Zweifel hat geschrieben:
Grüezi Ollie
Deine Aussagen erinnerten mich stark an die Bemerkungen von Mario Scheuermann - dem Gründer des vormaligen Forums taw -auf der Seite degustation.de zum Jahrgang 2010. Ich habe da nachgeschlagen.
2010 – der Jahrgang am Ende der Fahnenstange
https://web.archive.org/web/20111004134 ... rdeaux2010
Ich habe keine Ahnung ob solche Rückblicke interessieren. Meldet Euch doch bitte, wenn so "historisches" nicht in den aktuellen thread passen sollte.
Aber ja, das passt hier gut. Und wie sich herausgestellt hat: Scheuermann lag mit seinen Befürchtungen falsch. Schon das Folgejahr 2011 hat gezeigt, dass es nicht einfach immer mehr Reife gibt. Und seitdem hatten wir ein ganz klar unterreifes Jahr (2013) und mindestens drei Jahre, die im Durchschnitt nur kapp reif waren (2014, 2017, 2021) und im Nachhinein etwas euphemistisch als "klassisch" bezeichnet werden.
Und es wird so weitergehen, und insofern liegt auch der User
@Ollie mit seiner Prognose ziemlich sicher falsch.
Es gibt im Bordelais zwei Themen, die irgendwann demnächst adressiert werden müssen, aber sich auch adressieren lassen: Wassermangel und exzessive Alkoholgehalte.
Wassermangel: wie weiter oben irgendwo verlinkt, wurde 2022 in einigen AOCs die Bewässerung erlaubt. In ein paar Jahren wird sie überall im Bordelais erlaubt sein, und etwas später wird es dort so aussehen wie schon vor zwanzig Jahren in der Wachau: flächendeckenede Tropfbewässerung.
Und wenn jetzt die obligatorische Frage kommt, wo denn das Wasser herkommen soll: das gibt's vor der Haustür, mittels Meerwasserentsalzung. Das kostet Geld, aber das ist bei den Topbetrieben im Übermaß vorhanden, und die notwendige Energie dafür gibt es auch vor Ort: Windkraft und Solarenergie direkt in und neben den Weinbergen. Sieht sch**ße aus, aber für landschaftliche Schönheit ist das Weinbaugebiet nun eh nicht gerade bekannt.
Exzessive Alkoholgehalte: dazu ist zunächst einmal festzuhalten, dass das im Moment das Problem von ein paar Foristen und hier und da in den sozialen Medien ist, aber die meisten Profiverkoster offensichtlich nicht sonderlich stört. Und da die den Markt machen, stört es die Erzeuger auch (noch) nicht.
Das kann sich ändern, und vermutlich wird es sich auch ändern, die Tendenz geht in die Richtung. Da gibt es dann eine ganze Handvoll Möglichkeiten, zu reagieren, zunächst direkt in der Vitikultur. Deutsche GG-Erzeuger zeigen, wie es geht: nachdem nach Einführung der Kategorie die Alkoholgehalte zunächst laufend anstiegen, sinken sie seit einigen Jahren konstant. Inzwischen sind 12,5%Vol. duchaus üblicher Standard, es gibt solche GGs sogar aus Burgundersorten aus dem Kaiserstuhl mit nur 12,5%, und das aus Warmjahren.
Und wenn die Maßnahmen in der Vitikultur nicht mehr ausreichen, kommen die technischen Maßnahmen zur Alkoholreduzierung, und derer gibt es viele - von der Mostphase bis zum fertigen Wein. Das wird einen Aufschrei geben? Ja, klar, kurzfristig. So wie im Bordelais vor gut 30 Jahren die Mostkonzentration eingeführt wurde und kurzfristig ein Aufreger war, dann aber niemanden mehr interessierte, wird es auch mit den exakt gegenläufigen Maßnahmen kommen. Erst Irritation, dann Standard, den keiner mehr zur Kenntnis nimmt.
Gruß
Ulli