Bordeaux 2022

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von pessac-léognan »

TOM hat geschrieben:Bei Grimm (Bacchus Vinothek, https://www.bacchus-vinothek.de/) kann man mit der Schaltfläche "Die Subskription als PDF" seine Notizen zu 2022 herunterladen. Klar, er ist ein Händler und will die Sachen auch verkaufen. Trotzdem finde ich die Notizen durchaus wertvoll und ich glaube jeder hier im Forum kann das einordnen. Bei einigen kleinen Weinen stehen auch schon Preise.

Und nein, ich bekomme keine Provision von ihm, bestelle aber durchaus regelmäßig dort und war immer sehr zufrieden.
Danke, Tom, für den Hinweis!
Ich habe erst nach der Durchsicht von Grimms PDF gemerkt, dass die Parker-Punkte nur zum Teil von Kelley vergeben wurden, z.T. von Yohan Castaing, z.B. die Weine aus Pessac-Léognan. Das ist zwar einerseits problematisch (auch wenn das bei vielen anderen Publikationen [etwa RVF] ähnlich gehandhabt wird), andererseits aber verständlich (und vielleicht sogar positiv), da ich mich immer gefragt habe, wie eine Person diesem Verkostungsmarathon von Hunderten von Weinen innerhalb weniger Tage sensorisch überhaupt gewachsen sein kann und die Benotungen noch als seriös erachtet werden können...
Gruß
Jean
diogenes
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von diogenes »

pessac-léognan hat geschrieben:
TOM hat geschrieben:Bei Grimm (Bacchus Vinothek, https://www.bacchus-vinothek.de/) kann man mit der Schaltfläche "Die Subskription als PDF" seine Notizen zu 2022 herunterladen. Klar, er ist ein Händler und will die Sachen auch verkaufen. Trotzdem finde ich die Notizen durchaus wertvoll und ich glaube jeder hier im Forum kann das einordnen. Bei einigen kleinen Weinen stehen auch schon Preise.

Und nein, ich bekomme keine Provision von ihm, bestelle aber durchaus regelmäßig dort und war immer sehr zufrieden.
Danke, Tom, für den Hinweis!
Ich habe erst nach der Durchsicht von Grimms PDF gemerkt, dass die Parker-Punkte nur zum Teil von Kelley vergeben wurden, z.T. von Yohan Castaing, z.B. die Weine aus Pessac-Léognan. Das ist zwar einerseits problematisch (auch wenn das bei vielen anderen Publikationen [etwa RVF] ähnlich gehandhabt wird), andererseits aber verständlich (und vielleicht sogar positiv), da ich mich immer gefragt habe, wie eine Person diesem Verkostungsmarathon von Hunderten von Weinen innerhalb weniger Tage sensorisch überhaupt gewachsen sein kann und die Benotungen noch als seriös erachtet werden können...
Gruß
Jean

Diesbezüglich hatte William Kelley im Forum der Wineberserkers klargestellt, dass 250 von 450 Weinen gemeinsam verkostet worden sind, inkl. Les Carmes Haut Brion.
carpe vinum!
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vanvelsen
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von vanvelsen »

pessac-léognan hat geschrieben:
TOM hat geschrieben:Bei Grimm (Bacchus Vinothek, https://www.bacchus-vinothek.de/) kann man mit der Schaltfläche "Die Subskription als PDF" seine Notizen zu 2022 herunterladen. Klar, er ist ein Händler und will die Sachen auch verkaufen. Trotzdem finde ich die Notizen durchaus wertvoll und ich glaube jeder hier im Forum kann das einordnen. Bei einigen kleinen Weinen stehen auch schon Preise.

