riesling hergestellt. Dazu musste dann natürlich auch ein Wein (aus dem Keller der Eltern) auf den Tisch kommen...
Mein Vater war im Bergbau beschäftigt, zunächst als Steiger unter Tage, aber später seiner Staublunge halber über Tage im Materialeinkauf. Der Materialeinkauf hatte zur Folge, dass uns vor Weihnachten eine Flut von Werbepräsenten erreichte (so war das damals), und darunter befanden sich natürlich auch diverse Weinflaschen. Von einer Untergesellschaft der MAN AG wurden uns, als ich sechzehn oder siebzehn war, sechs Flaschen aus dem Hause Sankt Antony geschickt. Das Weingut gehörte damals der MAN und rangierte infolge des immensen Könnens seines Verwalters Alexander Michalsky und natürlich auch der hervorragenden Lagen am Roten Hang in Deutschland schon ziemlich weit oben. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sehr ich nach dem Öffnen der der ersten Flasche von Sankt Antony gestaunt habe: So einen guten Wein (trockenen Riesling) hatte ich vorher noch nie im Glas gehabt!
1986 gegen Ende meiner vierjährigen BW-Zeit (als Oboist im Musikkorps) bin ich mit meinem Vater auf Weintour nach Franken gefahren, weitere Exkursionen an die Nahe (zu Dönnhoff), an die Ahr (zu Meyer-Näkel) und an den Mittelrhein (zu Ratzenberger) folgten in den nächsten Jahren. Mein Weinbewusstsein wurde so immer weiter geschärft.
Um es etwas kürzer
zu sagen: Bei mir hat in puncto Wein tatsächlich seit sehr jungen Jahren eine ziemlich kontinuierliche Entwicklung stattgefunden, wobei ich diese Entwicklung einerseits meinen nach heutigem Verständnis äußerst verantwortungslosen
Eltern zu verdanken, aber andererseits auch mehr oder minder parallel mit ihnen durchlaufen habe. Sie betraf allerdings bis kurz vor der Jahrtausendwende ausschließlich deutschen Wein - eine Auseinandersetzung mit zum Beispiel Bordeaux hat erst spät (ca. ab 1997) stattgefunden.
Natürlich ist es müßig, zu sagen, dass die Entwicklung, obwohl ich im April 2023 sechzig Jahre alt geworden bin, immer noch weiter geht.
Herzliche Grüße
Bernd