Eingeladen von Anja Schröder und Felix Bodmann von der Webweinschule hatte ich vor ein paar Tagen Gelegenheit, Weine aus historischen Rebsorten zu probieren. Bedingt durch die Kleine Eiszeit, die vom 15. bis ins ins 19. Jahrhundert dauerte, waren spätreifende Rebsorten nicht mehr erwünscht, und wurden durch andere ersetzt, die auch bei kühleren Temperaturen ordentliche Erträge brachten. Die Reichssortenliste, 1934 eingeführt, um Landwirte vor der Verwendung minderwertigen Saatguts zu schützen, beschränkte die Zahl der zulässigen Rebsorten zusätzlich, so dass die Vielfalt erheblich reduziert wurde. Nicht alle alten Rebsorten starben aus, sondern einige überlebten bis heute, zum Teil als einzelne Rebstöcke, die man in den Weingärten fand.
Diese Reben werden identifiziert, vermehrt und bei Vertragswinzern im Versuchsanbau angebaut. Weitere Informationen und auch einen Shop (unter "Vinothek") findet man hier: https://historische-rebsorten.de/. Da viele dieser Rebsorten spät reifen, mit hoher Säure ausgestattet sind, und/oder geringe Erträge liefern, sind sie für Zeiten steigender Temperaturen und Sonnenscheindauern im Klimawandel besonders geeignet.
Von der Verkostung am Montag wurde ein 27-minütiges Video gemacht, das man sich unter https://youtu.be/kpKheRjJlvY anschauen kann. Leider gibt es ein paar Werbeeinsprengsel, die wohl nicht zu umgehen waren, aber man kann sie nach jeweils fünf Sekunden überspringen, so dass sich diese Unannehmlichkeiten in Grenzen halten.
Meine eigenen aktuellen Verkostungsnotizen zum Thema sind unter https://www.verkostungsnotizen.net/vkn_suche.php nachzulesen. Bei "Winzer" einfach das Wort "historische" eingeben!
Herzliche Grüße
Michael
Historische Rebsorten in Deutschland
Re: Historische Rebsorten in Deutschland
Hallo Michael,
danke für deinen interessanten Beitrag und die Notizen.
An der Mosel gibt es auch zwei Weingüter, die jeweils ihren ersten „Alter Satz“ aus 2019 mit historischen Rebsorten erzeugten.
Max Ferd. Richter mit einem weißen Satz aus Gelber Orleans, Gelber Kleinberger,
Grünfränkisch, Grüner Adelfränkisch, Weißer Heunisch, Traminer und Riesling.
Günther Steinmetz einen roten „Alter Satz“ aus Hartblau, Süßschwarz, Schwarzblauer Affenthaler, Schwarzurban und Fränkischer Burgunder.
Beides spannende Weine, wie du geschrieben hast sind viele der Rebsorten säurereich, dementsprechend präsentieren sich auch die beiden Weine.
Der weiße Satz zusätzlich noch kräutrig, mit Blüten und leicht pflanzlich, weniger gelbfruchtig. Richtig trocken und kühl, eigenwillig aber sehr spannend.
Der rote Satz zusätzlich noch würzig nach Muskatnuss, Zimt, Pfeffer, Leder, rotfruchtig, Tabaknoten, schlanke burgundische Stilistik. Ebenfalls sehr spannend, aber aufgrund der Säurestruktur Zeit brauchend.
Viele Grüße
Patrick
danke für deinen interessanten Beitrag und die Notizen.
An der Mosel gibt es auch zwei Weingüter, die jeweils ihren ersten „Alter Satz“ aus 2019 mit historischen Rebsorten erzeugten.
Max Ferd. Richter mit einem weißen Satz aus Gelber Orleans, Gelber Kleinberger,
Grünfränkisch, Grüner Adelfränkisch, Weißer Heunisch, Traminer und Riesling.
Günther Steinmetz einen roten „Alter Satz“ aus Hartblau, Süßschwarz, Schwarzblauer Affenthaler, Schwarzurban und Fränkischer Burgunder.
Beides spannende Weine, wie du geschrieben hast sind viele der Rebsorten säurereich, dementsprechend präsentieren sich auch die beiden Weine.
Der weiße Satz zusätzlich noch kräutrig, mit Blüten und leicht pflanzlich, weniger gelbfruchtig. Richtig trocken und kühl, eigenwillig aber sehr spannend.
Der rote Satz zusätzlich noch würzig nach Muskatnuss, Zimt, Pfeffer, Leder, rotfruchtig, Tabaknoten, schlanke burgundische Stilistik. Ebenfalls sehr spannend, aber aufgrund der Säurestruktur Zeit brauchend.
Viele Grüße
Patrick
Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens.
Euripides
Euripides
Re: Historische Rebsorten in Deutschland
Lieber Patrick, den Alten Satz von Max Ferdinand Richter, allerdings Jahrgang 2020, hatten wir auch auf der Probe am Montag. Es war der dritte Wein. Ich mochte ihn nicht besonders, während Anja ziemlich begeistert war. Man kann das auch im Video sehen und hören. Ja, da war etwas, was den unteren äußeren Rand der Zunge bespielte. Für mich war das Phenolik, aber wenn das so ziemlich das einzige ist, was ich im Mund wahrnehme, ist mir das zu wenig. Wie gesagt, es gab auch andere Stimmen, und mein persönliches Urteil soll niemanden davon abhalten, diesen Wein zu kaufen und zu probieren. Herzliche Grüße, Michael
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Re: Historische Rebsorten in Deutschland
Hallo Michael,
die historischen Rebsorten und die alten bzw. gemischten Sätze haben mich schon immer interessiert. Sehr spannendes Thema! Wenn Du mehr zum Thema erfahren willst und kompakt viele historische Rebsorten probieren willst, kannst Du dich an Thomas Riedl wenden, der hier auch schon einige Male im Forum geschrieben hat (zuletzt zu Rebsorten/Gelber Orleans). Thomas macht meines Wissens nach demnächst wieder eine große Probe mit historischen Sorten (über 40). Er hat sich mit dem Thema eingehend befasst und in akribischer Kleinarbeit eine über 400 Seiten umfassende Zusammenstellung der historischen Rebsorten und alten gemischten Sätze sowie den Produzenten und entsprechenden Weinen zusammengestellt, die keine Wünsche offenlässt. Mir hat er diese Liste per E-Mail als pdf-Datei sogar kostenlos versandt, wofür ich sehr dankbar bin. Ich denke, er würde diese Liste auch anderen Interessierten zur Verfügung stellen.
