Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Neusiedlersee-Hügelland, Neusiedlersee, Mittelburgenland, Südburgenland
amateur des vins
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von amateur des vins »

Ollie hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:Wenn die Rebsorte - wie ich behaupte - ziemlich neutral und daher ganz überwiegend ausbaugeprägt ist: Was wären dann Beispiele für Chardonnays, die nicht von sonstwo kommen könnten? /slightlyofftopic
Drehen wir das Argument um und suchen nach der Restmenge: Für welche Rebsorte, die für zumindest "anekdotische Statistik" hinreichend weitverbreitet ist, gilt das nicht?
Na, Du weißt ja, daß ich den Winzereinfluß grundsätzlich für gewichtiger halte als den von {Terroir \ Winzer}. Ich denke aber schon, daß z.B. mit Riesling die Expressionsvarianz durch den Boden, und bei SB die durch das Mikroklima größer sind, als bei Chardonnay.

Hach, endlich wieder fullyoffopic! :mrgreen:
Besten Gruß, Karsten
amateur des vins
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von amateur des vins »

Ralf wird schon wissen, daß dieser Thread der richtige ist. Er war es, der mich mit seinen Notizen speziell zum Neuburger - einer mir unbekannten Rebsorte - neugierig auf Tinhof machte. Nun ergab es sich aber, daß ein anderer Wein aus dem Portfolio meine erste Begegnung mit dem Weingut ist:

Tinhof, Gloriette 2017
   Blaufränkisch


Das mitteldichte (-) Rot der Robe zeigt nur ganz leichte Purpurtendenz.
In der Nase habe ich vorwiegend dunkle Kirsche, etwas Johannisbeere und eine Spur Blaubeere, gewürzt mit etwas Nadelwald. Der Ausbau in neuen Barriques macht sich in nur sehr dezenten Holz- und Vanillenoten bemerkbar.
Auch am Gaumen ist der Wein "nur" mittelgewichtig, mit wohlbemessener, lebendiger Säure und durchaus kräftigen, aber ultrafeinen Tanninen. Die Aromatik ist ein Abbild der Nase; im Abgang kommt ein wenig Gewürznelke und eine Andeutung von Tabak hinzu.

Das ist ein sehr eleganter, fast transparenter Wein. Obgleich "nur" mittelgewichtig, kommt er dennoch nicht ohne "Oompf". Er ist zugänglich und macht bereits viel Spaß, aber Tannine und Holz werden mit den Jahren die Komplexität nur noch weiter erhöhen.

Toller Wein!

...und danke, Ralf, für den Trigger. Ich habe noch einiges mehr von Tinhof zum Probieren bestellt und werde natürlich berichten.
Besten Gruß, Karsten
Ralf Gundlach
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von Ralf Gundlach »

amateur des vins hat geschrieben:Ralf wird schon wissen, daß dieser Thread der richtige ist. Er war es, der mich mit seinen Notizen speziell zum Neuburger - einer mir unbekannten Rebsorte - neugierig auf Tinhof machte. Nun ergab es sich aber, daß ein anderer Wein aus dem Portfolio meine erste Begegnung mit dem Weingut ist:

Tinhof, Gloriette 2017
   Blaufränkisch


Das mitteldichte (-) Rot der Robe zeigt nur ganz leichte Purpurtendenz.
In der Nase habe ich vorwiegend dunkle Kirsche, etwas Johannisbeere und eine Spur Blaubeere, gewürzt mit etwas Nadelwald. Der Ausbau in neuen Barriques macht sich in nur sehr dezenten Holz- und Vanillenoten bemerkbar.
Auch am Gaumen ist der Wein "nur" mittelgewichtig, mit wohlbemessener, lebendiger Säure und durchaus kräftigen, aber ultrafeinen Tanninen. Die Aromatik ist ein Abbild der Nase; im Abgang kommt ein wenig Gewürznelke und eine Andeutung von Tabak hinzu.

Das ist ein sehr eleganter, fast transparenter Wein. Obgleich "nur" mittelgewichtig, kommt er dennoch nicht ohne "Oompf". Er ist zugänglich und macht bereits viel Spaß, aber Tannine und Holz werden mit den Jahren die Komplexität nur noch weiter erhöhen.

Toller Wein!

...und danke, Ralf, für den Trigger. Ich habe noch einiges mehr von Tinhof zum Probieren bestellt und werde natürlich berichten.
Hallo Karsten,

gerne! Ich bin mal gespannt, wie dir Neuburger gefällt. Bzgl. Gloriette: das spricht natürlich auch für den Winzer, wenn er bei seinem Flagschiff mehr auf Eleganz und Trinkfreude setzt.

