Fortsetzung meiner kleinen
Tour de Tinhof:
Tinhof, Neuburger Leithaberg 2021
Tinhof, Neuburger Ried Golden Erd 2020
Ralf Gundlach hat geschrieben:2021 Neuburger Leithaberg Tinhof
In der Nase geht das Richtung knackige Mirabellen. Am Gaumen geht die Post ab. Nussnoten spielen regelrecht mit den ganz frischen, fast zu jungen Mirabellen und knackigen Aprikosen. Umhüllt von einem zarten Schmelz. Die Säure belebt den Wein. Ich habe fast das Gefühl, als hätte sich ein Chardonnay mit einem Riesling perfekt vermählt. Alles passt. Auch die Länge. Und ich bin mir sicher, dass dieser Wein in fünf Jahren komplexer sein wird. Der macht aber jetzt schon sowas von Spaß. Bei dem Wein würde mich Erichs Meinung interessieren.
Diese schöne Beschreibung war der Trigger, um mich mit Winzer und Rebsorte zu befassen. Ich sehe den Wein allerdings deutlich anders:
Dezent nussige Noten und Mirabellen finde ich auch, Aprikosen nicht, und das Knackige geht an mir vorbei. Die Säure ist ausreichend, aber eher mild - durchaus typisch, wie ich später nachlese -, und den "zarten Schmelz" würde ich eher als dezente Restsüße beschreiben. Mich erinnert der Wein überhauptnicht an Riesling; an Chardonnay (etwas gefälliger, z.B. aus dem Mâconnais) schon eher, aber am ehesten an relativ fokussierten Weißburgunder. Genauso wie Ralf sehe ich allerdings, daß der Wein Spaß macht, wenngleich auf ziemlich süffige Weise. Im Abgang finde ich eine zartgrüne und ganz leicht metallische Note, die aber nicht stört. Eine leichte Adstringenz könnte ein bißchen Potential andeuten, aber ich würde diesen Wein nicht auf die lange Bank schieben:
Zapfen raus Aufgeschraubt und wech.
Die Nase des Golden Erd zeigt Neuholz, Vanille,
Parfum und mehr Neuholz.
Da ist im Vergleich etwas mehr Substanz, was auch erklären könnte, warum die Säure im Vergleich einen Hauch milder wirkt, aber vermutlich garnicht ist. Auch hier leichte Adstringenz. Aromen kann ich unter dem ganzen Neuholz keine ausmachen.
Der Leithaberg ist wirklich nett. Ich mag sowohl Weißburgunder als auch Chardonnay, und da reiht er sich gut ein. Die Stilistik scheint mir etwas auf der gefällig-üppigen Seite zu sein, ohne daß es weiter störend wäre. Wie bei den meisten Burgunderrebsorten kommt von der Beere/Traube nicht sooo viel, aber wenn der Ausbau paßt, kann das Ergebnis sehr schön sein. Entweder hat der Wein kein Holz gesehen, was ich vermute, oder es ist extrem unauffällig. Für nominell knapp 14 und mit Rabatt etwas über 11 € ein wirklich schöner Wein.
Ganz anders der Golden Erd: Die Ambitionen treten überdeutlich zutage, auch im Preis von knapp 40 €. Dafür bekommt man gut gemachten Neuholzextrakt. Die Struktur paßt, aber es gelingt mir nicht, daran vorbeizuschmecken. Ich kann hier nicht objektiv sein, weil das für mich völlig übertrieben ausgebaut ist. Selbst bei gleichem Preis würde ich den Leithaberg vorziehen.