LG
Bodo
die historischen Rebsorten und die alten bzw. gemischten Sätze haben mich schon immer interessiert. Sehr spannendes Thema! Wenn Du mehr zum Thema erfahren willst und kompakt viele historische Rebsorten probieren willst, kannst Du dich an Thomas Riedl wenden, der hier auch schon einige Male im Forum geschrieben hat (zuletzt zu Rebsorten/Gelber Orleans). Thomas macht meines Wissens nach demnächst wieder eine große Probe mit historischen Sorten (über 40). Er hat sich mit dem Thema eingehend befasst und in akribischer Kleinarbeit eine über 400 Seiten umfassende Zusammenstellung der historischen Rebsorten und alten gemischten Sätze sowie den Produzenten und entsprechenden Weinen zusammengestellt, die keine Wünsche offenlässt. Mir hat er diese Liste per E-Mail als pdf-Datei sogar kostenlos versandt, wofür ich sehr dankbar bin. Ich denke, er würde diese Liste auch anderen Interessierten zur Verfügung stellen.
LG
Bodo
Re: Historische Rebsorten in Deutschland
Danke für den Tipp, Bodo!
Zwar fand ich die Verkostung vor zehn Tagen und auch die Weine, die ich mir anschließend bestellt hatte, sehr spannend, aber so tief will ich dann doch nicht einsteigen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die eine oder der andere aus dem Weinforum sich noch meldet.
Herzlichst, Michael
Zwar fand ich die Verkostung vor zehn Tagen und auch die Weine, die ich mir anschließend bestellt hatte, sehr spannend, aber so tief will ich dann doch nicht einsteigen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die eine oder der andere aus dem Weinforum sich noch meldet.
Herzlichst, Michael
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- Beiträge: 21
- Registriert: Do 30. Mär 2017, 09:01
Re: Historische Rebsorten in Deutschland
Hallo Bodo, hallo zusammen,
diese Liste gibt es auch 2023 noch, allerdings noch umfangreicher (610 Seiten) und detaillierter.
Ich nenne Sie inzwischen "Das Kompendium der deutschen Weine aus seltenen historischen Rebsorten und ihrer Erzeuger*innen". Sperriger Name, aber er benennt, was der Inhalt bietet: Die genaueste Erfassung und Darstellung dessen, was sich in der Szene der seltenen (<0,2 % der Rebfläche) UND historischen (vor Einschleppung der Pilzkrankheiten in D nachweisbar) Rebsorten tut, samt aller existierenden Weine. Das schließt die wurzelechten und neu angelegten gemischten Sätze ein.
Interessierte können diese pdf-Datei weiterhin kostenlos bekommen: th_riedl@gmx.de. Mir geht es um die Multiplikation.
Die Historischen Rebsorten werden als EINE mögliche Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels noch immer nicht ernst genommen: "Ja, da gibt's noch diese Exoten... Zu recht ausgestorben... Rachenputzer..." Ähnliche, kenntnislose Reaktionen sind auch hier im Weinforum immer wieder zu lesen.
Ich versuche deshalb immer noch, einen adäquaten aber günstigen Veranstaltungsort zu finden, in dem ich einem Fachpublikum eine Probe "Best of Historische Rebsorten" mit reifen, guten und sortenreinen Weinen präsentieren kann. Corona hat das Ganze leider aufgehalten.
Ich bleibe dran!
Weinfreundliche Grüße
Thomas
diese Liste gibt es auch 2023 noch, allerdings noch umfangreicher (610 Seiten) und detaillierter.
Ich nenne Sie inzwischen "Das Kompendium der deutschen Weine aus seltenen historischen Rebsorten und ihrer Erzeuger*innen". Sperriger Name, aber er benennt, was der Inhalt bietet: Die genaueste Erfassung und Darstellung dessen, was sich in der Szene der seltenen (<0,2 % der Rebfläche) UND historischen (vor Einschleppung der Pilzkrankheiten in D nachweisbar) Rebsorten tut, samt aller existierenden Weine. Das schließt die wurzelechten und neu angelegten gemischten Sätze ein.
Interessierte können diese pdf-Datei weiterhin kostenlos bekommen: th_riedl@gmx.de. Mir geht es um die Multiplikation.
Die Historischen Rebsorten werden als EINE mögliche Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels noch immer nicht ernst genommen: "Ja, da gibt's noch diese Exoten... Zu recht ausgestorben... Rachenputzer..." Ähnliche, kenntnislose Reaktionen sind auch hier im Weinforum immer wieder zu lesen.
Ich versuche deshalb immer noch, einen adäquaten aber günstigen Veranstaltungsort zu finden, in dem ich einem Fachpublikum eine Probe "Best of Historische Rebsorten" mit reifen, guten und sortenreinen Weinen präsentieren kann. Corona hat das Ganze leider aufgehalten.
Ich bleibe dran!
Weinfreundliche Grüße
Thomas