Gruß

Ralf
amateur des vins
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von amateur des vins »

Fortsetzung meiner kleinen Tour de Tinhof:

Tinhof, Neuburger Leithaberg 2021
Tinhof, Neuburger Ried Golden Erd 2020
Ralf Gundlach hat geschrieben:2021 Neuburger Leithaberg Tinhof

In der Nase geht das Richtung knackige Mirabellen. Am Gaumen geht die Post ab. Nussnoten spielen regelrecht mit den ganz frischen, fast zu jungen Mirabellen und knackigen Aprikosen. Umhüllt von einem zarten Schmelz. Die Säure belebt den Wein. Ich habe fast das Gefühl, als hätte sich ein Chardonnay mit einem Riesling perfekt vermählt. Alles passt. Auch die Länge. Und ich bin mir sicher, dass dieser Wein in fünf Jahren komplexer sein wird. Der macht aber jetzt schon sowas von Spaß. Bei dem Wein würde mich Erichs Meinung interessieren.
Diese schöne Beschreibung war der Trigger, um mich mit Winzer und Rebsorte zu befassen. Ich sehe den Wein allerdings deutlich anders:
Dezent nussige Noten und Mirabellen finde ich auch, Aprikosen nicht, und das Knackige geht an mir vorbei. Die Säure ist ausreichend, aber eher mild - durchaus typisch, wie ich später nachlese -, und den "zarten Schmelz" würde ich eher als dezente Restsüße beschreiben. Mich erinnert der Wein überhauptnicht an Riesling; an Chardonnay (etwas gefälliger, z.B. aus dem Mâconnais) schon eher, aber am ehesten an relativ fokussierten Weißburgunder. Genauso wie Ralf sehe ich allerdings, daß der Wein Spaß macht, wenngleich auf ziemlich süffige Weise. Im Abgang finde ich eine zartgrüne und ganz leicht metallische Note, die aber nicht stört. Eine leichte Adstringenz könnte ein bißchen Potential andeuten, aber ich würde diesen Wein nicht auf die lange Bank schieben: Zapfen raus Aufgeschraubt und wech.

Die Nase des Golden Erd zeigt Neuholz, Vanille, Parfum und mehr Neuholz. :(
Da ist im Vergleich etwas mehr Substanz, was auch erklären könnte, warum die Säure im Vergleich einen Hauch milder wirkt, aber vermutlich garnicht ist. Auch hier leichte Adstringenz. Aromen kann ich unter dem ganzen Neuholz keine ausmachen.

Der Leithaberg ist wirklich nett. Ich mag sowohl Weißburgunder als auch Chardonnay, und da reiht er sich gut ein. Die Stilistik scheint mir etwas auf der gefällig-üppigen Seite zu sein, ohne daß es weiter störend wäre. Wie bei den meisten Burgunderrebsorten kommt von der Beere/Traube nicht sooo viel, aber wenn der Ausbau paßt, kann das Ergebnis sehr schön sein. Entweder hat der Wein kein Holz gesehen, was ich vermute, oder es ist extrem unauffällig. Für nominell knapp 14 und mit Rabatt etwas über 11 € ein wirklich schöner Wein.

Ganz anders der Golden Erd: Die Ambitionen treten überdeutlich zutage, auch im Preis von knapp 40 €. Dafür bekommt man gut gemachten Neuholzextrakt. Die Struktur paßt, aber es gelingt mir nicht, daran vorbeizuschmecken. Ich kann hier nicht objektiv sein, weil das für mich völlig übertrieben ausgebaut ist. Selbst bei gleichem Preis würde ich den Leithaberg vorziehen.
Besten Gruß, Karsten
amateur des vins
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von amateur des vins »

Gerade im Glas:

Anita & Hans Nittnaus, Ried Gritschenberg 2018
  Leithaberg DAC          Blaufränkisch


Mäßig purpurnes dichtes Weinrot, im Kern gerade noch transparent.
In der Nase reife, aber kühle Anmutung. Blaufruchtig und harmonisch, dabei etwas monolithisch, aber auch kein Simpel. Unauffälliges, elegantes Holz.
Am Gaumen ganz ähnlicher Eindruck in allen Aspekten. Frische, reife Säure, die zunächst unauffällig scheint, sich dann aber doch ziemlich deutlich bemerkbar macht. Durchaus kräftige, sehr feine Tannine. Schlank und elegant, sehr "mineralisch". Zugänglich. Mittelgewichtig, aber über etwas mehr Fleisch und etwas weniger Linearität würde ich mich nicht beklagen.

Guter bis sehr guter Wein, der mich aber gerade nicht komplett abholt. Könnte gut sein, daß er mit warmem Essen gewönne - vielleicht zu einem simpel im Ofen gebratenen Rebhuhn?
Besten Gruß, Karsten
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UlliB
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von UlliB »

amateur des vins hat geschrieben: Anita & Hans Nittnaus, Ried Gritschenberg 2018
  Leithaberg DAC          Blaufränkisch
Die Notiz hat mich motiviert, es mit einem ähnlichen Wein zu versuchen - der selbe Winzer, der selbe Ort (Jois), aber eine andere Lage und ein anderer Jahrgang:

Blaufränkisch Jungenberg 2019 (A&H Nittnaus) 13,5%Vol. Leithaberg DAC. Dunkles Purpurrot. Die Nase wirklich sehr schön, blaufruchtig, vielschichtig, etwas Nadelwald. Ganz leise und dezent etwas Neuholz.