Und nein, ich bekomme keine Provision von ihm, bestelle aber durchaus regelmäßig dort und war immer sehr zufrieden.
Danke, Tom, für den Hinweis!
Ich habe erst nach der Durchsicht von Grimms PDF gemerkt, dass die Parker-Punkte nur zum Teil von Kelley vergeben wurden, z.T. von Yohan Castaing, z.B. die Weine aus Pessac-Léognan. Das ist zwar einerseits problematisch (auch wenn das bei vielen anderen Publikationen [etwa RVF] ähnlich gehandhabt wird), andererseits aber verständlich (und vielleicht sogar positiv), da ich mich immer gefragt habe, wie eine Person diesem Verkostungsmarathon von Hunderten von Weinen innerhalb weniger Tage sensorisch überhaupt gewachsen sein kann und die Benotungen noch als seriös erachtet werden können...
Gruß
Jean
Fair point, das mit dem Marathon, das ist es wahrlich. Bei mir waren es ca. 520 Weine in 10 Tagen - sprich ca. 50 pro Tag, was meines Erachtens für geübte Verkoster aber gut geht und nicht "unseriös" ist...

Ich habe während dieser Zeit einige Weine mehrmals verkostet und dabei versehentlich drei Weine zwei Mal in meiner Datenbank abgespeichert. Beim Redigieren hab ich bemerkt, dass ich für diese drei Weine zwei Notizen und Bewertungen hab. Beim Vergleichen der Bewertungen durfte ich feststellen, dass sie im Kern gut übereinstimmten und - das beruhigt mich - ich habe zwei der Weine punktemässig identisch bewertet und einen davon mit 1 Punkt Unterschied...

Gruss,

Adrian
Zweifel
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Zweifel »

Ollie hat geschrieben:
vanvelsen hat geschrieben:Für alle, denen die Suche nach 2022er Tasting Notes auf meiner Webseite zu kompliziert war: Seit heute sind meine aktuellsten Primeur-Bewertungen auch auf Wine-Searcher online... https://www.wine-searcher.com/find/bord ... g_site=VWN
Übrigens recht vielen Dank dafür und fürs Excel, Adrian!

Winedom hat geschrieben:Bordeaux 2022: 10 Weintipps des Jahrgangs. Von Jane Anson.

https://cluboenologique.com/review/2022 ... ane-anson/
Worin Jane Anson schreibt: "One thing for sure is that 2022 is a vintage that will be referenced for many years to come (...)"

Wow, man hat dann doch recht schnell aufgehört, vom 2016er zu reden! Was natürlich weniger am Jahrgang selbst liegt als an der Aufmerksamkeitsspanne des Marktes, denn sicherlich war 2016 der letzte "nach klassischer Lesart hervorragende" Jahrgang. Jetzt kommen Jahrgänge, die ihre Klassifizierung "nur noch" in der neuzeitlichen Auslegung des Bordelais haben werden, und momentan sind wir in (oder schon am Ende) einer Art Übergangsphase, und das hat nicht mehr nur mit dem Ende der Parker-Ära zu tun. Deshalb mal ein paar Gedanken zu 2022 und folgende.

Wenn man die Kritikerstimmen übereinanderlegt, dann wird 2022 bei den gelungenen Weinen als eine Mischung aus 2018 (Frucht) und 2019 (Saft) mit gelegentlich einem Schuss 2020 (Struktur) dargestellt. Linksufrig liegen die meisten Weine bei über 14 Vol%, der von Jane Anson angeführte La Gaffelière, laut William Kelley und Jean-Marc Quarin besser als sogar 2019 (uff!) und 2020, dreht 15.1 Vol%, trotz der 40% Cabernet-Franc-Anteil.

Nehmen wir an, in der gelungenen Spitze seien die Wein wirklich best ever. Stellt sich folgende Frage: Wie viele solcher Jahrgänge glauben wir (glauben die Erzeuger) werden in den zwölf Jahren zwischen 2023 und 2035 noch möglich sein. Jeder zweite? Zwei Drittel (also acht)? Sind die übrigen Jahrgänge dann "Katastrophenjahre" wie 2017 oder 2021, oder eher sowas wie "2022 auf Steroiden" (will man wirklich Calon Ségur mit 16 Vol% trinken)?

