Was das Zusammenleben von Weinliebhabern und Nicht-Weinliebhabern angeht, da bin ich sehr zuversichtlich; beide Seiten sind um Verständnis der jeweiligen anderen Seite bemüht. Gerade Nicht-Weinkenner ertragen mit (gut gespieltem) Interesse die oft Stunden dauernden Elogen der weinliebenden Spezies über diesen wunderbaren Wein, den diese jüngst das Vergnügen hatten, zu genießen, und das beeindruckende Treffen mit Winzer XY und wie Sommelier ABC ihre Weinwahl anerkennend quittiert hat, und und und…..
Darüber hinaus sind Nicht-Weinkenner bemüht, Weinliebhaber mittels weinaffiner Geschenke zu erfreuen.
Tja und da geht es los. Eine ganze Industrie versucht ihnen einzureden, dass ein echter Weinkenner sich über just jenen ominösen Korkenzieher freuen würde, bei dem das Prinzip "form follows function" vollständig ignoriert wurde; oder über die schwebende Flasche, eine Konstruktion, die mittels genau angewandter physikalischer Grundgesetze eine Weinflasche am Hals festhält und in etwa 15 cm Höhe parallel zum Untergrund schweben lässt. Oder launige Bücher "welcher Wein zu welcher Frau?", oder Kellerschürzen, oder geschliffene Römer mit allerlei allegorischem Dekor werden nicht nur angeboten, nein auch noch gekauft - von sonstigem Wein-Voodoo wie Pyramidenkonstruktionen ganz zu schweigen, unter denen der Wein nach geheimen altägyptischen Pharaonen-Überlieferungen entweder nie altert oder binnen Wochenfrist vom verschlossenen Tanninmonster zum geschmeidigen Beau mutiert.
Und dann ist es am Weinliebhaber mit gut gespielter freudiger Überraschung die Geschenke entgegenzunehmen und sie nach gebotener Schamfrist in die Kiste fürs weihnachtliche Schrottwichteln zu geben oder den Kindern für den Frühlingsbasar in der Schule.
Ich möchte da heute einmal Aufklärung betreiben: Vergesst all diese Gimmicks! Weinliebhaber freuen sich am allermeisten über eine Flasche Wein, einen ordentlichen Korkenzieher und vernünftige Gläser haben sie schon (wobei sie sicher nichts dagegen hätten, wenn jemand mitbekommt, dass ihnen just letzt beim Spülen zwei sündteure Zaltos zerdeppert sind, und ihnen genau diese nachkauft und verehrt, das ist was anderes als die Produkte aus dem reizenden Gemischtwarenladen mit angeschlossener Kaffeerösterei). Und hat jemals wer beobachtet, dass ein Weinsammler sich eine Schürze umbindet, wenn er sich in den Weinkeller begibt? Er nimmt allerhöchstens seine Kellerliste mit, um festzustellen, dass vom angeblich ausgetrunkenen 1992 Lynch Bages immer noch eine Flasche da ist (warum passiert das nie mit dem 1982er Léoville Las Cases?).
So findet sich ein Weinhändler immer häufiger vor dem unschlüssigen Kunden, der etwas verschüchtert seinen Laden betritt "Ich such da eine Flasche Wein, als Geschenk für einen Freund, also der kennt sich wirklich gut aus mit Wein, da darf ich mich nicht blamieren!" Es ist nun am Weinhändler mittels geschickter Nachfragen herauszufinden, ob der Freund eher Liebhaber gereifter Moselrieslinge, australischer Garagenshiraz oder Bordelaiser Erzeugnisse ist und wie viel das Geschenk denn kosten darf. Wenn er unsicher ist, sollte er es unterlassen, bei der Geschenkverpackung seinen Firmenaufkleber aufs Papier zu geben

Mir sind die Freunde am liebsten, die wissen, wo ich ein Großteil meiner Weine zu kaufen pflege und just dort die Weingeschenke für mich einkaufen. "Sie kennen doch die Frau susa! Es ist für sie, suchen Sie doch da mal bitte was Passendes aus!" In diesem Zusammenhang denke ich immer noch mit großer Freude an Herrn S., der einem Freund bei einer solchen Gelegenheit eine Flasche
Blanc de Blancs Brut Millesime 2004
Champagne Louis Roederer
verkaufte mit den Worten "da hat sie auch ganz alleine was von, ihr Mann mag keinen Champagner!"
Er wusste, dass der Cristal nun mal zu meinen Lieblingslimonaden gehört, aber das verbat sich mit Hinblick auf den Preis, so was muss frau sich zu gegebener Zeit dann eben selber kaufen. Doch die anderen Produkte des Hauses Roederer sind ja auch durchaus mit Vergnügen zu trinken.
Also feierte ich meinen Geburtstag mit einem wunderbar zart duftenden absolut eleganten Champagner, vor allem Aromen von reifen Birnen und Brioche aber auch florale Noten in der Nase, am Gaumen sanft cremig und doch straff, sehr zarte Perlage, rauchiges Mineral, nussig, angenehm trocken und ein feiner Nachhall mit leichter angenehmer Bitternote.
Prost!