Ollie hat geschrieben:Frage: Ist der gezeigte Unterschiede an Methanthiolkonzentration sigifikant? Falls die Fehler einfach Standrdabweichungen sind, die die Werte für linkes und rechtes Ufer miteinander verträglich (2-Sigma), also nicht unterscheidbar.
Die angegebenen Fehler sind tatsächlich die Standardabweichungen. Dann ist wohl die im Artikel getroffene Aussage:
Methanethiol was significantly higher in wines from the left side of the river (3.0 ± 0.5 mg/L) than from the right (1.8 ± 0.6 mg/L) statistisch nicht haltbar. Gut, dass du aufpasst!
Ich hatte ja schon angedeutet, dass eine Aussage über linkes-Ufer vs. rechtes-Ufer mit einer Stichprobe von acht Weinen ein etwas fragwürdiges Experiment-Design ist. Wenn man dann noch über jeweils vier Weine die chemische Zusammensetzung mittelt, wird es nicht besser.
[Arroganz-Modus an] Ich glaube, die haben wenig Ahnung davon, was sie da machen. Die haben ihre Messwerte so lange in ihre ANOVA Software eingepinselt, bis etwas heraus kam, was ihnen in den Kram passte. Dafür haben sie dann sinnfrei Mittelwerte und Gruppierungen gebildet. Das muss denen doch bewusst sein, dass die da einen Schmarrn machen. Aber ich glaube, es geht mehr um Legendenbildung mit wissenschaftlichem Anstrich, als um Forschung.- Unterhaltend und anregend war der Artikel für mich schon.[/]
Ollie hat geschrieben:1. Ist der erhöhte Kupfereinsatz im Weinbau nachgewiesen? Fungizid-Austräge müssen m.w. verbucht werden, das könnte man also beim Winzer verifizieren.
Das ist meiner Meinung nach eine Frage, die in dem Artikel hätte diskutiert werden müssen. Über die Ursache des Kupfers wird in dem Artikel nichts geschrieben. Die Brücke zum Einsatz als Fungizid und/oder Schönungsmittel wird nicht gebildet. Ich denke bewusst, es ist halt keine besonders romantische Legende.
Ollie hat geschrieben:[...]Dann wäre Kupfer der Proxy, der zwar das Richtige misst (Pilzdruck), aber das Falsche nachweist (Ursache der Mineralität).
Ja, das ist auch durchaus möglich. Es kann ja nur eine negative Korrelation gezeigt werden, aber keine ursächliche Beziehung. Angesichts der Tatsache, dass Kupfer anscheinend bis zu einer Konzentration von 1mg/L erlaubt ist, geht mein Bauchgefühl dahin, dass es mehr als ein Proxy ist.
Ollie hat geschrieben:Ich frage, weil mir Markus Vahlefeld mal sagte, er sei mit mit HO Battenfeld-Spanier im Jura gewesen und von dort mit der ganz enttäuschen Beobachtung zurückgekommen, der mineralische Eindruck in den dortigen Chardonnays sei eben genau nicht den Mergelböden, sondern der Mostschwefelung geschuldet.
Ich glaube, ganz so einfach ist es nicht, ordentlich Mostschwefelung, und dann hat man eine schöne Mineralität. Einen relevanten Einfluss wird es aber haben.
Je nach Zeitpunkt in der Weinbereitung haben Antioxidantien (wie SO2 und Ascorbinsäure) eine großen Einfluss auf die gebildeten flüchtigen, schwefelhaltigen Aromen. Bei der Pressung in Verbindung mit enzymatischer Oxidation, im Most bei auch eher oxidativen Bedingungen und bei der Gärung unter recht anaeroben Bedingungen. [1,2]
Dabei werden Verbindungen wie H2S und Methanthiol, aber auch Polysulfide, in unterschiedlichen Konzentrationen und Verhältnissen gebildet. Gerade die Polysulfide bilden später eine Art Reservoir im Wein (in nicht oxidativ ausgebauten Weinen), aus denen flüchtige Schwefelverbindungen bei der Flaschenreife wieder entstehen können.
Das ganze ist ein recht komplexes Redox-Gleichgewicht unter Beteiligung von Sulfiden, SO2, Sauerstoff, Kupfer- und Eisenionen und auch (Poly-)Phenolen.[3]
Wie das Verhältnis und die Konzentration bei der Füllung ist, kommt im Detail auf die Konzentrationen der Verbindungen und den Sauerstoffkontakt bei der Herstellung an. Nachdem die Mikroorganismen die reduzierten Schwefelverbindungen synthetisiert haben, ist es Chemie.
Kle hat geschrieben:Falls solche unangenehmen Aromen in einer Flasche auftauchen, sind dann meist sehr viele weitere mit dem gleichen Etikett betroffen oder können es auch nur wenige sein?
Und diese Chemie (so, wie auch andere Reaktionen) findet auch bei der Lagerung in der Flasche statt, und nach dem Öffnen.
So hat also die Dichtigkeit des Verschlusses einen Einfluss und führt zu Flaschenvarianz,
Kle hat geschrieben:Könnte im Weinberg verwendeter Schwefel sich nicht ungleichmäßig verteilen?
Und könnte es sein, dass sich während der verschiedenen Prozeduren im Keller ein Problem unterschiedlich stark (oder teilweise überhaupt nicht) beim "selben" Wein durchsetzt?
es wird auch mitunter Chargenunterschiede aus verschiedenen Fässern geben, wahrscheinlich eher in Weingütern mit einem geringen Grad an Automatisierung, ohne penible Kontrolle von Sauerstoffeintrag oder Kupferaufnahme durch verwendete Geräte.
Und auch im Glas ist die Rate, mit der sich flüchtige Schwefelverbindungen mit Sauerstoffkontakt bilden, abhängig von der Konzentration von Cu und Antioxidantien. In der Praxis merkt man das ja auch, manchmal lassen sich die Schwefelverbindungen wegschwenken, manchmal scheint es ein Reservoir zu geben, nach dem Wegschwenken erscheinen sie schnell im Glas erneut.[4]
Mir war der weitreichende Einfluss von Cu-Ionen im Wein bislang nicht bekannt. Schon erstaunlich.
Ollie hat geschrieben:Anekdote am Rande: Mein Standard-Chablis-Winzer ist linksufrig. Sure enough macht der ganz toll mineralisch-kreidige Weine.

Welcher issn das?
Grüße, Josef
[1] Food Chemistry 346 (2021) 128914.
[Link]
[2] LWT - Food Science and Technology 134 (2020) 110132.
[Link]
[3] Molecules 2021, 26, 713.
[Link]
[4] Food Chemistry 316 (2020) 126352.
[Link]