Ich habe das Jahr 2035 deshalb gewählt, weil ich persönlich glaube, daß Bordeaux (der Wein), so wie wir ihn heute kennen, ab so etwa 2035 aufhört zu existieren, plus/minus. Klar, es wird auch danach noch Spitzenweine geben, aber sehr viel weniger als heute und zu entsprechend veränderten Preisen. Denn wieviel Wein kann man noch machen, wenn selbst Toperzeuger heute schon Parzellen massiv ausselektieren müssen und die Saftausbeute wegen immer kleiner werdenden Beeren in den Keller geht? Wir haben alle den super Artikel von William Kelley über die modernen Methoden im Bordelais gelesen (soviel zum Thema "jede Flasche Wein hat höchstens 30 Euro Gestehungskosten"), aber sehr bald wird den Winzern die Natur schneller weglaufen, als sie vitikulturtechnisch hinterheragieren können.

Wird 2022 also wirklich als Jahrgang lange in Erinnerung bleiben, oder ist es lediglich der erste einer Reihe vieler (oder zumindest noch einiger) solchen Jahre? Wird 2022 in stark einem Jahrzehnt als "noch am kühlen Ende befindlich" bezeichnet werden? Oder als "Jahr, in dem die Menge noch stimmte"? (Das Argument der unterdurchschnittlichen Ernte wird sich auch verbrauchen, erst recht, wenn die Selektion - nur ein Drittel schafft es in den Grand Vin - eingerechnet wird.)

Wieviel Wein auf dem Niveau des 2022ers wird bis dahin noch noch produziert werden? Ausgehend von meiner in den letzten (Post-Parker-)Jahren aufgestellten These, nicht mehr der (Pool der) Kritiker bestimme via Marktakzeptanz/Nachfrage über den Preis, sondern der Erzeuger reihe den Wein ein in die Gesamtheit der Jahrgänge und lege anhand dieser eigenen Einschätzung (und der verfügbaren Menge) den Preis fest (Ausnahmen: Hype-Weine à la LCHB mit quasi-burgundischen Quantitäten), werden diese Überlegungen in die Preisgestaltung für den 2022er einfließen.

Und natürlich in unsere Entscheidungsfindung, ob wir 2022 unbedingt haben müssen. Immerhin ist die typischen Zeitskala, auf der ein großer BDX reift (15-20 Jahre), vergleichbar mit der Zeitskala, auf der ein nach meiner Annahme ein solcher Wein nicht wiederbeschaffbar wird. (Eventuell vielleicht noch: Der 2026er kann den 2016er ersetzen und vielleicht noch der besonders feuchte 2032er den 2022er, aber dann ist wohl Schicht.)

Für die berühmten Enkel: Vielleicht sollten wir lieber alle 2021er kaufen, es gibt ja genug gelungene Weine. (Beispiel: Léoville Barton, kein Frost, so gut wie kein Mehltau, gut ausgereift, 13.5 Vol%; oder Montrose, mit 13.1 Vol%. In 40 Jahren werden solche Weine nicht mehr gemacht werden, dieser Weinstil wird schlicht aufhören zu existieren.)

Cheers,
Ollie

PS: Hat jemand nachgeschaut, ob die Niederschläge seit der Lese 2022 (ein Jahr, daß durch 2021 gerettet wurde) die Wasserreserven aufgefüllt haben oder ob 2023 erneut ein trockenes Jahr dräut?
Grüezi Ollie
Deine Aussagen erinnerten mich stark an die Bemerkungen von Mario Scheuermann - dem Gründer des vormaligen Forums taw -auf der Seite degustation.de zum Jahrgang 2010. Ich habe da nachgeschlagen.

2010 – der Jahrgang am Ende der Fahnenstange

https://web.archive.org/web/20111004134 ... rdeaux2010

Ich habe keine Ahnung ob solche Rückblicke interessieren. Meldet Euch doch bitte, wenn so "historisches" nicht in den aktuellen thread passen sollte.

Beste Grüsse Hans-Rudolf
Lars Dragl
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Registriert: Mo 3. Okt 2016, 23:24

Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo Hans-Rudolf!

Mir tut es etwas um die Anfänger leide, die solchen immer wiederkehrenden Übertreibungen und marktschreierischen Anpreisungen glauben schenken und dann blind einkaufen. Da habe ich auch meine Lektion gelernt und durfte mich auch schon mit einem Topwinzer der Gegend unterhalten, der mich darin bestärkt hat, erst mal das Hirn einzuschalten und sich nicht in die Gier treiben zu lassen.