Der Gaumen kommt da nicht mit. Hier dominiert eine hohe (für meinen Geschmack zu hohe) Säure die Verkostung, was sich über drei Stunden verfolgt auch nicht ändert. Der Eindruck ist zunächst trotz 13,5%Vol. ziemlich schlank, aber das täuscht, von der Säure etwas verdeckt ist da ordentlich Substanz, auch einiges an sehr feinkörnigem Tannin, und die Frucht scheint auch wieder auf. Holz ganz im Hintergrund. Sauber und lang.

Das ist ohne Zweifel gut, mir persönlich aber ganz einfach zu sauer. Mir ist schon klar, dass die Säure sortentypisch ist, aber was mich bei Weißwein überhaupt nicht stören und vermutlich eher begeistern würde, erscheint mir bei Rotwein unpassend - und genau das verhindert, dass ich mich mit Blaufränkisch systematischer beschäftige, auch wenn mir die Aromatik durchaus gefällt.

Der Wein ist zugänglich und nicht verschlossen, aber aus meiner Sicht ganz klar viel zu jung, vielleicht harmonisiert sich das ja noch. Das Rückenetikett gibt ein Trinkfenster "gut und gerne bis 2045" (!) an, das werde ich wohl nicht verifizieren können, aber die zweite Flasche wird jetzt erst mal für ein paar Jahre im Keller verschwinden.

Gruß
Ulli
amateur des vins
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von amateur des vins »

Interessant, Ulli. Liest sich für mich ziemlich ähnlich. Jetzt hätte ich gerne unsere Geschmäcker und speziell das Säureempfinden gegenseitig kalibriert... ;)

Kannst Du - womöglich aufgrund anderer Erfahrungen oder Quervergleiche - etwas dazu sagen, ob zu erwarten ist, daß Lage und/oder Jahrgang einen signifikanten Einfluß auf das Säurebild haben?
Besten Gruß, Karsten
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UlliB
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von UlliB »

amateur des vins hat geschrieben:Interessant, Ulli. Liest sich für mich ziemlich ähnlich. Jetzt hätte ich gerne unsere Geschmäcker und speziell das Säureempfinden gegenseitig kalibriert... ;)

Kannst Du - womöglich aufgrund anderer Erfahrungen oder Quervergleiche - etwas dazu sagen, ob zu erwarten ist, daß Lage und/oder Jahrgang einen signifikanten Einfluß auf das Säurebild haben?
Wirklich systematische Erfahrungen habe ich mit Blaufränkisch nicht. Jungenberg und Gritschenberg liegen ein paar Hundert Meter auseinander, und laut Literatur hat die Riede Gritschenberg einen wesentlich höheren Kalkanteil - wie sich das auf die Säure auswirkt, weiß ich nicht.

Einen deutlichen Unterschied gibt es aber zwischen den beiden Jahrgängen 18 und 19, diesen kann man sowohl in weiß als auch in rot feststellen. 2018 war auch in Österreich ein ausgesprochen warmes Jahr, das in der Tendenz säuremilde Weine ergeben hat, bei den Weißweinen gelegentlich zu milde. 2019 war nun auch nicht unbedingt säurereich, aber die Weine sind schon deutlich straffer ausgefallen als die 18er. Aber ohne einen Direktvergleich beider Weine wird man kaum sagen können, ob ich ganz einfach säureempfindlicher bin als Du oder nicht.

Gruß
Ulli
amateur des vins
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von amateur des vins »

UlliB hat geschrieben:Einen deutlichen Unterschied gibt es aber zwischen den beiden Jahrgängen 18 und 19, diesen kann man sowohl in weiß als auch in rot feststellen. 2018 war auch in Österreich ein ausgesprochen warmes Jahr, das in der Tendenz säuremilde Weine ergeben hat, bei den Weißweinen gelegentlich zu milde. 2019 war nun auch nicht unbedingt säurereich, aber die Weine sind schon deutlich straffer ausgefallen als die 18er. Aber ohne einen Direktvergleich beider Weine wird man kaum sagen können, ob ich ganz einfach säureempfindlicher bin als Du oder nicht.
Das war meine Annahme, danke.
Besten Gruß, Karsten
Bernd Schulz
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Re: Neusiedlersee-Hügelland / Leithaberg DAC

Beitrag von Bernd Schulz »

Den Neuburger Leithaberg von Tinhof habe ich jetzt auch im Glas (Ralf hatte mir dankenswerterweise eine Flasche davon mitbesorgt):

Bild

Der Wein hat fraglos einiges zu bieten, aber ganz so begeistert wie Ralf bin ich davon nicht; mein Beuteschema beim Weißwein sieht einfach deutlich anders aus. Trotzdem ist es sehr interessant, mal einen Neuburger zu trinken.

Herzliche Grüße

Bernd
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