Es herrscht Überproduktion! Natürlich sollte derjenige, der LCHB unbedingt haben möchte, nicht zögern. Fraglich ist aber, ob er ihn denn auch kaufen würde, wenn er ihn zuvor im Glas gehabt hätte.

Mir hat ein früher Mitarbeiter von Moevenpick mal erzählt, dass nahezu kein Bordeaux mehr bei ihnen im Geschäft gekauft, sondern ein überwiegender Großteil dieser Weine gesubst wurde. Da spielt also die Musik!

Herzliche Grüße und viel Spaß beim subsen!

Lars
la-vita
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von la-vita »

Auch im Jahr 2011 machte man sich bereits Kopfzerbrechen über die Zukunft von Bordeaux. Seitdem versucht man sich durch Anpassung und der Hoffnung auf ein paar normale Jahrgänge irgendwie durch zu wursteln.

Hier noch mal ein kleiner Auszug aus einem Interview der örtlichen Zeitung aus Bordeaux "SUD OUEST" mit Heiner Lobenberg im Rahmen der damaligen Primeur-Woche für den Jahrgang 2010:

"Ich bin heute Morgen angekommen und habe bereits bei zwei anderen Händlern probiert. Mein erster Eindruck ist gemischt. Qualität und Ausgewogenheit sind zwar vorhanden, aber auf einem ungewöhnlichen Niveau. Zu der beeindruckenden Tanninstärke dieser Rotweine kommt noch ein hoher Alkoholgehalt hinzu. Sie sehen aus wie Gewächse aus dem Languedoc-Roussillon. Riechen Sie mal diesen Medoc für 15 Euro pro Flasche! Vor zehn Jahren wäre ein Cru Classé aus Saint-Émilion auf die Knie gegangen, um eine solche Kraft zu erwarten. Sie packt dich und lässt dich nicht mehr los. Im Grunde ist das nicht normal", sagt Heiner Lobenberg und zweifelt an der Bekömmlichkeit der 2010er.
(übersetzt mit DeepL)

Wie es aussieht hat sich ja die Käuferschaft an den neuen Stil gewöhnt bzw. liebt ihn ja geradezu.

Gruß
Detlef
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sorgenbrecher
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von sorgenbrecher »

Solche Rückblicke sind aus meiner Sicht sogar sehr erhellend, und sie helfen schon sehr bei der Einordnung. Ich habe etwas in den en primeur Beschreibungen aus 2004 zum 2003er Jahrgang gestöbert, und zum Teil lesen sich jetzt die 2022er fast wie eine Kopie.
Und genau wie es für 2003 großen Sinn gemacht hat, die final gefüllten Weine erst bei der Arrivage zu bewerten, so werde ich das auch mit den 2022ern halten. Das Risiko, dass sich die Weine mit dem Ausbau noch einmal deutlich verändern, ist mir gerade in solchen Extrem-Jahrgängen schlicht zu hoch.
Gruß, Marko.
Lars Dragl
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Lars Dragl »

sorgenbrecher hat geschrieben:Solche Rückblicke sind aus meiner Sicht sogar sehr erhellend, und sie helfen schon sehr bei der Einordnung. Ich habe etwas in den en primeur Beschreibungen aus 2004 zum 2003er Jahrgang gestöbert, und zum Teil lesen sich jetzt die 2022er fast wie eine Kopie.
Und genau wie es für 2003 großen Sinn gemacht hat, die final gefüllten Weine erst bei der Arrivage zu bewerten, so werde ich das auch mit den 2022ern halten. Das Risiko, dass sich die Weine mit dem Ausbau noch einmal deutlich verändern, ist mir gerade in solchen Extrem-Jahrgängen schlicht zu hoch.
Hallo!

Meines Wissens fehlen im überwiegenden Teil der Fassmuster die Pressweine, die bekanntlich am meisten Gerbstoffe enthalten. Gerade in einem Jahr wie 2022 wird man erst bei der Arrivage sehen, wie die Sachlage ist. Wie die Presseine nach ihrem separaten Ausbau werden, wissen die Erzeuger vielleicht selbst noch nicht ganz sicher. An eine Wiedergeburt von 2003 glaube ich allerdings nicht. Man hat inzwischen viel dazugelernt, zumindest bei den besseren Weingütern, aber ausschließen kann ich es natürlich auch nicht.

Es gibt gerade auch das Probleme mit dem Markt (China schwächelt noch, Brexit, Energiekrise, Inflation, Kaufzurückhaltung, Überalterung der trinkfreudigen Gesellschaftsteile, veränderte Trinkgewohnheiten, ...). Da käme ein großer Jahrgang sehr gelegen und könnte vielleicht den einen oder anderen Konsumenten zu einer Kaufentscheidung bringen. Und Sachwerte sind eben Sachwerte :lol:

Herzliche Grüße

Lars
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UlliB
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Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Bordeaux 2022

Beitrag von UlliB »

Zweifel hat geschrieben: Grüezi Ollie
Deine Aussagen erinnerten mich stark an die Bemerkungen von Mario Scheuermann - dem Gründer des vormaligen Forums taw -auf der Seite degustation.de zum Jahrgang 2010. Ich habe da nachgeschlagen.

2010 – der Jahrgang am Ende der Fahnenstange

https://web.archive.org/web/20111004134 ... rdeaux2010

Ich habe keine Ahnung ob solche Rückblicke interessieren. Meldet Euch doch bitte, wenn so "historisches" nicht in den aktuellen thread passen sollte.
Aber ja, das passt hier gut. Und wie sich herausgestellt hat: Scheuermann lag mit seinen Befürchtungen falsch. Schon das Folgejahr 2011 hat gezeigt, dass es nicht einfach immer mehr Reife gibt. Und seitdem hatten wir ein ganz klar unterreifes Jahr (2013) und mindestens drei Jahre, die im Durchschnitt nur kapp reif waren (2014, 2017, 2021) und im Nachhinein etwas euphemistisch als "klassisch" bezeichnet werden.

Und es wird so weitergehen, und insofern liegt auch der User @Ollie mit seiner Prognose ziemlich sicher falsch.

Es gibt im Bordelais zwei Themen, die irgendwann demnächst adressiert werden müssen, aber sich auch adressieren lassen: Wassermangel und exzessive Alkoholgehalte.

Wassermangel: wie weiter oben irgendwo verlinkt, wurde 2022 in einigen AOCs die Bewässerung erlaubt. In ein paar Jahren wird sie überall im Bordelais erlaubt sein, und etwas später wird es dort so aussehen wie schon vor zwanzig Jahren in der Wachau: flächendeckenede Tropfbewässerung.

Und wenn jetzt die obligatorische Frage kommt, wo denn das Wasser herkommen soll: das gibt's vor der Haustür, mittels Meerwasserentsalzung. Das kostet Geld, aber das ist bei den Topbetrieben im Übermaß vorhanden, und die notwendige Energie dafür gibt es auch vor Ort: Windkraft und Solarenergie direkt in und neben den Weinbergen. Sieht sch**ße aus, aber für landschaftliche Schönheit ist das Weinbaugebiet nun eh nicht gerade bekannt.

Exzessive Alkoholgehalte: dazu ist zunächst einmal festzuhalten, dass das im Moment das Problem von ein paar Foristen und hier und da in den sozialen Medien ist, aber die meisten Profiverkoster offensichtlich nicht sonderlich stört. Und da die den Markt machen, stört es die Erzeuger auch (noch) nicht.

Das kann sich ändern, und vermutlich wird es sich auch ändern, die Tendenz geht in die Richtung. Da gibt es dann eine ganze Handvoll Möglichkeiten, zu reagieren, zunächst direkt in der Vitikultur. Deutsche GG-Erzeuger zeigen, wie es geht: nachdem nach Einführung der Kategorie die Alkoholgehalte zunächst laufend anstiegen, sinken sie seit einigen Jahren konstant. Inzwischen sind 12,5%Vol. duchaus üblicher Standard, es gibt solche GGs sogar aus Burgundersorten aus dem Kaiserstuhl mit nur 12,5%, und das aus Warmjahren.

Und wenn die Maßnahmen in der Vitikultur nicht mehr ausreichen, kommen die technischen Maßnahmen zur Alkoholreduzierung, und derer gibt es viele - von der Mostphase bis zum fertigen Wein. Das wird einen Aufschrei geben? Ja, klar, kurzfristig. So wie im Bordelais vor gut 30 Jahren die Mostkonzentration eingeführt wurde und kurzfristig ein Aufreger war, dann aber niemanden mehr interessierte, wird es auch mit den exakt gegenläufigen Maßnahmen kommen. Erst Irritation, dann Standard, den keiner mehr zur Kenntnis nimmt.

Gruß
Ulli
diogenes
Beiträge: 299
Registriert: Mi 8. Dez 2010, 16:57

Re: Bordeaux 2022

Beitrag von diogenes »

UlliB hat geschrieben: Aber ja, das passt hier gut. Und wie sich herausgestellt hat: Scheuermann lag mit seinen Befürchtungen falsch. Schon das Folgejahr 2011 hat gezeigt, dass es nicht einfach immer mehr Reife gibt. Und seitdem hatten wir ein ganz klar unterreifes Jahr (2013) und mindestens drei Jahre, die im Durchschnitt nur kapp reif waren (2014, 2017, 2021) und im Nachhinein etwas euphemistisch als "klassisch" bezeichnet werden.

Und es wird so weitergehen, und insofern liegt auch der User @Ollie mit seiner Prognose ziemlich sicher falsch.

Es gibt im Bordelais zwei Themen, die irgendwann demnächst adressiert werden müssen, aber sich auch adressieren lassen: Wassermangel und exzessive Alkoholgehalte.

Wassermangel: wie weiter oben irgendwo verlinkt, wurde 2022 in einigen AOCs die Bewässerung erlaubt. In ein paar Jahren wird sie überall im Bordelais erlaubt sein, und etwas später wird es dort so aussehen wie schon vor zwanzig Jahren in der Wachau: flächendeckenede Tropfbewässerung.

Und wenn jetzt die obligatorische Frage kommt, wo denn das Wasser herkommen soll: das gibt's vor der Haustür, mittels Meerwasserentsalzung. Das kostet Geld, aber das ist bei den Topbetrieben im Übermaß vorhanden, und die notwendige Energie dafür gibt es auch vor Ort: Windkraft und Solarenergie direkt in und neben den Weinbergen. Sieht sch**ße aus, aber für landschaftliche Schönheit ist das Weinbaugebiet nun eh nicht gerade bekannt.

Exzessive Alkoholgehalte: dazu ist zunächst einmal festzuhalten, dass das im Moment das Problem von ein paar Foristen und hier und da in den sozialen Medien ist, aber die meisten Profiverkoster offensichtlich nicht sonderlich stört. Und da die den Markt machen, stört es die Erzeuger auch (noch) nicht.

Das kann sich ändern, und vermutlich wird es sich auch ändern, die Tendenz geht in die Richtung. Da gibt es dann eine ganze Handvoll Möglichkeiten, zu reagieren, zunächst direkt in der Vitikultur. Deutsche GG-Erzeuger zeigen, wie es geht: nachdem nach Einführung der Kategorie die Alkoholgehalte zunächst laufend anstiegen, sinken sie seit einigen Jahren konstant. Inzwischen sind 12,5%Vol. duchaus üblicher Standard, es gibt solche GGs sogar aus Burgundersorten aus dem Kaiserstuhl mit nur 12,5%, und das aus Warmjahren.

Und wenn die Maßnahmen in der Vitikultur nicht mehr ausreichen, kommen die technischen Maßnahmen zur Alkoholreduzierung, und derer gibt es viele - von der Mostphase bis zum fertigen Wein. Das wird einen Aufschrei geben? Ja, klar, kurzfristig. So wie im Bordelais vor gut 30 Jahren die Mostkonzentration eingeführt wurde und kurzfristig ein Aufreger war, dann aber niemanden mehr interessierte, wird es auch mit den exakt gegenläufigen Maßnahmen kommen. Erst Irritation, dann Standard, den keiner mehr zur Kenntnis nimmt.

Gruß
Ulli
Volle Zustimmung von mir zu deiner Einschätzung.
carpe vinum!
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